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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31985L0337 UVP-RL Anh2 Z10 litb idF 31997L0011;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde
1. des GK und 2. der MK, beide in H, beide vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Klaus Kollman, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller und Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Jänner 2004, Zl. FA13A-12.10 H 128 - 04/1, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:
1. F GmbH in W; 2. Stadtgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark je zu gleichen Teilen insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom 28. Mai 2003 (eingelangt im Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 2. Juni 2003) ersuchte die Erstmitbeteiligte um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 213 Stellplätzen auf dem Grundstück Nr. 570, KG U.
Die Kundmachung zur Bauverhandlung (am 2. Juli 2003) vom 16. Juni 2003 enthält betreffend § 42 AVG lediglich den Hinweis, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung fänden und die Beteiligten den Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bildeten, als zustimmend angesehen würden.
In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2003 führte der Bausachverständige zu dem verfahrensgegenständlichen Projekt aus, dass die für die Bebauung vorgesehenen Grundstücke (Nr. 570 und 341, KG U.) im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan, "Verfahrensfall 4.04", teilweise als Aufschließungsgebiet der Kategorie EZ I mit einer Bebauungsdichte von 0,5-1,5 und teilweise als Freiland (geplante Verkehrsflächen) ausgewiesen seien. Für diese Grundstücke liege ein rechtskräftiger Teilbebauungsplan "X II, Verfahrensfall 4.01", vor. Der Bauplatz für den Bauteil E 2 mit der Grundstücks-Nr. 570 werde derzeit konstituiert, sodass noch ein weiteres Grundstück mit der entsprechenden Nummer angeführt sei. Den vorliegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen sei zu entnehmen, dass eine Übereinstimmung mit dem am 28. November 2002 genehmigten Teilbebauungsplan mit Wortlaut und Erläuterungsbericht gegeben sei. Die Situierung des Bauwerkes erfolge auf dem Grundstück so, dass zu den künftig rundum liegenden öffentlichen Verkehrsflächen grundsätzlich ein Abstand von zumindest 5,40 m gegeben sein werde. An der Südseite des Projektes erfolge die Anlieferung, die Fassade öffne sich nach Norden hin, davor seien die Parkflächen positioniert. Das Gebäude habe eine durchschnittliche Gebäudehöhe von 6,0 m im eingeschoßigen Bereich, von 7,20 m im zweigeschoßigen Bereich und eine innere Raumhöhe von durchschnittlich 5,00 m. Es werde im Verkaufsraum eine Fläche von 2.657 m2 verbaut.
Der Vertreter der Beschwerdeführer, deren Grundstück an das Baugrundstück grenzt, machte in der Verhandlung u.a. geltend, dass durch die Filetierung des Gesamtbauvorhabens in einzelne Module Anrainerrechte vor allem was den Immissionsschutz anlange, beschränkt würden. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit sei das Gesamtprojekt X und nicht nur das jeweils einzeln zu genehmigende Modul zu betrachten. Darüber hinaus wäre vor Bewilligung des Gesamtprojektes eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVP-Gesetz einzuholen gewesen, zumal die Gesamtanzahl der Parkplätze im Sinne des Anhanges (Z. 19) des UVP-Gesetzes die Gesamtanzahl von 1.000 überschreite, da zu den Parkplätzen nicht nur die Besucherparkplätze, sondern auch jene Abstellflächen dazuzurechnen seien, die der Anlieferung von Waren dienten. Darüber hinaus sehe § 23a Z. 8 ROG i.d.F. der Novelle 2002 aus Gründen der sparsamen Nutzung von Bauland und auch aus immissionsrechtlichen Überlegungen die Unterbringung von Fahrzeugen in Hoch- und Tiefgaragen unter Hinweis auf die Bestimmung des § 71 Abs. 3 Stmk. BauG vor. Dieser Bestimmung werde nicht entsprochen. Darüber hinaus fehle das zwingend erforderliche ortsplanerische Gutachten im Sinne des "§ 23a Z. 9 ROG". Ein Hinweis auf eine gesicherte Zufahrt sei dem vorliegenden Bauakt nicht zu entnehmen und nach dem Vernehmen der Nachbarn befinde sich die Zufahrt zwar in Planung, eine Realisierung sei jedoch mangels Erwerbes der dafür erforderlichen Liegenschaften und der entsprechenden behördlichen Bewilligungen nach dem Landesstraßengesetz noch zweifelhaft. Durch eine unzureichende Zufahrtsmöglichkeit zum bewilligenden Bauvorhaben und die damit verbundene nicht ordnungsgemäße Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur würden die Nachbarn durch Immissionen (Lärm und Abgase) unzumutbar belastet. Die Einwendungen der Nachbarn seien insofern relevant im Sinne des § 26 Stmk. BauG, da ein Einkaufszentrum, das eine wirtschaftliche und organisatorische Einheit bilde, geschaffen werde, jedoch in den einzelnen Bewilligungsverfahren nicht auf die Gesamtheit und die damit verbundenen Gesamtimmissionen abgestellt werde. Die Verletzung des § 23a Z. 8 ROG stelle eine Verletzung des Immissionsschutzes dar.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2003 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Erstmitbeteiligten unter Auflagen die Baubewilligung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes "X II-Bauteil E 2" auf den Grundstücken Nr. 570 und 341, KG U., mit der Maßgabe, dass die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und anliegenden Pläne und Unterlagen einen wesentliche Bestandteil dieses Bescheides bilden.
Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführer wurde als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass sich die Vorbringen auf keine subjektiv-öffentlich rechtlichen Nachbarrechte im Sinne des § 26 Stmk. BauG bezögen. Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass die Bestimmungen der ROG-Novelle LGBl. Nr. 20/2003 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangten. Maßgeblich sei vielmehr die Gesetzeslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes VF 4.0 (Stmk. ROG 1974 i. d.F. LGBl. Nr. 64/2000). Zum Vorbringen, dass für das Projekt keine gesicherte Zufahrt vorhanden sei und durch eine unzureichende Zufahrtsmöglichkeit an der damit verbundenen nicht ordnungsgemäßen Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur die Nachbarn durch Immissionen (Lärm und Abgase) unzumutbar belastet würden, werde auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0169, und vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/06/0123, verwiesen. Weiters sei es gemäß § 32 Abs. 2 lit. b Stmk. ROG ausreichend, wenn die gleichzeitige Fertigstellung fehlender Baulandvoraussetzungen mit dem Bauvorhaben gesichert sei. Dies sei im vorliegenden Fall gewährleistet.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer, in der insbesondere wieder die UVP-Pflicht des Gesamtvorhabens X (wovon der verfahrensgegenständliche Lebensmittelmarkt ein Teil sei) geltend gemacht wurde, wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit dem Bescheid vom 26. August 2003 als unbegründet ab. Der Gemeinderat begründete dies im Wesentlichen damit, dass die UVP-Pflicht, und zwar bezogen auf das gesamte Aufschließungsgebiet bzw. auf Basis des geltenden Teilbebauungsplanes, im Vorfeld der Bauverhandlung mit den zuständigen Behörden erörtert und eine Notwendigkeit zur Durchführung eines UVP-Verfahrens nicht gesehen worden sei. Eine Unzuständigkeit der Baubehörde und damit eine Rechtsverletzung sei somit nicht gegeben.
Im Übrigen bestimme sich der Umfang eines Bauverfahrens und damit der Umfang der Nachbarrechte immer am Antragsgegenstand. Die Frage, ob ein Kontext zum benachbarten Vorhaben baurechtlich herzustellen sei, entziehe sich dem Mitwirkungsanspruch der Nachbarn.
Zu "§ 23a Zif. 8 Stmk. ROG" sei auszuführen, dass es sich bei dieser Bestimmung einerseits um kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Stmk. BauG handle und darüber hinaus diese Bestimmung erst im Zuge der ROG-Novelle 2002 in das Gesetz aufgenommen worden sei, diese Bestimmung aber auf das gegenständliche Bauverfahren noch keine Anwendung finde, weil die Rechtslage maßgeblich sei, die zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Flächenwidmungsplanes 4.0 (Dezember 2000) gegeben gewesen sei. In den Übergangsbestimmungen der Novelle gebe es diesbezüglich keine anders lautende Regelung.
Zur behaupteten Verletzung der Immissionsbestimmungen sei festzustellen, dass mit der vorliegenden Flächenwidmungsplansausweisung "L (EZ I) kein Immissionsschutz verbunden sei und damit nach geltender Rechtsprechung auch kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinne des § 26 Stmk. BauG gegeben sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/06/0123). Gemäß § 23 Abs. 5 lit. i Stmk. ROG i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 69/1995, seien Gebiete für Einkaufszentren I Flächen, die für Einkaufszentren, die in ihrem Warensortiment Lebensmittel führten, samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt.
Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass die Beschränkung der Immissionen von Betrieben stets nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung des bebauenden Grundstückes (nicht des Nachbargrundstückes) gesehen werden könne.
§ 23 Abs. 5 lit. i Stmk. ROG enthalte ebenso wenig wie § 25 Abs. 2 Stmk. ROG eine Immissionsbeschränkung.
§ 13 Abs. 12 Stmk. BauG normiere, dass die Behörde größere Abstände vorzuschreiben habe, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich sei. Diesbezüglich sei aber gegenüber den Beschwerdeführern Präklusion eingetreten. Den Einwendungen der Beschwerdeführer könne nämlich nichts entnommen werden, was eine Deutung dahingehend zuließe, dass sie die Einhaltung größerer Abstände gefordert hätten. Nicht einmal in ihrer Berufung hätten sie größere Abstände geltend gemacht. Dass aber ein allgemeines Vorbringen in Richtung Geruchsbelästigung und Lärmbelästigung nicht als (Eventual-)Begehren auf Festsetzung größerer Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG auszulegen sei, gehe schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1996, Zl. 95/06/0013, hervor. Auf Grund der eingetretenen Präklusion durfte aber seitens der belangten Behörde die Frage, ob allenfalls größere Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG einzuhalten seien, nicht von Amts wegen aufgegriffen und geprüft werden. Demzufolge seien sämtliche Einwendungen in Bezug auf die Immissionsbelästigung keiner näheren Prüfung zu unterziehen.
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könnten die einer Partei eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiter reichen, als die ihr durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte. Sohin sei auch im Gegenstande nicht mehr auf die Frage einzugehen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre oder nicht. Durch die eingetretene Präklusion könnten nämlich keinesfalls subjektiv-öffentliche Nachbarrechte durch den angefochtenen Bescheid verletzt worden sein. Es werde auch festgehalten, dass es sich bei einem Baugenehmigungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle und nur der vom Bauwerber tatsächlich gestellte Antrag dem Verfahren zu Grunde gelegt werden dürfe. Etwaige in Zukunft geplante Bauprojekte seien in diese Prüfung nicht einzubeziehen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß § 23 Abs. 5 lit. i Stmk. RaumordnungsG 1974, LGBl. Nr. 127 i.d.F. LGBl. Nr. 39/1986, sind Gebiete für Einkaufszentren I Flächen, die für Einkaufszentren, die in ihrem Warensortiment Lebensmittel führen samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt sind.
In dem am 25. März 2003 in Kraft getretenen § 23a Stmk. RaumordnungsG 1974 i.d.F. LGBl. Nr. 20/2003 ist in Abs. 8 Folgendes vorgesehen:
"(8) Bei Neu- und Zubauten von Einkaufszentren ist insbesondere im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 auf eine wirtschaftliche Nutzung der Baulandfläche Bedacht zu nehmen. Bei der Neuerrichtung und bei Zubauten von Einkaufszentren sind die Mindestanzahl der nach § 71 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes erforderlichen Abstellplätze in Hoch- oder Tiefgaragen bereitzustellen."
Die im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (am 28. August 2003) geltenden Bestimmungen des UVP-G 2000 i.d.F. BGBl. I Nr. 89/2000 lauten auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 2.
...
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
...
Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3.
(1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. d bis f, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 21 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.
(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.
(3) Wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sind die nach den bundes- und landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (§ 39) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren).
...
(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.
...
Behörden
§ 39. (1) Für die Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt und alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach jenen Verwaltungsvorschriften, für die gemäß § 5 Abs. 1 Genehmigungsanträge zu stellen sind, ist die Landesregierung zuständig. Bis zu dem in § 22 bezeichneten Zeitpunkt erstreckt sich die Zuständigkeit der Landesregierung auf alle Anträge zur Änderung der gemäß §§ 17 bis 18a erlassenen Bescheide. Die Landesregierung kann mit der Durchführung des Verfahrens, einschließlich Verfahren gemäß § 45, ganz oder teilweise die Bezirksverwaltungsbehörde betrauen und diese auch ermächtigen, in ihrem Namen zu entscheiden. Gesetzliche Mitwirkungs- und Anhörungsrechte werden dadurch nicht berührt.
...
Anhang 1
Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.
In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die "Neuerrichtung", der "Neubau" oder die "Neuerschließung" erfasst.
...
UVP
UVP im vereinfachten Verfahren
Spalte 1
Spalte 2
Spalte 3
Z 19
Einkaufszentren *4) mit einer Flächeninanspruchnahme von mehr als 10 ha oder mit mehr als 1000 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge.
....
*4) Einkaufszentren sind Gebäude und Gebäudekomplexe mit Verkaufs- und Ausstellungsräumen von Handels- und Gewerbebetrieben samt den damit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungs- und Freizeiteinrichtungen, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine betriebsorganisatorische oder funktionelle Einheit bilden. Zur Berechnung der Flächeninanspruchnahme ist die gesamte Fläche heranzuziehen, die mit dem Vorhaben in einem funktionellen Zusammenhang steht, insbesondere die überdachte Nutzfläche und die Flächen für Kfz-Parkplätze oder Parkgaragen.
..." (Der 1. Abschnitt des UVP-G 2000 umfasst die §§ 1 - 3a, der 2. Abschnitt die §§ 4 - 23.)
Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: EG-UVP-Richtlinie) lauten wie folgt:
"Art. 2 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert."
"Artikel 4
(1) Projekt des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen
(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 anhand
a)
einer Einzelfalluntersuchung oder
b)
der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss.
Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a) und b) genannten Verfahren anzuwenden.
(3) ..."
In Anhang II Z. 10 lit. b) EG-UVP-Richtlinie sind "Städtebauprojekte, einschließlich der Errichtung von Einkaufszentren und Parkplätzen "erfasst.
Unter Anhang II Z. 13 EG-UVP-Richtlinie fallen weiters folgende Vorhaben:
"13.
-
Die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können.
-
..."
Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten bereits in der Bauverhandlung vom 2. Juli 2003 eingewendet, dass durch die rechtswidrige "Filetierung" des Gesamtbauvorhabens in einzelne Module die Anrainerrechte der Beschwerdeführer, vor allem hinsichtlich des Immissionsschutzes verletzt würden. Bei der behördlichen Prüfung des Bauvorhabens sei auf das Gesamtprojekt X nicht nur auf das einzelne zu genehmigende Modul abzustellen. Vor allem sei aber vor Bewilligung des Gesamtprojektes eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVP-Gesetz durchzuführen. Die Behörden hätten nicht begründet, warum ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren im vorliegenden Fall entfallen könne. Die Baubehörde zweiter Instanz habe lediglich kursorisch darauf verwiesen, dass die Frage der UVP-Pflicht im Vorfeld der Bauverhandlung mit den zuständigen Behörden erörtert und eine Notwendigkeit zur Durchführung eines UVP-Verfahrens nicht gesehen worden sei. In dieser Hinsicht liege auch ein Begründungsmangel vor. Dieser Mangel sei auch wesentlich, da subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer, die in § 26 Stmk. BauG Deckung fänden, dadurch verletzt würden, dass jeweils Einzelprojekte, die schlussendlich ein weitaus größeres Gesamtprojekt bildeten, herausgegriffen würden und so das Erfordernis eines UVP-Verfahrens ausgeschaltet werde. Es liege auf der Hand, dass sowohl die auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer einwirkenden Geruchs- als auch Lärmimmissionen durch das Gesamtprojekt X um ein Vielfaches größer seien, als dies bei rechtsunrichtiger Betrachtung der jeweils einzelnen Module im vorliegenden Fall für den projektierten Lebensmittelmarkt der Fall sei. Präklusion könne den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang nicht entgegengehalten werden.
Auch der Einwand, wonach schon gemäß § 23a Z. 8 ROG (in der Fassung der ROG-Novelle 2002 - gemeint offensichtlich § 23a Abs. 8) durch die nicht gewährleistete Unterbringung von Fahrzeugen in Tiefgaragen die Nachbarrechte der Beschwerdeführer verletzt würden, sei inhaltlich nicht behandelt worden. Im angefochtenen Bescheid werde nicht dargelegt, weshalb in diesem Einwand kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Stmk. BauG zu erblicken sei. Zur Gewährleistung des mängelfreien Verfahrens wäre darüber hinaus ein immissionstechnisches Gutachten einzuholen gewesen, welches die tatsächlichen Auswirkungen der Immissionen auf das Grundstück der Beschwerdeführer darstellte.
Zunächst ist festzustellen, dass das Recht, in einem Genehmigungsverfahren das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung als Rechtswidrigkeit geltend zu machen, die Einräumung der Parteistellung im betreffenden Materiengesetz voraussetzt. Es ist nämlich die Stellung als Partei in diesem Verfahren, die die Möglichkeit eröffnet, Mängel des in diesem Verfahren ergangenen Bescheides und so auch den im Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehenden Mangel geltend zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zlen. 2004/05/0139, 0140, m.w.N.). Diese Voraussetzung traf für die Beschwerdeführer zu. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall eine Präklusion in der Form des gänzlichen oder teilweisen Verlustes der Parteistellung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG schon deshalb nicht eintreten konnte, weil in der Kundmachung der Verhandlung kein dem § 41 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 entsprechender Hinweis auf die gemäß § 42 AVG in der angeführten Fassung eintretenden Folgen enthalten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2001, Zl. 2000/06/0056), haben die Beschwerdeführer den Einwand, es hätte im Hinblick auf das Gesamtvorhaben gemäß UVP-G eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu erfolgen, rechtzeitig in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren erhoben.
Dem Argument der Beschwerdeführer der unzulässigen Teilung eines Gesamtprojektes ist entgegenzuhalten, dass das Bauverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist. Gegenstand des jeweiligen Bauverfahrens ist das jeweilige beantragte, in den Einreichplänen dargestellte Projekt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2005, Zlen. 2003/05/0091, 2004/05/0246), im vorliegenden Fall der verfahrensgegenständliche Lebensmittelmarkt mit Parkplätzen. Die Frage einer allfälligen Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung kann sich daher nur im Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Projekt stellen. In dieser Hinsicht begründen die Beschwerdeführer aber nicht, warum der antragsgegenständliche Lebensmittelmarkt mit 213 Parkplätzen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 89/2000, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen wäre. Gemäß diesem Gesetz (Anhang 1 Z. 19 Spalte 2) unterliegen Einkaufszentren mit einer Flächeninanspruchnahme von mehr als 10 ha oder mit mehr als 1.000 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren. Auch aus der EG-UVP-Richtlinie ergibt sich im Lichte der Anhänge I und II für das vorliegende Bauvorhaben kein Anhaltspunkt, dass danach eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich wäre. In dieser Hinsicht wird in der Beschwerde auch nichts vorgetragen. Ein allfälliger Begründungsmangel der belangten Behörde und der Berufungsbehörde ist in dieser Hinsicht jedenfalls nicht wesentlich.
Im vorliegenden Baubewilligungsverfahren kann nicht berücksichtigt werden, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben unter Umständen Teil eines Einkaufszentrums, das über 1000 Stellplätze umfasst, wird. In diesem Zusammenhang ist aber auf die Regelungen im § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 hinzuweisen. § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 wurde ausdrücklich nach dem Urteil des EuGH vom 21. September 1999, Rechtssache C-392/96 (Kommission gegen Irland) geschaffen, um einer Umgehung der UVP durch Aufsplittung von Vorhaben auf mehrere Betreiber im Einzelfall entgegenzutreten, aber auch um unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung oder Errichtung die kumulative Wirkung gleichartiger Vorhaben zu erfassen (vgl. den Initialantrag 168/A GP XXI zu § 3 UVP-G 2000, und auch das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 2005, Zlen. 2004/05/0156, 0247). In diesem Erkenntnis wurde zu § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 ausgeführt, dass der neue Absatz 2 des § 3 UVP-G geschaffen wurde, gerade um Umgehungen durch unsachliche Aufsplitterungen hintanzuhalten, wie dies aus dem Initiativantrag 168/A GP XXI in seiner Begründung zu § 3 UVP-G hervorgehe.
Auch dem Vorbringen betreffend § 23a Abs. 8 Stmk. ROG i.d.F. der am 24. März 2003 kundgemachten Stmk. ROG-Novelle 2002, LGBl. Nr. 20/2003 kommt keine Berechtigung zu. § 23a Abs. 8 zweiter Satz Stmk. ROG in der angeführten Fassung sieht vor, dass bei der Neuerrichtung und bei Zubauten von Einkaufszentren die Mindestanzahl der nach § 71 Abs. 3 Stmk. BauG erforderlichen Abstellplätze in Hoch- oder Tiefgaragen bereitzustellen ist. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf verwiesen, dass für die Auslegung der Widmung Einkaufszentrum I jene raumordnungsrechtlichen Bestimmungen maßgeblich sind, die im Zeitpunkt der Erlassung des anzuwendenden Flächenwidmungsplanes gegolten haben (im vorliegenden Fall das Stmk. ROG 1974 i.d.F. LGBl. Nr. 64/2000 im Hinblick auf den anzuwendenden Flächenwidmungsplan 4.0 der mitbeteiligten Stadtgemeinde - Beschluss des Gemeinderates vom 16. November 2001, genehmigt von der belangten Behörde am 23. November 2001 - i.d.F. der für die verfahrensgegenständlichen Gründstücke relevanten Flächenwidmungsplanänderung Nr. 4.04 "X II" - Beschluss des Gemeinderates vom 28. Oktober 2002, genehmigt von der belangten Behörde am 26. November 2002, in Kraft getreten nach entsprechender Kundmachung in der Gemeinde am 21. Dezember 2002). Die danach maßgebliche Rechtslage enthielt die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Regelung nicht. Abgesehen davon ist diese Bestimmung in der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte in § 26 Abs. 1 Stmk. BauG nicht genannt. Auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmung könnte nicht abgeleitet werden, dass damit Nachbarn ein Mitspracherecht eingeräumt werden sollte. In diesem Zusammenhang hat sich daher auch im Lichte des Vorbringens der Beschwerdeführer keine Notwendigkeit ergeben, ein immissionstechnisches Gutachten über die Auswirkungen der Immissionen auf das Grundstück der Beschwerdeführer einzuholen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. September 2005
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Verfahrensrecht AVGBaubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004060030.X00Im RIS seit
24.10.2005Zuletzt aktualisiert am
07.11.2011