Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Kellner sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely (Arbeitgeber) und Rudolf Hundstorfer (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria W***,
4162 Julbach 125, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER
A***, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Hilflosenzuschusses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 1988, GZ 13 Rs 33/88-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7.Dezember 1987, GZ 15 Cgs 5031/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Gewährung eines Hilflosenzuschusses im gesetzlichen Ausmaß ab 1.März 1987 ab. Es stellte fest, daß die am 31.Jänner 1912 geborene Klägerin zum Besteigen und Verlassen einer Sitzbadewanne und zum Duschen, zum Holzmachen und Herbeischaffen des Brennmaterials aus dem Vorratsraum und zum Waschen der Großwäsche fremde Hilfe benötigt. Ein täglicher Einkaufsweg zum nächsten Kaufmann ist ihr nur in Einzelfällen möglich. Die übrigen notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens kann die Klägerin bewältigen.
Da die Klägerin die täglich erforderlichen Verrichtungen selbst vornehmen könne und nur für aufschiebbare Verrichtungen fremder Hilfe bedürfe, sei sie nicht hilflos im Sinne des § 105 a ASVG. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Nach Darlegung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Hilflosenzuschusses (SSV-NF 1/46; JBl. 1988, 64) führte es aus, daß die Klägerin nur zu Verrichtungen, die in mehr oder weniger großen Zeitabständen erforderlich seien, fremder Hilfe bedürfe. Dies gelte nicht nur für das Baden oder Duschen, sondern wegen der heute üblichen Ausstattung der Haushalte mit Kühlschränken auch für das Einkaufen. Brennmaterial wiederum müsse nur in der Heizperiode herbeigeschafft werden. Berücksichtige man die Mindesthöhe des Hilflosenzuschusses von rund S 2.800 monatlich, so sei auszuschließen, daß die Kosten für die Inanspruchnahme fremder Hilfe diesen Betrag erreichten.
Rechtliche Beurteilung
Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision der Klägerin kommt keine Berechtigung zu.
Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes sind zutreffend (§ 48 ASGG). Nach dem Sachverständigengutachten ist die Klägerin zur Ganzkörperreinigung in der Lage, nur zum Besteigen einer Sitzbadewanne oder zum Duschen benötigt sie fremde Hilfe. Die Unfähigkeit, lebensnotwendige Verrichtungen selbst auszuführen, kann nur in dem Umfang Hilflosigkeit im Sinne des § 105 a ASVG begründen, als der Ausfall der erforderlichen Wartung und Hilfe dazu führen würde, daß der Rentner oder Pensionist in absehbarer Zeit sterben oder verkommen oder gesundheitliche Schäden erleiden würde. Unabhängig davon, ob baden und duschen nicht durch eine auf eine andere Weise vorgenommene gründliche Reinigung des gesamten Körpers ersetzt werden kann und daher nicht zu den lebensnotwendigen Verrichtungen zählt, kann unter dem angeführten
Gesichtspunkt - abgesehen von einer allfälligen medizinischen Notwendigkeit - jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß der Pensionist täglich baden oder duschen muß (10 Ob S 146/87). Brennholz wird auch in schon gebrauchsfertiger, geschnittener Form geliefert und üblicherweise ohne besondere Mehrkosten zugestellt. Im Hinblick auf die Ausstattung des Haushaltes mit einem Kühlschrank kann mit einem Einkauf zwei- bis dreimal wöchentlich, welcher einen geringen Zeitaufwand erfordert, das Auslangen gefunden werden. Die grobe Wohnungsreinigung und das Waschen der Großwäsche (das nur dann nicht bewältigt werden kann, wenn keine Waschmaschine vorhanden ist) sind nur in größeren Zeitabständen erforderlich.
Das Berufungsgericht ist daher zu Recht zu dem Schluß gekommen, daß die Kosten, welche die Klägerin für fremde Hilfe aufzuwenden hat, die Höhe des Mindesthilflosenzuschusses jedenfalls nicht erreichen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG.
Anmerkung
E15288European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00186.88.0920.000Dokumentnummer
JJT_19880920_OGH0002_010OBS00186_8800000_000