Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11.August 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rosemarie K*** wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.April 1988, GZ 1 d Vr 12.042/87-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Broesigke zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rosemarie K*** des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie im Feber 1987 in Wien unter Beihilfe des abgesondert verfolgten Franz G*** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bedienstete des Sozialreferates für Nichtseßhafte der Magistratsabteilung 12 des Magistrates der Stadt Wien durch Vorlage der von Franz G*** besorgten gefälschten Rechnungen (über angebliche Nächtigungen in einem Hotel) in Verbindung mit der Behauptung, die verzeichneten Beträge ausgelegt zu haben, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung von falschen Urkunden, zur Leistung eines Zuschusses zur Sozialunterstützung in der Höhe von 3.500 S, mithin zu Handlungen zu verleiten versucht, welche die Gemeinde Wien an ihrem Vermögen schädigen sollten. Von einem weiteren Anklagepunkt erging ein (unangefochten gebliebener) Teilfreispruch.
Den Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund reklamiert die Beschwerde, das Erstgericht habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Angeklagte zum Zeitpunkt des Eingestehens der Unrichtigkeit der zur Vergütung vorgelegten Hotelrechnungen gegenüber dem Bediensteten des Sozialreferates noch der Meinung war, den Betrug vollenden zu können, dies aber "nicht mehr gewollt habe", in welchem Fall sie freiwillig vom Versuch zurückgetreten sei. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, daß ihr Betrugsversuch in dem Moment, als die Unrichtigkeit der von ihr vorgelegten Hotelrechnungen erkannt worden war, mißlungen war, worauf das Erstgericht im Ergebnis auch zutreffend hinwies (US 8), womit aber ein strafaufhebender Rücktritt vom Versuch von vornherein ausschied (Leukauf-Steininger Komm.2 § 16 RN 9, 10). Demnach ist es irrelevant, was sich die Beschwerdeführerin dachte, als sie nach Vorhalt des Ergebnisses der vom Referenten des Sozialreferates angestellten Erhebungen zugab, daß die Rechnungen falsch sind und sie diese von G*** erhalten hatte. Der behauptete Feststellungsmangel haftet daher dem Urteil nicht an. Es versagt aber auch die gegen die Annahme eines (versuchten) Urkundenbetruges gerichtete Subsumtionsrüge, derzufolge dem Urteil, das nur vom Ausfüllen "blanko übergebener Rechnungen" spreche, nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sei, ob Franz G*** die von einem Unbekannten "blanko" erhaltenen, möglicherweise aber von einem Hotelangestellten unterschriebenen Rechnungen des Hotels K*** nur unrichtig ausfüllte oder ob er auch die Unterschrift des Ausstellers fälschte; nur wenn letzteres zuträfe, könne nämlich - so meint die Beschwerdeführerin - von der Benützung einer falschen Urkunde im Sinne des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB gesprochen werden. Denn eine falsche Urkunde stellt auch derjenige her, der ein durch die echte Unterschrift des Ausstellers formell gedecktes Urkundenblankett nachträglich mit nicht vom Aussteller ausgehenden inhaltlich unrichtigen Erklärungen versieht (SSt. 45/31; Kienapfel WrKomm. § 223 Rz. 179; Leukauf-Steininger Komm.2 § 223 RN 27). Demgemäß stellt die Verwendung einer solchen sogenannten Blankettfälschung zur Täuschung auch die Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB her. Daraus folgt aber, daß es nach Lage des Falles - dem Beschwerdevorbringen zuwider - dahingestellt bleiben kann, ob Franz G*** auf den von der Beschwerdeführerin verwendeten Hotelrechnungen auch die Unterschrift des Ausstellers nachmachte oder ob er - im übrigen entgegen seinen Bekundungen in der Hauptverhandlung (AS 165) - nur eine Blankettfälschung herstellte, mit welcher die Beschwerdeführerin den zuständigen Beamten des Sozialreferates des Magistrates der Stadt Wien zu täuschen trachtete. Die mithin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach § 147 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die 4 einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis und daß es beim Versuch geblieben ist.
Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht an.
Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Von einer besonders verlockenden Gelegenheit, wie sie die Berufungswerberin als weiteren Milderungsgrund ins Treffen führt, kann nach den Feststellungen der Tatrichter keine Rede sein. Die Angeklagte hat vielmehr gezielt Sozialleistungen erschleichen wollen, womit aber auch von einem geringen Schuldgehalt der Tat nicht gesprochen werden kann, wie dies die Berufung vermeint. Im Gegenteil, gerade die betrügerische Ausnützung jener sozialen Einrichtungen, die dazu dienen sollen, wirklich Bedürftigen zu helfen, spricht für eine besonders ablehnende Einstellung der Berufungswerberin gegenüber rechtlich geschützten Werten (§ 32 Abs. 2 StGB), weshalb ihre Schuld entsprechend schwer wiegt. Damit kam aber eine Reduzierung der Strafe auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß auf eine inzwischen bekanntgewordene Vorverurteilung (wegen Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB zu 2 Monaten Freiheitsstrafe) gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen wäre, nicht in Betracht. Die Summe der beiden Strafen erweist sich vielmehr als durchaus schuldangemessene Sanktion.
Angesichts der mehrfachen, überwiegend einschlägigen Vorstrafen war aber auch dem Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht schon aus spezialpräventiven Erwägungen nicht näherzutreten. Es war sohin insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Anmerkung
E15104European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00074.88.0811.000Dokumentnummer
JJT_19880811_OGH0002_0120OS00074_8800000_000