TE OGH 1988/9/1 12Os103/88

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Veröffentlicht am 01.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.September 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther H*** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13.Juni 1988, GZ 36 Vr 271/87-63, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Genralanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Stoiber, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der am 24.September 1959 geborene Günther H*** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat er

(zu B/) am 30.November 1985 in St. Ulrich a.P. Lieselotte M*** durch Packen an den Armen am Körper mißhandelt und ihr dadurch fahrlässig eine Verletzung, nämlich Blutunterlaufungen am rechten Unterarm und am linken Oberarm zugefügt;

(zu C/) am 21.Feber 1986 in Fieberbrunn den Peter N*** durch die Äußerung, er werde ihn "aufmachen" und wenn dies nicht der Fall sei, würde er ihm andere schicken und er werde dann keine ruhige Minute mehr haben, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 5 a, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Beschwerdeausführungen zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund sind nicht geeignet, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht in Ansehung beider Schuldspruchfakten getroffenen Urteilsfeststellungen aufzuzeigen. Sie zielen nach Inhalt und Zielsetzung vielmehr nur darauf ab, die Glaubwürdigkeit der den Beschwerdeführer belastenden Angaben der Zeugen Lieselotte M*** und Peter N*** durch die Behauptung von Ungereimtheiten und Unrichtigkeiten in ihren Aussagen in Frage zu stellen.

Zunächst erweist sich der Vorwurf divergierender Darstellungen der Zeugin Lieselotte M*** in bezug auf die Mißhandlungsakte des Angeklagten als unhaltbar, weil die Genannte das behauptete Verdrehen bzw. Verbiegen ihrer Arme (AS 88, 178) bereits anläßlich ihrer Einvernahme vor der Gendarmerie ausdrücklich erwähnt hat (siehe die Aussage des vernehmenden Gendarmeriebeamten Georg B***, AS 219 f).

Rechtliche Beurteilung

Die für das Fehlen eines Mißhandlungsvorsatzes ins Treffen geführte gesundheitliche Beeinträchtigung des Angeklagten durch zuvor erlittene Messerstichverletzungen konnte von dem beigezogenen gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. Hans U*** nicht bestätigt werden (AS 224). Daß der Angeklagte die Lieselotte M*** lediglich an der Herbeiholung "schlagkräftiger Bekannter" ihres Ehegatten zu hindern trachtete, widerspricht sogar den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wonach er der Genannten von der von ihr beabsichtigten Verständigung der Gendarmerie abriet (AS 41, 170). Diese gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung erhobenen Einwände sind daher nicht zielführend.

Aber auch die Auslegung der vom Erstgericht angenommenen Äußerung ("aufmachen") als Androhung einer Verletzung am Körper (AS 269) gibt im Hinblick auf die ihr in gewissen Kreisen zukommende Bedeutung und die bekannte Neigung des ersichtlich in diesen Kreisen verkehrenden Angeklagten zu Gewalttätigkeiten keinen Anlaß für Bedenken erheblicher Art. Ebenso versagt der auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Beschwerdeeinwand, der dem Angeklagten angelasteten, nach Ansicht des Beschwerdeführers lediglich als milieubedingte Unmutsäußerung zu wertenden Drohung mangle es an der objektiven Eignung, Peter N*** begründete Besorgnisse einzuflößen. Die Eignung einer Äußerung, im Bedrohten die im § 74 Z 5 StGB umschriebene Besorgnis auszulösen, ist nach dem Maßstab eines besonnenen Durchschnittsmenschen zu beurteilen, wobei in der Person des Adressaten liegende besondere Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2 § 74 RN 18; 13 Os 6/85). Insbesondere im Hinblick auf die weiteren urteilsmäßig festgestellten, eine Verbindung zum Zuhältermilieu andeutenden Äußerungen des Beschwerdeführers (AS 259, 266: "Er - gemeint der Angeklagte - würde ihm andere schicken und er - gemeint Peter N*** - werde dann keine ruhige Minute mehr haben") und mit Rücksicht auf die allgemeine Kenntnis von der Bereitschaft des Angeklagten Günther H*** zu Gewalttaten, war dessen Verhalten durchaus geeignet, dem Bedrohten gegründete Besorgnis einzuflößen. Soweit der Beschwerdeführer schließlich in Ansehung des Schuldspruchfaktums B/ die Anwendung des § 42 StGB reklamiert, geht seine Rüge (Z 9 lit. b) gleichfalls fehl. Zwar steht der Umstand, daß dem Beschwerdeführer neben dem Vergehen der Körperverletzung eine weitere strafbare Handlung zur Last liegt, einer Anwendung des in Rede stehenden Strafausschließungsgrundes hinsichtlich eines einzelnen Anklagevorwurfes nicht generell entgegen (Leukauf-Steininger StGB2 RN 21 zu § 42). Bei Beurteilung des Grades des Verschuldens und der Prüfung der spezialpräventiven Erfordernisse darf jedoch die Art der weiteren strafbaren Handlung und ihr allfälliger Zusammenhang mit der als strafunwürdig bezeichneten Tat nicht außer acht gelassen werden (vgl. 9 Os 122/86 u. a.). Wird unter diesem Gesichtspunkt vorliegend berücksichtigt, daß beide Straftaten auf der gleichen schädlichen Neigung (Gewalttätigkeit) des bereits mehrfach in dieser Hinsicht einschlägig vorbestraften Angeklagten beruhen, so spricht dies gegen die Annahme einer geringen, weit unter den Regelfällen des betreffenden Delikts gelegenen Schuld des Beschwerdeführers und für die Notwendigkeit seiner Bestrafung auch wegen dieser Tat aus den Gründen der Spezialprävention.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 107 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 17.Juni 1986, U 549/86, und des Landesgerichtes Salzburg vom 14.März 1988, 18 e Vr 2912/87, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von dreieinhalb Monaten.

Bei der Strafbemessung waren die einschlägigen Vorstrafen und die Begehung von zwei strafbaren Handlungen erschwerend, mildernd hingegen nichts.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Im Hinblick auf die Vorverurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten (fünf Verurteilungen wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, zwei Verurteilungen wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB) und die Erfolglosigkeit selbst empfindlicher vorangegangener Abstrafungen, bedarf es der Verhängung einer Freiheitsstrafe, um den Angeklagten von der Begehung (gleichartiger oder ähnlicher) strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe konnte daher nicht in Erwägung gezogen werden.

Anmerkung

E15105

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00103.88.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19880901_OGH0002_0120OS00103_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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