TE OGH 1988/9/13 4Ob355/86

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Veröffentlicht am 13.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U***

W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M*** Selbstbedienungs-Großhandel Gesellschaft m.b.H., Langenzersdorf, Wienerstraße 176-196, vertreten durch Dr. Viktor Wolczik und Dr. Alexander Knotek, Rechtsanwälte in Baden, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 220.000,-) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Februar 1986, GZ 1 R 239/85-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 9. September 1985, GZ 15 Cg 21/84-19, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird. Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 6.608,25 (darin S 600,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 9.848,25 (darin S 1.920,- Barauslagen und S 720,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte GmbH mit dem Sitz in Langenzersdorf betreibt den Großhandel mit Lebensmitteln und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs, darunter auch mit Pelzen und Pelzwaren. Sie versendet an die in ihre Kundenliste aufgenommenen Kunden - ausschließlich Wiederverkäufer und gewerbliche Verbraucher - regelmäßig alle 14 Tage in geschlossenen Kuverts die sogenannte "Metro-Post", um ihnen einen Überblick über das gesamte Angebot zu verschaffen; dabei wird den Kunden ein gewisser Anreiz durch reduzierte Preise geboten. Gemeinsam mit der "Metro-Post" verschickt die Beklagte - allerdings nicht regelmäßig - (ua) eine Beilage, in welcher unter der Überschrift "Metro-Superpreise" aus den einzelnen Warenbereichen einige Artikel zu besonders günstigen Preisen angeboten werden. Die "Metro-Post" und ihre Beilagen werden auch in den Verkaufsräumen der Beklagten aufgelegt, wo sie wiederum ausschließlich von registrierten Kunden an sich genommen werden können. Sowohl auf der "Metro-Post" als auch auf deren Beilagen ist jeweils die Gültigkeitsdauer der einzelnen Angebote angeführt. Die Beklagte führt insgesamt rund 40.000 verschiedene Artikel, die zahlreichen verschiedenen Warengruppen zugeordnet werden können. Bei der Preisauszeichnung in der "Metro-Post" und deren Beilagen stellt die Beklagte dem - in größeren Ziffern oder in roter Farbe gedruckten - Nettopreis jeweils den Brutto-Verkaufspreis - in Klammern und kleinerem Druck oder weißer Farbe - gegenüber. Bei den Non-Food-Artikeln sind die Nettopreise zum Teil durch bestimmte Symbole - einen hochgestellten Kreis für 32 % Umsatzsteuer oder ein hochgestelltes Sternchen für 20 % Umsatzsteuer - gekennzeichnet; für alle anderen, nicht besonders bezeichneten Artikel gilt ein Umsatzsteuersatz von 10 %. Die Bedeutung dieser Symbole und die Art der Preisauszeichnung sind den eingetragenen Kunden der Beklagten weitestgehend bekannt; ein Irrtum in der Richtung, daß es sich bei den in Klammern gesetzten Preisen um frühere "statt"-Preise handeln könnte, ist praktisch ausgeschlossen.

In der Mitte Februar 1984 zusammen mit der "Metro-Post" an die eingetragenen Kunden der Beklagten versendeten und in den Verkaufsräumlichkeiten ausgelegten Beilage mit der großgedruckten Überschrift "Metro-Superpreise" (Beilage G) wurde für die Zeit vom 25. Februar bis 9. März 1984 eine Sonderaktion angekündigt; dabei waren (ua) fünf Pelzmäntel und -jacken mit dem - relativ klein gedruckten - Begleittext "Viele tiefreduzierte Angebote aus unserer reichhaltigen Pelzabteilung" abgebildet. Bei diesen sehr günstig angebotenen Pelzwaren handelte es sich um einen Bruchteil des gesamten Pelzangebotes der Beklagten; das war dem angesprochenen Publikum zum überwiegenden Teil bekannt.

Für den Saisonschlußverkauf von Pelzen und Pelzwaren hatte die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich im offiziellen Kammerorgan "Niederösterreichische Wirtschaft" den Zeitraum vom 5. März bis zum 14. April 1984 festgesetzt. Die Beklagte nimmt laufend neue Kunden in ihre Kundenlisten auf; die Fluktuation ihres Kundenstocks entspricht der Fluktuation der Gewerbetreibenden. Jeder Unternehmer, der in den Geltungsbereich der Gewerbeordnung fällt, wird auf seinen Antrag als Kunde aufgenommen. Durch den beanstandeten Prospekt ist beim überwiegenden Teil der angesprochenen Verbraucherkreise nicht der Eindruck entstanden, daß es sich um die Ankündigung eines Sonderverkaufs oder eines Saisonschlußverkaufs handle.

Der klagende S*** G*** U*** W*** sieht in

dieser Sonderpreis-Aktion einen entgegen § 5 Abs 3 AusvG während der vierwöchigen Sperrfrist wirtschaftlich vorweggenommenen Abschnittsverkauf und damit einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG; er beantragt daher die Verurteilung der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in Vorwegnahme des von der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft gem. § 5 Abs 1 AusvG festgesetzten Saisonschlußverkaufstermins vier Wochen vor diesem Termin Sonderaktionen, Preisverbilligungen und/oder Preisgegenüberstellungen udgl. bekanntzumachen oder mitzuteilen; außerdem verlangt er die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in der "Presse", im "Kurier" und in der "Neuen Kronen-Zeitung".

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die in ihre Kundenliste eingetragenen Kunden seien mit der in der "Metro-Post" und deren Beilage seit Jahren gehandhabten Art der Preisauszeichnung (Gegenüberstellung von Brutto- und Nettopreisen) bestens vertraut; für sie sei der in Beilage G angekündigte Pelzwarenverkauf kein vorweggenommener Abschnittsverkauf, sondern ein auf 14 Tage befristeter, nur einen Bruchteil des jeweiligen Angebotes umfassender "Sonderverkauf anderer Art" im Sinne des § 1 Abs 2 AusvG, wie er von der Beklagten das ganze Jahr hindurch zu verschiedenen Zeiträumen immer wieder durchgeführt werde. Selbst wenn man aber einen Verstoß der Beklagten gegen das Ausverkaufsgesetz und damit gegen § 1 UWG annehmen wollte, wäre eine Veröffentlichung des Urteils in der "Metro-Post" als ausreichend anzusehen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Durch die beanstandete Ankündigung eines "Sonderverkaufs anderer Art" im Sinne des § 1 Abs 2, letzter Satz, AusvG habe schon deshalb nicht der Eindruck eines vorweggenommenen Abschnittsverkaufes (§ 5 Abs 3 AusvG) entstehen können, weil sie nur einen Teil des Pelzsortiments der Beklagten betroffen habe. Dieser Umstand sei den angesprochenen Kunden ebenso bekannt gewesen wie die Gewohnheit der Beklagten, in ihren Werbeschriften den Nettopreisen der einzelnen Artikel die jeweiligen Bruttopreise gegenüberzustellen.

Das Berufungsgericht untersagte der Beklagten, vier Wochen vor dem von der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft gem. § 5 Abs 1 AusvG festgesetzten Saisonschlußverkaufszeitraum in Vorwegnahme solcher Saisonschlußverkäufe Sonderaktionen, Preisverbilligungen udgl. für die von der maßgeblichen Verordnung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft betroffenen Warengruppen bekanntzugeben oder mitzuteilen; das Mehrbegehren, der Beklagten unter den gleichen Umständen auch die Bekanntmachung oder Mitteilung von Preisgegenüberstellungen zu verbieten, blieb abgewiesen. Das Berufungsgericht ermächtigte den Kläger, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten in der "Presse", im "Kurier" und in der "Neuen Kronen-Zeitung" zu veröffentlichen, und sprach aus, daß der Wert des von der Bestätigung betroffenen Streitgegenstandes S 60.000,- nicht übersteige, der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes hingegen S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteige und die Revision gem. § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Auf der Grundlage der unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen des Ersturteils sei die Berufung des Klägers größtenteils berechtigt: § 5 Abs 3 AusvG, wonach "Bekanntmachungen und Mitteilungen über Verkaufsveranstaltungen, die im Hinblick auf besondere Preisherabsetzungen, Preisgegenüberstellungen, Sonderaktionen odgl. an bestimmte Zeiträume gebundene Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe odgl. vorwegnehmen, für den Zeitraum von vier Wochen vor dem gem. Abs 1 festgesetzten Zeitraum verboten" sind, gelte ebenso wie für den Bereich des Versandhandels auch für den von der Beklagten betriebenen Großhandel, zumal sich auch hier die Kundenkreise zumindest insoweit überschneiden könnten, als gewerbliche Letztverbraucher auch im Einzelhandel als Abnehmer in Frage kämen. Ob ein Großhandelshaus mit einer Sonderpreisaktion den Gesamteindruck eines Saisonschlußverkaufes erweckt, sei rechtlich bedeutungslos, wenn es einen solchen Abschnittsverkauf nur in Wahrheit wirtschaftlich vorwegnehme; selbst wenn die Beklagte das ganze Jahr hindurch regelmäßig in Sonderaktionen Waren besonders preisgünstig verkaufe, sei sie doch in der jeweiligen Branche an das Ankündigungsverbot für die Sperrfrist gebunden. Auch solche "Sonderverkäufe anderer Art" seien geeignet, für ihre Dauer die Kaufkraft ganzer Bevölkerungsschichten, wenn schon nicht zu absorbieren, so doch zu konzentrieren und auf diese Weise die Wettbewerbsverhältnisse wesentlich zu beeinflussen; würden sie kurz vor dem Termin der termingebundenen Abschnittsverkäufe durchgeführt, dann bestehe die Gefahr, daß zumindest ein Teil der Kaufkraft der Bevölkerung bereits abgeschöpft wird und der betreffende Unternehmer den Wettbewerb wesentlich zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Solche Ankündigungen in der Sperrfrist müßten nicht mehr den Gesamteindruck eines termingebundenen Abschnittsverkaufes erwecken; vielmehr genüge - wie hier - eine Ankündigung, welche die wirtschaftliche Vorwegnahme einer solchen Veranstaltung bedeute. Da aber die Preisauszeichnungen der Beklagten nicht etwa Preisgegenüberstellungen im Sinne des § 5 Abs 3 AusvG seien, sondern von den angesprochenen Kunden praktisch ausschließlich als Ankündigung von - auffällig gehaltenen - Nettopreisen und - in Klammern gesetzten - Bruttopreisen verstanden würden, habe das vom Kläger angestrebte Verbot der Ankündigung von Sonderaktionen "durch Preisgegenüberstellungen" abgewiesen werden müssen. Die vom Kläger verlangte Urteilsveröffentlichung in drei führenden österreichischen Tageszeitungen sei im Interesse der Aufklärung des Publikums über den Gesetzesverstoß der Beklagten geboten.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem abändernden Teil von der Beklagten mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO bekämpft. Die Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der gänzlichen Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Beklagte gegen die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auffassung, daß auch ein Großhandelsunternehmen, das - wie die Beklagte - nur an Wiederverkäufer und gewerbliche Verbraucher verkauft, den Bestimmungen des Ausverkaufsgesetzes unterliege. Auf diese Frage braucht aber hier nicht weiter eingegangen zu werden, weil die dem Obersten Gerichtshof auch bei der zugelassenen (Grundsatz-)Revision obliegende Verpflichtung zur allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung (Petrasch, Das neue Revisions-!Rekurs- Recht, ÖJZ 1983, 169 ff !178 ) zeigt, daß dem Berufungsgericht bei der Beurteilung einer anderen Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) ein - in der Revision nicht

gerügter - Rechtsirrtum unterlaufen ist:

Das Berufungsgericht geht unter Hinweis auf F.Prunbauer (Die Novelle der Ausverkaufsverordnung BGBl 1982/642, RdW 1984, 162 ff) davon aus, daß es bei der Anwendung des § 5 Abs 3 AusvG nicht darauf ankomme, ob ein Unternehmen mit einer Sonderpreisaktion während der vierwöchigen Sperrfrist den Gesamteindruck eines Saisonschlußverkaufes erweckt, "wenn es diesen nur in Wahrheit wirtschaftlich vorwegnimmt"; auch bei einem kurz vor dem Termin des termingebundenen Abschnittsverkaufes angekündigten "Sonderverkauf anderer Art" im Sinne des § 1 Abs 2, letzter Satz, AusvG bestehe die Gefahr, "daß zumindest ein Teil der Kaufkraft der Bevölkerung bereits abgeschöpft wird und der die Sonderverkaufsveranstaltung ankündigende Unternehmer den Wettbewerb wesentlich zu seinen Gunsten beeinflussen kann" (F.Prunbauer aaO 164 ff). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen:

Gem. § 5 Abs 3 AusvG (in der Fassung des Art I Z 2 der Novelle BGBl 1982/642) sind Bekanntmachungen oder Mitteilungen über Verkaufsveranstaltungen, die im Hinblick auf besondere Preisherabsetzungen, Preisgegenüberstellungen, Sonderaktionen odgl. an bestimmte Zeiträume gebundene Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe odgl. vorwegnehmen, für den Zeitraum von vier Wochen vor den gem. Abs 1 - von der örtlich zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft - festgesetzten Zeiträumen verboten. Damit sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, daß die termingebundenen Abschnittsverkäufe im Sinne des § 5 AusvG schon seit Jahren von einzelnen Handelsunternehmen "durch Sonderverkäufe, die in Art und Weise der Ankündigung nach der Verkehrsauffassung einer zeitlichen Vorwegnahme der Abschnittsverkäufe gleichkommen" wirtschaftlich entwertet worden waren, was zu "unerträglichen Wettbewerbsverzerrungen zum Schaden gesetzestreuer Mitbewerber" geführt hatte (so der Bericht des Handelsausschusses zur Novelle 1982, 1341 BlgNR 15. GP). Der hier zum Ausdruck kommende Zweck der Neuregelung, vor allem aber der Hinweis des Ausschußberichtes auf die "Art und Weise der Ankündigung" und auf die "Verkehrsauffassung", lassen keinen Zweifel daran, daß der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Anwendung des neu geschaffenen § 5 Abs 3 AusvG nach den gleichen Grundsätzen beurteilt wissen wollte, wie sie die Rechtsprechung schon vor der Novelle 1982 zum Begriff des "vorweggenommenen Saisonschlußverkaufs" entwickelt hatte (so bereits ÖBl 1984, 79 = RdW 1984, 172; ebenso Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 101). Auch bei der Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Bekanntmachung oder Mitteilung "im Hinblick auf besondere Preisherabsetzungen, Preisgegenüberstellungen, Sonderaktionen odgl." im Sinne des § 5 Abs 3 AusvG als "Vorwegnahme" eines termingebundenen Abschnittsverkaufes anzusehen ist, muß also vom Gesamteindruck der Ankündigung auf den flüchtigen Durchschnittsinteressenten und nicht von dem Eindruck ausgegangen werden, den einzelne Teile der Ankündigung hervorrufen; auch hier ist der Beurteilung die Aufmachung und Gestaltung der Verkaufsveranstaltung in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legen und dabei auf die Auffassung eines zumindest nicht ganz unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen (ÖBl 1984, 79 = RdW 1984, 172 mwN; im gleichen Sinn ÖBl 1985, 163; ÖBl 1986, 49; ebenso Koppensteiner aaO 102).

Von dieser Rechtsansicht abzugehen, geben auch die Ausführungen F.Prunbauers keinen Anlaß: Die von ihm vertretene Auffassung, daß es nach § 5 Abs 3 AusvG auf den Gesamteindruck eines termingebundenen Abschnittsverkaufes nicht mehr ankomme, die von dieser Gesetzesstelle geforderte "wirtschaftliche Vorwegnahme" eines Abschnittsverkaufes vielmehr schon dann anzunehmen sei, wenn "in Sonderverkaufsveranstaltungen Ware zum besonders begünstigten und daher beschleunigten Verkauf angeboten wird", widerspricht dem Wortlaut des § 5 Abs 3 AusvG, welcher eine (zeitliche) "Vorwegnahme" des termingebundenen Abschnittsverkaufes durch bestimmte Bekanntmachungen und Mitteilungen innerhalb der Sperrfrist untersagt; sie ist auch mit dem aus dem Ausschußbericht (1341 BlgNR 15. GP) klar erkennbaren Regelungszweck des Gesetzes nicht zu vereinbaren, welcher nur solche Verkaufsveranstaltungen während der Sperrfrist verhindern will, die "in Art und Weise der Ankündigung nach der Verkehrsauffassung" einer solchen Vorwegnahme gleichkommen. Ein Verbot jeder Art von Sonderverkaufsveranstaltungen - also auch solcher, die das ganze Jahr hindurch durchgeführt werden, ohne nach ihrer Aufmachung und Gestaltung den Eindruck eines termingebundenen Abschnittsverkaufes zu erwecken - kann dem Gesetz jedenfalls nicht entnommen werden (ebenso Koppensteiner aaO 102, welcher in FN 213 mit Recht hervorhebt, daß das Ausverkaufsgesetz - anders als etwa § 7 dUWG - nach wie vor kein "Sonderveranstaltungsgesetz" ist). Das Gesetz regelt nicht die Zulässigkeit der Abhaltung von Abschnittsverkäufen, sondern die Zulässigkeit ihrer Ankündigung (ÖBl 1985, 160 mwN); auch das zeigt, daß die Frage einer "Vorwegnahme" solcher Veranstaltungen nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist.

Damit gewinnt aber die - vom Berufungsgericht ausdrücklich offengelassene - Folgefrage entscheidende Bedeutung, ob die in Beilage G angekündigte Pelz-Verkaufsaktion nach der Aufmachung und Gestaltung dieses Werbeprospektes bei den angesprochenen Kunden den Eindruck eines vorweggenommenen Abschnittsverkaufes erwecken konnte. Daß "beim überwiegenden Teil des Verbraucherkreises" ein solcher Eindruck nicht entstanden ist, haben die Vorinstanzen ausdrücklich festgestellt; nach Ansicht des erkennenden Senates ist aber auch dann, wenn man diese Frage - zu deren Beantwortung die Erfahrung des täglichen Lebens ausreicht - als Rechtsfrage beurteilt (ÖBl 1985, 105), die objektive Eignung der beanstandeten Ankündigung zu verneinen, einem irgendwie ins Gewicht fallenden Teil der angesprochenen Kundenkreise der Beklagten diese Vorstellung zu vermitteln:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen werden in den mit "Metro-Superpreise" überschriebenen, zusammen mit der 14-tägig erscheinenden "Metro-Post", wenngleich nicht regelmäßig, an die in der Kundenliste der Beklagten eingetragenen Kunden versendeten Werbeschriften jeweils einige Artikel aus den einzelnen Warenbereichen der Beklagten zu besonders günstigen Preisen angeboten. Auch der vierseitige Prospekt Beilage G ist nicht auf eine bestimmte Warengattung beschränkt; er enthält vielmehr - neben der hier beanstandeten Ankündigung von vier Pelzjacken und einem Pelzmantel - rund 30 weitere preisgünstige Angebote, welche (ua) Herrenmäntel und -hosen, Herrenhemden und Krawatten, Damenblusen, Schuhe, aber auch eine Schreibmaschine, ein Uhrenradio, Herren- und Damenarmbanduhren, verschiedene Einrichtungsgegenstände, einen Waschautomaten, ein Dampfbügeleisen sowie verschiedene Toilettartikel zum Gegenstand haben. Daß es sich bei den fünf abgebildeten Pelzmodellen nur um einen Bruchteil des gesamten Pelzsortiments der Beklagten handelt, ist dem angesprochenen Kundenkreis überwiegend bekannt; auch die Bedeutung der in Klammern gesetzten Preise ist ihm zumindest weitgehend bekannt, so daß auch in diesen "Preisgegenüberstellungen" kein Hinweis auf einen vorweggenommenen Saisonschlußverkauf zu sehen ist. Unter diesen Umständen ist aber auch der - nicht etwa besonders hervorgehobene, sondern in kleinen, kaum auffallenden Buchstaben gedruckte - Hinweis "Viele tiefreduzierte Angebote aus unserer reichhaltigen Pelzabteilung" nicht geeignet, bei den angesprochenen Kunden den Eindruck zu erwecken, die Beklagte habe bereits mit dem Pelzwaren-Saisonschlußverkauf begonnen; auch die - sonst häufig als Indiz für einen vorweggenommenen Abschnittsverkauf zu wertende - zeitliche Nähe der beanstandeten Aktion (vgl ÖBl 1983, 167; auch ÖBl 1982, 106 in ÖBl 1983, 108; Koppensteiner aaO 102) zu dem für die Zeit vom 5. März bis 15. April 1984 angekündigten "offiziellen" Abschnittsverkauf reicht im vorliegenden Fall nicht aus, den in Betracht kommenden Interessentenkreisen eine solche Vorstellung zu vermitteln. Die beanstandete Pelzverkaufsveranstaltung ist vielmehr, wie schon das Erstgericht richtig erkannt hat, ein "Sonderverkauf anderer Art" im Sinne des § 1 Abs 2 letzter Satz AusvG (s dazu ÖBl 1986, 49), welcher mangels der erforderlichen Eignung, den Eindruck eines vorweggenommenen Abschnittsverkaufs zu erwecken, nach § 5 Abs 3 AusvG nicht zu beanstanden ist.

Der Revision der Beklagten war daher Folge zu geben und in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Urteil des Erstgerichtes in vollem Umfang wiederherzustellen.

Die Verpflichtung des Klägers zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41, 43 Abs 2, § 50 ZPO.

Anmerkung

E15215

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00355.86.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19880913_OGH0002_0040OB00355_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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