Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der am 24. Dezember 1978 geborenen mj. Michaela D*** infolge Revisionsrekurses der Mutter Christine D***, Hausfrau, Wien 18., Staudgasse 35, vertreten durch Dr. Wilfried Weigert, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 15. Juni 1988, GZ 43 R 379/88-159, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 1. Februar 1988, GZ 3 P 29/88-146, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Eltern der am 24.12.1978 geborenen mj. Michaela D*** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28.11.1979 aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Die elterlichen Rechte wurden bisher noch keinem der Elternteile rechtskräftig übertragen. Die Minderjährige befindet sich seit der Scheidung faktisch in Pflege und Erziehung der Mutter. Mit Entscheidung des Erstgerichtes vom 4.3.1987, ON 123, wurde der Antrag des Vaters, die Minderjährige in seine Pflege und Erziehung einzuweisen, abgewiesen und ausgesprochen, daß die elterlichen Rechte allein der Mutter zustünden. Nachdem das Rekursgericht die genannte Entscheidung aufgehoben und dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen hatte (ON 126), sprach dieses nunmehr unter Abweisung des Antrages der Mutter, ihr die elterlichen Rechte allein zu übertragen, aus, daß das Recht und die Pflicht, die Minderjährige zu pflegen und zu erziehen, ihr Vermögen zu verwalten und sie zu vertreten, dem Vater allein zustünden. Zugleich räumte das Erstgericht der Mutter ein Besuchsrecht an jedem 1. und 3. Sonntag im Monat von 9 Uhr bis 18 Uhr ein.
Das Erstgericht führte zur Begründung seiner Entscheidung aus:
Der in Wien 22., Rennbahnweg 25/15/1/6, wohnhafte Vater habe vorgebracht, die Mutter sei Anfang August 1985 bei ihm eingezogen, weil sie zu diesem Zeitpunkt weder über eine Wohnmöglichkeit noch über finanzielle Mittel verfügt habe. In der Folge habe er erkennen müssen, daß die Mutter offensichtlich geistig nicht ganz gesund gewesen sei. Er habe daher veranlaßt, daß sich die Mutter an die Psychosoziale Station Kleine Sperlgasse wende. Dort sei festgestellt worden, daß die Mutter manisch-depressiven Schwankungen unterliege. Es sei ihr eine ärztliche Behandlung dringend angeraten worden. Diesem Rat sei die Mutter jedoch in keiner Weise gefolgt, sodaß sich ihr Zustand immer mehr verschlimmert habe. Sie habe auch Mitte Februar 1986 Selbstmord angekündigt und sei dann verschwunden, sodaß er die Polizei habe einschalten müssen. Ohne jede Vorwarnung sei die Mutter am 11.3.1986 aus seiner Wohnung unter Mitnahme der Minderjährigen verschwunden. Er habe tagelang über ihren Verbleib nichts gewußt und auch eine Intervention in der Schule der Minderjährigen sei erfolglos geblieben, weil diese zum Schulbesuch nicht mehr erschienen sei. Die Mutter habe dann bei Bekannten Aufenthalt genommen, ohne sich um den Schulbesuch oder andere Belange der Minderjährigen zu kümmern.
Die Mutter habe sich gegen die Übertragung der elterlichen Rechte an den Vater ausgesprochen. Auch die Minderjährige selbst sei dagegen.
Mit Eingabe vom 24.2.1987 habe der Rechtsvertreter des Vaters dem Gericht mitgeteilt, daß die Mutter, nachdem sie zwischenzeitig wieder beim Vater Aufnahme gefunden habe, Mitte Februar 1987 unter Mitnahme der Minderjährigen ohne Ankündigung wieder aus seiner Wohnung ausgezogen sei, obwohl sie gar keine andere Wohnmöglichkeit habe. Sie wohne nun im Obdachlosenheim in der Kastanienallee. Dies gefährde das Wohl der Minderjährigen.
Aufgrund des Gutachtens des Univ.Doz. Dr. Max H. F*** sowie des persönlichen Eindrucks der Mutter und des Akteninhalts ergebe sich, daß sich die Mutter in ihrer Gemüts- und Antriebslage auffällig verhalte. Seit der Scheidung im Jahre 1979 sei es ihr in keiner Weise gelungen, ihre Lage in finanzieller oder anderer Hinsicht zu stabilisieren. So sei sie immer wieder beim Vater eingezogen und dann ohne sein Einverständnis und ohne auch nur mit ihm darüber zu sprechen, mit der Minderjährigen ausgezogen. Ein solches Verhalten könne sich auf das Wohl des Kindes negativ auswirken. Wenn es auch bisher nicht dazu gekommen sei, daß die Minderjährige irgendwelche Auffälligkeiten aufweise (sie werde im Gutachten Dris. F*** als durchaus normal entwickelt eingestuft), so seien doch Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes durch die instabile Lage der Mutter sowohl in sozialer Hinsicht als auch in ihrem Verhalten zu befürchten. Der Vater hingegen habe sich bereits bewährt. Er habe den ebenfalls gemeinsamen Sohn seit der Scheidung alleine betreut. Dieser habe bisher weder in der Pflichtschule noch in der Lehre wesentliche Schwierigkeiten bereitet.
Es sei daher im Interesse der Minderjährigen, daß die elterlichen Rechte dem Vater übertragen werden. Da das Kind jedoch an der Mutter hänge und ein Kontakt mit der Mutter positiv sei, sei der Mutter ein Besuchsrecht im spruchgemäßen Ausmaß einzuräumen gewesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung und trat auch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Es führte im wesentlichen aus:
Seit der Scheidung der Ehe der Eltern im Jahre 1979 seien kontinuierliche Erhebungen über die Lebensumstände der Beteiligten vorgenommen worden. Danach stehe fest, daß die Mutter der Minderjährigen sich offenbar seit der Trennung ihrer Ehe trotz des mittlerweile verstrichenen Zeitraumes noch immer nicht sozial so weit gefunden habe, um ohne Hilfe Dritter eine gefestigte Lebenssituation für sich und das Kind zu schaffen. Nach der Scheidung habe die Mutter mehrfach ihren Aufenthaltsort gewechselt:
Sie habe zeitweise mit einem Lebensgefährten in Wien 3., Ungargasse gewohnt, sei dann wiederum sporadisch zum Vater nach Wien 22., Rennbahnweg gezogen und sei zeitweise im Obdachlosenheim in Wien 12., Kastanienallee sowie im Frauenhaus in Wien 18., Staudgasse untergekommen, wo sie sich derzeit nach der Aktenlage noch immer aufhalte. Insoweit die Mutter Feststellungen über die derzeitige Lebenssituation des Vaters vermisse, so sei grundsätzlich davon auszugehen, daß auch im Rechtsfürsorgeverfahren, das von der Amtswegigkeit bestimmt sei, die Behauptungs- und Beweispflicht der Parteien nicht aufgehoben sei. Werde nunmehr im Rekurs behauptet, der Vater sei arbeitslos, die Unterbringung der Minderjährigen beim Vater sei im Hinblick auf dessen Arbeitslosigkeit nicht zu befürworten, so hätte es konkreter Angaben zur Relevanz der derzeitigen Situation des Vaters für seine Erziehungstauglichkeit bedurft. Allein die Tatsache der Arbeitslosigkeit könne nicht ernsthaft als ausschließliches Argument gegen die Zuweisung der Elternrechte verwendet werden, da ansonsten deren Zuweisung an die Mutter, die ja selbst nach eigenen Angaben ebenfalls arbeitslos sei, wohl die gleichen Bedenken entgegenstehen würden. Auch die nunmehr im Rekurs erstmals aufgestellte Behauptung, gegen den Vater sei ein Delogierungsverfahren anhängig gewesen - im übrigen ohne zu behaupten, daß dieses Delogierungsverfahren auch zu einem Ende gebracht worden wäre -, sei ohne Belang, weil auch in diesem Falle eine Ermessensentscheidung zugunsten der Mutter nicht möglich wäre. Insoweit die Mutter das Gutachten des Sachverständigen Dr. F*** in einzelnen Passagen zitiere und diese Zitate als inhaltsleer qualifiziere, sei ihr entgegenzuhalten, daß für die Entscheidung nicht einzelne Zitate oder termini technici von Relevanz seien, sondern das Gesamtgutachten in all seinen Ausführungen im Kontext mit der vom Sachverständigen vorgenommenen Befundaufnahme. Vermeine die Mutter, Beobachtungen und Untersuchungen über eine tatsächliche Eignung des Vaters, für das Wohl der Minderjährigen als Alleinverantwortlicher zu sorgen, fehlten im Gutachten, so übersehe sie, daß der Sachverständige sowohl mit dem Vater als auch mit ihr eine ausführliche Exploration durchgeführt habe, daher durchaus einen persönlichen Eindruck hatte, aufgrund dessen er als bestellter Sachverständiger sein Kalkül abgegeben habe. Wende sich die Mutter ferner gegen die vom Sachverständigen gewählte Formulierung, er habe in bezug auf sie den Verdacht einer endoreaktiven Depression, dieser Verdacht sei ohne hinreichende Entscheidungsgrundlage ausgesprochen worden, so sei auch hierauf zu entgegnen, daß es zum Aufgaben- und Pflichtenkreis eines Sachverständigen gehöre, aufgrund seines bei der Befundaufnahme gewonnenen Eindrucks von den im Verfahren involvierten Personen sein Gutachten zu erstatten. Zweifel an der wissenschaftlichen oder fachlichen Kapazität des Sachverständigen hege das Gericht jedenfalls nicht und könnten solche auch durch die bloße Behauptung der Mutter, zu einer derartigen Stellungnahme des Sachverständigen hätte es einer weiteren bzw. umfassenderen Exploration bedurft, nicht begründet werden. Aus ihrem gesamten bisherigen Vorbringen sowie aus dem übrigen Akteninhalt gehe ganz eindeutig hervor, daß der vom Sachverständigen ausgesprochene Verdacht einer bei der Mutter bestehenden endoreaktiven Depression bestehe, wobei keineswegs ausgeschlossen werden solle, daß ihr Krankheitsbild Schwankungen unterliege. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß die Mutter selbst mehrfach die psychischen Probleme, mit denen sie zu kämpfen habe, zugegeben habe. Bei der Ausführung der Rechtsrüge verkenne die Mutter offenbar, daß es sich hier um eine Erstzuteilung im Sinne des § 177 ABGB und nicht um eine Entziehung der Elternrechte im Sinne des § 176 ABGB handle, denn die Mutter habe zwar de facto die Pflege und Erziehung der Minderjährigen besorgt, eine Elternrechtsentscheidung durch das Gericht sei aber bisher nicht gefällt worden. Gemäß § 177 Abs 2 ABGB habe das Gericht im Fall der Scheidung der Ehe der Eltern oder der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft zu entscheiden, welchem Elternteil die bezeichneten Rechte und Pflichten (§ 144 ABGB) künftig allein zustehen sollen. Dabei habe das Gericht vor dieser Entscheidung zwingend das mindestens 10jährige Kind und erforderlichenfalls die Bezirksverwaltungsbehörde zu hören. Beides sei geschehen. Bei der Entscheidung über die Erstzuteilung der Elternrechte seien aber - wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt - die Umstände bei dem einen Elternteil und die beim anderen in ihrer Gesamtheit einander gegenüberzustellen. Dabei seien nicht nur die Wohn- und Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen, sondern es sei auch von Bedeutung, wo eine möglichst gute Erziehung und Beaufsichtigung sowie möglichst günstige Voraussetzungen für eine seelische und geistige Entwicklung gewährleistet erschienen. Ein Vorrecht eines Elternteiles auf Pflege und Erziehung der Minderjährigen bestehe nicht. Zutreffend habe das Erstgericht festgestellt, daß der Vater sich bereits bei der Erziehung des seit der Scheidung bei ihm lebenden gemeinsamen Sohnes bewährt habe, seine Lebenssituation nach der Scheidung offenbar im Griff habe und - abgesehen von den aus dem Akt ersichtlichen, keineswegs schwerwiegenden und immer im Zusammenhang mit den auftauchenden partnerschaftlichen Problemen stehenden Alkoholmißbräuchen - ein auch im Interesse des Wohles des mj. Sohnes gelegenes geordnetes Familienleben führe, während die Mutter in den immerhin fast 10 Jahren seit der Scheidung ihrer Ehe nach wie vor ohne Hilfe Dritter nicht bzw. noch nicht existenzfähig scheine. Anders sei es nicht zu erklären, daß nach so langer Zeit bzw. auch nach Auflösung ihrer Lebensgemeinschaft für sie noch nicht die Möglichkeit bestanden habe, eine eigene Wohnung zu finden und ihre Lebensumstände zu konsolidieren. Daß die Minderjährige dadurch bisher noch keinen Schaden erlitten habe und der Mutter ohne Zweifel zuzugestehen sei, daß sie an der Minderjährigen hänge und alles für sie Mögliche für das Kind tue, könne doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die jetzt vorzunehmende Entscheidung weit in die Zukunft reiche, die aus der Sicht der Mutter gesehen nach wie vor unklar sei. Insoweit die von der Mutter ins Treffen geführten rechtlichen Argumente auf die Voraussetzungen für eine Entziehung der Elternrechte im Sinne des § 176 ABGB zielten, gingen sie aus den dargelegten Gründen ins Leere. Im Hinblick auf den Zukunftsgehalt einer Elternrechtsentscheidung sei daher, ausgehend von den stabilen Verhältnissen des Vaters und den dort gegebenen besseren Chancen einer kontinuierlichen Entwicklung für die Minderjährige, spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der auf die Beschwerdegründe der offenbaren Gesetzwidrigkeit und der Nullität gestützte Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, in Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen ihr die elterlichen Rechte und Pflichten allein zu übertragen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus nachstehenden Erwägungen zurückzuweisen:
Die offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung erblickt die Mutter in der gänzlichen Außerachtlassung des Kindeswohles. Die Entscheidung verstoße gegen den Grundsatz der Kontinuität der Kindererziehung, berücksichtige nicht altersentsprechend den Wunsch der Minderjährigen, bei der Mutter zu bleiben, und übersehe, daß die Situation für die Minderjährige auf dem neuen Pflegeplatz beim Vater, der übermäßig dem Alkohol zuspreche, keiner Arbeit nachgehe und keine Unterhaltszahlungen erbringe, schlechter sei als auf dem derzeitigen Pflegeplatz bei der Mutter. Verfahrensmängel vom Gewicht einer Nullität liegen nach Ansicht der Mutter deshalb vor, weil die Pflegesituation beim Vater ungeklärt und das Rekursvorbringen der Mutter zu ihrer Wohnsituation unbeachtet gelassen worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Für die Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten (§ 144 ABGB) nach § 177 Abs 2 ABGB ist das Kindeswohl ausschlaggebend (EFSlg 48.420 uva, zuletzt etwa 4 Ob 523/88). Es sind die gesamten Verhältnisse der beiden Elternteile - wie etwa die Möglichkeit der Unterbringung und Betreuung, die emotionellen Bindungen, die Persönlichkeit und die erzieherische Eignung sowie die Bereitschaft jedes Elternteils, Verantwortung für das Kind zu tragen - einander gegenüberzustellen und sorgfältig gegeneinander abzuwägen (EFSlg 48.422, 51.309 uva, zuletzt etwa 4 Ob 523/88). Die dabei von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze dürfen nie verallgemeinert werden; ihre Berechtigung ist in jedem Fall aufgrund der faktisch gegebenen Situation zu prüfen; bei einer Kollision verschiedener Leitgedanken kommt es auf die vorzunehmende Gesamtschau an (EFSlg 48.422; 4 Ob 523/88). Hier sind die Vorinstanzen aufgrund der Verfahrensergebnisse zu der des näheren begründeten Auffassung gelangt, daß der Vater nach seiner Persönlichkeit und nach seinen Lebensverhältnissen die bessere Gewähr für eine gedeihliche Pflege und Erziehung der Minderjährigen biete, weshalb im Interesse des Kindeswohles dem Antrag des Vaters unter Abweisung des Antrages der Mutter stattzugeben gewesen sei. Es ist zwar richtig, daß die Beachtung des Grundsatzes der Kontinuität der Pflege und Erziehung als einer der Grundbedingungen für eine erfolgreiche und damit dem Wohl des Kindes dienende Erziehung auch für erstmalige Sorgerechtsentscheidungen nicht generell abgelehnt werden kann (EFSlg 43.387, 51.311), doch darf dieser Grundsatz nicht um seiner selbst willen aufrecht erhalten, es muß vielmehr auch er dem Kindeswohl untergeordnet werden (4 Ob 523/88). Es trifft auch zu, daß der Wunsch des Kindes in bezug auf die Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten nach Maßgabe des Alters des Kindes entsprechend zu berücksichtigen ist, doch kann dieser Wunsch nicht allein entscheidend sein (EFSlg 26.557, EFSlg XVII/3 S. 514 ua). Bei der Beurteilung der Wohnsituation ist davon auszugehen, daß der Vater in Wien 22., Rennbahnweg eine Wohnung hat, während der Mutter nach ihren eigenen Angaben im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß (AS 417) lediglich ein Zimmer im Frauenhaus in Wien 18., Staudgasse (zeitlich unbeschränkt) zur Verfügung steht und sie sich um eine für sie erschwingliche Gemeindewohnung erst bemüht. Hinsichtlich der Pflege und Erziehung ist schließlich noch zu bemerken, daß der hiezu berechtigte Elternteil die faktische Betreuung des Kindes - insbesondere während seiner Berufs- oder anderweitig bedingten Abwesenheit - einer geeigneten dritten Person überlassen darf (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 144; EFSlg 26.565, EvBl 1978/127, EFSlg 43.389 ua).
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kann nicht gesagt werden, die angefochtene Entscheidung sei wegen (gänzlicher) Außerachtlassung des Kindeswohles offenbar gesetzwidrig und wegen schwerwiegender Mängel in der Stoffsammlung mit Nullität behaftet.
Anmerkung
E15014European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00596.88.0906.000Dokumentnummer
JJT_19880906_OGH0002_0050OB00596_8800000_000