Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Angst, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***-Schutzverband zur Förderung lauteren Wettbewerbs im In- und Ausland, Salzburg, Nonntaler-Hauptstraße 1, vertreten durch Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei "A***" Mineralölhandelsgesellschaft mbH, Wien 1., Schwedenplatz 2, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer und Dr. Martin Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 350.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. März 1988, GZ 2 R 253/87-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4. September 1987, GZ 37 Cg 425/86-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 11.901,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.081,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte kündigte in den "Salzburger Nachrichten" vom 15. November 1986 und in der "Tiroler Tageszeitung" vom 15./16. November 1986 folgendes an:
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Weitere derartige Einschaltungen sind nicht erfolgt. Mit der Behauptung, daß die Beklagte durch ihre oben wiedergegebenen Ankündigungen gegen § 11 c Abs 2 PreisG und damit gleichzeitig gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoßen habe, begehrt der klagende Verband, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort bei Werbeankündigungen in Österreich zu unterlassen, für ihre Warenangebote, insbesondere für Heizöl, Nettopreise anzukündigen, ohne auch den Bruttopreis in gleicher Schriftgröße wie den Nettopreis in dessen unmittelbarer Nähe anzugeben; außerdem stellt der Kläger ein Begehren auf Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils auf Kosten der Beklagten in je einer Ausgabe der "Salzburger Nachrichten" und der "Tiroler Tageszeitung", plaziert im Anzeigenteil mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt fettgedruckt geschriebenen Prozeßparteien (S 27). Weiters stellte der Kläger ein auf § 2 UWG gestütztes Eventualbegehren (S 26).
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ihre Preisankündigung verstoße zwar gegen § 11 c Abs 2 PreisG, nicht jedoch gegen § 1 UWG. "Heizöl leicht" werde in der Regel nur in größeren Anlagen und von vorsteuerabzugsberechtigten gewerblichen Abnehmern verwendet. Da im Inserat deutlich ausgewiesen worden sei, daß die Umsatzsteuer zusätzlich zu zahlen sei, habe niemand getäuscht werden und die Beklagte auch keinen unlauteren Wettbewerbsvorteil erlangen können. Die Beklagte sie bereit, einen Vergleich im Sinne des Unterlassungsbegehrens abzuschließen. An einer Urteilsveröffentlichung bestehe jedoch kein berechtigtes Interesse des Klägers, weil das angesprochene Käuferpublikum geschäftlich versiert sei und daher nicht habe in Irrtum geführt werden können.
Der Erstrichter gab dem Klage-(Haupt-)Begehren statt. Die Beklagte gestehe selbst zu, daß sie mit der beanstandeten Werbung gegen § 11 c Abs 2 PreisG verstoßen habe; eine solche Verletzung dieser Preisauszeichnungsvorschrift bilde aber zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG. Da die beanstandeten Inserate in Tageszeitungen veröffentlicht worden seien, könne von einem eingeschränkten, besonders fachkundigen Publikum nicht gesprochen werden. Auch Wiederholungsgefahr liege vor: Das Angebot, einen Unterlassungsvergleich abzuschließen, reiche nicht aus, weil der Kläger berechtigt sei, auch die Urteilsveröffentlichung zu begehren. Diese sei zur Aufklärung des angesprochenen Käuferpublikums notwendig und habe an der gleichen Stelle und auf die gleiche Art zu erfolgen wie die beanstandete wettbewerbswidrige Ankündigung. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Die Beklagte stelle selbst nicht in Abrede, daß sie die Preisauszeichnungspflicht des § 11 c Abs 2 PreisG verletzt habe. Der Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG setze - entgegen der Meinung der Beklagten - nur die Rechtswidrigkeit des beanstandeten Verhaltens und die Wiederholungsgefahr, nicht aber die Erlangung eines Wettbewerbsvorteils voraus. Die Bruttopreisauszeichnungspflicht (§ 11 c Abs 2 PreisG) diene den Zielen einer Sicherung der Preisvergleichsmöglichkeit und einer ausreichenden Information der Letztverbraucher über die Preise. So wie jede andere Ersichtlichmachung von Preisen, die es dem Kunden leicht möglich macht, den derzeit geforderten Preis jedes einzelnen zur Schau gestellten Sachgutes ohne Rückfragen im Geschäft zu ermitteln, dem Zweck der unter der gemeinsamen Überschrift "Ersichtlichmachung von Preisen" in den §§ 11, 11 a bis 11 c PreisG zusammengefaßten Bestimmungen entspreche, seien bei der öffentlichen Ankündigung eines Preises zur Erfüllung des beschriebenen Normzweckes (zumindest auch) die Bruttopreise anzugeben. Auch eine Verletzung dieser Pflicht für öffentliche Ankündigungen von Preisen widerstreite somit den für die Kaufentscheidung des Konsumenten bedeutsamen Zielen einer Sicherung der Preisvergleichsmöglichkeit und einer ausreichenden Information der Letztverbraucher über die Preise. Da die genannten Bestimmungen somit zweifellos auch die Lauterkeit des Wettbewerbes förderten, sei § 11 c Abs 2 PreisG demnach als wettbewerbsregelnde Norm anzusehen.
Daß der konkrete Verstoß der Beklagten sich auf diesen wettbewerbsregelnden Charakter der genannten Vorschrift bezogen habe, sei nicht zu bezweifeln. Die beanstandeten Inserate der Beklagten hätten nicht bloß einen durch bestimmte Merkmale gekennzeichneten, sondern - im Hinblick auf ihre Veröffentlichung in zwei Tageszeitungen - einen nicht weiter eingegrenzten Pesonenkreis erreichen können. Der Kreis der von der beanstandeten Ankündigung angesprochenen Personen sei nicht auf Gewerbetreibende oder andere an der Angabe von Bruttopreisen nicht interessierte Personengruppen eingeschränkt gewesen. Auch der Einwand, daß mit dem Inserat im Hinblick auf das angebotene Sachgut (Heizöl leicht) bloß vorsteuerabzugsberechtigte Interessenten angesprochen würden, sei nicht berechtigt, da die Beklagte selbst habe zugestehen müssen, daß "die Mindestverwendung" dieses Produktes "diejenige in einem Einfamilienhaus" sei; daß die Eigentümer von Einfamilienhäusern "mit den Nettopreisen vertraut" seien, könne aber nicht gesagt werden. Die Beklagte habe demnach sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG gehandelt. Auch die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen. Die Beklagte habe nicht einmal zweifelsfrei den Abschluß eines gerichtlichen vollstreckbaren Vergleiches angeboten; jedenfalls habe sich ihr Angebot nur auf den Unterlassungs-, nicht aber auf den Veröffentlichungsanspruch bezogen. Darüber hinaus habe die Beklagte mit ihrem Widerruf des vor dem Erstgericht am 4. März 1987 bedingt abgeschlossenen Vergleiches dessen Wirksamwerden und den damit verbundenen Eintritt seiner Vollstreckbarkeit selbst verhindert. Die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens werde in der Berufung nicht mehr in Zweifel gezogen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, daß sie zwar gegen
§ 11 c Abs 2 PreisG 1976 BGBl. 260 idF BGBl. 1984/265 - wonach in
die gemäß Abs 1 dieser Bestimmung oder freiwillig ersichtlich
gemachten sowie in die öffentlich angekündigten Preise die
Umsatzsteuer und sonstigen Abgaben einzubeziehen sind -, nicht aber
gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen habe. Ihre
Ausführungen sind indes nicht stichhältig:
Ob die Beklagte bewußt in der Absicht gehandelt hat, sich durch
die Gesetzesverletzung einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, ist
rechtlich unerheblich; nach § 1 UWG kommt es nur auf die subjektiv
vorwerfbare - also gegebenenfalls auch nur fahrlässige - Mißachtung einer gesetzlichen Vorschrift und nicht auch darauf an, ob sich der Handelnde dieser Unlauterkeit seines Verhaltens bewußt war (SZ 11/49; SZ 56/2 mwN). Daß sie mit gutem Grund die Rechtsauffassung vertreten hätte, die von ihr gewählte Art der Preisankündigung sei gesetzlich zulässig, hat die Beklagte gar nicht geltend gemacht. Die Verletzung der Bruttopreisauszeichnungspflicht ist aber - entgegen der Meinung der Beklagten - auch durchaus geeignet, einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, fällt doch dem flüchtigen Betrachter einer solchen Preisangabe nur der (geringere) Nettopreis ins Auge. Das trifft gerade auf die Inserate der Beklagten zu, weil dort der (Netto-)Preis von 2,58 S blickfangartig mit fettgedruckten großen Ziffern dargestellt war, der Zusatz "+ MWSt" aber unterhalb davon in wesentlich geringerer Größe aufgeschienen ist. Damit konnte durchaus der Eindruck entstehen, die Beklagte verlange tatsächlich für Heizöl leicht nur "ab S 2,58" je Liter. Aber auch derjenige, dem der Zusatz "+ MWSt" aufgefallen ist, konnte daraus noch nicht unbedingt den tatsächlichen Preis errechnen, weil der Mehrwertsteuersatz für "Heizöl leicht" gewiß nicht jedem potentiellen Bezieher dieses Produktes bekannt ist. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend hervorgehoben hat, richtet sich das Inserat keineswegs nur an Unternehmer, sondern auch an Konsumenten, die - wie häufig Eigentümer eines Einfamilienhauses - keine geschäftlichen und steuerrechtlichen Kenntnisse haben. Die Angabe nur des Nettopreises war demnach in höchstem Maße geeignet, den Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit zu erwecken. Hat sich die Beklagte sohin über Vorschriften des Preisgesetzes hinweggesetzt und damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen, nur die Bruttopreise anführenden Mitbewerbern erlangt, so hat sie gegen § 1 UWG verstoßen. Von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Selbst wenn man das - nicht ganz deutliche - Vorbringen der Beklagten in ihrer Klagebeantwortung als Angebot, mit dem Kläger einen vollstreckbaren Vergleich über ihre Unterlassungsverpflichtung zu schließen, verstehen will, ist doch für die Beklagte daraus nichts zu gewinnen. Wird nämlich - wie hier - neben einem Unterlassungsbegehren berechtigterweise auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs 3 UWG begehrt, dann ist das Angebot des Beklagten, einen gerichtlichen Vergleich nur mit der Verpflichtung zur Unterlassung abzuschließen, nicht geeignet, die Gefahr einer Wiederholung des beanstandeten Gesetzesverstoßes auszuschließen, kann doch in diesem Fall nicht gesagt werden, daß ein derartiger Vergleich dem Kläger die gleiche Sicherheit bieten würde wie ein gerichtlicher Unterlassungsbefehl; der Abschluß eines solchen Vergleiches hätte nämlich den Verlust der zur Sicherung des Unterlassungsgebotes bestimmten Urteilsveröffentlichung zur Folge (SZ 52/94). Das bloße Eingeständnis des Verstoßes gegen § 11 c Abs 2 PreisG bietet keinerlei Gewähr dafür, daß die Beklagte - zumal sie die Lauterkeit ihres Vorgehens weiterhin behauptet - in Zukunft nicht abermals die Bruttopreisauszeichnungspflicht verletzen könnte.
Die Revision mußte mithin erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E15208European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00059.88.0913.000Dokumentnummer
JJT_19880913_OGH0002_0040OB00059_8800000_000