Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1.September 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Liliane B***, nunmehr verehelichte G***, wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (aF) über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 30.September 1986, GZ 24 Vr 228/84-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 30.September 1986, GZ 24 Vr 228/84-24, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 13 JGG. Dieser Beschluß wird aufgehoben und sogleich in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, wird abgewiesen und zugleich gemäß § 46 Abs 6 JGG ausgesprochen, daß von der Verhängung einer Strafe endgültig abgesehen wird.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 14. Juni 1984, GZ 24 Vr 228/84-7, wurde die am 22.Mai 1966 geborene Liliane Antonette B***, nunmehr verehelichte G***, des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurden Ausspruch und Vollstreckung der Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben. Da auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet wurde, fiel das voraussichtliche Ende der Probezeit auf den 14.Juni 1987 (ON 8). Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27.Mai 1986, AZ 26 E Vr 946/86, wurde Liliane G*** wegen der Vergehen nach §§ 288 Abs 1; 229 Abs 1; 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4; 135 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin im Verfahren AZ 24 Vr 228/84 die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre (S 66). Nach Anhörung der Verurteilten erging am 30.September 1986 ein auf dem (hiefür nicht vorgesehenen) StPO-Formblatt BedV 5 ausgefertigter Beschluß auf "Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht", mit dem gleichzeitig die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde (ON 24). Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Der in seinem ersten Teil mangels Vorliegens einer widerrufbaren bedingten Strafnachsicht inhaltsleere Beschluß steht in seinem zweiten Teil mit dem Gesetz in der Bestimmung des § 13 JGG nicht im Einklang. Bei der sogenannten echten bedingten Verurteilung nach § 13 JGG ist nämlich eine Verlängerung der Probezeit gesetzlich nicht vorgesehen. Wenn ungeachtet einer neuerlichen Verfehlung des Verurteilten die Besserung auch "sonst", d.h. ohne Strafvollzug zu erzielen ist, so ist von der Festsetzung und Vollziehung der Strafe abzusehen, wobei diesfalls die ursprünglich festgesetzte Probezeit unverändert weiterläuft.
Die bezeichnete Gesetzesverletzung wirkte sich zum Nachteil der Verurteilten aus, weil die Möglichkeit einer Straffestsetzung über die - inzwischen abgelaufene - urteilsmäßige Probezeit hinaus eröffnet wurde (vgl. SSt. 47/86).
Der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und - weil nach Lage des Falles eine Straffestsetzung nicht mehr in Betracht kommt - insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung
E14945European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00099.88.0901.000Dokumentnummer
JJT_19880901_OGH0002_0120OS00099_8800000_000