TE OGH 1988/7/19 1Ob615/88

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Veröffentlicht am 19.07.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 6. Juli 1987 verstorbenen Magdalena B***, Pensionistin, zuletzt in Wien 23., Perchtoldsdorferstraße 6, wohnhaft gewesen, infolge Revisionsrekurses der Maria L***, Pensionistin, Wien 2., Engerthstraße 223/7, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5. Mai 1988, GZ 47 R 293/88-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 21. März 1988, GZ 1 A 350/87-17, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstinstanzliche Beschluß wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 5. Oktober 1987 überließ das Erstgericht den Nachlaß mit Aktiven von S 29.420,-- der erbl. Cousine Maria L*** auf Abschlag der von ihr ausgelegten Begräbniskosten in der Höhe von S 30.652,-- an Zahlung Statt. Infolge Rekurses der Stadt Wien hob das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß, der im Ausspruch über die Zuweisung von S 20.000,-- auf die Begräbniskosten und die Bestimmung der Gerichtskommissionsgebühren unbekämpft geblieben war, im restlichen Umfang (Zuweisung von S 9.420,--) auf und trug insoweit dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Im zweiten Rechtsgang überließ das Erstgericht den restlichen Nachlaß mit Aktiven von S 9.420,-- nach Abzug der Gerichtskommissionsgebühren (S 990,--) erneut der erbl. Cousine Maria L***. Diese mache an bezahlten Begräbniskosten einschließlich der Ausstattung eines Kunststeindenkmales samt Einfassung, der Verwaltungsgebühr der Fundamentanlagen und der Nebenauslagen einen Betrag von insgesamt S 30.652,-- geltend. Die Bestattungskosten seien durch das Sterbegeld und eine schon von der Erblasserin erbrachte Anzahlung gedeckt. Die Grabstätte habe aber angeschafft werden müssen. Die geltend gemachten Begräbniskosten seien gemäß § 549 ABGB durchaus angemessen, so daß Maria L*** auch der restliche Nachlaß an Zahlungs Statt zu überlassen sei.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es vom restlichen Nachlaß Maria L*** S 124,15 und der Stadt Wien S 8.305,85 auf Abschlag ihrer Forderungen an restlichen Begräbniskosten (S 10.652,--) bzw. Pflegegebühren (S 712.641,75) zuwies. Es stellte ergänzend fest, Maria L*** habe für das Grab eine Deckplatte bestellt, weil sie herzkrank sei und öfters zur Kur weile oder sich im Waldviertel aufhalte, weshalb sie das Grab dann nicht betreuen könne, mit der Grabpflege aber als Pensionistin auch keinen Gärtner betrauen wolle. Der 92jährige Bruder der Erblasserin lebe in der Bundesrepublik Deutschland. Das Grab sei neu angeschafft und die Bewilligung zur Umwandlung in ein gruftartiges Grab erteilt worden. Im zweiten Rechtsgang sei festgestellt worden, daß sowohl eine neue Grabstätte habe angeschafft werden müssen als auch diese in ein gruftartiges Grab umgewandelt worden sei. Letzteres sei nicht etwa deshalb geschehen, um die Anschaffung einer neuen Grabstätte zu vermeiden, sondern habe ausschließlich der Ersparnis von Betreuungskosten für die Zukunft bezweckt. Dieser Zweck rechtfertige jedoch die Anerkennung der damit verbundenen Kosten als solche einer einfachen Bestattung nicht. Die gruftartige Ausstattung des Grabes könne möglicherweise als angemessene Bestattung im Sinne des § 549 ABGB, nicht aber als einfache Bestattung gemäß § 46 Abs. 1 Z 7 KO beurteilt werden. Der Maria L*** mit dem insoweit in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Erstgerichtes im ersten Rechtsgang bereits zugewiesene Betrag von S 20.000,-- decke die Kosten einer einfachen Bestattung, wogegen der restliche Nachlaß auf die noch verbleibenden Begräbniskosten und die Pflegegebühren verhältnismäßig aufzuteilen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von Maria L*** zu Protokoll gegebene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Ist der Nachlaß - wie im vorliegenden Fall - unbedeutend und können vermutlich nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden gedeckt werden, hat das Abhandlungsgericht nach § 73 Abs. 1 AußStrG den damit erschöpften Nachlaß nach Vernehmung der Parteien über dessen Beschaffenheit und Wert sowie über die Höhe der Krankheits- und Leichenkosten und der anderen mit besonderem Vorrecht verbundenen Forderungen den Gläubigern an Zahlungs Statt zu überlassen; damit sollen überschuldete unbedeutende Nachlässe unter Vermeidung des Verlassenschaftskonkurses kridamäßig verteilt werden, so daß die Verteilungsgrundsätze der Konkursordnung - auch auf das Ausmaß der Bevorrechtung der in § 73 Abs. 1 AußStrG ausdrücklich genannten Krankheits- und Leichenkosten - sinngemäß anzuwenden sind (RZ 1986/75 mwN). Demnach sind die Leichenkosten, soweit sie die Kosten einer einfachen Bestattung nicht übersteigen, im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 7 KO wie Masseforderungen im Konkurs vorrangig und im übrigen Umfang wie die Krankheitskosten, die seit Inkrafttreten des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes nun keine Bevorrechtung mehr genießen, Konkursforderungen entsprechend im gleichen Rang verhältnismäßig zu befriedigen (NZ 1986, 260; RZ 1986/75 ua; vgl. Kralik in Ehrenzweig, Erbrecht3 348).

Ob demnach auch der Stadt Wien auf Abschlag ihrer offenen Pflegekostenforderung ein Teil der Nachlaßaktiven an Zahlungs Statt zu überlassen ist, hängt davon ab, wie hoch die Kosten einer einfachen Bestattung im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 7 KO zu veranschlagen sind. Den Materialien zu der erst mit Art. II Z 11 IRÄG dem § 46 KO eingefügten Bestimmung (JA 1147 BlgNR 15.GP 8 sowie 20; RV 3 BlgNR 15.GP 35) ist zu entnehmen, der Gesetzgeber habe die Bestimmungen (der Ausgleichs- und der Konkursordnung) über die Begräbniskosten so vereinheitlichen wollen, daß einerseits nicht die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen verletzt werden und andererseits die Grenzen des wirtschaftlich Tragbaren gewahrt bleiben; Bestattungskosten im Insolvenzfall sollen sich also zwar nicht mehr am Aufwand des dem Ortsgebrauch sowie dem Stand und Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbnisses (§ 549 ABGB) orientieren, aber auch nicht bloß die Kosten einer Beisetzung in einem Massengrab umfassen. Demgemäß ist auch schon ausgesprochen worden, daß die Kosten einer einfachen Bestattung die Anschaffung eines einfachen Grabsteines einschließen und im Falle eines unbedeutenden Nachlasses zwischen den Kosten einer einfachen Bestattung und den Kosten eines angemessenen Begräbnisses im Sinne des § 549 ABGB im allgemeinen kein großer Unterschied bestehen werde (RZ 1986/75). Bei Bedachtnahme auf diese Grundsätze kann auch die Verlegung einer einfachen Einfassung und Grabsteinplatte (aus Kunststein) unter besonderen Umständen (Alter, Krankheit) noch von einer einfachen Bestattung mitumfaßt sein. Da die Angehörigen außerstande sind, das Grab regelmäßig zu pflegen, und denen auch die laufenden Kosten einer Betreuung durch einen hiezu beauftragten Friedhofsgärtner nicht zuzumuten ist, war die Herstellung eines einfachen gruftartigen Grabes unerläßlich, um es nicht sogleich der Verwahrlosung preiszugeben. Damit wird einerseits Pietätsgedanken, auf die - entgegen der Auffassung der Stadt Wien in ihrem Rekurs an die zweite Instanz - Bedacht zu nehmen ist, Rechnung getragen, andererseits der noch gerechtfertigte Aufwand nicht über Gebühr angehoben.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der erblasserischen Cousine ist deshalb der erstinstanzliche Beschluß wieder herzustellen.

Anmerkung

E14813

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00615.88.0719.000

Dokumentnummer

JJT_19880719_OGH0002_0010OB00615_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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