TE OGH 1988/9/7 3Ob97/88

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Veröffentlicht am 07.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adolf F***, Pensionist, Hard,

Margarethendamm 8a, vertreten durch Dr.Richard Kempf, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Elvira F***, Hausfrau, Hard, Margarethendamm 8a, vertreten durch Dr.Reinhard Weber, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 22. April 1988, GZ 1 c R 162/87-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 19. Juni 1987, GZ 3 C 736/87-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 3.April 1987, 8 E 1277/87-3, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von 4.524,45 S sA und der ab 1.März 1987 am 10. eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von 32 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Verpflichteten bewilligte Exekution duch Pfändung und Überweisung von Pensionsbezügen ist unzulässig".

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 14.258,50 S (darin 823,50 S Umsatzsteuer und 5.200 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 13.661,15 S (darin 514,65 S Umsatzsteuer und 8.000 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 16.793,05 S (darin 617,55 S Umsatzsteuer und 10.000 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat der Beklagten auf Grund des am 11.Oktober 1985 vor dem Erstgericht geschlossenen Vergleiches 32 % seines jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens jeweils bis zum 10. eines Monats im vorhinein zu bezahlen. Die Beklagte brachte am 25.Februar 1987 beim Erstgericht den Antrag ein, ihr zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstands für die Zeit vom 1. bis 28.Februar 1987 und der ab 1.März 1987 fällig werdenden Unterhaltsbeträge die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Pensionsbezüge des Klägers zu bewilligen. Die Pensionsversicherungsanstalt, die als Drittschuldner in Anspruch genommen wurde, teilte in der Erklärung vom 25.März 1987 über Ersuchen des Erstgerichtes mit, daß der Kläger im Februar 1987 14.138,90 S als Pension bezahlt erhalten habe. Mit Beschluß vom 3. April 1987 bewilligte das Erstgericht die beantragte Exekution, wobei es den Unterhaltsrückstand mit 4.524,45 S ermittelte. Ein vom Kläger gegen die Exekutionsbewilligung erhobener Rekurs blieb erfolglos.

Der Kläger hatte am 20.Jänner 1987 die Zuerkennung der Alterspension mit Wirkung vom 1.Februar 1987 beantragt. Mit Bescheid vom 18.März 1987 entschied der zuständige Versicherungsträger, daß der Anspruch des Klägers auf eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 270 iVm § 253 ASVG anerkannt wird und daß die Pension gemäß § 86 ASVG am 1.Februar 1987 beginnt. Zugleich wurden ihm als Nachzahlung für die Monate Februar und März 28.277,80 S ausbezahlt. Der Kläger überwies am 6.April 1987 an die Beklagte 13.573,50 S als Unterhalt für die Monate Februar bis April 1987.

Der Kläger begehrt in seiner Klage, die angeführte Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes aufzuheben, weil bis zur Erlassung des Bescheides des Versicherungsträgers ein Unterhaltsrückstand nicht habe entstehen können. Der von ihm zu leistende Unterhalt sei frühestens am 10.April 1987 fällig gewesen, weshalb er ihn rechtzeitig bezahlt habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß sie den Exekutionsantrag eingebracht habe, weil der Kläger trotz einer in ihrem Schreiben vom 4.Februar 1987 enthaltenen Aufforderung entgegen seiner Verpflichtung nicht mitgeteilt habe, ob er in den Ruhestand getreten sei, und weil auch keine Abrechnung der Pensionsbezüge vorgelegt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den von ihm als erwiesen angenommenen, eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß die für die Fälligkeit des betriebenen Unterhaltsrückstands maßgebenden Tatsachen schon zur Zeit der Exekutionsbewilligung eingetreten gewesen seien. Die dem Kläger zustehenden Pensionsleistungen seien nämlich gemäß § 86 ASVG schon mit der Entstehung seines Anspruchs, also mit der Erfüllung der diesen Anspruch begründenden Voraussetzungen (§ 85 ASVG), angefallen und seien gemäß § 104 Abs 2 ASVG monatlich im vorhinein zu bezahlen. Es sei daher auch die Pensionsleistung für Februar 1987 schon anfangs dieses Monats fällig gewesen.

Die Leistungspflicht des Klägers sei nicht dadurch hinausgezögert worden, daß ihm die Pension erst Ende März 1987 ausbezahlt worden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60.000 S, aber nicht 300.000 S übersteigt und daß die Revision zulässig ist. Es war in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erstgerichtes der Ansicht, daß der Kläger den Pensionsanspruch schon am 1.Februar 1987 erworben habe und damit der Unterhaltsanspruch der Beklagten zur Zeit der Exekutionsbewilligung fällig gewesen sei. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete es damit, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, wann der Anspruch auf Alterspension entsteht, fehle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß es eines Ausspruchs über den Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht bedurft hätte. Bei einer Klage nach § 36 EO, die sich gegen die gesamte zur Hereinbringung einer Geldforderung geführte Exekution richtet, bildet nämlich die Höhe des betriebenen Kapitalsbetrages den Streitwert (JBl 1979, 436). Hier steht auf Grund des Exekutionsaktes fest, daß der Unterhaltsrückstand zuzüglich des gemäß § 58 JN ermittelten Wert des Anspruchs auf laufenden Unterhalt zwar 60.000 S, aber nicht 300.000 S übersteigt. In der Sache ist zu beachten, daß nach dem in Betracht kommenden ASVG - im übrigen ebenso wie nach dem GSVG (vgl dessen §§ 54 und 55), BSVG (vgl dessen §§ 50 und 51) und B-KUVG (vgl dessen §§ 31 und 32) - drei Zeitpunkte zu unterscheiden sind, nämlich der Zeitpunkt des Entstehens des Leistungsanspruchs (§ 85 ASVG), des Anfalls der Leistung (§ 86 ASVG) und der Fälligkeit der Leistung. Mit dem Entstehen des Anspruchs beginnt das Leistungsverhältnis zwischen dem Versicherungsträger und dem Anspruchsberechtigten, ab dem Zeitpunkt des Anfalls der Leistung, der von dem des Entstehens des Anspruchs verschieden sein kann (vgl § 86 ASVG), gebührt die Leistung (vgl hiezu Schrammel in Tomandl, System, 3. ErgLfg. 147 unter 2.1.2.4). Auch der Anfall der Leistung bedeutet aber noch nicht unbedingt, daß sie schon damit fällig ist. Eine umfassende Regelung über die Fälligkeit enthält das ASVG (ebenso wie die anderen angeführten Sozialversicherungsgesetze) nicht. Wohl bestimmt § 104 Abs 2 ASVG, daß bestimmte Geldleistungen, darunter auch Pensionen, monatlich im vorhinein ausgezahlt werden, wobei der Versicherungsträger die Auszahlung auf einen anderen Tag als den Monatsersten verlegen kann. Andererseits muß der Versicherungsträger nach § 368 Abs 2 ASVG dann, wenn er einen Bescheid zu erlassen hat, unter bestimmten Voraussetzungen die Leistung bevorschussen. Daraus ergibt sich, daß die Leistung, über deren Gewährung durch Bescheid zu entscheiden ist, nicht vor Wirksamkeit des Bescheides und damit nicht vor dessen Zustellung fällig ist. Ob in besonderen Fällen (vgl hiezu Schrammel aaO 150 unter 2.1.2.5) etwas anderes gilt, muß nicht geprüft werden, weil sie nicht vorliegen.

Auf den zu entscheidenden Fall angewendet, bedeuten diese Grundsätze, daß die dem Kläger aus der Pensionsversicherung gebührende Leistung zwar schon am 1.Februar 1987 angefallen ist, daß sie aber erst mit der Zustellung des Gewährungsbescheides fällig wurde. Da diese Zustellung frühestens am 18.März 1987 vorgenommen worden sein kann, war der Anspruch des Klägers auf Pensionsleistungen daher auch frühestens an diesem Tag fällig. In der jüngeren Rechtsprechung wird nunmehr die Meinung vertreten, daß sich ein in einem Bruchteil festgelegter Unterhaltsanspruch nach der Höhe der dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten und nicht den ihm tatsächlich ausbezahlten Bezug richtet (SZ 42/81; EFSlg 25.444; ebenso Heller-Berger-Stix I 263; anders noch Rsp 1936/172 mit zustimmender Besprechung von Kollroß und SZ 19/204, wo auf die Fälligkeit und Auszahlung der Bezüge als Voraussetzung für die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit des Unterhaltsanspruchs abgestellt wird).

Nach Ansicht des erkennenden Senates muß hier zu den abweichenden Rechtsauffassungen nicht Stellung genommen werden. Selbst wenn man im Sinne der jüngeren Rechtsprechung davon ausginge, daß der in einem Bruchteil von Bezügen des Verpflichteten festgelegte Unterhaltsanspruch nicht erst mit der Fälligkeit dieser Bezüge oder mit ihrer tatsächlichen Auszahlung sondern schon früher entsteht, ist damit noch nicht gesagt, daß dieser Unterhaltsanspruch schon zu diesem früheren Zeitpunkt fällig wird. Bei jeder Leistungspflicht ist nämlich zwischen dem Entstehungszeitpunkt und der Fälligkeit zu unterscheiden (Gschnitzer in Klang2 IV/1 351; Mayrhofer-Ehrenzweig SchR Allg T 78, 155).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien zwar vereinbart, daß der Unterhalt bis zum 10. eines jeden Monats im vorhinein zu zahlen ist. Diese Vereinbarung kann aber ihrer Natur nach und nach Treu und Glauben nicht dahin verstanden werden, daß der Unterhaltsanspruch sofort und im vorhinein fällig werden soll, nämlich ehe der Unterhaltsschuldner berechtigt ist, die Zahlung der Bezüge, von denen ein Bruchteil als Unterhalt geschuldet wird, zu verlangen (mögen sie iSd obigen Ausführungen auch schon angefallen sein). Als die Beklagte ihren Exekutionsantrag einbrachte, mag daher schon die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines bestimmten Unterhaltsbetrages entstanden gewesen sein, es lag aber noch kein Rückstand an schon fälligen Unterhaltsansprüchen vor. Dies ist aber Voraussetzung für die Bewilligung der von der Beklagten beantragten Exekution, weshalb die Exekutionsbewilligung auf Grund der Klage für unzulässig zu erklären war (vgl EvBl 1973/184).

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens außerdem auf § 50 ZPO.

Anmerkung

E15180

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00097.88.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19880907_OGH0002_0030OB00097_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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