Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** I***-, W***- UND S*** MBH, Klagenfurt, St. Veiterring 22, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1.) Paul G***, Pensionist, 2.) Cäcilia G***, Hausfrau, beide Klagenfurt, Fischlstraße 15, beide vertreten durch Dr. Manfred Haslinglehner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 60.540,-- samt Anhang infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 26. Februar 1988, GZ 1 R 40/88-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 25. Mai 1987, GZ 7 C 5010/86i-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung:
Das Haus Klagenfurt, Fischlstraße 15 steht im Miteigentum. Mit den Miteigentumsanteilen ist untrennbar das Wohnungseigentum an einzelnen Wohnungen und Garagen verbunden. Den Beklagten steht als Ehegatten je zur Hälfte das gemeinsame Wohnungseigentum an einer Wohnung sowie an zwei Garagen in diesem Haus zu.
Weil die Beklagten keine Akontierungen zur Abdeckung der laufenden Aufwendungen auf die Liegenschaft leisten, begehrte die klagende Partei mit der am 15. Dezember 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage die Verurteilung der Beklagten zur Leistung monatlicher Vorauszahlungen von S 3.545,-
- für die Wohnung und von je S 111,-- für die Garagen, insgesamt also S 45.204,-- für das Jahr 1986 samt gestaffelten Zinsen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. Mai 1987 dehnte sie ihr Klagebegehren um nicht geleistete Akontierungen für die Zeit von Jänner bis April 1987 von monatlich je S 3.606,-- für die Wohnung und je S 114,-- für die Garagen auf S 57.856,-- samt gestaffelten Zinsen aus. Bei richtiger Addition errechnet sich allerdings der Betrag von S 60.540,--. Wegen des grob schuldhaften Zahlungsverzuges der Beklagten sei die klagende Partei gezwungen gewesen, einen Kredit aufzunehmen, der sie mit monatlich 8,75 % Zinsen zuzüglich Umsatzsteuer belaste, sodaß diese Zinsen aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht würden.
Die Beklagten beantragten Klageabweisung und wendeten, soweit dies im Revisionsverfahren von Bedeutung ist, ein: Sie schuldeten der klagenden Partei keinerlei Akontierungen, weil die klagende Partei zufolge Kündigung der Verwaltungsvollmacht durch die Mehrheit der Miteigentümer zum 31. Dezember 1981 bzw. durch Kündigung des zwischen den Streitteilen im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag, also durch Einzelvertrag, begründeten und daher jederzeit kündbaren Vollmachtsverhältnisses nicht mehr Verwalterin sei. Schon deshalb gebühre der klagenden Partei auch nicht das in den begehrten Akontobeträgen enthaltene Verwaltungshonorar. Dem in den eingeklagten Akontierungen enthaltenen Betrag zur Dotierung der Rücklage fehle der Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer als hiefür notwendige Rechtsgrundlage. Soweit die von der klagenden Partei vorgeschriebenen Akontozahlungen zur Begleichung der Darlehensraten und Rechnungen dienen sollten, sei darauf hinzuweisen, daß sich die klagende Partei zu Unrecht weigere, dafür zu sorgen, daß die Rechnungen auf den Namen der Miteigentümer lauten, die Zahlungen namens der Miteigentümer geleistet werden und überhaupt der mit der Verwaltung verbundene Zahlungsverkehr im Namen der Miteigentümer über eigene Konten der Miteigentümer abgewickelt wird. Die begehrten Akontierungen seien überhöht; die monatlichen Vorschreibungen für 1986 seien gegenüber 1985 um S 164,-- hinaufgesetzt worden, obgleich die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für 1985 ein Guthaben von S 140.000,-- ergeben habe. Schließlich mangle es an der Überprüfbarkeit der Angemessenheit und an der Fälligkeit der eingeklagten Akontierungen, weil die klagende Partei bisher noch keine ordentliche Rechnung im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 1 WEG gelegt habe.
Das Erstgericht gab der Klage - von der Abweisung eines Teiles der von den Zinsen begehrten Umsatzsteuer abgesehen - statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die klagende Partei ist Verwalterin der klagsgegenständlichen Wohnungsanlage. Die Beklagten haben zwar zu Msch 22/86 des Bezirksgerichtes Klagenfurt den Antrag auf Abberufung des Verwalters wegen grober Pflichtverletzung nach § 18 Abs. 1 Z 3 WEG gestellt, doch liegt noch keine rechtskräftige Entscheidung darüber vor. In dieser Verwaltereigenschaft ist die klagende Partei nach dem Willen der Miteigentümer berechtigt und verpflichtet, zur Abdeckung der lauf nden Aufwendungen auf diese Liegenschaft gleichbleibende monatliche Vorauszahlungen gemäß einer Kostenvorschau zur Vorschreibung zu bringen.
Im Dezember 1985 erstellte die klagende Partei für die Wohnhausanlage Fischlstraße 15 eine Jahresvtrausschau über die im Jahr 1986 voraussichtlich anfallenden Kosten, die sie in die Abschnitte 1. Erhaltungarbeiten, 2. Verbesserungsarbeiten und 3. Laufende Kosten aufgliederte. Den Abschnitt Erhaltungsarbeiten gliederte die klagende Partei in die Reparatur des Putzes mit S 40.000,-- und in Arbeiten nach Bedarf und Beschluß der Wohnungseigentumsgemeinschaft mit S 20.000,-- auf und erklärte, diese Arbeiten aus dem Instandhaltungskonto decken zu wollen. Für Verbesserungsarbeiten wurden keine Ausgaben vorgesehen. Die für die Berechnung der Akontierungen entscheidenden laufenden Kosten gliederte die klagende Partei in den Annuitätendienst für das Landesdarlehen mit S 252.360,--, den Annuitätendienst für das Kapitalmarktdarlehen abzüglich des Annuitätenzuschusses mit S 528.380,--, in Instandhaltungsbeiträge von S 155.582,35, Verwaltungskosten von S 135.706,45, Betriebskosten von S 748.500,--, Heizkosten von S 607.400,-- und Warmwasserkosten von S 189.100,-- auf. Diese Vorausschau wurde im Dezember 1985 in den beiden Stiegenhäusern des Objektes Fischlstraße 15 ausgehängt und war damit jedermann zugänglich.
Auf der Vorausschau fußend wurden den Beklagten für 1986 monatliche Akontierungen in Höhe von S 3.545,-- für die Wohnung und je S 111,-- für jede der dieser Wohnung zugeordneten Garagen vorgeschrieben. Die klagende Partei begehrte zugleich Vorauszahlung bis zum jeweils 5. eines jeden Monats.
Im Dezember 1986 erstellte die klagende Partei für das Jahr 1987 eine Vorausschau, die in ihren für die Akontierung wesentlichen Abschnitten die gleichen Ansätze enthält wie die Vorausschau für 1986. Nur der Annuitätendienst für das Kapitalmarktdarlehen ist um S 39.222,-- höher angesetzt, weil der Annuitätenzuschuß um diesen Betrag gekürzt wurde; die Verwaltungskosten sind um S 5.693,55, etwa 4 %, erhöht. Auch die Vorausschau für 1987 wurde in den Stiegenhäusern ausgehängt.
Entsprechend dieser Vorausschau begehrte die klagende Partei von den Beklagten nun monatliche Akontierungen in Höhe von S 3.606,-- für die Wohnung und je S 114,-- für die Garagen.
Die Beklagten haben die Akontierungszahlungen für den Zeitraum Jänner 1986 bis einschließlich April 1987 trotz Mahnung nicht geleistet, weshalb der Betrag von S 60.540,-- aushaftet. Die Beklagten haben schon zu einem früheren Zeitpunkt ihre Zahlungen eingestellt, doch ist darüber bereits entschieden worden (Verfahren zu 7 C 66/82, 7 C 137/85, 7 C 178/85 und 7 C 611/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt). In diesen Verfahren wurden die Modalitäten der Abrechnung und die ordnungsgemäße Erstellung der Vorausschau überprüft und nicht beanstandet.
Da die Beklagten keinerlei Zahlungen mehr leisteten, war die klagende Partei gezwungen, einen Kredit aufzunehmen, um den mit der Ausübung der Verwaltungstätigkeit verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Die Zinsen hiefür betragen 9,5 % p.a. Ein (ausdrücklicher) Mehrheitsbeschluß zur Bildung einer Rücklage wurde von der Wohnungseigentümergemeinschaft nie gefaßt. Die klagende Partei hat aber als Verwalterin vom Beginn ihrer Tätigkeit an stets Akontierungen für die Bildung einer Rücklage eingehoben.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus:
Es sei davon auszugehen, daß die klagende Partei "mittels Kaufvertrages" seit Bestehen der Eigentumswohnungsanlage zur Verwaltungsführung berechtigt und verpflichtet worden und eine Abberufung durch die Mehrheit oder durch Gerichtsbeschluß nicht erfolgt sei. Eine Bestellung des Verwalters durch Vertrag mit allen Miteigentümern einzeln sei, insbesondere auch schon in der Gründungsphase der Wohnungseigentumsgemeinschaft, möglich (MietSlg. 32.492). Gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 WEG sei der Verwalter, mithin die klagende Partei, verpflichtet, spätestens vor Ablauf des Kalenderjahres im Haus eine Vorausschau über die Ausgaben im nächsten Jahr bekanntzugeben. Er sei daher auch berechtigt, entsprechende Akontozahlungen monatlich im voraus zu verlangen und die Abrechnung nachträglich vorzunehmen. Die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1985 sei ordnungsgemäß erstellt, ebenso eine entsprechende Vorausschau für die Jahre 1986 und 1987 jeweils zeitgerecht den Wohnungseigentümern zur Kenntnis gebracht worden. Die Akontierungen seien daher grundsätzlich fällig. Da die klagende Partei weder von der Mehrheit der Wohnungseigentümer aufgekündigt noch durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung enthoben sei, gehe das Vorbringen der Beklagten, sie müßten für eine "widerrechtlich aufgezwungene Geschäftsführung" keine Verwaltungskosten zahlen, völlig ins Leere. Dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage stehe über § 837 ABGB hinaus im Außenverhältnis die umfassende Vertretungsbefugnis zu (MietSlg. 32.492). Auf den Einwand der Beklagten, zur Zahlung von Vorschreibungen und Rechnungen, die nicht an die Adresse der Beklagten gerichtet seien, seien sie nicht verpflichtet, sei daher nicht weiter einzugehen. Das Argument, daß Annuitätenrückzahlungen von Darlehen, die nicht auf den Namen der Beklagten lauteten, für die Beklagten nicht fällig seien, könne nicht durchschlagen, weil es ohne Zweifel feststehe, daß es sich hiebei um die Rückzahlung von Darlehen handle, die für die Wohnungseigentümer aufgenommen worden seien. Der bestellte Verwalter könne im Rahmen der ordentlichen Verwaltung eine Rücklagenbildung vornehmen, falls ihm die Mehrheit keine andere Weisung erteile (Faistenberger-Barta-Call 415). Die klagende Partei als Verwalterin habe von Anbeginn (seit 1976) eine Rücklage gebildet und die dafür zu zahlenden Akontierungen stets deutlich ausgewiesen. Es sei zwar der Mehrheit der Wohnungseigentümer jederzeit eine Weisung an die klagende Partei bezüglich der Rücklage möglich, es stehe aber zugleich fest, daß dies bis jetzt nicht geschehen sei. Unter diesen besonderen Voraussetzungen sei die Bildung einer Rücklage im Rahmen der Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes zulässig, auch wenn kein Mehrheitsbeschluß vorliege. Zur Behauptung der Beklagten, daß die Rücklagenbildung ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Wohnungseigentümer erfolge, sei weiter nichts vorgebracht worden, sodaß darauf nicht näher einzugehen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Es führte aus:
Zu dem von den Beklagten hervorgehobenen Umstand, daß die klagende Partei nicht mehr Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage sei, sei zunächst auf § 18 WEG zu verweisen, in welcher Bestimmung einige Fälle der Beendigung der Verwaltung geregelt seien, nämlich a) die Kündigung eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrages sowohl durch die (Mehrheit der) Miteigentümer als auch durch den Verwalter,
b) die Beendigung eines länger als auf 5 Jahre abgeschlossenen Vertrages, c) die vorzeitige Beendigung durch die Mehrheit der Miteigentümer aus wichtigen Gründen, d) die vorzeitige Beendigung durch das Gericht über Antrag eines Miteigentümers (Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 18 WEG). Daß eine (nur gerichtlich mögliche) Abberufung der klagenden Partei als Verwalterin wegen grober Pflichtvernachlässigung noch nicht erfolgt sei, sei nicht strittig. Die Beklagten verträten vielmehr den Standpunkt, daß eine - formlos zu erklärende - Kündigung im Jahre 1981 die Beendigung dieses Dauerrechtsverhältnisses herbeigeführt habe.
Selbst wenn man nun eine solche Erklärung der Auflösung durch die Mehrheit der Miteigentümer annehmen wollte, so habe die klagende Partei eine solche doch nicht zustimmend zur Kenntnis genommen, sodaß ein feststellender Sachbeschluß (ex tunc) vorliegen müßte, um ein Ende der Verwaltung annehmen zu können (Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 18 WEG; vgl. auch JBl. 1978, 95). Es sei zwar richtig, daß die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft bereits mit Kenntnisnahme durch den Gegner ihre Wirksamkeit erlange. Wenn aber wie hier die Rechtswirksamkeit einer solchen Kündigung bestritten sei, bedürfe es gemäß § 26 Abs. 1 Z 4 lit. b WEG einer diesbezüglichen Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen. Das in der Berufung immer wieder ins Treffen geführte Argument, daß die klagende Partei nicht mehr Verwalterin sei, sei also nicht zielführend.
Die übrigen Argumente der Berufung deckten sich im wesentlichen mit jenen Argumenten, die von den Beklagten bereits im Verfahren zwischen den Streitteilen 7 C 611/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt vorgebracht und sowohl vom Bezirksgericht Klagenfurt als auch vom Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht (1 R 175/86) verworfen worden seien. Da die Beklagten die Gründe hiefür offensichtlich bislang nicht zur Kenntnis genommen hätten, seien sie im folgenden nochmals dargelegt:
Mangels Regelung des Anspruches des Verwalters auf Auslagenersatz und Entlohnung im WEG richte sich dieser Anspruch nach §§ 1014 ff und § 1004 ABGB bzw. nach Vereinbarung und Beruf (Würth in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 17 WEG; MietSlg. 34.545, 38.651 ua). Mangels anderer Vereinbarung sei der Verwalter demnach berechtigt, von den Wohnungseigentümern einen angemessenen Vorschuß zur Bestreitung seiner baren Auslagen zu begehren, also Vorauszahlungen zu verlangen. Dies sei auch in den Jahren vor 1986
so geschehen. Im Jahr 1985 hätten die den Beklagten vorgeschriebenen monatlichen Akontierungen S 3.381,-- für die Wohnung und S 212,-- für die beiden Garagen betragen. Darüber sei der schon erwähnte Rechtsstreit geführt worden. Wegen der Bindungswirkung der diesbezüglichen (stattgebenden) Entscheidung (Fasching, Lehrbuch Rz 1501) sei davon auszugehen, daß die eben genannten Akontierungen zulässigerweise vorgeschrieben worden seien. Die nunmehr begehrten etwas erhöhten Akontozahlungen erschienen wegen der offenkundigen Tatsache, daß die allgemeine Teuerung fortschreite, grundsätzlich unbedenklich. Es dürfe nicht übersehen werden, daß der dem Verwalter zu leistende angemessene Vorschuß sich am wahrscheinlich entstehenden Aufwand zu orientieren habe und dieser naturgemäß noch nicht genau feststehen könne. Gemäß § 17 Abs. 2 Z 1 WEG sei der Verwalter verbunden, spätestens zum 30. Juni eines jeden Jahres jedem Miteigentümer eine ordentliche Rechnung über das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Allenfalls überhöhte Vorschreibungen bzw. Zahlungen führten dann zwangsläufig zu entsprechenden Rückzahlungen bzw. Gutschriften. Streitigkeiten mit dem Verwalter über die Legung der Rechnung oder der Vorausschau im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 1 und 2 WEG gehörten nach § 26 WEG in das Verfahren außer Streitsachen. Eine allenfalls formell fehlerhafte Abrechnung sei jedenfalls nicht geeignet, die Fälligkeit von Vorauszahlungen hinauszuschieben, worauf schon ausführlich in der erwähnten Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht 1 R 175/86 eingegangen worden sei. Um eine ordnungsgemäße Abwicklung der dem Verwalter gesetzlich obliegenden Aufgaben zu ermöglichen, sei es, weil er nicht verpflichtet sei, eigene Mittel zur Geschäftsbesorgung zu verwenden (SZ 55/138), unbedingt erforderlich, Vorauszahlungen vorzuschreiben. Eine unbedingte Pflicht zur Bildung einer Rücklage bestehe zwar nicht; ob und in welcher Höhe sie gebildet und ergänzt werde, entscheide zunächst die Mehrheit (§ 14 Abs. 1 Z 2 WEG), bis zu einer solchen Mehrheitsentscheidung auch der Verwalter. Der vom Minderheitseigentümer angerufene Außerstreitrichter (§ 15 Abs. 1 Z 2 WEG) könne jedoch die Herabsetzung oder Erhöhung oder überhaupt die Bildung mit bindender Wirkung (rechtsgestaltend, daher ex tunc; gemeint offenbar: ex nunc) verfügen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 16 WEG). Daß diesbezüglich eine Entscheidung im Außerstreitverfahren ergangen sei, werde von den Beklagten aber nicht behauptet, ebensowenig, daß die Miteigentümermehrheit dem Verwalter diesbezüglich irgendeine Weisung erteilt hätte. Schließlich sei auch zu der gegenständlich zu behandelnden Entscheidung des Erstgerichtes hervorzuheben, daß keine Rede davon sein könne, daß die Beklagten konkret dargelegt hätten, welche Fehler dem Verwalter anzulasten seien. Ziffern aus dem Zusammenhang herauszuheben und daran Bemängelungen zu knüpfen, ersetze nicht detaillierte, die Gesamtabrechnung und deren Entwicklung darlegende Ausführungen.
Zusammenfassend lasse sich festhalten, daß die klagende Partei als Verwalterin und somit direkte Vertreterin aller Wohnungseigentümer rückständige Vorauszahlungen im eigenen Namen einklagen könne (MietSlg. 37.625 ua), es nicht darauf ankomme, ob die Beklagten mit dem Verwalter einen Bevollmächtigungsvertrag abgeschlossen hätten (MietSlg. 37.626), die Fälligkeit der Vorauszahlungen nicht durch unsubstantiierte Behauptungen über fehlerhafte Abrechnungen verzögert werden könne, die Zahlungen an den Verwalter und nicht etwa auf ein Konto der Miteigentümer zu erfolgen hätten, die Rücklagenbildung durch den Verwalter immer noch zulässig sei und es den Beklagten unbenommen bleibe, Verfahren nach § 26 Abs. 1 Z 4 WEG einzuleiten bzw. fortzusetzen. Mangels Verpflichtung, eigene Mittel einzusetzen, sei der klagenden Partei auch zuzubilligen, Fremdmittel für jene Vorauszahlungsbeträge einzusetzen, welche die Beklagten schuldig geblieben seien. Die Höhe der hiefür zu bezahlenden Zinsen finde in den Beilagen A und B Deckung, deren Inhalt von den Beklagten nicht bestritten worden sei. Die beharrliche Weigerung der Beklagten, die Vorauszahlungen zu leisten, stelle zweifellos zumindest einen grob fahrlässigen Zahlungsverzug dar, der die klagende Partei berechtige, die Zinsen aus dem Titel des Schadenersatzes von den Beklagten ersetzt zu begehren. Da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhänge, der die im § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO angeführte Bedeutung zukäme, sondern alle Rechtsfragen eindeutig im Sinne der bisherigen Rechtsprechung gelöst hätten werden können, sei die Revision nach dieser Gesetzesstelle nicht zulässig.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf § 503 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der außerordentlichen Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist aus nachstehenden Erwägungen zulässig und auch berechtigt:
Die klagende Partei stützt ihre Forderung auf die Behauptung, daß sie als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage gezwungen gewesen sei, einen Kredit aufzunehmen, um die auf die Beklagten als Mit- und Wohnungseigentümer entfallenden anteiligen Akontierungen zur Abdeckung der laufenden Aufwendungen auf die Liegenschaft bestreiten zu können, weil sie von den Beklagten trotz ordnungsgemäßer Vorschreibung zu Unrecht nicht geleistet worden seien. Die Berechtigung des Klagebegehrens hängt somit in erster Linie davon ab, ob die klagende Partei Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage Klagenfurt, Fischlstraße 15 ist.
Dazu haben die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, daß eine gerichtliche Abberufung der klagenden Partei als Verwalterin wegen grober Vernachlässigung ihrer Pflichten im Sinne der § 18 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall, § 26 Abs. 1 Z 4 lit. b 3. Fall WEG - die rechtsgestaltend ex nunc wirken würde (vgl. MietSlg. 29.509, 31.532/41 ua) - bisher nicht erfolgt ist: Das diesbezüglich von den Beklagten am 13. Jänner 1984 zu Msch 3/84 (nunmehr Msch 24/86) des Erstgerichtes eingeleitete Verfahren ist noch anhängig. Der Auffassung des Berufungsgerichtes jedoch, die Einwendung der Beklagten, die Verwalterstellung der klagenden Partei sei infolge Kündigung durch die Mehrheit der Miteigentümer (im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1 oder 2 WEG) mit 31. Dezember 1981 beendet worden, gehe ins Leere, da die klagende Partei die von den Beklagten behauptete Kündigung jedenfalls nicht zur Kenntnis genommen habe, müßte ein feststellender, ex tunc wirkender Sachbeschluß (über die Rechtswirksamkeit der behaupteten Kündigung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 4 lit. b erster Fall WEG) vorliegen, um eine Beendigung der Verwalterstellung annehmen zu können, kann nicht gefolgt werden. Der Umstand, daß ein solcher Feststellungsbeschluß, dem gegenüber dem Verwalter und allen Miteigentümern, die im Verfahren Parteistellung genießen (§ 26 Abs. 2 Z 3 und 4 WEG;
vgl. MietSlg. 29.536), Rechtskraftwirkung zukäme, noch nicht ergangen ist, enthebt das Gericht im gegenständlichen Prozeß nicht der Verpflichtung, die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten als Vorfrage zu prüfen. Die Beklagten können sich zur Abwehr der im gegenständlichen Prozeß gegen sie erhobenen Ansprüche auf die Rechtswirksamkeit einer Kündigung ohne Rücksicht darauf berufen, ob diesbezüglich bereits ein außerstreitiger Feststellungsbeschluß ergangen ist.
Da die Richtigkeit der in Rede stehenden Behauptung der Beklagten bisher nicht geprüft wurde, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und es war die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im fortgesetzten Verfahren wird klarzustellen sein, ob der klagenden Partei die Verwaltung durch die Mehrheit der Miteigentümer aufgekündigt worden ist und diese Aufkündigung den Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 1 oder 2 WEG genügt hat.
Bejahendenfalls wird die Sachverhaltsgrundlage für die Beurteilung der Frage zu schaffen sein, ob die klagende Partei neuerlich von der Mehrheit der Miteigentümer (§ 14 Abs. 1 Z 5 WEG) - allenfalls schlüssig - zur Verwalterin bestellt wurde.
Mit dem Hinweis der Beklagten darauf, daß die klagende Partei mittels Einzelverträgen (offenbar gemeint: mittels jeweils zwischen ihr und den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern geschlossenen Verträgen) zur Verwalterin bestellt worden sei und die Beklagten demnach das zwischen ihnen und der klagenden Partei zustande gekommene Vollmachtsverhältnis jederzeit kündigen könnten, ist für die Beklagten nichts gewonnen. Auch der mit einem "Summenvertrag" aller Miteigentümer in der Gründungsphase bestellte Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage (vgl. dazu Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 17 WEG; MietSlg. 32.492, 37.621) bleibt ungeachtet der Vollmachtskündigung oder des Vollmachtswiderrufs durch einzelne Miteigentümer, die zusammen nicht die Mehrheit erreichen, Machthaber und Vertragspartner aller Mit- und Wohnungseigentümer mit allen Rechten und Pflichten eines Machthabers im Sinne der §§ 1002 ff ABGB (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 1 und 2 zu § 837 in Verbindung mit Würth aaO Rz 1 zu § 17 WEG, wonach die Vorschriften der §§ 836 f und 1002 ff ABGB mangels einer Sonderregelung im WEG auch zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter gelten; MietSlg. 25.071, 28.071; 5 Ob 22/88).
Für den Fall, daß das fortgesetzte Verfahren ergeben sollte, daß die klagende Partei Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage ist (im hier relevanten Zeitraum war), sei zu den übrigen in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Rechtsfragen, soweit sie im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO erheblich sind, wie folgt Stellung genommen:
Die Ansicht der Vorinstanzen, daß die klagende Partei (wenn sie Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage ist) gemäß § 1014 ABGB berechtigt ist, (auch) von den Beklagten zur Bestreitung der Aufwendungen auf die Liegenschaft einen angemessenen Vorschuß zu verlangen, und eine Verpflichtung der klagenden Partei, hiefür eigene Mittel zu verwenden, nicht besteht, wird von den Beklagten nicht grundsätzlich bestritten; sie stimmt mit Lehre und Rechtsprechung überein (vgl. MietSlg. 21.090/13 und 37.091 je mwN). Es ist aber auch der Auffassung des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß der Anspruch des Verwalters auf angemessene Vorschüsse nicht von einer ordentlichen Rechnungslegung im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 1 WEG abhängt. Dieses für den Aufwandersatzanspruch des Verwalters zu bejahende Erfordernis (vgl. MietSlg. 37.629/49) besteht schon der Natur der Sache nach für den Anspruch auf Vorschußleistung nicht; der Verwalter kann angemessene Akontierungen bereits zu Jahresbeginn verlangen, muß die ordentliche Rechnung über das vorausgegangene Kalenderjahr aber erst spätestens zum 30. Juni des Folgejahres legen. Wie der Verwalter im Bestreitungsfall die Angemessenheit der von ihm begehrten Akontierungen zu beweisen hat (und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang der gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 WEG aufzulegenden Vorausschau zukommt; vgl. dazu Faistenberger-Barta-Call Rz 73 ff zu § 17 WEG), ist hier nicht im einzelnen zu untersuchen, weil die Auffassung des Berufungsgerichtes gebilligt werden kann, daß die Angemessenheit der im gegenständlichen Prozeß für die Zeit von Jänner 1986 bis April 1987
begehrten Akontierungen schon aufgrund der Urteile des Erstgerichtes vom 18. Dezember 1984, 7 C 66, 592, 1341/82-34, vom 31. Jänner 1986, 7 C 137, 178/75-8, und vom 31. Jänner 1986, 7 C 611/85-9, zu bejahen ist. Mit diesen Urteilen wurden die Beklagten zur Leistung von Akontierungen für die Jahre 1980 bis 1985 verurteilt, denen monatliche Vorschreibungen für die Eigentumswohnung und die beiden Eigentumsgaragen von zusammen S 2.945,-- im Jahr 1980, S 3.005,-- im Jahr 1981, S 3.323,-- im Jahr 1982, S 3.399,-- im Jahr 1983, S 3.525,-- im Jahr 1984 und S 3.593,-- im Jahr 1985 als angemessen zugrunde gelegt worden waren. Der Umstand, daß von den Beklagten gegen die klagende Partei gemäß § 17 Abs. 2 Z 1, § 26 Abs. 1 Z 4 lit. a WEG zu Msch 22/86 und Msch 5/87 anhängig gemachte Rechnungslegungsbegehren betreffend die Jahre ab 1977 noch nicht erledigt sind, steht somit einem Erfolg der gegenständlichen Klage nicht entgegen.
Gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 WEG gehört die Bildung einer angemessenen Rücklage zu den Angelegenheiten, in denen die Mehrheit der Miteigentümer entscheidet, wobei bei der Festlegung der Beträge zur Bildung der Rücklage nach § 16 Abs. 1 WEG außer auf die Kosten der in absehbarer Zeit notwendigen Arbeiten zur Erhaltung und nützlichen Verbesserung auf die wirtschaftliche Lage aller Miteigentümer entsprechend Bedacht zu nehmen ist. Der Oberste Gerichtshof billigt die auf Faistenberger-Barta-Call 415 und Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 16 WEG gestützte Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Frage, ob und in welcher Höhe und mit welchem jährlich aufzubringenden Betrag die Rücklage zu bilden und zu ergänzen ist, bis zu einer Mehrheitsentscheidung der Verwalter im Rahmen der ordentlichen Verwaltung entscheidet. Den Beklagten als Minderheitseigentümern steht es frei, gemäß § 15 Abs. 1 Z 2, § 26 Abs. 1 Z 3 WEG die rechtsgestaltende, ex nunc wirkende Entscheidung des Außerstreitrichters darüber zu verlangen, daß die von der Mehrheit beschlossene bzw. die bis zu einer Mehrheitsentscheidung vom Verwalter gebildete Rücklage angemessen erhöht oder gemindert wird. Daß die klagende Partei nicht dem Wunsch der Beklagten nachkommt, dafür zu sorgen, daß die Rechnungen auf die Namen der Miteigentümer lauten, die Zahlungen namens der Miteigentümer geleistet werden und überhaupt der mit der Verwaltung verbundene Zahlungsverkehr im Namen der Miteigentümer über eigene Konten der Miteigentümer abgewickelt wird, können die Beklagten der gegenständlichen Klageforderung nicht mit Erfolg entgegensetzen. Ob die von den Beklagten gerügte Art der Verwaltungsführung durch die klagende Partei dem Gesetz bzw. dem Willen der Mehrheit entspricht oder die Beklagten zur Antragstellung nach § 18 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall, § 26 Abs. 1 Z 4 lit. b dritter Fall WEG berechtigen würde, braucht daher hier nicht näher untersucht zu werden.
Es war daher spruchgemäß zu beschließen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E15774European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00078.88.0927.000Dokumentnummer
JJT_19880927_OGH0002_0050OB00078_8800000_000