TE OGH 1988/7/21 13Os84/88 (13Os89/88)

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Veröffentlicht am 21.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juli 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hanglberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf P*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.April 1988, GZ 3 c Vr 12.399/87-26, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.April 1988, GZ 3 c Vr 12.399/87-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Der am 11.Februar 1958 geborene Vertreter Rudolf P*** wurde des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 11.November 1987 in Wien mit Gewalt gegen eine Person, nämlich durch wiederholtes heftiges Anreißen an der Handtasche der Elisabeth L***, wodurch er die Frau mehrere Meter weit mit sich zerrte, der Genannten eine schwarze Damenhandtasche mit Bargeldinhalt mit dem Vorsatz wegzunehmen getrachtet, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer die Gründe des § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a und 10 StPO anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde an.

Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf den vom Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß Elisabeth L*** durch die Tat keine mehr als drei Tage dauernde Verletzung am Körper erlitten habe (S 91 unten f). Das Gericht, das dem Antrag nicht entsprochen hat, hielt diese Beweisaufnahme für entbehrlich, weil (so die Urteilsgründe wörtlich:) "hievon die Tatbestandsmäßigkeit nicht betroffen wird und auch ein medizinischer Sachverständiger nicht darüber zu befinden vermag, ob die von der Zeugin als seit der Tat bestehend angegebenen Schmerzen von dieser wahrheitsgemäß oder wahrheitswidrig behauptet würden. Die diesbezügliche Feststellung hatte das Schöffengericht zu treffen und es konnte sich dieses dabei im Rahmen der Beweiswürdigung auf die unmittelbaren Eindrücke anläßlich der Beweiserhebungen in der Hauptverhandlung stützen" (S 122). Aus diesen zutreffenden Erwägungen des Erstgerichtes ergibt sich, daß schon mangels Relevanz des Beweisthemas für den Tatbestand des nicht ohne Anwendung erheblicher Gewalt versuchten Raubes (siehe unten) durch das Unterbleiben der beantragten Beweisaufnahme eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten nicht erfolgen konnte. Die Mängelrüge (Z 5) erachtet zunächst die Konstatierung, daß der Raub durch wiederholtes Anreißen an der Tasche versucht worden sei, für unzureichend begründet. Indes ist es nicht entscheidend, ob die geraume Zeit anhaltende (S 119 f) Gewalteinwirkung, durch welche die Frau gegen ihren Widerstand immerhin mehrere Meter weit mitgezerrt wurde, kontinuierlich ohne Intensitätsschwankungen geschah oder aber, was nach der zeitlichen und räumlichen Einwirkung eher anzunehmen ist, in einem wiederholten Anreißen bestand. Genug daran, daß der Angeklagte kräftig gegen den heftigen Widerstand der Frau an deren Handtasche mit der Wirkung zerrte, daß er die Frau mehrere Meter mitzerrte. Es ist daher auch diesbezüglich keine eine entscheidende Tatsache betreffende Aktenwidrigkeit gegeben. Entgegen der des weiteren eine Unvollständigkeit behauptenden Mängelrüge war das Gericht auch mangels Relevanz nicht gehalten, in Übereinstimmung mit den Bekundungen der Zeugin L*** in der Hauptverhandlung Konstatierungen darüber zu treffen, daß diese eine kleine Prellung erlitten habe, die vielleicht eine Woche angehalten habe, und daß sie nie mehr als 100 S in der Tasche habe. Wenn der Sachverständige in bezug auf eine angebliche (vom Angeklagten für die Tat selbst sogar in Abrede gestellte: S 99) Erinnerungslücke erklärte, daß es dafür auf Grund der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse keine Begründung gebe, es sei denn, der Angeklagte müßte einen epileptischen Anfall erlitten haben, was aber auf die Straftat als solche keinen Einfluß habe ((S 104 unten f), waren im Hinblick auf diese von der Beschwerde übergangenen Ausführungen des Gutachters auch dazu Erörterungen über die Erkennbarkeit eines solchen Anfalls für andere, wie sie die Beschwerde vermißt, entbehrlich. Ebensowenig entscheidend ist, ob der Angeklagte nach der Tat dem Amtsarzt vorgeführt wurde und ob er diesbezüglich allenfalls einem Irrtum unterliegt, weil daraus nichts abzuleiten ist (S 107). Bedenken des Nichtigkeitswerbers gegen die Beweiswürdigung (Z 5 a) richten sich abermals gegen die - nicht

entscheidende - Annahme eines wiederholten Anreißens an der Tasche; ferner wird unter diesem Gesichtspunkt releviert, daß der Angeklagte aus Not und Unbesonnenheit oder gar während einer Bewußtseinslücke die Tat begangen haben könnte; schließlich wird noch vorgebracht, daß die Zeugin L*** nie mehr als 100 S in ihrer Handtasche bei sich hatte. Nach keiner Richtung hin vermag indes die Beschwerde mit diesem Vorbringen auch nur einen entfernten Hinwis dafür zu geben, daß sich aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit von dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben.

Die Rechtsrüge (Z 10) geht nicht von den Urteilskonstatierungen aus, wenn sie der vom Gericht festgestellten Gewaltanwendung beim Raub die Einstufung als erhebliche Gewalt absprechen will. Denn abermals unterstellt sie nur, daß keine wiederholte Gewalteinwirkung vorlag, läßt aber die Intensität der Gewalt, wie sie das Erstgericht konstatiert, völlig außer acht: Daß der Angeklagte nämlich "mit großer Heftigkeit und anhaltend" an der Handtasche anriß, weiters daß die Frau gegen die Wegnahme ihrer Handtasche erhebliche Kräfte erfolgreich einsetzte und dabei mehrere Meter weit durch das heftige Anreißen an ihrer Handtasche mitgezerrt wurde. Kam doch "die Heftigkeit des Krafteinsatzes" des Angeklagten und "die Intensität seines räuberischen Wollens" (S 120) gerade auch darin zum Ausdruck, daß erst das erfolgreiche Einschreiten von drei Personen dazu führte, daß der Angeklagte die Handtasche losließ, wodurch die Überfallene sogar aus dem Gleichgewicht geriet, rücklings zu Boden stürzte und sich leicht verletzte (S 119, 120). Die von diesen Urteilsfeststellungen abweichende Rechtsrüge ist damit nicht dem Gesetz entsprechend zur Darstellung gebracht worden. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Über die Berufung des Angeklagten gegen die Strafe und über die mit der Ausführung der Berufung verbundene (und damit rechtzeitig eingebrachte: § 498 Abs 3 StPO) Beschwerde gegen den Beschluß, mit dem das Erstgericht die mit den Urteilen des Strafbezirksgerichtes Wien vom 21.August 1985, 13 U 854/85, und des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7.Februar 1986, 14 U 2867/85, gewährte bedingte Nachsicht der Strafen gemäß § 53 Abs 1 StGB widerrufen hat, wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285 i, 494 a Abs 4, 498 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E14553

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00084.88.0721.000

Dokumentnummer

JJT_19880721_OGH0002_0130OS00084_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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