TE OGH 1988/8/11 12Os93/88

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Veröffentlicht am 11.08.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.August 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hubert S*** und einen anderen wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB aF über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hubert S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28.September 1987, GZ 20 Vr 1.051/87-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Hubert S*** betreffenden Schuldspruch laut den Punkten A/2 und B/2 des Urteilssatzes, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der Tat dieses Angeklagten nach §§ 127 Abs. 2 Z 1 und 128 Abs. 2 StGB aF, sowie im Strafausspruch über ihn aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Hubert S*** sowie der am Rechtsmittelverfahren nicht mehr beteiligte Mitangeklagte Thomas M*** wurden mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB aF schuldig erkannt. Darnach haben sie in Gesellschaft des (in der Bundesrepublik Deutschland) abgesondert verfolgten Gerhard H*** als Beteiligten (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert Verfügungsberechtigten nachgenannter Geldinstitute durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude, Aufbrechen von Behältnissen, nämlich Aufbohren und Aufschneiden von Tresoren,

A) weggenommen, und zwar:

1.)

am 6.April 1987 in Salzburg der S*** S***

(Filiale Aignerstraße) zwei Mariatheresientaler im Wert von je 110 S und Goldmünzenattrappen im Wert von (zusammen) 200 S, den Inhalt an Papier- und Münzgeld eines SOS-Kinderdorf-Sammelhäuschens in einem Betrag unbekannter Höhe sowie einige

Flaschen Bier;

2.)

in der Nacht zum 23.März 1987 in Dornbirn der D*** S*** einen Bargeldbetrag und Schecks in der Höhe von 180.968,44 S;

B) wegzunehmen versucht, und zwar

1.)

am 6.April 1987 in Salzburg durch Aufbrechen des Tresors der S*** S*** (Filiale Aignerstraße), in dem

sich ein Geldbetrag von 178.611 S befunden hat;

2.)

nachts zum 15.März 1987 in Völs durch Aufbrechen des Tresors der R*** V***, in dem sich Geldbeträge in- und ausländischer Währung in der Höhe von ca. 800.000 S befunden haben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist zum Teil begründet.

Mit Recht macht nämlich der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel (Z 4) geltend, daß sein Antrag (S 115 f/III iVm S 20 ff/III) auf zeugenschaftliche Vernehmung der Alexandra B*** zu seinen Alibibehauptungen in Ansehung der Bankeinbrüche in Völs (B/2) und Dornbirn (A/2) abgewiesen worden ist. Die Begründung des negativen Zwischenerkenntnisses (S 117/III), daß selbst bei Bestätigung der Zeitangaben des Angeklagten über seine persönlichen bzw. fernmündlichen Kontakt mit der beantragten Zeugin in der jeweiligen Tatnacht (Kurzbesuch am 15.März 1987 ab 0,45 Uhr in der Dauer von 15 bis 20 Minuten; Anruf in seiner Münchener Wohnung am 22. März 1987 zwischen 23,00 und 24,00 Uhr) seine Tatbeteiligung in diesen Fällen nicht auszuschließen wäre, weil er "theoretisch" (US 24) immer noch rechtzeitig an die jeweiligen Tatorte in Völs und Dornbirn gelangt sein könnte, trifft nämlich nur dann zu, wenn der auf Grund der sicherheitsbehördlichen Erhebungen weit gesteckte Tatzeitrahmen (Völs: Nacht zum 15.März 1987 nach Ende des Casinobesuches in Seefeld - US 9 iVm S 371/I; Dornbirn: Nacht zum 23. März 1987 zwischen 0,10 und 7,10 Uhr - US 10, 11 iVm S 451/I) zugrunde gelegt wird. Mit der vom Mitangeklagten Thomas M*** dargestellten Chronologie, auf dessen Aussage das Schöffengericht seine Feststellungen vor allem gegründet hat, lassen sich die Alibiangaben des Beschwerdeführers allerdings nicht in Einklang bringen. Darnach sind nämlich alle drei Täter jeweils nach Ende des gemeinsamen Casinobesuches in Seefeld bzw. Bregenz unmittelbar zum Tatort gefahren, sodaß für einen zwischenzeitigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in München keine Zeit zur Verfügung gestanden wäre (US 9 iVm S 74/III; US 10 iVm S 77 f/III). Im Falle der Bestätigung der Behauptungen des Angeklagten durch Alexandra B*** wären demnach widerstreitende Verfahrensergebnisse vorgelegen, die das Erstgericht erst danach einer Prüfung auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft hätte unterziehen dürfen (§ 258 Abs. 2 StPO). Eine vorgreifende Beweiswürdigung, wie sie das Schöffengericht im Urteil (US 24/25) unternimmt, ist unzulässig.

Durch die Abweisung des Antrages auf Einvernahme der Alexandra B*** als Zeugin wurden somit Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt, sodaß - ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedarf - die sofortige Aufhebung des Schuldspruchs im davon betroffenen Umfang (damit auch des den Beschwerdeführer betreffenden Strafausspruches) und die Anordnung eines zweiten Rechtsganges nicht zu vermeiden waren (§ 285 e StPO). Zugleich war wegen des untrennbaren Zusammenhanges (§ 289 StPO) der Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der Tat des Beschwerdeführers nach §§ 127 Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2 StGB aF aufzuheben, da ansonsten im Falle eines neuerlichen Schuldspruches im zweiten Rechtsgang die gebotene einheitliche (§ 29 StGB) rechtliche Beurteilung der Diebstähle nach neuem Recht nicht möglich wäre (vgl. 13 Os 41/88, 14 Os 62/88).

Im übrigen ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

Dem Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des in München abgesondert verfolgten Mittäters Gerhard H*** im Rechtshilfeweg durch das zuständige Amtsgericht (S 115 f/III iVm S 21 f/III) wurde - trotz formeller Abweisung (S 117 f/III) - im Ergebnis ohnedies Rechnung getragen, denn immerhin wurde die Aussage des Genannten als Beschuldigter vor dem Amtsgericht Laufen (S 221/II = ON 67) in der Hauptverhandlung verlesen (S 119/III). Darin hat Gerhard H*** sinngemäß behauptet, in der Nacht zum 6.April 1987 das Casino in Salzburg allein aufgesucht und um ca. 0,30 Uhr mit einem Mädchen verlassen zu haben, von dessen Wohnung er dann direkt zur Grenze gefahren sei; er hat somit implizit die im Beweisantrag aufgestellte Behauptung bestätigt, daß er und der Beschwerdeführer jedenfalls zur Zeit des Einbruchs in die S*** S***

(Fakten A/1 und B/1) nicht beisammen gewesen wären. Eine Verletzung von Verteidigungsrechten ist also insoweit nicht erkennbar. Daß H*** noch weitere, den Beschwerdeführer entlastende Angaben machen könnte, insbesondere daß er seine vorerst rundweg leugnende Verantwortung im eigenen Strafverfahren vor dem Landgericht München I dahin geändert hätte, daß wohl er - H*** - und Thomas M***, als Dritter jedoch nicht Hubert S*** sondern ein unbekannter Jugoslawe die Bankeinbrüche begangen hätten (S 221/III), wurde im Beweisantrag nicht behauptet. Das diese (geänderte) Einlassung wiedergebende Parallelurteil des Landgerichtes München I gegen Gerhard H*** (ON 107/III) kann in diesem Zusammenhang nicht herangezogen werden, weil es erst am 17.November 1987 gefällt, somit zum Zeitpunkt des gerügten Zwischenerkenntnisses (28.September 1987) noch nicht berücksichtigt werden konnte.

Ebensowenig wurden durch die Abweisung des Antrages auf Überprüfung der Salzburger Spielbankprotokolle 1986/87 (S 120/III) Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers beeinträchtigt. Selbst wenn sich dabei der Behauptung des Angeklagten entsprechend herausgestellt hätte, daß er im fraglichen Zeitraum nur ein einziges Mal, nämlich in der Tatnacht (5./6.April 1987) im Casino Salzburg als Besucher registriert wurde und damit ein gewisser Anhaltspunkt dafür gegeben wäre, daß ihn der Zeuge Georg N*** tatsächlich in dieser Nacht in einem Salzburger Lokal gesehen hat, wäre für den Angeklagten auf Grund der höchst unbestimmten Zeitangaben des Zeugen N*** (S 31/III) kein Alibibeweis zu erbringen gewesen. Keinen Begründungsmangel (Z 5) macht der Beschwerdeführer mit dem Einwand geltend, das Erstgericht habe seine Erklärung für den längeren Aufenthalt in der Tatnacht in Salzburg, nach dem Casinobesuch noch drei Lokale aufgesucht zu haben, zu Unrecht als unglaubwürdig abgelehnt. Damit übt der Angeklagte bloß in diesem Rahmen unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter. Im zuletzt erörterten Umfang (betreffend die Fakten A/1 und B/1) ist demnach die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten offenbar unbegründet, weshalb sie schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO). Zufolge Aufhebung des Strafausspruchs ist die Berufung des Angeklagten gegenstandslos.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E15107

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00093.88.0811.000

Dokumentnummer

JJT_19880811_OGH0002_0120OS00093_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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