TE OGH 1988/8/18 8Ob27/88

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Veröffentlicht am 18.08.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Ferialsenat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Kropfitsch, Dr.Angst und Dr.Petrag als Richter in der Konkurssache über das Vermögen der "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H., 8952 Irdning, vertreten durch Dr.Herbert Jürgens, Rechtsanwalt in Graz, infolge Revisionsrekurses

1) Johann W*** KG, Ennstaler Druckerei und Verlag, Buchbinderei, Buch- und Papierhandlung, Hauptplatz 36, 8962 Gröbming, 2) B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH, Alsterufer 4, D-2000 Hamburg, beide vertreten durch Dr.Alois Kitzmüller, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 11.Mai 1988, GZ 3 R 97/88-20, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 19.April 1988, GZ S 20/88-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

2. Dem Revisionsrekurs der Einschreiterin Johann W*** KG wird nicht Folge gegeben.

3. Die Stellungnahmen der Antragsgegnerin zu den Revisionsrekursen werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zu 2 Nc 48/88 des Erstgerichtes beantragte die B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. Auf Grund einer Zession vom 26.Februar 1986 stehe der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus dem Zeitraum März 1986 bis April 1988 eine Pachtzinsforderung von S 9,441.667,-- zu. Die Antragsgegnerin sei Schuldnerin mehrerer Gläubiger und zahlungsunfähig.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Konkursantrages und bestritt die darin behauptete Forderung der Antragsgegnerin. Die Abtretung der Pachtzinsforderung sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, weil sie vom nicht vertretungsbefugten Kommanditisten der H*** & P*** KG, Berthold J***, erklärt worden sei und die Antragstellerin außerdem die für die Rechtswirksamkeit der Zession erforderliche Voraussetzung, die Zwangsvollstreckung zu unterlassen, nicht erfüllt habe. Ferner seien die Pachtzinsforderungen der Verpächterin durch unstreitige und daher gemäß dem Pachtvertrag aufrechenbare Gegenforderungen der Pächterin und Antragsgegnerin vollständig getilgt, der nach solcher Abrechnung mit unstreitigen Gegenforderungen sogar noch eine Forderung gegenüber der Verpächterin zustehe.

Das Erstgericht erachtete die Konkursvoraussetzungen des § 70 Abs 1 KO als gegeben und eröffnete den Konkurs über das Vermögen der "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. In dem ihn persönlich betreffenden Konkurseröffnungsverfahren 2 Nc 481/87 des Erstgerichtes habe der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit eidesstattlicher Erklärung ihre Zahlungsunfähigkeit zugestanden. Die Gläubigermehrheit ergebe sich eindeutig aus der Aktenlage. Es sei aber auch die Antragslegitimation der Antragstellerin zu bejahen. In dem der Pachtzinsforderung zugrunde liegenden Pachtvertrag sei die Aufrechnung mit einer Forderung, die bestritten ist, ausgeschlossen. Die Antragstellerin habe die Gegenforderung mit Nachdruck bestritten, daher sei ihre Konkursforderung glaubhaft gemacht. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gemeinschuldnerin Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH, über das Vermögen der "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. den Konkurs zu eröffnen, abwies. Es sprach weiters aus, daß die sich daraus resultierenden weiteren Verfügungen dem Erstgericht oblägen und daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Es hielt folgenden Sachverhalt für bescheinigt:

Mit dem Vertrag vom 15.Dezember 1982/10.Jänner 1983 verpachtete die H*** & P*** KG mit dem Sitz in Gießen, Bundesrepublik Deutschland, das Schloßhotel Pichlarn samt Gutsbetrieb und allen Einrichtungen (rückwirkend) ab 1.Jänner 1982 an die "S***

P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. in Irdning gegen einen jährlichen Pachtzins von S 5,000.000,-- s.A. Unter Punkt 6. dieses Vertrages wurde das Verbot der Aufrechnung von Gegenforderungen der Pächterin gegen den Anspruch der Verpächterin auf Zahlung von Pachtzinsen und Pachtnebenkosten vereinbart, mit der Einschränkung, "es sei denn, daß die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist".

Mit dem Vertrag vom 31.Dezember 1985, bezeichnet als "Neufassung" vorgenannten Pachtvertrages, verpachtete die H*** & P*** KG mit Sitz in Irdning, eingetragen im Handelsregister des Kreisgerichtes Leoben unter HRB 50/Irdning, den gleichen Bestandgegenstand an die nämliche Pächterin, und zwar gegen Jahrespachtzinse von bis 1995 jährlich ansteigender Höhe, beginnend 1986 mit Schilling 3,5 Millionen, 1987 Schilling 4 Millionen etc.

Auch in diesem Pachtvertrag wurde (unter Punkt 6.) das Aufrechnungsverbot früher genannten Inhaltes mit der gleichen Einschränkung vereinbart. Allein vertretungsbefugter Komplementär sowohl der H*** & P*** KG mit Sitz in Gießen als auch der H*** & P*** KG mit Sitz in Irdning ist Dr.Richard H***, als Kommanditist beider Gesellschaften fungiert Berthold J***.

Dr.Richard H*** ist auch allein zeichnungsbefugter Geschäftsführer der Pächterin "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. Der B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH steht aus der Finanzierung des Erwerbes des Schlosses Pichlarn durch die H*** & P*** KG mit Sitz in Gießen gegen diese eine Darlehensforderung zu, für die sich die Gesellschafter Dr.Richard H*** und Berthold J*** verbürgt haben. Über diese Verbindlichkeit wurde am 16.April 1982 vom Notar Dr.Frank B*** in Hamburg ein vollstreckbarer Notariatsakt errichtet. Am 24.Februar 1982 wurde beim Notar Konrad B*** in Recklinghausen/BRD folgende Urkunde errichtet;

Dr.Richard H*** brachte vor, daß er alle Erklärungen in dieser Urkunde namens der Firma H*** & P*** KG mit Sitz in Gießen/Lahn als deren allein vertretungsberechtigter, persönlich haftender Gesellschafter abgebe. In der Urkunde heißt es dann weiter: "Die Kommanditgesellschaft Firma H*** & P*** KG ist Eigentümerin verschiedener Grundstücke und Miteigentumsanteile im Gerichtsbezirk Irdning Steiermark. Sie erteilt Vollmacht dem Kaufmann Berthold J*** ..., die Kommanditgesellschaft bei der Bestellung von Pfandrechten an allen Grundstücken und Miteigentumsanteilen, welche der Kommanditgesellschaft jetzt und künftig im Gerichtsbezirk Irdning als Eigentümerin gehören, in jeder Hinsicht zu vertreten. Der Bevollmächtigte ist insbesondere berechtigt, Schuld- und Pfandrechtsbestellungsurkunden zugunsten beliebiger Gläubiger, in beliebiger Höhe, mit beliebigem Inhalt, mit beliebigen Nebenleistungen und Nebenvereinbarungen zu unterzeichnen und die grundbücherliche Einverleibung zu bewilligen".

In einer am 26.Februar 1986 errichteten und von Berthold J*** unterfertigten Urkunde gab die H*** & P*** KG Irdning die Erklärung ab, daß sie zur Sicherung der Ansprüche der B***

Gesellschaft für Beteiligungen mbH aus dem vollstreckbaren Notariatsakt gegen Dr.Richard H*** und Berthold J*** ihre gegenwärtigen und künftigen Miet- und Pachtzinsforderungen gegen die "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. an die B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH abtrete; dies mit dem Beisatz, daß die Abtretung unter dem Vorbehalt laut Fernschreiben vom 27. Februar 1986 stehe. In diesem anwaltlichen Fernschreiben heißt es, die Sicherungsverträge stünden unter dem Vorbehalt, daß die Sicherungsgüter an die Sicherungsgeber zurückfallen, wenn die Abwicklung nach dem (im vorliegenden Verfahren nicht vorgelegten) Schriftwechsel vom 4./10.Februar 1986 zustandekomme und durchgeführt werde. Die Sicherungsverträge seien auch für den Fall auflösend bedingt, daß gegen die (im Fernschreiben nicht näher bezeichnete "Mandantin" (möglicherweise gemeint eine der Firmen H*** & P*** KG - entweder jene mit Sitz in Gießen oder jene mit Sitz in Irdning) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden, bevor das Scheitern der Abwicklung laut Schreiben vom 4./10.Februar 1986 feststehe.

Zu AZ 42 M 2720/86 führt die B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH auf Grund der vollstreckbaren Urkunde des Notars Dr.B*** vom 16. April 1982 gegen Berthold J*** wegen eines Teilbetrages von DM 200.000,-- Zwangsvollstreckung, gegen die der Schuldner unter Behauptung des von der Gläubigerin erklärten Verzichtes auf weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Widerspruch erhoben hat. Rechtlich verwies das Rekursgericht darauf, daß die Antragstellerin den Erwerb ihrer behaupteten Konkursforderung auf die schriftliche Abtretungserklärung vom 26.Februar 1986 stütze, zu deren Unterfertigung Berthold J*** als durch notariell beurkundete Vollmacht vom 24.Februar 1982 bevollmächtigter Vertreter der H*** & P*** KG berechtigt gewesen sei. Diese notarielle Vollmachtsurkunde sei jedoch nach ihrem eindeutig bestimmten Inhalt eine Spezialvollmacht mit der ausschließlichen Befugnis zu Rechtshandlungen auf Begründung bücherlicher Belastungen des im Gerichtsbezirk Irdning gelegenen Realvermögens der H*** & P*** KG mit dem Sitz in Gießen, die Abtretung von Pachtzinsforderungen sei durch diese Vollmacht nicht gedeckt. Es hätte daher für ein solches Rechtsgeschäft entweder der Erteilung einer Generalvollmacht oder aber einer speziell auf dieses Rechtsgeschäft abzielenden Vollmacht der Verpächterin bedurft. Im übrigen sei dem Berthold J*** die Vollmacht vorgenannten Inhaltes von der H*** & P*** KG mit Sitz in Gießen erteilt worden. Die H*** & P*** KG Gießen sei aber nicht ident mit dem im Handelsregister des Kreisgerichtes Leoben unter HRB 50/Irdning eingetragenen Rechtssubjekt "Firma H*** & P*** KG Irdning", welch letztere Kommanditgesellschaft in der Zessionsurkunde vom 26.Februar 1986 als Zedentin aufscheint. Daß Berthold J***

bevollmächtigt worden sei, namens der "Firma H*** & P*** KG Irdning" deren gegenüber der Antragsgegnerin bestehende Pachtzinsforderungen an die Antragstellerin abzutreten, sei nicht bescheinigt worden. Somit erweise sich der Einwand, daß die Zession, von der die Antragstellerin ihre Konkursforderung herleitet, nicht rechtswirksam zustandegekommen sei, als begründet, weil die Forderungsabtretung durch den für die Zedentin nicht vertretungsbefugten Berthold J*** erklärt wurde. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Antragsgegnerin sei daher zu Unrecht verfügt worden, weil nicht glaubhaft gemacht wurde, daß der B***

Gesellschaft für Beteiligungen mbH gegenüber der "S*** P***" Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. Gläubigerstellung zukomme. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin und der Johann W*** KG mit dem Sitz in Gröbming. Beide beantragen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Allenfalls möge dem Erstgericht aufgetragen werden, darüber zu entscheiden, ob die Konkurseröffnung aufrecht erhalten werde oder nicht.

Zu beiden Revisionsrekursen brachte die Antragsgegnerin als Stellungnahme bezeichnete Schriftsätze ein.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Unter Berufung auf § 176 Abs 2 KO stützt sich die Rechtsmittelwerberin auf neue Tatsachen und Beweismittel, die ihrer Ansicht nach bereits zur Zeit der Beschlußfassung erster Instanz vorhanden waren und die die vom Erstgericht verfügte Konkurseröffnung rechtfertigten. In den Vordergrund ihrer Ausführungen stellt sie eine notariell beglaubigte Generalvollmacht vom 24.Juni 1981 (Beilage A), mittels welcher Dr.H*** Berthold J*** ermächtigte, für ihn "alle persönlichen und geschäftlichen Vermögensangelegenheiten vorzunehmen, bei welchen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist". Diese decke jedenfalls die vorliegende Abtretungsvereinbarung. Die H*** & P*** KG Irdning sei nur eine Zweigniederlassung der gleichlautenden KG Gießen. Dies ergebe sich aus dem Handelsregister (Beilage C). Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf Gegenforderungen aus dem Pachtvertrag berufen, weil die Kompensation nur zulässig sei, wenn es sich um eine unbestrittene Forderung der Verpächterin handle; dies sei hier aber nicht der Fall; die Antragstellerin habe vielmehr die Gegenforderungen immer bestritten. Letztlich sei aus verschiedenen, im Rechtsmittel näher ausgeführten Gründen eine Auflösung des Abtretungsvertrages infolge vertragswidriger Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht in Betracht zu ziehen. Darauf sei das Rekursgericht überhaupt nicht eingegangen.

Dazu war zu erwägen:

Auf Antrag eines Gläubigers ist der Konkurs gemäß § 70 Abs 1 Satz 1 KO unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, daß er und ein anderer - wenngleich nicht fällige - Konkursforderungen haben und der Schuldner zahlungsunfähig ist. Konkursforderungen sind vermögensrechtliche, wenn auch bedingte oder betagte Ansprüche, die einem persönlichen Gläubiger gegen den Schuldner im Zeitpunkt der Konkurseröffnung zustehen (§ 1 Abs 2 KO;

Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 204, 5 Ob 303/86 ua). Die Glaubhaftmachung (Bescheinigung) hat das gegenüber der Beweisführung im engeren Sinn eingeschränkte Ziel, dem Richter die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache zu vermitteln;

der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens gilt nicht (Fasching, Lehr- und Handbuch Rdz 809; ÖBl 1981, 121;

3 Ob 615/82 ua). Für die Beurteilung der Frage, ob der Gläubiger seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung nachgekommen ist, ist im Rechtsmittelverfahren im Hinblick auf § 176 Abs 2 KO in der Fassung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes BGBl. 1982/370 die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlußfassung in erster Instanz und die Bescheinigungsklage im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel maßgebend (vgl. 3 BlgNR 15.GP 59 f; Bartsch-Heil aaO Rdz 50, 53 und 55; 5 Ob 321/85, 5 Ob 303/86 ua). Ein Neuerungsverbot gilt im Konkursverfahren nicht (JBl 1978, 158 ua).

Im vorliegenden Fall ist von den Voraussetzungen zur Bewilligung der Konkurseröffnung nur die Glaubhaftmachung der Konkursforderung strittig. Dazu hat sich die Antragstellerin zulässigerweise darauf berufen, daß Berthold J*** nicht nur durch die bisher von den Vorinstanzen beurteilte Spezialvollmacht vom 24.Februar 1982 zum Abschluß des der Konkursforderung zugrundeliegenden Abtretungsvertrages vom 26.Februar 1986 legitimiert erschien, sondern insbesondere auch durch die notariell beglaubigte Generalvollmacht vom 24.Juni 1981, die in Beilage A vorgelegt wurde. Diese könnte aber eine ausreichende und nach den obigen Ausführungen auch der Entscheidung zugrunde zu legende Bescheinigung dafür darstellen, daß der Abtretungsvertrag vom 26.Februar 1986, mit welchem Berthold J*** als Vertreter des Geschäftsführers der H*** & P*** KG Irdning der Antragstellerin deren "gegenwärtige und künftige Miet- und Pachtzinsforderungen gegen die Antragsgegnerin abtrat", als vom berechtigten Vertreter abgeschlossen, wirksam zustande kam. Die Vollmacht wurde in der Bundesrepublik Deutschland erklärt, ausdrücklich wurde auf die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB hingewiesen. Aus der Vollmachtsurkunde ist ersichtlich, daß die "Generalvollmacht" an Berthold J***, Kaufmann in Gießen (Bundesrepublik Deutschland) erteilt wurde. Unter Berücksichtigung der weiters bescheinigten Tatsache, daß die H*** & P*** KG Irdning nur eine Zweigniederlassung der in Gießen, Bundesrepublik Deutschland, bestehenden Hauptniederlassung ist (vorgelegte Beilage C - beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister), lassen die bescheinigten Umstände in ihrem Zusammenhalt nur den Schluß zu, daß alle mit der Erteilung der Vollmacht gegenüber Dritten begründete Wirkungen gemäß § 49 Abs 1 IPRG im Sinne des damit zum Ausdruck gebrachten Willens des Geschäftsherrn nach deutschem Recht beurteilt werden sollten.

Eine solche Generalvollmacht berechtigt grundsätzlich zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte (Paland BGB Anm. 2 lit cc zu § 167); sie verschafft dem Bevollmächtigten unbeschränkte Vertretungsmacht in allen den Vollmachtgeber betreffenden Angelegenheiten; nur ganz außergewÄhnliche Geschäfte, die erkennbar und eindeutig den Vollmachtgeber schädigen sollen, sind davon ausgenommen (Münchener Kommentar Rz 68 zu § 167). Der vorliegende Abtretungsvertrag zählt nicht dazu. Er wäre daher als vom berechtigten Vertreter abgeschlossen und als wirksam zustande gekommen anzunehmen. In diesem Zusammenhang müßte allerdings auch der Einwand der Antragsgegnerin, Berthold J*** habe die Abtretungserklärung vom 26. Februar 1986 zufolge Widerrufs vorher erteilter Vollmachten nur für seine Person verbindlich gefertigt (2 Nc 48/88, ON 28, AS 99), geprüft werden.

Auch über die abschließende Einwendung der Antragsgegnerin gegen den Bestand der Konkursforderung, daß die Zession deshalb nicht rechtswirksam sei, weil entgegen dem Vertrag Zwangsmaßnahmen eingeleitet worden seien, kann derzeit noch nicht endgültig erkannt werden: Das Gericht zweiter Instanz hat sich mit dieser Frage nicht befaßt. Es hat lediglich den in diese Richtung zielenden Sachverhalt erhoben. Danach sei der bezogene Abtretungsvertrag unter der auflösenden Bedingung zustande gekommen, daß gegen die nicht näher erhobene "Mandantin" Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden, bevor das Scheitern der Abwicklung "laut Schreiben vom 4./10.2 1985 feststehe". Da dieser Schiftwechsel bisher nicht vorgelegt und auch sonst nur eine insoweit zusammenhanglose Feststellung getroffen wurde, daß gegen Berthold J*** wegen eines "Teilbetrages von DM 200.000,--" Zwangsvollstreckung geführt worden sei, kann der dargelegte Fragenkomplex auch unter Berücksichtigung des summarisch zu führenden Bescheinigungsverfahrens (vgl. 5 Ob 303/86 ua) nicht annähernd verläßlich beurteilt werden. Auch insoweit wird das Rekursgericht daher sein Verfahren zu ergänzen und unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsansichten neu zu erkennen haben.

Was aber die Einwendung der Antragsgegnerin anlangt, sie habe aufrechenbare Gegenforderungen gegen die bescheinigte Forderung, die diese vollständig getilt hätten, wurde als bescheinigt angenommen, daß unter Punkt 6 des Pachtvertrages vom 31.Dezember 1985 ein Aufrechnungsverbot vereinbart wurde. Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß ein Ausschluß der Kompensation gültig vereinbart werden kann (Gschnitzer in Klang, Kommentar2

VI 511; Rummel in Rummel ABGB I, Rz 29 zu § 1440; SZ 5/106;

EvBl 1956/275; EvBl 1972/184; SZ 27/197; MietSlg 17.217;

SZ 41/68; 43/7 uva). Die vertraglich normierten zwei Ausnahmen, "es sei denn, daß die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist", kommen hier nicht zum Tragen, weil beide nach den Bescheinigungsergebnissen nicht vorliegen.

2. Zum Revisionsrekurs der Johann W*** KG:

Die Rechtsmittelwerberin erachtet sich dadurch beschwert, daß das Rekursgericht den Antrag der B*** Gesellschaft für Beteiligungen mbH auf Konkurseröffnung über das Vermögen der Antragsgegnerin abgewiesen habe, ohne ihren eigenen, bereits lange vor der Beschlußfassung erster Instanz eingelangten Konkurseröffnungsantrag zu berücksichtigen.

Ihre Rekurslegitimation ist zwar gegeben, weil diese nach herrschender Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich jedem zusteht, der durch den angefochtenen Beschluß in seinen Rechten verletzt sein kann; nur eine Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher Interessen genügt nicht. Durch das Unterbleiben der Konkurseröffnung werden jedoch die Rechte der Konkursgläubiger berührt (Bartsch-Pollak, KO3 359; SZ 43/51; 5 Ob 320/86 ua).

Ihr Vorbringen ist jedoch nicht berechtigt. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz war über den Konkurseröffnungsantrag der Beschwerdeführerin in erster Instanz noch nicht entschieden; für das Gericht zweiter Instanz bestand daher gar keine Möglichkeit, auf diesen Antrag einzugehen. Ein an sich zulässiges Vorbringen (SZ 43/51 ua) zur Unterstützung des Revisionsrekurses der Antragstellerin wurde im vorliegenden Rechtsmittel aber nicht erstattet.

Im übrigen ist diese Rechtsmittelwerberin auf die Erledigung des Revisionsrekurses der Antragstellerin und darauf zu verweisen, daß ihr Antrag auf Konkurseröffnung zu 2 Nc 171/88 des Erstgerichtes mit dem Beschluß vom 15.Juli 1988 abgewiesen wurde. Über ihren Rekurs dagegen wird vom Gericht zweiter Instanz noch zu entscheiden sein. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Da es sich bei den vorliegenden Revisionsrekursen um einseitige Rechtsmittel handelt, waren die Stellungnahmen der Antragsgegnerin hiezu zurückzuweisen.

Anmerkung

E14924

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00027.88.0818.000

Dokumentnummer

JJT_19880818_OGH0002_0080OB00027_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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