TE OGH 1988/9/22 13Os124/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Manquet als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann L*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengerichts vom 30.Juni 1988, GZ 19 Vr 238/88-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Der am 25.Juli 1946 geborene Frührentner Johann L*** ist des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. (1) und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 StGB. (2) schuldig erkannt worden. Darnach hat er im Dezember 1987 bzw. im Jänner 1988 in Wienerbruck seinen am 5.Februar 1975 geborenen leiblichen Sohn Rudolf L*** dadurch auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, daß er sein gesteiftes Glied in den After des Knaben einzuführen trachtete (1); dadurch hat er zugleich sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht (2).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte aus § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge greift zwei die zeitliche Einordnung der Tat betreffende Ungereimtheiten aus den Depositionen des Rudolf L*** vor der Gendarmerie auf, die indes schon im Urteil Gegenstand eingehender Erörterungen waren (S. 239 f.). Das Gericht hat diese "Widersprüchlichkeiten" (S. 239) als objektiv unrichtig beurteilt, sie hauptsächlich auf die geistige Beschränktheit des Rudolf L*** zurückgeführt und dazu beweiswürdigend auch noch psychologische Überlegungen angestellt (S. 240). Eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe liegt demnach zu diesen ausdrücklich relevierten Punkten nicht vor.

Wenn die Beschwerde aber aus

diesen - unwesentlichen - Verschiedenheiten in den Bekundungen des Rudolf L*** und aus dessen geistiger Beschränktheit, wie sie insbesondere in Verbindung mit dessen Aufregung in der Hauptverhandlung zutrage trat (S. 220 f., 239 f.), die Eignung seiner den Angeklagten belastenden Depositionen zur verläßlichen Erkenntnisgrundlage bezweifelt, bekämpft sie insoweit nur unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung, die sich übrigens nicht nur auf diese Aussage stützt. Wurden doch auch die Art, wie die Verfehlungen aufkamen, die beharrliche Weigerung des Rudolf L*** durch mehr als ein Jahr, seinen Vater zu besuchen und die (teilweise auch durch ein früheres Strafverfahren erwiesene) "vollkommene sexuelle Hemmungslosigkeit" des Angeklagten (S. 238) als weitere Überzeugungsgrundlagen herangezogen.

Zudem wurden mit der Sozialarbeiterin Helga K*** und dem Gendarmeriebeamten Josef B*** (S. 229-S. 232) auch jene Zeugen gehört, in deren Gegenwart Rudolf L***, der sich in der Hauptverhandlung des Zeugnisses entschlug, vor der Gendarmerie seine den Angeklagten belastenden Angaben (S. 43 ff.) gemacht hatte (S. 45). Diese Gendarmerieangaben des Rudolf L*** wurden auf solche Weise durch Überprüfung der Begleitumstände, unter denen sie zustandegekommen sind, im Interesse der Wahrheitsfindung der bei einem indirekten Beweismittel gebotenen besonderen Kontrolle unterzogen (EvBl 1988/89). Darüber hinaus war das Gericht zu einer amtswegigen "Überprüfung des Wahrheitsgehaltes dieser Beschuldigungen durch einen Sachverständigen aus dem Gebiete der Jugendpsychiatrie" (S. 250) - ein darauf abzielender Antrag ist in der Hauptverhandlung nicht gestellt worden - nicht gehalten. Hat es doch die geistige Beschränktheit des Rudolf L*** in Befragung der Zeugen K*** und B*** besonders berücksichtigt und auf sie bei der Beurteilung der Aussagefähigkeit des Knaben erkennbar Bedacht genommen. Im übrigen hätte der minderjährige Rudolf L*** nur mit der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (statt des Vaters eines Kollisionskurators: § 271 abGB.) psychiatriert werden dürfen (SSt. 29/85, SSt. 49/55, LSK. 1976/151 u. a., zuletzt 13 Os 68/88).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z. 2 StPO.). Über die des weiteren gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO.).

Anmerkung

E15124

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00124.88.0922.000

Dokumentnummer

JJT_19880922_OGH0002_0130OS00124_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten