Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag. Wilhelm L***, Baukünstler,
2.) Mag. Hans S***, Architekt, beide Salzburg,
Vierthalerstraße 8, beide vertreten durch Dr. Günther Stanonik und Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei TZ E***-B*** Gesellschaft mbH, Salzburg,
Neutorstraße 52, vertreten durch Dr. Günther Stemberger und Dr. Peter Zumtobel, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 401.500 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 18. Jänner 1988, GZ 1 R 208/87-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14. Mai 1987, GZ 9 Cg 137/86-9, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes bestätigt wird. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 47.653,63 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 219,25 S Barauslagen und 3.403,13 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das auf Bezahlung des Honorars für die Herstellung von Bauplänen gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es führte eine Beweisergänzung durch und legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:
Mit Gesellschaftsvertrag vom 24. November 1983 gründeten die L*** Bauträger Gesellschaft mbH (im folgenden nur Firma L***), die in der Folge mit der AC Bauträger Gesellschaft mbH verschmolzen wurde, und die beklagte Partei unter dem Namen A*** Bauträger L***-TZ Eigenheim (im folgenden nur A***) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Zwecke des Ankaufes der Liegenschaft Georg von Nissen-Straße 33 a und der Errichtung und Weiterveräußerung von Arbeiterwohnstätten oder Eigentumswohnungen. Der Beginn des Geschäftsjahres wurde mit 1. Oktober 1983 vereinbart. Die Gesellschafter verpflichteten sich, folgende vermögenswerte Beiträge zu erbringen: Die Firma L*** die Planungsleistungen im erforderlichen Umfang, die beklagte Partei die Büro- und Verkaufsorganisation. Zur Geschäftsführung und Vertretung der A*** wurden die Geschäftsführer der beiden Gesellschafter bestimmt. Geschäfte, die über den Rahmen der ordentlichen Verwaltung hinausgehen, so insbesondere auch Werkverträge, bedurften der Zustimmung beider Gesellschafter. Johann L***, der Geschäftsführer der Firma L***, erteilte vor dem 22. November 1983 den Klägern namens der A*** den Auftrag zur Erstellung des Vorentwurfes, des Entwurfes der Einreichpläne und der Polierpläne und übertrug ihnen die baukünstlerische Oberleitung. Als Honorar wurde ein Pauschalbetrag von 260.000 S zuzüglich Umsatzsteuer, fällig bei Vorliegen der rechtskräftigen Baugenehmigung, vereinbart. Nach Abänderung der Pläne vereinbarte Johann L*** mit den Klägern hiefür ein Pauschalhonorar von 105.000 S. Die Kläger waren zur Herstellung der Pläne nicht berechtigt, weil sie keine Ziviltechnikerbefugnis haben, sodaß die Pläne durch Dipl.Ing. Wolfgang W*** abgezeichnet werden mußten. Die beklagte Partei wußte nicht, daß Johann L*** die Kläger namens der A*** beauftragt hatte und genehmigte in der Folge diesen Auftrag nicht ausdrücklich. Der mit 22. November 1983 datierte, von den Klägern gezeichnete Einreichplan wurde mit der Geschäftsstampiglie der beklagten Partei und der Unterschrift ihres Geschäftsführers, Dr. Ernst T***, versehen und der Baubehörde vorgelegt, wobei die beklagte Partei als Bauherr und außerbücherlicher Grundeigentümer bezeichnet wurde. Als Dr. Ernst T*** Änderungswünsche hatte, wurden diese mit den Klägern besprochen. Auch den mit 13. Mai 1984 datierten Auswechslungsplan legte die beklagte Partei der Baubehörde vor. Bei den Gesprächen zwischen Dr. Ernst T*** und den Klägern wurde über einen Auftrag bzw. ein Honorar nie gesprochen. Die Abänderungen der Kläger entsprachen nicht den Intentionen der beklagten Partei, sodaß Johann L*** die Auflösung der A*** vorschlug und in der Folge auch das Bauansuchen zurückzog.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes sei die Gesellschaft bereits vor dem 24. November 1983 zustande gekommen. Aus dem im schriftlichen Vertrag vereinbarten Beginn des Geschäftsjahres folge nämlich, daß die Gesellschaft ihre Tätigkeit bereits vor dem 24. November 1983 aufgenommen habe und somit schlüssig ein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen worden sei. Den Umfang der Vertretungsmacht einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bestimme im Zweifel die im Innenverhältnis eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis. Nach dem Gesellschaftsvertrag hätten Geschäfte, die über den Rahmen der ordentlichen Verwaltung hinausgingen, der Zustimmung beider Gesellschafter bedurft. Bei der Auftragserteilung an die Kläger habe es sich um ein solches Geschäft gehandelt. Ohne Zustimmung der beklagten Partei hätte daher Johann L*** die A*** nicht verpflichten können. Für die Annahme einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht fehle ein Verhalten der A***, das einen Rechtsschein, Johann L*** sei zum Abschluß eines derartigen Geschäftes für die A*** bevollmächtigt, begründen hätte können. Der unwirksam Vertretene könne allerdings das Geschäft mit dem Dritten dadurch in Kraft setzen, daß er den Vertretungsakt genehmige. Als Genehmigung sei es auch anzusehen, wenn er sich den Vorteil aus dem Geschäft zuwende. Eine ausdrückliche Genehmigung des von Johann L*** mit den Klägern abgeschlossenen Vertrages scheide hier aus. Es liege jedoch eine schlüssige Genehmigung vor. Da der Geschäftsführer der beklagten Partei die von den Klägern verfaßten Pläne mit der Geschäftsstampiglie der beklagten Partei und mit seiner Unterschrift versehen und diese Pläne bei der Baubehörde eingereicht habe, hätte für die Kläger kein Zweifel bestehen können, daß auch die beklagte Partei den Vertrag genehmige. Auch sei die Abänderung der Pläne auf Wunsch des Geschäftsführers der beklagten Partei erfolgt. Im Verlangen des Dr. Ernst T*** auf Abänderung der Pläne und in der Annahme dieses Begehrens durch die Kläger sei jedenfalls der Abschluß eines weiteren Werkvertrages zu erblicken, bezüglich dessen die beklagte Partei jedenfalls als Vertragspartnerin anzusehen sei. Die beklagte Partei sei daher grundsätzlich zur Zahlung des Honorars der Kläger verpflichtet. Dieses sei auch fällig. Da die beklagte Partei das Bauansuchen zurückgezogen und damit die Grundlage für die vereinbarte spätere Fälligkeit des Honorars beseitigt habe, sei das Honorar nach Vollendung des Werkes fällig geworden. Da die Mitglieder der A*** Kaufleute seien und überdies ein Handelsgeschäft vorliege, hafteten beide Gesellschafter für das Honorar solidarisch. Die Kläger hätten jedoch nur Anspruch auf ein angemessenes Entgelt, weil die mit Johann L*** getroffene Pauschalhonorarvereinbarung nicht wirksam geworden sei. Um die Angemessenheit des Entgelts zu beurteilen, seien jedoch noch ergänzende Feststellungen über den Umfang der von den Klägern geleisteten Arbeiten erforderlich. Das Erstgericht werde aber auch auf die Behauptung der beklagten Partei einzugehen haben, daß mit den Klägern ein Pauschalhonorar von nur 80.000 S vereinbart worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.
Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, der aber auch konkludent erfolgen kann (SZ 46/62; SZ 34/184; EFSlg. 43.484; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1175; Kastner, Grundriß4 51; vgl. auch Ulmer in MünchKomm.2 § 705 Rdz 1; Hadding in Soergel11 § 705 Rdz 1). Der Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes richtet sich danach, wann der Gesellschaftsvertrag wirksam wird, das ist regelmäßig der Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages (Böhler, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts 20; Ulmer aaO Rdz 5). Die Parteien können jedoch das Wirksamwerden des Vertrages von weiteren Umständen, etwa dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig machen (Ulmer aaO). Mit Wirkung nur für das Innenverhältnis können sie auch vereinbaren, daß die Gesellschaft schon mit einem Zeitpunkt, der vor Abschluß des Vertrages liegt, als entstanden gilt, um etwa die Geschäfte des eingebrachten Unternehmens oder die Aufwendungen und die Erträge sonstiger eingebrachter Gegenstände von einem früheren Stichtag an als auf gemeinsame Rechnung zu behandeln. Dagegen können die Beteiligten im Außenverhältnis dem Vertragsabschluß keine rückwirkende Kraft beilegen. Eine rückwirkende Entstehung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ausgeschlossen (Ulmer aaO Rdz 6; Hadding aaO Rdz 4). Im vorliegenden Fall erfolgte der schriftliche Vertragsabschluß am 24. November 1983. Zu diesem Zeitpunkt ist mangels Vereinbarung eines späteren Zeitpunktes des Wirksamwerdens des Vertrages die Gesellschaft entstanden. Dem vereinbarten Beginn des Geschäftsjahres mit 1. Oktober 1983 kann im Sinne der obigen Darlegungen Bedeutung nur im Innenverhältnis zukommen. Anders wäre dies nur, wenn Umstände vorlägen, aus denen sich ergebe, daß es schon vor der schriftlichen Vertragserrichtung durch ein den Konkludenzerfordernissen des § 863 Abs. 1 ABGB entsprechendes Verhalten der Beteiligten zu einem schlüssigen Vertragsabschluß gekommen ist. Solche Umstände, wie etwa die Aufnahme der Geschäfte mit Zustimmung aller Beteiligten, wurden hier nicht einmal behauptet und auch nicht festgestellt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Gesellschaftsvertrag bereits am 1. Oktober 1983 schlüssig zustande gekommen sei, entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der vereinbarte Beginn des Geschäftsjahres mit Stichtag vor Vertragsabschluß kann, wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt, eine andere Bedeutung haben und rechtfertigt daher bei Anwendung des für die Beurteilung eines schlüssigen Vertragsabschlusses gebotenen strengen Maßstabes (vgl. Rummel in Rummel ABGB Rdz 14 zu § 863) nicht die Annahme eines konkludenten Vertragsabschlusses vor dem 24. November 1983. Im Zeitpunkt der Auftragserteilung an die Kläger durch die Firma L*** namens der A*** bestand diese somit noch nicht. Da die Regeln über die Vollmachtsüberschreitung und das vollmachtslose Handeln auch dann anzuwenden sind, wenn der unwirksam Vertretene noch gar nicht existent ist (9 Ob A 45/87), ist das Berufungsgericht bei Beurteilung der Zurechnung des Rechtsgeschäftes an die A*** zu Recht von § 1016 ABGB ausgegangen. Diese Bestimmung kennt zwei Fälle der nachträglichen Zurechnung, die Genehmigung des Rechtsgeschäftes oder die Zuwendung des Vorteiles. Eine ausdrückliche Genehmigung scheidet hier von vornherein aus. Eine schlüssige Genehmigung setzt jedoch, wie der Oberste Gerichtshof mehrfach in Übereinstimmung mit Welser (Drei Fragen des Stellvertretungsrechtes in JBl. 1972, 338 f) ausgesprochen hat, voraus, daß entweder der Vertreter oder der Dritte nach den Umständen des Falles darauf vertrauen durfte und auch darauf vertraut hat, der vollmachtslos Vertretene wolle ihm gegenüber zum Ausdruck bringen, daß er mit dem ohne Vollmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäft einverstanden ist. Es durfte für den Vertreter oder den Dritten kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig sein, daß der unwirksam Vertretene ihm gegenüber einen solchen Willen äußern wollte (SZ 57/12; SZ 49/133 ua). Von einer Aneignung des Vorteils kann nach Lehre und Rechtsprechung nur dann gesprochen werden, wenn dem unwirksam Vertretenen bekannt ist, daß der Vertreter das Rechtsgeschäft ohne Vollmacht in seinem Namen abgeschlossen hat, er den Inhalt des Rechtsgeschäftes kennt und auch weiß, daß der Vorteil aus diesem Geschäft stammt (Ehrenzweig2 I/1282 f; Welser aaO; Strasser aaO Rdz 14 zu den §§ 1016, 1017; JBl. 1978, 32; SZ 49/133 und 162; SZ 44/21 ua). Die Vorteilszuwendung unterscheidet sich von der Genehmigung im wesentlichen nur dadurch, daß erstere keine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, keinen "Adressaten" hat (Welser aaO; vgl. auch Strasser aaO Rdz 12). Im vorliegenden Fall wurde das Rechtsgeschäft namens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes abgeschlossen. Die Sanierung eines Namens einer solchen Gesellschaft ohne Vollmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäftes fällt nicht in den Rahmen der ordentlichen Geschäftsführung, sodaß das Berufungsgericht zu Recht seine Beurteilung auch auf das Verhalten der beklagten Partei abgestellt hat. Nach den dargelegten Grundsätzen kann jedoch im Verhalten des Geschäftsführers der beklagten Partei weder eine schlüssige Genehmigung noch eine Vorteilszuwendung erblickt werden. Nach dem Gesellschaftsvertrag hatte die Planungsleistungen im erforderlichen Umfang die Firma L*** in die Gesellschaft einzubringen. Der beklagten Partei war nicht bekannt, daß die Firma L*** den Auftrag an die Kläger namens der Gesellschaft erteilte. Eine Kenntnis der Kläger, daß die Gesellschaft im Zeitpunkt der Auftragserteilung noch gar nicht entstanden war und die Firma L*** daher ohne Vollmacht handelte, wurde nicht einmal behauptet. Die Kläger hatten offensichtlich auch nie einen Zweifel an der Rechtswirksamkeit des ihnen erteilten Auftrages. Ein solcher Auftrag fällt grundsätzlich auch in den Rahmen der ordentlichen Geschäftsführung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, deren Zweck die Errichtung einer Wohnhausanlage ist. Die Auftragserteilung oder das Honorar der Kläger wurden zwischen diesen und dem Geschäftsführer der beklagten Partei auch nicht andeutungsweise erörtert. Bei dieser Sachlage konnten aber die Kläger allein die Geltendmachung von Änderungswünschen durch den Geschäftsführer der beklagten Partei nicht als Willenserklärung im Sinne eines Einverständnisses zu einem ohne wirksame Vollmacht erteilten Rechtsgeschäft verstehen. Der Verwendung der von den Klägern errichteten Pläne im Zuge des baubehördlichen Verfahrens käme nur unter dem Gesichtspunkt der Vorteilszuwendung Bedeutung zu. Die Annahme einer solchen scheitert aber schon am Erfordernis der Kenntnis vom vollmachtslosen Geschäftsabschluß und dem Inhalt des Rechtsgeschäftes durch die beklagte Partei.
Demgemäß ist dem Rekurs Folge zu geben und durch Urteil im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils zu entscheiden (§ 519 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E15480European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00604.88.0728.000Dokumentnummer
JJT_19880728_OGH0002_0070OB00604_8800000_000