TE OGH 1988/8/30 2Ob18/88

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Veröffentlicht am 30.08.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Konrad NAU, Angestellter, Magdeburgerstraße 11, D-3575 Kirchhain, Bundesrepublik Deutschland, und 2) Mario NAU, geboren am 4. September 1971, Schüler, ebendort wohnhaft, beide vertreten durch Dr. Utho Hosp und Dr. Wolfgang Weis, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Mihajlo L***, Abwäscher, Markt 91, 5360 St. Wolfgang, 2) Firma H*** "W*** R***" Gesellschaft mbH,

Markt 91, 5360 St. Wolfgang, und 3) I*** U***- UND

S*** AG, Tegetthoffstraße 7, 1010 Wien, alle

vertreten durch Dr. Günther Stanonik und Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 427.392,-- sA und Feststellung (S 30.000,--), Revisionsstreitwert S 179.097,80, infolge Revision der erst- und der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. September 1987, GZ 6 R 124/87-34, womit infolge Berufung der klagenden Parteien und der erst- und der drittbeklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 18. Februar 1987, GZ 8 Cg 2/86-24, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erst- und die drittbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit S 7.472,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 679,30, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Siegrid NAU, die Ehegattin des Erstklägers und Mutter des Zweitklägers, wurde bei einem am 11. Juli 1983 in St. Wolfgang vom Erstbeklagten als Lenker eines bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges verschuldeten Verkehrsunfall so schwer verletzt, daß sie am 19. Juli 1983 ihren Verletzungen erlag.

Die Schadenersatzpflicht des Erst- und der Drittbeklagten ist dem Grunde nach nicht strittig.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall der Erstkläger die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 273.112,-- s A und der Zweitkläger die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 154.280,-- s A. Darüber hinaus begehrten beide Kläger die Feststellung, daß ihnen die Beklagten zur ungeteilten Hand (die Drittbeklagte im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages) für alle künftigen Schäden aus diesem Verkehrsunfall ersatzpflichtig seien. Das Leistungsbegehren des Erstklägers umfaßt einen Betrag von S 231.420,-- an Ersatz für entgangene Beistandsleistungen seiner Ehegattin für die Zeit von August 1983 bis Dezember 1985, einen Betrag von S 41.097,-- an Auslagen für die Grabstätte und einen Betrag von S 595,-- an Auslagen für die Graberstbepflanzung. Das Leistungsbegehren des Zweitklägers betrifft den Ersatz entgangener Pflege- und Erziehungsleistungen seiner Mutter für den Zeitraum August 1983 bis Dezember 1985.

Die Kläger brachten im wesentlichen vor, die getötete Siegrid NAU sei halbtags als Buchhalterin beschäftigt gewesen. Aus dieser Tätigkeit habe sie ein Nettoeinkommen von DM 1080,-- monatlich erzielt. Mit diesem Betrag habe sie ihren eigenen Unterhalt bestritten und zum Familienunterhalt beigetragen; darüber hinaus habe sie sämtliche Haushaltsarbeiten und Pflegeleistungen für die Kläger erbracht. Das Verhältnis ihrer Arbeitsleistungen für die Kläger sei mit 60 % für den Ehegatten und 40 % für den Sohn anzusetzen. Die Kosten einer Wirtschafterin würden DM 1.900,-- (umgerechnet S 13.300,--) netto monatlich betragen. Unter Bedachtnahme auf das dargestellte Verhältnis der Leistungen der Getöteten für die beiden Kläger ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsentgang des Erstklägers von S 7.980,-- und des Zweitklägers von S 5.320,--.

Die Beklagten wendeten dazu im wesentlichen ein, die Kosten für eine Wirtschafterin seien mit DM 1.900,-- monatlich zu hoch bemessen. Die Besorgung des Haushaltes sei nicht ausschließlich durch Siegried NAU erfolgt; es hätten auch der Erstkläger und die im selben Haus lebende Mutter der Getöteten mitgeholfen. Der Zweitkläger sei infolge seines Alters bereits sehr selbständig gewesen. Der Erstkläger sei als Maurer im Winter regelmäßig arbeitslos gewesen und habe während dieser Zeit den Haushalt zur Gänze geführt. Es sei auch der Eigenanteil der Verstorbenen an den erbrachten Haushaltsleistungen zu berücksichtigen. Der Erstkläger müsse sich unter anderem eine Zahlung des Arbeitgebers seiner Ehegattin von DM 4.320,-- (vier Monatsgehälter) aus Anlaß ihres Todes anrechnen lassen.

Das Erstgericht erkannte den Erstbeklagten und die Drittbeklagte zur ungeteilten Hand schuldig, dem Erstkläger S 114.261,-- s A und dem Zweitkläger S 64.836,80 s A zu bezahlen; das darüber hinausgehende Leistungsmehrbegehren der Kläger gegenüber dem Erst- und der Drittbeklagten wies es ab. Dem Feststellungsbegehren gegenüber dem Erst- und der Drittbeklagten gab es statt. Das gegen die Zweitklägerin gerichtete Klagebegehren wies es ab. Das Erstgericht stellte, soweit für die im Revisionsverfahren noch strittigen Fragen von Bedeutung, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Kläger lebten mit der Ehefrau des Erstklägers und Mutter des Zweitklägers im gemeinsamen Haushalt in Kirchhain in der Bundesrepublik Deutschland.

Siegrid NAU ging einer Halbtagsbeschäftigung als Buchhalterin mit einer täglichen Arbeitszeit von 4 1/2 Stunden (8 Uhr bis 12,30 Uhr) nach. Ihr monatliches Nettoeinkommen betrug DM 1.080,--. Dieser Betrag wurde zur Gänze für die Bestreitung ihres Unterhaltes und des Unterhaltes der Kläger aufgewendet. Darüber hinaus führte die Getötete sämtliche Haushaltsarbeiten und Pflegeleistungen für die Kläger durch. Der Beitrag der Kläger zur Haushaltsführung erschöpfte sich in gelegentlichen Hilfestellungen, wie z B Geschirrabtrocknen. Die zwar im gemeinsamen Haus lebenden, aber einen eigenen Haushalt führenden Schwiegereltern des Erstklägers hatten keinen Anteil an der Gestaltung des Haushaltes der Familie

NAU.

Der Erstkläger ist von Beruf Maurer; er ist ganztägig außer Haus beschäftigt. Der Zweitkläger, geboren am 4. September 1971, war zur Unfallszeit Gymnasialschüler und wurde von seiner Mutter regelmäßig beaufsichtigt.

Auch während der witterungsbedingten Arbeitslosigkeit des Erstklägers (Schlechtwetterzeiten) lastete auf Siegrid NAU der wesentliche Teil der Haushaltsarbeiten. Die Leistungen des Ehegatten gingen über die Erledigung des Abwaschens und gelegentlichen Handreichungen nicht hinaus.

Der Zeitaufwand der von der Getöteten geleisteten Tätigkeiten, die dem Berufsbild einer Haushälterin entsprechen, ist an Tagen, an denen der Erstkläger seiner Arbeit nachging, mit 5 Stunden pro Tag (von Montag bis Samstag) zu veranschlagen, wobei 1 Stunde auf den Vormittag und 4 Stunden auf den Nachmittag entfallen. Die an Sonntagen erbrachten Leistungen sind mit 4 Stunden anzusetzen. Sohin ergibt sich eine Stundenzahl von 34 Stunden pro Woche. Das Berufsbild einer Haushälterin umfaßt die Bereiche Einkaufen der Lebensmittel und sonstiger im Haushalt benötigter Waren bzw Produkte, Zubereitung der Speisen, Abwaschen des Geschirrs, des Besteckes usw, tägliches Aufbetten und Pflegen der Räume, Großreinemachen, Fensterputzen in bestimmten Intervallen, Wäschepflege, Bügeln und kleinere Näharbeiten, Pflege der Zimmerpflanzen und eventuelle Gartenbetreuung und Beaufsichtigung und Beschäftigung der Kinder. Lernhilfen fallen nicht in den Aufgabenbereich einer Haushälterin.

Das prozentuelle Verhältnis, mit dem die Leistungen der Getöteten den einzelnen Familienmitgliedern zugutegekommen sind, ist mit je 30 % für den Ehegatten und für sie selbst und mit 40 % für den Zweitkläger (bis zur Erreichung des 15. Lebensjahres) auszumessen. Demnach entfielen 24 Stunden pro Woche (70 % von 34 Stunden) der geleisteten Tätigkeiten im Haushalt auf die Kläger. Der Erstkläger war im Jahr 1985 vom 1. Jänner bis 15. Mai und im Jahresschnitt etwa einen Monat witterungsbedingt arbeitslos (Schlechtwetterzeiten). Während dieser Zeit leistete der Kläger einen Beitrag zur Haushaltsführung im Ausmaß von einer Stunde pro Tag, womit sich die effektive Wochenarbeitsleistung der Getöteten auf 27 Stunden reduzierte. Abzüglich der festgestellten 30 % Eigenbedarf der Ehegattin entfielen auf die Kläger 19 Wochenstunden.

Sohin errechnet sich insgesamt der hypothetische Zeitaufwand der von der Getöteten für die Kläger erbrachten Haushaltsarbeiten für den Zeitraum von August 1983 bis Dezember 1985 wie folgt:

Für das Jahr 1983:

5 (Monate) mal 24 (Stunden wöchentlich) mal 4 (Wochen)

=                                       480 Stunden

Für das Jahr 1984:

11 mal 24 mal 4 plus 1 x 19 x 4 =      1132 Stunden

Für das Jahr 1985:

7,5 x 24 x 4 plus 4,5 x 19 x 4 =       1062 Stunden

insgesamt daher                        2674 Stunden.

Da diese Berechnung auf der Basis von Wochen erfolgte, sind die auf Monate fehlenden Tage noch in Anschlag zu bringen. Es sind hiebei weitere 70 Tage oder 10 Wochen zu berücksichtigen. Davon war der Erstkläger, das Verhältnis der Beschäftigung zur Zeit der Arbeitslosigkeit berücksichtigend (29 Monate zu 5,5 Monaten), 2 Wochen arbeitslos, in denen er eine Stunden pro Tag im Haushalt mithalf.

Hinzuzurechnen sind daher 320 Stunden (8 mal 24 plus 2 mal 19). Die Gesamtstundenanzahl beträgt sohin 2904.

Eine Haushälterin würde etwa 57 % oder 1655,3 Stunden des errechneten Zeitaufwandes für den Zweitkläger und etwa 43 % oder 1248,7 Stunden für den Erstkläger aufwenden.

Das Monatseinkommen einer ganztags beschäftigten Haushälterin in der BRD liegt zwischen DM 1.400,-- und DM 1.800,-- brutto, exclusive Kost und Logis. Für einen Durchschnittshaushalt ist ebenso eine durchschnittliche Entlohnung der Haushälterin angemessen, sohin DM 1.600,-- brutto unter Zugrundelegung einer 40-Stunden-Woche, somit ein Stundensatz DM 10,--, daher S 70,--.

Der Erstkläger erhielt eine einmalige Zuwendung der deutschen Angestelltenkrankenkasse für die Begräbniskosten in der Höhe von DM 2.120,--. Der Arbeitgeber der Siegried NAU leistete aus Anlaß ihres Todes eine Zahlung an den Erstkläger im Ausmaß von 4 Netto-Monatsgehältern, sohin DM 4.320,--.

Der Erstkläger hat sich durch den Tod seiner Ehegattin keine Unterhaltsleistungen an diese erspart.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Ehemann Anspruch auf Ersatz der infolge des Todes seiner Frau entgangenen Beistandsleistungen im Haushalt habe; dem Halbwaisen stehe ein Schadenersatzanspruch in der Höhe dessen zu, was ihm durch den Tod der Mutter entgangen sei. Die Kläger seien so zu stellen, wie sie gestellt wären, wenn die Getötete ihren Unterhaltsleistungen in Form der Haushaltsführung und der Erziehung und Pflege ihres Sohnes weiterhin nachgekommen wäre.

Die Höhe des Ersatzes sei nach § 273 ZPO auszumitteln, wobei vom tatsächlich aufgewendeten Arbeitsumfang der Getöteten abzüglich des ihr selbst zugutegekommenen Anteiles auszugehen sei. Es sei von einem Bruttolohn von DM 1.600,-- im Monat für eine Haushälterin, somit von einem Stundensatz von DM 10,--, auszugehen. Der Zweitkläger habe sich die von ihm bezogene Waisenrente als Vorteil anrechnen zu lassen, der Erstkläger die Leistungen der deutschen Angestelltenkrankenkasse in der Höhe von DM 2.120,--. Hingegen habe die Anrechnung der vier Monatsgehälter, die der Arbeitgeber der Verstorbenen nach ihrem Ableben bezahlt habe, zu unterbleiben.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von den Klägern (soweit ihrem gegen die Zweitbeklagte gerichteten Klagebegehren nicht im gleichen Umfang Folge gegeben wurde wie dem gegen den Erst- und die Drittbeklagte gerichteten Klagebegehren) und vom Erst- und der Drittbeklagten (im Umfang der Stattgebung des gegen sie gerichteten Leistungsbegehrens) mit Berufung bekämpft. Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Kläger keine Folge; hingegen gab es der Berufung des Erst- und der Drittbeklagten teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Ausspruch über die den Klägern zugesprochenen Zinsen geringfügig ab und bestätigte sie im übrigen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, hinsichtlich jedes der beiden Kläger S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen behaupteter Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Rechtlich führte es im wesentlichen aus, daß insgesamt eine Verletzung des dem Gericht durch die Bestimmung des § 273 ZPO eingeräumten Ermessens bei der Ermittlung der Schadenshöhe nicht erkennbar sei. Bezüglich der Ermittlung der Kosten für eine Haushaltshilfe lägen ausreichende Beweisergebnisse vor, die das Erstgericht richtig verwertet und seiner Ermessensentscheidung zugrundegelegt habe.

Zur Frage der Anrechnung der nach dem Tod der Siegrid NAU von ihrem Arbeitgeber ausbezahlten vier Monatsgehälter in der Höhe von insgesamt DM 4.320,-- hätten die Beklagten nur vorgebracht, daß sich der Erstkläger diese Leistung anzurechnen habe. Ein Rechtsgrund, auf Grund dessen diese Zahlung des Dienstgebers der Getöteten erfolgt sei, sei nicht behauptet worden.

Grundsätzlich könne der Leistung des Arbeitgebers der Getöteten unterstellt werden, daß er mit dieser Leistung seinen Verpflichtungen aus dem Dienstverhältnis mit der Getöteten nachgekommen sei, nicht aber eine Entlastung der Schädiger herbeiführen habe wollen. Schon aus diesem Grund erscheine eine Anrechnung dieser Beträge auf die Ansprüche des Erstklägers nicht berechtigt.

Auch nach deutschem Recht beende der Tod des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, weshalb den Hinterbliebenen kein Lohnanspruch für die Zeit nach dem Tod verbleibe. Nur ein rückständiger Lohnanspruch gehe nach § 1922 BGB auf die Erben über. Dies bedeute für den vorliegenden Fall, daß die Auszahlung der vier strittigen Monatsgehälter keine Lohnfortzahlung im eigentlichen Sinn gewesen sei, sondern allenfalls die Tilgung eines rückständigen Lohnanspruches, die, weil sie als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit der Getöteten anzusehen sei, nicht anrechnungsfähig wäre. Sollte es sich jedoch nicht um einen rückständigen Lohnanspruch handeln, so werde dieser Anspruch als einer der österreichischen Abfertigung ähnlicher oder als freiwillige Zuwendung des Dienstgebers anzusehen sein; in beiden Fällen sei aber die Anrechnung auf die Ansprüche des Erstklägers ausgeschlossen.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Erst- und der Drittbeklagten. Sie bekämpfen sie im Umfang der Stattgebung des gegen sie gerichteten Leistungsbegehrens beider Kläger aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Erst- und der Drittbeklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht hinsichtlich eines jeden der beiden Kläger entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Aber auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu. Die Revisionswerber machen hier zunächst geltend, daß bei ihrer Meinung nach richtiger Anwendung des § 273 ZPO von monatlichen Kosten einer Haushälterin von DM 1.400,-- auszugehen sei. Das Ergebnis einer Einschätzung nach § 273 ZPO ist im Revisionsverfahren als Frage der rechtlichen Beurteilung überprüfbar (SZ 48/73; 8 Ob 76/83; 8 Ob 50/84 uva). Maßgebend für die Beurteilung der Höhe von Ansprüchen Hinterbliebener auf Ersatz entgangener Beistandsleistungen in der Haushaltsführung bzw entgangener Unterhalts- und Betreuungsleistungen im Sinne des § 1327 ABGB ist, welcher Aufwand nunmehr getätigt werden muß, damit der Überlebende durch die ihm zukommende Schadenersatzleistung so gestellt wird, wie er gestellt wäre, wenn der Getötete seine Leistungen im bisherigen Ausmaß weiter erbracht hätte (siehe dazu ZVR 1981/121 mwN ua). Es kommt daher im vorliegenden Fall nicht etwa darauf an, was eine Haushaltshilfe für die Leistungen, die den Leistungen der Getöteten für Ehegatten und Kind entsprechen, netto verdienen würde, sondern darauf, was die Kläger aufwenden müßten, um derartige Leistungen einer Haushaltshilfe zu erlangen. Zieht man in Betracht, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen das Monatseinkommen einer ganztags beschäftigten Haushälterin in der Bundesrepublik Deutschland (exklusive Verköstigung und Wohnung !) zwischen DM 1.400,-- und DM 1.800,-- brutto liegt, dann kann unter diesen Umständen darin, daß die Vorinstanzen bei Ermittlung des den Klägern zu ersetzenden Entganges von monatlichen Kosten einer Haushälterin von DM 1.600,-- ausgegangen sind, eine unrichtige Anwendung des § 273 ZPO zum Nachteil der Revisionswerber nicht erkannt werden.

Ferner versuchen die Revisionswerber in ihrer Rechtsrüge darzutun, daß die festgestellte Zahlung des Dienstgebers der Getöteten von DM 4.320,-- an den Erstkläger im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen wäre.

Auch hier kann ihnen nicht gefolgt werden.

Es entspricht nunmehr ständiger Rechtsprechung, daß sich der Geschädigte durch das schädigende Ereignis ausgelöste Leistungen Dritter nur dann als Vorteil anrechnen lassen muß, wenn dies dem Zweck des Schadenersatzes entspricht und nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führt. Es ist also nicht schlechthin jeder Vorteil anzurechnen, der dem Geschädigten aus dem vom Schädiger verursachten Ereignis zufließt, sondern es kommt immer auf die ganz besondere Art des erlangten Vorteils und den Zweck der Leistung des Dritten an (siehe dazu SZ 53/58; ZVR 1982/29; ZVR 1985/48; ZVR 1985/100 ua). Die Vorteilsausgleichung hat nicht von Amts wegen zu erfolgen; den Ersatzpflichtigen trifft die Behauptungs- und Beweislast für im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigende Umstände (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1312 und die dort angeführte Judikatur; 8 Ob 51/84 ua). Es obliegt dem Schädiger, konkret die Umstände zu behaupten, die einen Vorteilsausgleich rechtfertigen (8 Ob 83/86 ua).

Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten erweist sich schon das Vorbringen der Beklagten im Verfahren erster Instanz bezüglich der vom Dienstgeber der Getöteten an den Erstkläger geleisteten Zahlung von DM 4.320,-- als nicht hinreichend, um die dargestellten rechtlichen Voraussetzungen für eine Vorteilsausgleichung hinsichtlich dieses Betrages darzutun. Denn daraus ergibt sich nicht einmal, ob es sich um eine freiwillige Leistung des Dienstgebers der Getöteten handelte oder ob der Erstkläger einen rechtlichen Anspruch auf diese Leistung hatte; noch viel weniger läßt sich daraus der Zahlungszweck beurteilen. Die bloße Tatsache einer solchen Zahlung rechtfertigt aber, wie oben dargestellt, noch nicht ihre Anrechnung im Wege der Vorteilsausgleichung.

Wenn unter diesen Umständen die Vorinstanzen die Anrechnung dieser Zahlung des Dienstgebers der Getöteten auf den Schadenersatzanspruch des Erstklägers ablehnten, ist darin entgegen den Ausführungen in der Rechtsrüge der Revisionswerber ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.

Der Revision des Erst- und der Drittbeklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00018.88.0830.000

Dokumentnummer

JJT_19880830_OGH0002_0020OB00018_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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