Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** Aktiengesellschaft, Wien 12., Wagenseilgasse 1, vertreten durch Dr. Herbert Jahn, Dr. Erich Unterer und Dr. Rainer Handl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Andrä S***, Kaufmann, Innsbruck, Maximilianstraße 25, vertreten durch Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 524.433,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. April 1988, GZ. 1 R 23/88-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. November 1987, GZ. 10 Cg 161/87-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.934,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.448,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte betrieb bis zum Jahre 1966 im selben Geschäftszweig wie später die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. ein Unternehmen als Einzelkaufmann ("R*** S***") mit dem Standort in Innsbruck, Maximilianstraße 25. 1966 stellten mehrere Gläubiger Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beklagten, doch wurden diese Anträge mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Im Hinblick auf diese Konkurseröffnungsanträge gründete der Beklagte mit seiner Ehegattin Rosa die R*** S*** Gesellschaft m.b.H., an deren Stammkapital der Beklagte mit einer Stammeinlage von S 90.000,-- und seine Ehegattin mit einer solchen von S 10.000,-- beteiligt waren. Die Gesellschaft und der Beklagte als deren Geschäftsführer wurden am 6.7.1966 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Radio- und Fernsehgeräten sowie Elektrogeräten aller Art. Der Unternehmensgegenstand wurde mit Gesellschafterbeschluß vom 7.4.1967 um die Vornahme von Reparaturen an Geräten dieser Art, die Erzeugung oder Adaptierung von Radio- und Fernsehgeräten und die Beteiligung an Gesellschaften mit gleichem oder ähnlichem Betriebsgegenstand sowie die Pacht derartiger Unternehmen erweitert. 1977 wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet, der Konkurseröffnungsbeschluß jedoch am 13.4.1977 infolge deren Rekurses aufgehoben.
Seit der Beklagte (Gesellschafter und) Geschäftsführer der R*** S*** Gesellschaft m.b.H. ist, betreibt er selbst kein Unternehmen mehr. Sein Gewerbeschein wurde ihm von der Verwaltungsbehörde entzogen, nachdem die Anträge auf Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen 1966 abgewiesen worden waren.
Die klagende Partei begehrte zuletzt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 524.433,-- s.A. auf Grund von Warenlieferungen der klagenden Partei an ihn, die er trotz Fälligkeit nicht bezahlt habe. Der Beklagte sei auch nach Gründung der R*** S*** Gesellschaft m.b.H. der klagenden Partei gegenüber so aufgetreten, als habe sich auf seiner Seite als deren Geschäftspartner nichts geändert. Er hafte daher persönlich; der klagenden Partei falle in bezug auf die Unkenntnis der wahren Unternehmensverhältnisse auch keine Fahrlässigkeit zur Last. Der Beklagte wendete mangelnde Passivlegitimation ein. Geschäftspartner der klagenden Partei sei ausschließlich die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. gewesen. Der Beklagte habe keine Bestellungen im eigenen Namen aufgegeben. Zum Gewerbe berechtigt und im Handelsregister eingetragen sei nur die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Tatsache, daß lediglich die Gesellschaft Geschäftspartnerin der klagenden Partei gewesen sei, hätte diese ohne weiteres feststellen können, zumal auch das Geschäftslokal diese Firmenbezeichnung trage. Aus Auskünften von Kreditschutzverbänden sei der klagenden Partei bekannt gewesen, daß das Unternehmen auf der Beklagtenseite in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben werde. Der klagenden Partei sei es ferner gleichgültig gewesen, ob sie ihre Geschäfte mit dem Beklagten persönlich oder mit der R*** S*** Gesellschaft m.b.H. abgeschlossen habe. Auch nach Auskunft von D*** & B*** wäre die klagende Partei verpflichtet gewesen, weitere Nachforschungen anzustellen, weil sich auch daraus die Verflechtung des Beklagten mit der R*** S*** Gesellschaft m.b.H. ergeben hätte. Die unrichtige Auskunft von D*** & B*** habe jedenfalls die klagende Partei selbst zu vertreten.
Die klagende Partei bestritt es, daß es ihr gleichgültig gewesen sei, wer ihr Geschäftspartner ist. Auch nach Auskunft von D*** & B*** sei der Beklagte persönlich wirtschaftlich besser gestellt gewesen als die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Einsicht in das Handelsregister hätte nichts erbracht, weil die klagende Partei den Beklagten als nicht protokollierten Kaufmann angesehen habe. Der Entzug der Gewerbeberechtigung des Beklagten habe überdies nur öffentlich-rechtliche Wirkung gezeitigt. Außerdem habe der Beklagte die klagende Partei über den Entzug der Gewerbeberechtigung nicht informiert, obwohl er hiezu verpflichtet gewesen wäre. Er habe sie vielmehr bewußt im Irrtum belassen und diesen ausgenützt. Hilfsweise werde das Klagebegehren auch auf § 874 ABGB und Schadenersatz gestützt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest: Es könne nicht festgestellt werden, ob der Beklagte die klagende Partei, insbesondere deren Angestellten in ihrer Niederlassung in Innsbruck, Rudolf P***, davon verständigt habe, daß er sein Einzelunternehmen beendet habe, ihm seine Gewerbeberechtigung entzogen worden sei, er eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet habe und mit dieser den Betrieb fortführe. Der klagenden Partei sei spätestens seit September 1982 bekannt gewesen, daß die R*** S*** Gesellschaft m.b.H., deren Geschäftsführer der Beklagte war, existiere, diese Gesellschaft das Radio- und Fernsehservice betreibe und mit der "Einzelfirma" Andrä S*** eng zusammenarbeite, ferner, daß über das Vermögen dieser Gesellschaft 1977 der Konkurs eröffnet, dieser am 13.4.1977 jedoch aufgehoben worden sei. Die klagende Partei habe über ihre Anfrage von D*** & B*** am 24.9.1981 die Auskunft erhalten, daß die Firma Andrä S***, Radio- und Fernsehgeräte, Maximilianstraße 25, 6020 Innsbruck, gegründet 1959 mit fünf bis sechs Beschäftigten, ein im Handelsregister nicht eingetragener Gewerbebetrieb sei. Der Inhaber sei an der R*** S*** Gesellschaft m.b.H. beteiligt und sei Eigentümer der Liegenschaft EZ 872 KG Wilten mit einem Verkehrswert von rund 2 Mill S und einer bücherlichen Belastung von rund 1,1 Mill S. Die Auskunftei gelange zum Ergebnis, daß der Beklagte seinen Verpflichtungen schleppend nachkomme, es auch zu gerichtlichen Anständen komme und etwaige Verbindungen einwandfreie Sicherheiten erforderten; die Finanzlage erscheine angespannt, die flüssigen Mittel gälten als knapp. Es könne nicht festgestellt werden, ob der klagenden Partei entgegen dieser Auskunft bekannt gewesen sei, daß neben der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Einzelunternehmen überhaupt nicht bestehe, ebenso nicht, ob der Beklagte vor etwa fünf Jahren im Zuge eines Ferngespräches der klagenden Partei im Zusammenhang mit Lieferungen und der Übersendung von Rechnungen der klagenden Partei, die das Unternehmen des Herbert S*** "HI-FI-S***" betroffen hätten, mitgeteilt habe, daß es sich bei seinem Unternehmen um die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. handle. Der Beklagte habe sämtliche Bestellungen für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung getätigt, aber nie darauf hingewiesen, daß er als Geschäftsführer der Gesellschaft auftrete. Die Bestellungen seien jeweils mündlich erfolgt. Lieferscheine seien vom Beklagten oder von seinen Leuten nie unter Beifügung einer Firmenstampiglie, sondern lediglich mit dem Namen abgezeichnet worden. Die klagende Partei habe sämtliche Rechnungen an die "Firma S*** Andrä, Maximilianstraße 25, 6020 Innsbruck" gerichtet und die "Firma S***" in ihren Büchern auch nie als S*** Gesellschaft m. b.H., sondern als Firma "S*** Andrä" bzw. "Firma S*** A."
geführt. Insbesondere habe auch die Niederlassung der klagenden Partei in Innsbruck durch Rudolf P*** am 4.9.1978 das Unternehmen als "Firma Andrä S***" bezeichnet. Die klagende Partei habe am 9.2.1984 beim Handelsgericht Wien gegen "Andrä S***, Kaufmann, Maximilianstraße 25, 6020 Innsbruck" eine Klage über S 69.319,-- eingebracht, in welcher sie wie in der vorliegenden Klage behauptet habe, dem Beklagten dem Klagsbetrag entsprechend Waren geliefert zu haben. Der Beklagte habe in dieser Rechtssache am 8.3.1984 gegen sich ein Versäumungsurteil ergehen lassen und sodann am 29.1.1984 bzw. am 13.3.1984 den Hauptsachenbetrag bezahlt. Der Beklagte habe am 2.10.1984 S 112.530,-- bzw. S 51.752,-- auf Rechnungen, welche die klagende Partei an ihn ausgestellt habe, überwiesen und als Auftraggeber "Firma Andrä S***, Innsbruck" anführen lassen. Der Beklagte habe der klagenden Partei gegenüber nie darauf hingewiesen, daß deren Rechnungsadresse insoweit falsch sei, als ihr Vertragspartner eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nicht ein Einzelunternehmen sei. Er habe gesagt, daß man ihn bzw. seine "Firma" seit 25 Jahren nur unter "S***" kenne. Die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. unterhalte in Innsbruck, Maximilianstraße 25, ein Geschäftslokal mit der Aufschrift "R*** S*** E***-S***", an dessen beiden Schaufenstern jeweils die Aufschrift "R*** S***" angebracht sei; an der Eingangstür befinde sich die Anschrift "F*** R*** S*** Ges.m.b.H.". Ein weiteres Geschäftslokal habe die Gesellschaft in Innsbruck, Maximilianstraße 33. Dort sei kein Firmenschild vorhanden, doch befinde sich an der Tür die Aufschrift "R*** S***, Service, Werkstätte". Dieses Lokal habe zwei Auslagen, auf welchen sich jeweils die Aufschrift "R*** S***" befinde. Bis zum 15.4.1986 sei Josef T*** sieben Jahre hindurch im Bereich Tirol und Vorarlberg im Außendienst der klagenden Partei für Unterhaltungselektronik tätig gewesen. Diesem gegenüber habe der Beklagte jeweils die Bestellungen aufgegeben. Josef T*** sei die Aufschrift "F*** R*** S*** Ges.m.b.H." an der Eingangstür nie aufgefallen. Er habe den Beklagten zumeist im Lokal in der Maximilianstraße 33 aufgesucht und mit ihm nie über die rechtliche Organisation des Unternehmens gesprochen. Angesichts der Tatsache, daß der Beklagte Liegenschaftseigentum besitze, dessen hypothekarische Belastung deutlich unter dem Verkehrswert liege, sei es für die klagende Partei objektiv nicht gleichgültig gewesen, ob sie mit dem Beklagten persönlich oder mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung kontrahiere, zumal das Stammkapital der Gesellschaft zumindest Anfang der Achtzigerjahre nur S 100.000,-- betragen habe. Die klagende Partei habe über Bestellung des Beklagten der R*** S*** Gesellschaft m.b.H., ohne daß sie gewußt hätte, daß diese ihre Vertragspartnerin gewesen sei, zum Gesamtpreis von S 584.433,-- Waren geliefert; die hierüber ausgestellten Rechnungen seien im Zeitraum vom 1.2. bis 2.9.1985 zur Zahlung fällig geworden. Am 11.9. sowie am 10.10.1985 habe der Beklagte Beträge von S 40.000,-- bzw. S 20.000,-- akonto dieser Rechnungen bezahlt; diese Beträge habe ihm die klagende Partei auch gutgebracht. Der in Rechnung gestellte Preis und das auf den Rechnungen jeweils aufgedruckte Zahlungsziel hätten den Vereinbarungen entsprochen. Keine der in Rechnung gestellten Waren habe Mängel aufgewiesen.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, Kontrahent der klagenden Partei sei nicht der Beklagte, sondern die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. gewesen. Die Bestellungen seien im Rahmen ihres Unternehmensgegenstandes vom Beklagten als deren Geschäftsführer aufgegeben worden. Vertragspartner der klagenden Partei sei daher nicht der Beklagte, sondern der Unternehmensträger, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gewesen. Daneben bestehe aber eine persönliche Haftung des Beklagten auf Grund des von ihm geschaffenen Rechtsscheines. Lege der für den Unternehmensträger Handelnde dessen Haftungsbeschränkung nicht offen, hafte er auf Grund seines Handelns im eigenen Namen, sofern der Vertragspartner die Haftungsbeschränkung weder kannte oder kennen mußte noch diese ihm gleichgültig gewesen sei. Der Beklagte sei der klagenden Partei gegenüber immer als Einzelunternehmer aufgetreten. Es sei nicht erwiesen, daß der Beklagte auch nur ein einziges Mal auf die Rechtsformänderung ab 1966 hingewiesen habe. Der Beklagte habe seiner Beweislast dahin, daß die klagende Partei die Haftungsbeschränkung kannte und wußte, mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abzuschließen, oder dies hätte doch zumindest wissen müssen, somit nicht entsprochen. Der klagenden Partei falle auch nicht Fahrlässigkeit zur Last, weil sie bei einer angesehenen Auskunftei eine Bonitätsauskunft eingeholt habe. Es stehe auch fest, daß es für die klagende Partei objektiv nicht gleichgültig gewesen sei, ob sie mit dem Beklagten oder mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung kontrahiert habe. Eine wirtschaftliche Besserstellung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegenüber der Person des Beklagten habe sich im Verfahren nicht ergeben. Dieser hafte daher auch persönlich für die eingeklagten Verbindlichkeiten.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es übernahm dessen Feststellungen. Soweit der Beklagte auf seinem Standpunkt beharre, der klagenden Partei hätte es auffallen müssen, daß er namens der von ihm geleiteten Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehandelt habe, sei ihm entgegenzuhalten, daß die klagende Partei ohnedies eine Auskunft über den Beklagten persönlich und die von ihm als Geschäftsführer geleitete Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingeholt habe. Es sei nicht ersichtlich, welche weitere besondere Aufmerksamkeit sie noch hätte aufwenden sollen, um eine bereits 1966 erfolgte Änderung des Einzelunternehmens in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung festzustellen. Daß die Auskunft von D*** & B*** unrichtig sei, könne wohl nicht der klagenden Partei als Verschulden zugerechnet werden. Daß eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestanden habe, sei auf Grund der Auskunft bekannt gewesen, doch habe sich diese Gesellschaft nach der erteilten Auskunft nur mit Serviceleistungen beschäftigt. Den Handel mit Elektrogeräten habe hingegen der Beklagte der Auskunft entsprechend persönlich vorgenommen. Aus der Ablehnung der Konkurseröffnung könne nicht schlüssig abgeleitet werden, daß ein Einzelkaufmann sein Unternehmen aufgegeben habe. Soweit das Erstgericht aus den besonderen Umständen erschlossen habe, daß es der klagenden Partei nicht gleichgültig gewesen sei, ob sie nun mit dem Beklagten als Einzelkaufmann oder mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung kontrahierte, sei darin kein mit einer Rechtsrüge geltend zu machender Denkfehler zu erblicken. Von der in der Entscheidung JBl 1985, 616 vertretenen Ansicht über die Beweislastverteilung sei der Oberste Gerichtshof, soweit ersichtlich, nicht wieder abgegangen. Es bestehe daher keine Veranlassung, dieser Entscheidung, auf die sich das Ersturteil stütze, nicht zu folgen. Hügel gelange zwar in seiner Glosse zu der genannten Entscheidung zu einer anderen Beweislastverteilung, doch bedürfe es keiner Erörterung dieser Kritik, weil die klagende Partei bewiesen habe, daß der Beklagte nach Auskunft von D*** & B*** über ein größeres Vermögen als die Gesellschaft verfügt habe. Der vom Erstgericht daraus gezogene Schluß auf die besondere Interessenlage der klagenden Partei sei somit unbedenklich. Die vom Beklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt. Wie der erkennende Senat in seiner ausführlich begründeten Entscheidung SZ 57/198 = RdW 1985, 211 = JBl 1985, 616 mit - abgesehen von einer Beweislastfrage - zustimmender Glosse von Hügel unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung dargelegt hat, ist es wesentlicher Grundsatz des Stellvertretungsrechtes (Offenlegungsgrundsatz), daß, wer nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen muß. Legt der Vertreter daher nicht offen, daß er im Namen eines anderen handeln will, so kommt das Geschäft im eigenen Namen zustande. Einer Offenlegung der Stellvertretung (oder des organschaftlichen Handelns) bedarf es nur dann nicht, wenn der Geschäftspartner ohne weiteres oder doch aus den besonderen Umständen erkennen kann, daß der Vertreter nicht im eigenen Namen handeln will. Das trifft etwa auf das offene oder das verdeckte (echte) Geschäft für den, den es angeht (vgl. hiezu Welser, Vertretung ohne Vollmacht, 248 f; Koziol-Welser, Grundriß8 I 170 f), aber auch auf das unternehmensbezogene Geschäft zu. Ein solches ist anzunehmen, wenn der Handelnde offenkundig (d.i. erkennbar) im Namen eines bestimmten Unternehmens abschließt und damit den jeweiligen Unternehmensträger berechtigt und verpflichtet. Ist der Handelnde selbst Rechtsträger des Unternehmens, kontrahiert er im eigenen Namen, sonst hingegen schließt er im Namen des jeweiligen Unternehmensträgers ab. Demgemäß treten die Rechtswirkungen des Geschäftes bei der Kapitalgesellschaft ein, deren Organ der Handelnde ist, wenn nur der Abschluß für das Unternehmen offenkundig war. Auch im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Bestellungen im Rahmen des Unternehmensgegenstandes aufgegeben; die Rechnungen wurden an die "F*** S*** Andrä" ausgestellt. Die Vorinstanzen nahmen somit zutreffend an, daß nicht der Beklagte persönlich, sondern die R*** S*** Gesellschaft m.b.H. als Unternehmensträger Geschäftspartnerin der klagenden Partei war.
Rechtliche Beurteilung
Ebenso richtig haben die Vorinstanzen jedoch auch die persönliche Haftung des Beklagten auf Grund des von ihm geschaffenen Rechtsscheines angenommen. Nach der schon genannten Entscheidung, von welcher abzugehen der Senat keinen Anlaß findet, ist diese persönliche Haftung, die den Handelnden (Vertreter bzw. Organ) vor allem dann trifft, wenn er im geschäftlichen Verkehr eine Firmenbezeichnung wählt, welche die beschränkte Haftung des Unternehmensträgers nicht eindeutig zum Ausdruck bringt (vgl. Hügel aaO 617), nur dann auszuschließen, wenn der Geschäftspartner diese Haftungsbeschränkung entweder kannte oder kennen mußte oder aber die Beschränkung der Haftung des Unternehmensträgers bei Abschluß des Geschäftes für ihn ohne Bedeutung war, es dem Geschäftspartner also gar nicht daran ankam, ob der Besteller ein Einzelunternehmer oder eine Kapitalgesellschaft ist.
Die Richtigkeit dieser Grundsätze bezweifelt der Beklagte in seiner Revision nicht. Er wendet sich vielmehr zunächst gegen die Annahme der mangelnden Kenntnis bzw. der fahrlässigen Unkenntnis der wahren Unternehmensverhältnisse durch die klagende Partei. Daß insoweit den Beklagten die Beweislast trifft, ist einhellige Auffassung (SZ 57/198; SZ 53/138; SZ 51/102; Strasser in Rummel, ABGB, § 1002 Rz 50). Nicht erwiesen ist, daß der klagenden Partei die wahren Unternehmensverhältnisse bekannt waren; soweit dies der Beklagte auch noch in der Revision bezweifelt, ist sein Rechtsmittel im irrevisiblen Tatsachenbereich nicht weiter beachtlich (Fasching, Zivilprozeß Rz 1926).
Aber auch Umstände, derentwegen die klagende Partei ihre mangelnde Kenntnis selbst zu vertreten habe, hat der Beklagte nicht dargetan. So ist nicht erwiesen, daß er selbst die klagende Partei darüber aufgeklärt hat, Geschäftspartner sei nicht er, sondern die von ihm geleitete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, obwohl die klagende Partei alle Rechnungen auf ihn persönlich (mit dem geschäftsüblichen Zusatz "Firma") ausgestellt, Rechnungsbeträge gegen ihn persönlich eingeklagt, ein Versäumungsurteil gegen ihn erwirkt und den Urteilsbetrag von ihm bezahlt erhalten hatte. Auch die Einsicht in das Handelsregister hätte für die klagende Partei kein verläßliches Bild geboten, weil der Beklagte das von ihr angenommene Einzelunternehmen - wie auch tatsächlich bis zur Einstellung seines Gewerbebetriebes - als nicht protokolliertes Minderhandelsgewerbe betreiben hätte können. Diese Annahme mußte sich für die klagende Partei geradezu zur Gewißheit verdichten, als ihr ein die Annahme bestätigender Bericht einer bekannten Auskunftei zugekommen war. Es mag schon fraglich sein, ob die klagende Partei zu einer solchen Nachforschung angesichts des Verhaltens des Beklagten verpflichtet war; es hieße jedenfalls die kaufmännischen Sorgfaltspflichten überspannen, wollte man der klagenden Partei noch weitere Erkundigungspflichten aufbürden. Welche Hinweise auf die Unternehmensstrukturen ein vier Jahre vor der Auskunftserteilung eröffneter, über Rekurs jedoch wieder aufgehobener Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft hätte liefern sollen, führt der Beklagte in der Revision selbst nicht näher aus. Die Annahme, daß neben der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch noch ein Einzelunternehmen, auf das in der Auskunft ausdrücklich hingewiesen wird, bestehen konnte, wurde durch diese Tatsache jedenfalls nicht in Frage gestellt.
Auch soweit der Beklagte die Kausalität des festgestellten Rechtsscheines für die im Vertrauen auf dessen Richtigkeit getroffenen Dispositionen der klagenden Partei, für die Hügel aaO 618 mit Recht die Beweislast der klagenden Partei annimmt, weil es sich um Umstände handelt, die allein in ihrer Sphäre liegen und daher nur ihr bekannt und damit auch nur durch sie beweisbar sind (vgl. MietSlg. 34.560 mwN), bekämpft, wendet er sich in Wahrheit gegen die in dritter Instanz nicht mehr weiter anfechtbaren Tatsachenfeststellungen. Das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt (ON 35, S. 15), daß es für die klagende Partei nicht gleichgültig war, ob sie mit der Gesellschaft oder mit dem Beklagten persönlich abschloß. Diese Feststellung ist ebenso wie der von den Vorinstanzen daraus implizit gezogene Schluß, daß die klagende Partei die klagsgegenständlichen Geschäfte bei Kenntnis der beschränkten Haftung des Unternehmensträgers nicht geschlossen hätte, irrevisible Tatsachenfeststellung (SZ 57/198 mwN); diese Schlußfolgerung ist, wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, angesichts der festgestellten Bonitätsunterschiede keineswegs denkgesetzwidrig.
Da die Vorinstanzen somit zu Recht neben der Vertragshaftung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung anerkannten, daß der Beklagte kraft Rechtsscheines für die eingeklagten Forderungen einzustehen hat, ist der Revision der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E15361European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00636.88.0907.000Dokumentnummer
JJT_19880907_OGH0002_0010OB00636_8800000_000