Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm K***, Pensionist, Löscherstraße 15, 3370 Ybbs, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1) Franz K***, Landwirt,
Unter St. Georgen 12, 4372 St. Georgen am Walde, und 2) W*** A*** Versicherungs-AG, Hietzinger Kai 101-105, 1131 Wien, beide vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 460.552,21 s.A. und Feststellung (S 100.000,--), Revisionsstreitwert S 150.000,--, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2. Februar 1988, GZ 12 R 96/87-43, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes Linz vom 5. September 1987, GZ 8 Cg 129/84-36, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 30.4.1983 ereignete sich gegen 11,50 Uhr auf der Bundesstraße 119 in Ober-St.Georgen auf Höhe des Hauses Nr.8 ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Radfahrer und der Erstbeklagte als Halter und Lenker des Traktors mit dem Kennzeichen O 87.306 beteiligt waren. Die Zweitbeklagte ist der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges. Der in Richtung Linden fahrende Erstbeklagte fuhr an einigen am rechten Fahrbahnrand abgestellten Kraftfahrzeugen links vorbei; dabei kollidierte er mit dem entgegenkommenden Kläger. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde der Erstbeklagte mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11.11.1983, 30 E Vr 2054/83-11, rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 (§ 84 Abs 1, § 81 Z 2) StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, den Unfall durch Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite und durch Nichtbeachtung des Gegenverkehrs herbeigeführt zu haben, wobei er sich vor der Tat durch den Genuß alkoholischer Getränke in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand (Blutalkoholgehalt 1,93 %o) versetzt habe.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 461.552,21 s.A.; überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand (der Zweitbeklagten im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages) für alle zukünftige Schäden aus diesem Verkehrsunfall gerichtetes Feststellungsbegehren. Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren auf die Behauptung, daß den Erstbeklagten das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe. Der Erstbeklagte habe im Zuge des Vorbeifahrens an den am rechten Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeugen seinen Traktor noch weiter nach links gezogen; dadurch sei die Kollision für den auf seinem Fahrrad entgegenkommenden Kläger unvermeidlich geworden.
Das Leistungsbegehren des Klägers umfaßt einen Betrag von S 400.000,-- an Schmerzengeld. In der Berufungsverhandlung vom 5.9.1987 (ON 42) wurde unter Berücksichtigung eines im Strafverfahren erfolgten Teilzuspruches von S 1.000,-- das Schmerzengeldbegehren um diesen Betrag eingeschränkt. Der Höhe nach ist das Schmerzengeldbegehren des Klägers nicht mehr strittig; auch sein Feststellungsinteresse ist unbestritten.
Mit Teilanerkenntnisurteil vom 21.9.1984 (ON 6) wurde dem Feststellungsbegehren des Klägers in Ansehung von 50 % seiner künftigen Schäden aus diesem Verkehrsunfall stattgegeben. Im übrigen wendeten die Beklagten dem Grunde nach ein, daß den Kläger ein gleichteiliges Mitverschulden treffe. Obwohl er das Vorbeifahren des Traktors an den abgestellten Kraftfahrzeugen rechtzeitig hätte wahrnehmen können, sei er nicht einmal ganz rechts gefahren und er habe überhaupt nicht auf die als gefährlich erkennbare Fahrweise des Erstbeklagten reagiert.
Das Erstgericht sprach mit Teilurteil dem Kläger das von ihm verlangte Schmerzengeld von S 400.000,-- zu und gab (unter Einbeziehung des Teilanerkenntnisurteiles vom 21.9.1984) dem Feststellungsbegehren in Ansehung aller künftigen Schäden des Klägers aus diesem Verkehrsunfall statt.
Die Wiedergabe der Feststellungen des Erstgerichtes kann unterbleiben, weil das Berufungsgericht nach Beweiswiederholung zum Teil abweichende Feststellungen traf.
Rechtlich ging das Erstgericht im wesentlichen davon aus, daß das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall den Erstbeklagten treffe. Der Kläger hätte zwar zu einer Fluchtbewegung nach rechts Zeit gehabt. Er hätte aber damit rechnen können, daß der Erstbeklagte, nachdem seine kollisionsfreie Begegnung mit anderen Radfahrern schon äußerst knapp gewesen sei, seinen Traktor noch rechtzeitig vor dem Kläger anhalten werde.
Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, dem Kläger S 219.000,-- s.A. zu bezahlen; dem Feststellungsbegehren des Klägers gab es (unter Einbeziehung des Teilanerkenntnisurteiles vom 21.9.1984) in Ansehung von drei Vierteln seiner künftigen Unfallschäden statt. Das Mehrbegehren des Klägers auf Zahlung von S 181.000,-- s.A. und sein Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der nicht in Geld bestehende Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, schon für sich allein S 300.000,-- übersteigt.
Das Berufungsgericht stellte zum Unfallshergang im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Fahrbahn der Bundesstraße ist im näheren Unfallsbereich 6 m breit. Durch drei Personenkraftwagen, die - in Fahrtrichtung des Erstbeklagten gesehen - vor den Häusern Nr 7 und 8 am rechten Fahrbahnrand geparkt waren, wurde die dem Fließverkehr zur Verfügung stehende Fahrbahnbreite auf 4,1 m eingeengt. Die Zugmaschine des Erstbeklagten, an der Zwillingsräder montiert waren, war 2,6 m breit. Vor dem ersten in seiner Fahrtrichtung abgestellten PKW wechselte der durchgehend bis zum Anstoß mit 15 km/h fahrende Erstbeklagte mit seinem Traktor auf die linke Fahrbahnseite. Dies war 23 m vor der späteren Unfallstelle und 5,5 Sekunden vor dem Zusammenstoß. Welchen Seitenabstand er zu den geparkten Fahrzeugen einhielt, als er auf der linken Fahrbahnseite unbekümmert und ohne auch nur einen der vier entgegenkommenden Radfahrer wahrzunehmen weiterfuhr, kann nicht festgestellt werden.
Der Kläger war der Lezte einer hintereinanderfahrenden vierköpfigen Radfahrergruppe; er hielt eine Geschwindigkeit von ca. 20 km/h ein. Er fuhr auf seiner rechten Fahrbahnseite und war 5,5 Sekunden vor dem Zusammenstoß noch etwa 30 m von der späteren Unfallstelle entfernt. Zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Fahrzeuglenker wechselseitig ausreichenden Sichtkontakt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten sowohl der Kläger als auch der Erstbeklagte erkennen können, daß ihnen eine gefahrlose Begegnung nicht möglich sein würde. Hätte der Kläger in diesem Zeitpunkt auf das Vorbeifahren des Traktors an den geparkten Kraftfahrzeugen reagiert, hätte er sein Fahrrad nach 2,9 Sekunden und einer Strecke von 11 m anhalten können. Er wäre dann etwa 13 bis 15 m vor der durch die geparkten Kraftfahrzeuge bedingten Engstelle - in seiner Fahrtrichtung gesehen - zum Stillstand gekommen. Beide Lenker fuhren jedoch unaufmerksam weiter. Ungefähr 4 m nach Beginn der Engstelle - wieder in Fahrtrichtung des Klägers gesehen - kam es so zum Zusammenstoß, daß der Kläger mit seinem Sportrad gegen den linken Zwillingsreifen des Traktors stieß, wobei sich die Unfallstelle in bezug auf die Fahrbahnbreite nicht mehr feststellen läßt.
Die drei vor dem Kläger fahrenden Radfahrer konnten einem Zusammenstoß mit dem Traktor nur knapp und unter Aufbietung aller Aufmerksamkeit entgehen, und zwar die beiden ersten durch Zuflucht in Garagen- oder Hauseinfahrten und der dritte dadurch, daß er abbremste und so stehen blieb, daß sein Fahrrad an der Gehsteigkante anstand und er sich mit dem rechten Fuß am Gehsteig abstützte. Als der erste Radfahrer dem Traktor gerade noch ausweichen konnte, war dies zu dem Zeitpunkt, als die Zugmaschine gerade nach links gelenkt wurde und der Erstbeklagte somit zum Vorbeifahren ansetzte. Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, das Verschulden des Erstbeklagten stehe auf Grund des gegen ihn ergangenen Straferkenntnisses insoweit bindend fest, als er die rechte Fahrbahnseite nicht eingehalten und den Gegenverkehr nicht beachtet habe. Er habe gegen § 17 Abs 1 StVO verstoßen. Angesichts des Umstandes, daß ihm vier hintereinander fahrende Radfahrer entgegengekommen seien, hätte er gar nicht auf den linken Fahrstreifen wechseln dürfen, um an den parkenden Kraftfahrzeugen vorbeizufahren. Vielmehr wäre er verpflichtet gewesen, den Fahrstreifenwechsel erst dann vorzunehmen, wenn er keinen Gegenverkehr gehabt hätte. Darüber hinaus sei er - offenkundig auf Grund seiner schweren Alkoholisierung - so unaufmerksam gefahren, daß er nicht einmal erkannt habe, daß ihm vier Radfahrer entgegenkamen.
Aber auch der Kläger sei nicht frei von einer Mitschuld. Jeder Fahrzeuglenker, auch ein Radfahrer, habe seine Fahrgeschwindigkeit und sein Fahrverhalten der jeweiligen Verkehrssituation anzupassen. Sichtverhältnisse, Aufmerksamkeit und Geschwindigkeit stünden bei der Teilnahme am Straßenverkehr in einem unmittelbaren Zusammenhang. Daraus ergebe sich auch, daß jeder Fahrzeuglenker verpflichtet sei, während der Fahrt die vor ihm liegende Fahrbahn zu beobachten und sein Verhalten diesen Beobachtungen entsprechend einzurichten. Nehme dabei ein Fahrzeuglenker eine unklare Verkehrslage wahr, dann habe er seine Geschwindigkeit dieser Situation sofort anzupassen und in der Regel so weit herabzusetzen, daß es ihm möglich sei, bei Erkennen des Hindernisses vor diesem sein Fahrzeug anzuhalten. Hiebei seien alle Behinderungen in Betracht zu ziehen, mit denen bei Beachtung aller Umstände zu rechnen sei.
Der Kläger hätte schon etwa 5,5 Sekunden vor dem Unfall erkennen können, daß durch das Vorbeifahren des Traktors an den geparkten Kraftfahrzeugen eine Begegnung mit ihm im Bereich der Engstelle nicht oder nur unter gefährlichen Umständen möglich sein werde. Da der Erstbeklagte auch seinen Traktor nicht angehalten habe, als ihm im Zuge des Fahrstreifenwechsels der erste der vier Radfahrer begegnet sei und dieser nur durch ein Ausweichmanöver knapp einem Zusammenstoß entgangen sei, hätte der Kläger zumindest ab diesem Zeitpunkt auch keinesfalls mehr darauf vertrauen dürfen, daß der Traktor noch rechtzeitig angehalten werden würde. In dieser Situation hätte er sofort sein Fahrrad abbremsen und so anhalten müssen, daß es gar nicht mehr zu einer Begegnung mit dem Traktor im Bereich der für den Fließverkehr verengten Fahrbahn gekommen wäre. Dies wäre ihm auch leicht möglich gewesen, hätte er doch bei sofortiger Bremsung noch ca. 13 bis 15 m vor dem ersten parkenden Fahrzeug stehenbleiben können. Der Kläger habe jedoch weder angehalten noch in der Folge versucht, dem Traktor auszuweichen, so wie es alle drei vor ihm fahrenden Kollegen auch erfolgreich getan hätten. Sein Aufmerksamkeitsfehler, der dadurch, daß er seine Geschwindigkeit nicht verringert habe, einem Verstoß gegen § 20 StVO gleichzuhalten sei, sei bei der Größe des zu verantwortenden Reaktionsverzuges von mehreren Sekunden nicht zu vernachlässigen und trete auch bei Gegenüberstellung zum schweren Fehlverhalten des Erstbeklagten nicht völlig in den Hintergrund. Vielmehr werde eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten der Beklagten dem Verschulden der Beteiligten gerecht.
Auf den Schmerzengeldanspruch des Klägers sei eine von der Zweitbeklagten geleistete Teilzahlung von S 80.000,-- anzurechnen. Weiter sei zu berücksichtigen, daß der Kläger in der mündlichen Berufungsverhandlung sein Schmerzengeldbegehren um den Zuspruch von S 1.000,-- im Straferkenntnis eingeschränkt habe. Dem Kläger stünden demnach drei Viertel des mit S 400.000,-- angemessenen Schmerzengeldes, also S 300.000,--, abzüglich der schon erhaltenen S 80.000,-- und des Privatbeteiligtenzuspruches von S 1.000,-- zu, im Ergebnis somit S 219.000,--. Das aus dem Titel des Schmerzengeldes gestellte Mehrbegehren sei abzuweisen. Dem Feststellungsbegehren sei unter Einbeziehung des Teilanerkenntnisurteiles gemäß der vorgenommenen Verschuldensteilung stattzugeben; das darüber hinausgehende Mehrbegehren sei abzuweisen. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie im Umfang der Abweisung seines Schmerzengeldbegehrens mit einem Betrag von S 100.000,-- s.A. und der Abweisung seines Feststellungsbegehrens aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes (im Umfang der Anfechtung) im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Der Kläger versucht in seiner Rechtsrüge darzutun, daß sein in einer Fehleinschätzung der Verkehrslage liegendes Mitverschulden gegenüber dem Fehlverhalten des Erstbeklagten derart in den Hintergrund trete, daß es zu vernachlässigen sei.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß im Sinne des § 20 Abs 1 StVO jeder Fahrzeuglenker verpflichtet ist, auf eine erkennbare Gefahrenlage ohne unnötige Verzögerung durch sofortige Herabsetzung seiner Geschwindigkeit, erforderlichenfalls durch Anhalten seines Fahrzeuges, zu reagieren (ZVR 1985/156 mwN; ZVR 1986/77 uva).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war die durch das vorschriftswidrige Vorbeifahrmanöver des Erstbeklagten an den am rechten Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeugen geschaffene gefährliche Verkehrslage für den Kläger mehr als 5 Sekunden vor der Kollision erkennbar; insbesondere mußte er bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen, daß die drei vor ihm fahrenden Radfahrer eine Kollision mit dem entgegenkommenden Traktor nur mit größter Mühe verhindern konnten, wobei die ersten beiden von der Fahrbahn weg in Garagen- oder Hauseinfahrten flüchteten, während der dritte am äußersten rechten Fahrbahnrand anhielt. Der Kläger hätte nach Erkennbarkeit der durch das Fehlverhalten des Erstbeklagten geschaffenen Gefahrenlage noch ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, mit seinem Fahrrad noch vor Erreichen der durch die geparkten Kraftfahrzeuge bedingten Engstelle am rechten Fahrbahnrand anzuhalten; tatsächlich fuhr er bis zur Kollision reaktionslos weiter. Dieses Verhalten des Klägers widerspricht seiner dargestellten Verpflichtung im Sinne des § 20 Abs 1 StVO ganz eindeutig.
Es trifft sicher zu, daß das grob verkehrsordnungswidrige Fehlverhalten des Erstbeklagten, das noch dazu in alkoholisiertem Zustand gesetzt wurde, besonders schwer wiegt. Trotzdem ist das dargestellte Mitverschulden des Klägers entgegen der in seiner Revision vertretenen Rechtsmeinung nicht zu vernachlässigen. Es handelt sich nicht darum, daß er etwa in einer überraschend aufgetretenen Gefahrenlage unrichtig oder verspätet reagiert oder das im § 7 Abs 2 StVO normierte Rechtsfahrgebot geringfügig übertreten hätte (so die vom Kläger in seinem Rechtsmittel zitierte, in ZVR 1984/195 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes). Der Kläger fuhr vielmehr mit seinem Fahrrad trotz einer durch einen verhältnismäßig langen Zeitraum erkennbaren Gefahrenlage, die ihm besonders durch das erzwungene Verhalten der vor ihm fahrenden Radfahrer deutlich vor Augen geführt wurde und der er bei von ihm zu fordernder Aufmerksamkeit leicht und rechtzeitig durch Anhalten am rechten Fahrbahnrand begegnen hätte können, völlig reaktionslos bis zur Kollision mit dem linken Zwillingsreifen des entgegenkommenden Traktors des Erstbeklagten weiter. Darin liegt nach den festgestellten Umständen des vorliegenden Einzelfalles ein so schwerwiegender Sorgfaltsverstoß des Klägers, daß er die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten der Beklagten durchaus rechtfertigt. Der Revision des Klägers muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
Anmerkung
E14992European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00057.88.0830.000Dokumentnummer
JJT_19880830_OGH0002_0020OB00057_8800000_000