TE OGH 1988/9/8 13Os59/88

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Veröffentlicht am 08.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Brustbauer (Berichtererstatter), Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Manquet als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef G*** und Anna G*** wegen des Finanzvergehens nach § 33 FinStrG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 13. Oktober 1987, GZ. 6 d Vr 7540/87-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, des Angeklagten Josef G*** und des Verteidigers Dr. Ploderer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Anna G*** und eines Vertreters des Finanzamts für den IX., XVIII. und XIX. Bezirk als Finanzstrafbehörde erster Instanz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Josef G*** und Anna G*** sind schuldig, sie haben

A. Josef G*** unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Abgabe unrichtiger, nicht sämtliche Erlöse ausweisender Voranmeldungen Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt und dies für gewiß gehalten und zwar:

1. vom 11.März 1973 bis 11.März 1974 für

die Monate Jänner bis Dezember 1973 um            72.945 S,

2. vom 11.März 1974 bis 11.März 1975 für

die Monate Jänner bis Dezember 1974 um            91.156 S,

3. vom 11.März 1975 bis 11.März 1976 für

die Monate Jänner bis Dezember 1975 um           100.311 S,

4. vom 11.März 1976 bis 11.März 1977 für

die Monate Jänner bis Dezember 1976 um           157.164 S,

5. vom 11.März 1977 bis 11.März 1978 für

die Monate Jänner bis Dezember 1977 um            98.266 S,

6. vom 11.März 1978 bis 11.März 1979 für

die Monate Jänner bis Dezember 1978 um           108.030 S,

7. vom 11.März 1979 bis 11.März 1980 für

die Monate Jänner bis Dezember 1979 um            78.634 S,

8. vom 11.März 1980 bis 11.März 1981 für

die Monate Jänner bis Dezember 1980 um           139.519 S,

9. vom 11.März 1981 bis 11.März 1982 für

die Monate Jänner bis Dezember 1981 um           117.899 S;

B. Anna G*** durch absprachegemäßes Vorgehen mit Josef G***, unrichtige Führung der Grundaufzeichnungen in dem ihr übertragenen Wirkungsbereich für Kantine, Buffet und Cafe-Volksoper sowie durch Bereitstellung ihres Gehaltskontos bei der Ö***

L*** zur Einzahlung nicht verbuchter Erlöse zur Ausführung des unter A bezeichneten Finanzvergehens des Josef G*** beigetragen. Josef G*** und Anna G*** haben auch hiedurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. begangen. Sie werden hiefür sowie für die aufrecht gebliebenen Schuldsprüche (§ 33 Abs. 1 und 2 lit. a und b FinStrG.) nach §§ 21 Abs. 1, 33 Abs. 5 FinStrG. zu einer Geldstrafe von

je 500.000 (fünfhunderttausend) Schilling verurteilt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils sieben Monaten. Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 2.Jänner 1938 geborene Kantineur Josef G*** und dessen

am 9.Oktober 1937 geborene, im Kantinen-Betrieb mittätige Ehegattin

Anna G*** wurden des Finanzvergehens der teils vollenendeten,

teils versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a

und b (§ 13) FinStrG., Anna G*** als Beteiligte nach

§ 11 FinStrG., schuldig erkannt. Hingegen wurden sie von der

weiteren Anklage, Josef G*** habe vom 11.März 1973 bis

11. März 1982 durch Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem

§ 21 UStG. entsprechenden Voranmeldungen, indem er unrichtige, nicht

sämtliche Erlöse ausweisende Voranmeldungen einreichte, allenfalls

solche Voranmeldungen überhaupt unterließ, eine Verkürzung einer

selbst zu berechnenden Abgabe, nämlich der Umsatzsteuervorauszahlung

in der Höhe von insgesamt 963.924 S bewirkt und dies nicht nur für

möglich, sondern für gewiß gehalten, Anna G*** in den Jahren 1972

bis 1983 (richtig: 1982) dazu beigetragen, gemäß § 259 Z. 3 StPO.

freigesprochen.

Diesen Freispruch ficht die Staatsanwaltschaft Wien mit einer

auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde

an, in der sie im wesentlichen die Ansicht des Erstgerichts, der

Unrechtsgehalt des Vergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. sei

durch den Schuldspruch nach § 33 Abs. 1 dieses Gesetzes wegen

Verkürzung der Umsatzsteuer abgegolten, als irrig rügt.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. sind Tatobjekt und geschütztes Rechtsgut die Umsatzsteuervorauszahlung, also die Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium, während § 33 Abs. 1 FinStrG. dem Schutz (u.a.) der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer selbst dient (siehe Fellner, Komm. z. FinStrG.4, Anm. 43 und 45 zu § 33; siehe auch § 33 Abs. 2 FinStrG.: "Der Abgabenhinterziehung macht sich weiters schuldig, ....."). Eine Steuereinnahme wird nicht nur dann verkürzt, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie - ganz oder teilweise - dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er darauf gesetzlich Anspruch hat (Sommergruber, Das Finanzstrafgesetz, 207, 213;

Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch P. 3 zu § 31 FinStrG., P. 9 zu § 33 FinstrG.). Abgesehen vom Unterschied in der Schuldform - § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. setzt Wissentlichkeit voraus, während nach § 33 Abs. 1 FinStrG. bedingter Vorsatz genügt - erschöpft sich die Bedeutung der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. nicht in der Vorbereitung der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG., denn durch die Verletzung der Verpflichtung zur Umsatzsteuervorauszahlung ist, wie soeben dargelegt, bereits die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingetreten (LSK. 1978/319). Die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 FinStrG. wird hingegen meist viel später bewirkt. Der Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. kann demgemäß mit jenem nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle echt real konkurrieren und wird nicht, wie das Erstgericht, einer früher auch vom Obersten Gerichtshof vertretenen (11 Os 110/76, 11 Os 193/76) Rechtsansicht folgend, meinte, durch dieses Delikt verdrängt (SSt. 53/10;

Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, ENr. 28 b zu § 33 FinStrG.). Gemäß § 21 Abs. 1 UStG. 1972 hat der Unternehmer binnen einem Kalendermonat und zehn Tagen nach dem Ablauf eines Kalendermonats (Voranmeldungszeitraum) eine Voranmeldung abzugeben, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Umsatzsteuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat, und innerhalb der selben Frist die Vorauszahlung zu entrichten. Für alle Abgaben, die - wie die Umsatzsteuervorauszahlungen - selbst zu berechnen sind, gilt, daß eine Abgabenverkürzung bewirkt ist, wenn die Abgabe ganz oder teilweise nicht entrichtet wurde (Legaldefinition im § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG.). Das bedeutet abermals, daß die Umsatzsteuervorauszahlung verkürzt und das Vergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. vollendet ist, wenn die Vorauszahlung nicht bis zum Fälligkeits-Zeitpunkt abgeführt wurde (EvBl. 1981/242). Die Angeklagten haben diesen Tatbestand nach den Urteilsfeststellungen nicht nur in objektiver, sondern auch in subjektiver Beziehung verwirklicht, weil sie wissentlich handelten (S. 228/II). Dabei genügt es, daß die Täter eine Abgabenverkürzung dem Grund nach für gewiß gehalten haben, mag sich deren Ausmaß auch erst nachträglich im Schätzungsweg ergeben haben (SSt. 53/10). Demgemäß gelangte das Erstgericht auch in dem gleichgelagerten Faktum II/a/ zu einem Schuldspruch nach dieser Gesetzesstelle. Das angefochtene Urteil war daher im freisprechenden Teil als nichtig (Z. 9 lit. a) sowie im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. sogleich in der Sache selbst zu erkennen. Bei der Strafbemessung waren das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie die Begehung der Straftaten über einen längeren Zeitraum erschwerend, das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit, die wesentliche Schadensgutmachung sowie der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, waren mildernd. Die Verkürzungsbeträge, das sind die sich aus den Summen der Nachforderungen bei den einzelnen hinterzogenen Abgaben ergebenden Zahllasten (EvBl. 1984/158: darum ist die schlichte Zusammenzählung der verkürzten Beträge aus dem unberührt gebliebenen und aus dem nunmehr in zweiter Instanz gefällten Schuldspruch unstatthaft) übersteigen nunmehr insgesamt 3,600.000 S bei weitem. Darnach erschienen die verhängten Geldstrafen tat- und tätergerecht. Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Anmerkung

E15116

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00059.88.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19880908_OGH0002_0130OS00059_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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