Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Angst und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Roland F***, Kraftfahrer, Bichlweg 5, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin Hanna F***, Hausfrau, Gumppstraße 6, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Helmut Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 10. Mai 1988, GZ 1 b R 82/88-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18. Februar 1988, GZ 5 F 1/87-27, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung:
Das Landesgericht schied die am 29. Juli 1972 geschlossene Ehe der Parteien mit Urteil vom 3. Dezember 1986 aus dem überwiegenden Verschulden des Antragstellers. In Bezug auf die der Ehe entstammenden Kinder, den am 24. Februar 1973 geborenen Gerhard und den am 17. Juni 1975 geborenen Reinhard, wurden die elterlichen Rechte und Pflichten der Antragsgegnerin übertragen. Die beiden Kinder wohnen mit ihrer Mutter in der dieser zugeschriebenen Eigentumswohnung in der Gumppstraße 6/13, 6020 Innsbruck, die der Antragsgegnerin von ihrem Vater mit Vertrag vom 12. April 1974 schuldenfrei und ohne Gegenleistungen übergeben wurde. Die Antragsgegnerin gab ihrem Vater gegenüber jedoch einen Erbverzicht ab. Diese Eigentumswohnung diente den Parteien als Ehewohnung. Der Antragsteller begehrte mit der Behauptung, die Ehewohnung sei bei Ermittlung der Aufteilungsmasse ebenso zu berücksichtigen, wie die von ihm an dieser geleisteten Arbeiten zu veranschlagen seien, eine angemessene Ausgleichszahlung.
Die Antragsgegnerin sprach sich gegen diesen Antrag aus. Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin zu einer Ausgleichszahlung von S 10.000,-- an den Antragsteller binnen zwei Monaten und sprach aus, daß damit alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus der nachehelichen Vermögensaufteilung abgegolten seien. Es stellte fest, die Parteien hätten während der am 24. März 1986 aufgehobenen ehelichen Lebensgemeinschaft lediglich die Betriebskosten zu zahlen gehabt. Die Antragsgegnerin wohne mit ihren beiden Kindern auch noch derzeit in der Ehewohnung, wogegen der Antragsteller ein Untermietzimmer benütze. Während der aufrechten Lebensgemeinschaft sei der Antragsteller als Kraftfahrer beschäftigt gewesen, die Antragsgegnerin hingegen habe die Kinder und den Haushalt betreut. Ersparnisse seien nicht vorhanden. 1980 habe die Antragsgegnerin einen Altbausanierungskredit von S 16.000,-- aufgenommen, der grundbücherlich sichergestellt sei und von ihr allein zurückgezahlt werde. Weitere Schulden seien nicht vorhanden. Der Verkehrswert des Wohnzimmers sei mit S 9.040,--, jener des Schlafzimmers - abzüglich der von der Antragsgegnerin gekauften Einrichtung - mit S 1.450,--, der des Vorzimmers mit S 2.530,--, jener des Bades mit S 4.010,--, der der Küche mit S 8.500,--, jener des Kinderzimmers mit S 3.520,-- und der des Dachbodens mit S 700,-- anzunehmen. Während die übrigen Einrichtungsgegenstände von den Parteien gemeinsam erworben worden seien, habe die Antragsgegnerin die Küchen- und Schlafzimmereinrichtung aus Mitteln eines Bausparvertrages vor der Eheschließung angeschafft. Der Antragsteller habe bei seinem Auszug aus der Ehewohnung Gebrauchsgegenstände im Werte von S 2.500,-- und den 1983 um S 30.000,-- erworbenen PKW an sich genommen. In diesem Jahr seien auch die Türen und Türstöcke um S 21.000,-- erneuert worden. Ein Boiler sei 1973 um S 5.200,-- installiert worden. Der Antragsteller habe während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft das Bad neu verfliest und in der Wohnung eine Holzvertäfelung verlegt; bei diesen Arbeiten hätten die Antragsgegnerin und die Kinder mitgeholfen. Der Antragsteller sei der Antragsgegnerin zu einer Unterhaltszahlung von monatlich S 1.140,-- verpflichtet.
Rechtlich meinte das Erstgericht, auf diese Ehewohnung sei lediglich die Antragsgegnerin angewiesen, zumal sie dort mit ihren Kindern wohne. Die Wohnung unterliege daher nicht der Aufteilung. Deshalb sei bloß eine Ausgleichszahlung von S 10.000,-- angemessen, wenn man die beiderseitigen Beiträge in gleicher Höhe ansetze. Die Investitionen des Antragstellers würden durch die unentgeltliche Überlassung der der Antragsgegnerin allein gehörigen Eigentumswohnung aufgewogen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es führte aus, gemäß § 82 Abs 2 EheG sei die Ehewohnung, auf deren Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen sei, in die Aufteilung selbst dann einzubeziehen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder sie ihm ein Dritter geschenkt habe. Diese Bestimmung sei jedoch nur dann anzuwenden, wenn vitale Existenzfragen, etwa eine länger dauernde Obdachlosigkeit, auf dem Spiel stünden. Sei der betroffene Ehegatte imstande, sein Wohnbedürfnis anderweitig als durch Weiterbenützung der Ehewohnung zu befriedigen, sei der Tatbestand des § 82 Abs 2 EheG nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall sei die Ehewohnung deshalb nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil der Antragsteller auf deren Weiterbenützung nicht angewiesen sei. Es sei davon auszugehen, daß er einer Beschäftigung nachgehe und eine Wohnmöglichkeit habe, deren Kosten er zu bestreiten in der Lage sei. Demgemäß strebe er auch die Zuweisung der Wohnung gar nicht an. Sei die Ehewohnung nicht in die Aufteilung miteinzubeziehen, müsse ihr Wert auch beim Vermögensausgleich außer Betracht bleiben. Auch eine Erhöhung der Ausgleichszahlung sei abzulehnen, weil der Wert der Wohnung durch die Arbeiten des Antragstellers nicht auf die Dauer erhöht worden sei und er für diese Wohnung kein Entgelt habe leisten müssen. Seinen Arbeiten an der Wohnung stehe deren unentgeltliche Überlassung von 1974 bis 1986 als zumindest gleichwertiger Beitrag gegenüber.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsteller gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Nach wie vor steht der Antragsteller auf dem Standpunkt, die der Antragsgegnerin gehörige Eigentumswohnung sei als Ehewohnung in die Aufteilungsmasse dergestalt einzubeziehen, daß deren um die Wohnung erhöhter Wert der Ausmessung der ihm gebührenden Ausgleichszahlung zugrunde zu legen sei, weil er andernfalls in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. Dabei erhebt er selbst noch im Revisionsrekurs ausdrücklich keinen Anspruch auf die Zuweisung der Ehewohnung selbst, weil er weder seine Kinder noch die Antragsgegnerin aus ihr "vertreiben" wolle, und geht auch davon aus, daß sie zu klein sei, um in ihr getrennte Lebensbereiche schaffen zu können. Der Antragsteller wendet sich auch nicht gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß die Eigentumswohnung gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG an sich der Aufteilung nicht unterliege, weil sie der Antragsgegnerin von ihrem Vater geschenkt worden sei. Er meint, ihr Wert sei nur deshalb in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, weil die Folgen der Scheidung für ihn in eine wirtschaftliche Katastrophe mündeten und damit seine Existenz gefährdet sei.
Der Aufteilung unterliegt grundsätzlich nur das von den Ehegatten während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam geschaffene Vermögen, demnach bloß die ehelich Errungenschaft, nicht aber unterliegen ihr auch jene Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG). Fraglich erscheint es allerdings, ob die Übergabe der Eigentumswohnung durch den Vater der Antragsgegnerin an sie überhaupt als Schenkung beurteilt werden kann, ist doch festgestellt, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Übergabsvertrag vom 12. Februar 1974 ihrem Vater gegenüber einen Erbverzicht abgegeben hat (vgl. auch Punkt III Abs 2 dieses Vertrages). Für die Schenkung ist die Schenkungsabsicht, also eine unentgeltliche, das heißt auf keine Gegenleistung bezogene und freiwillige Leistung zu erbringen, begriffswesentlich. Dabei ist Entgeltlichkeit sowohl bei synallagmatischer als auch konditionaler (Gegenleistung ist Bedingung) oder kausaler Verknüpfung (Gegenleistung ist Zweck der Leistung) anzunehmen (Schubert in Rummel, ABGB, § 938 Rz 4), sodaß die - sonst unentgeltliche - Vermögenszuwendung gegen Abgabe eines Erbverzichtes als entgeltliches Rechtsgeschäft beurteilt werden muß (Weiß in Klang2 III 183; vgl. auch Welser in Rummel aaO § 551 Rz 3). Die Frage, ob eine die Unentgeltlichkeit der Zuwendung ausschließende Verknüpfung mit dem Erbverzicht anzunehmen ist, kann nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht verläßlich beurteilt werden. Einer Ergänzung des verfahrenswesentlichen Sachverhaltes bedarf es jedoch deshalb nicht, weil eine sonst von keiner weiteren Gegenleistung abhängige Vermögenszuwendung trotz des Erbverzichtes des Begünstigten von der nachehelichen Aufteilung gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG auszunehmen ist: Die Gegenleistung besteht nämlich lediglich in der Entsagung eines künftigen Erbrechtes und damit der Befugnis zur Inanspruchnahme des Nachlasses oder eines quotenmäßig bestimmten Teiles hievon (Welser aaO Rz 3 vor § 531). Der erbrechtliche Erwerb ist aber selbst wieder von der Aufteilung ausgenommen, sodaß die eheliche Errungenschaft als Aufteilungsmasse durch die Gegenleistung in keiner Weise geschmälert wird. Eine solche Vermögenszuwendung ist daher, weil sie den Ausnahmetatbeständen des § 82 Abs 1 Z 1 EheG gleichzuhalten ist, - an sich - somit von der Aufteilung auszunehmen. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof auch bereits in einem gleichgelagerten Fall den Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Ehegatten bloß gegen Abgabe eines Erbverzichtes diesem Ausnahmetatbestand zugerechnet (1 Ob 709/85, teilweise veröffentlicht in EFSlg 51.736). Allerdings ist die Ehewohnung auch dann in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, wenn der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs 1 Z 1 EheG auf sie zutrifft (§ 82 Abs 2 EheG), jedoch nur dann, wenn ein Ehegatte auf deren Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist (EvBl 1984/82; SZ 54/79 u.a.). Die Einbeziehung kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller deren Zuweisung mit der Begründung begehrt, er sei auf deren Weiterbenützung angewiesen (EvBl 1983/102; EvBl 1981/217; 2 Ob 644/86, teilweise veröffentlicht in EFSlg 51.745). Die Vorinstanzen haben schon angesichts der Erklärung des Antragstellers, auf die Ehewohnung selbst keinen Anspruch zu erheben, diese zutreffend aus der Aufteilungsmasse ausgeschieden. Die Frage, ob und inwieweit der Antragsteller durch die Scheidungsfolgen der Not preisgegeben sein könnte (konkreter Behauptungen über seine Einkommensverhältnisse hat er sich allerdings auch im Revisionsrekurs enthalten!), kann somit auf sich beruhen.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen, zumal der Antragsteller die rekursgerichtliche Entscheidung im weiteren Umfang nicht anficht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.
Anmerkung
E14877European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00632.88.0714.000Dokumentnummer
JJT_19880714_OGH0002_0060OB00632_8800000_000