Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Mayr (Arbeitgeber) und Dr. Renate Klenner (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann P***, Weinberg 4, 4710 Schlüsslberg, vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach, Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagte Partei A*** U***,
Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Mai 1988, GZ. 12 Rs 33/88-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 22. Dezember 1987, GZ. 25 Cgs 37/87-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auf Zuerkennung einer Versehrtenrente von 20 % der Vollrente aus Anlaß des Arbeitsunfalles vom 19.September 1985 ab, weil keine unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege.
Mit mündlich verkündetem Beschluß vom 9.Juni 1987 wies es den Antrag des Klägers auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Gottfried P*** zurück und behielt die Begründung des Beschlusses der Urteilsausfertigung vor. In dieser wird ausgeführt, der Ablehnungsantrag sei zu verwerfen gewesen, weil keine Ablehnungsgründe im Sinne des § 355 Abs.1 ZPO glaubhaft gemacht werden konnten und kein zureichender Grund vorliege, die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers keine Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln. In Erledigung der "Beweisrüge" in der Berufung, welche sich darin erschöpft, die Zurückweisung des Ablehnungsantrages zu bekämpfen, inhaltlich somit keine Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes darstellte, sondern gegen dessen im Urteil begründeten Beschluß vom 9.Juni 1987 gerichtet war (§§ 366, 515 ZPO), führte das Berufungsgericht aus, der Ablehnungsantrag sei verspätet vorgetragen worden, sodaß auf die angebliche Befangenheit des Sachverständigen nicht Bedacht genommen werden könne.
In seiner Revision macht der Kläger Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Rechtliche Beurteilung
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens werden nur angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz gerügt, deren Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat. Solche Mängel können mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (JBl. 1988, 196).
In der Rechtsrüge - eine solche wurde in der Berufung nicht erhoben, sodaß diese in der Revision nicht mehr nachgetragen werden könnte (SSV-NF 1/28) -, wendet sich der Rekurswerber lediglich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Ablehnungsantrag sei verspätet gestellt worden, bekämpft also in Wahrheit nur die bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Ablehnung des Sachverständigen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht dazu ausgeführt, aus § 355 ZPO ergebe sich, daß die Ablehnung eines Sachverständigen sofort vorgetragen werden müsse und verspätete Ablehnungsanträge zurückzuweisen sind (vgl. Fasching III, 489). Die Ablehnung soll noch vor der Beweisaufnahmetagsatzung für das mündliche Gutachten, bei schriftlicher Gutachtenserstattung noch vor Überreichung des Gutachtens unter Anführung der Gründe bei Gericht erklärt werden, das den Sachverständigen bestellt hat. Später kann eine Ablehnung nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines für sie unübersteiglichen Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte. Dies bedeutet aber, daß auch in jenen Fällen, in denen der behauptete Ablehnungsgrund sich erst aus dem erstatteten Gutachten ergibt, die Ablehnungserklärung bei der ersten möglichen Gelegenheit erfolgen muß, sonst ist sie verspätet. Die klagende Partei erlangte bereits mit der Zustellung des ersten Ergänzungsgutachtens von dem angeblichen Ablehnungsgrund Kenntnis, sie hätte daher schon mit ihrem Schriftsatz vom 26.Mai 1987 (ON 19) die Ablehnungserklärung verbinden können. Noch in der mündlichen Streitverhandlung vom 9. Juni 1987 wurde der Ablehnungsantrag nicht vor Eingehen in die Verhandlung, sondern erst nach Neudurchführung des Verfahrens, Verlesung des Sachverständigengutachtens, Vorlage weiterer Beweismittel und ergänzender Antragstellung beider Parteien, daher jedenfalls verspätet, gestellt.
Der Revision des Klägers mußte daher auch in diesem Punkt ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG.
Anmerkung
E15539European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00249.88.0927.000Dokumentnummer
JJT_19880927_OGH0002_010OBS00249_8800000_000