Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer, in der Strafsache gegen Albert K*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 17. März 1988, GZ 19 Vr 1715/87-7, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Taufner zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 22-jährige Albert K*** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 25.Oktober 1987 in Ybbs/Donau dadurch, daß er Martina P*** mit einem wuchtigen Faustschlag gegen die linke Gesichtshälfte zu Boden schlug und ihr Fußtritte ins Gesicht versetzte, wobei er äußerte "Gib den Scheck her, sonst dresch ich dir noch ein paar ...", worauf er ihr einen über 1.800,-- S ausgestellten Scheck aus der Hand riß, sohin mit Gewalt gegen eine Person, eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Zeit vom 16. bis 22.Oktober 1987 in Abständen zu wiederholten Malen Anton M*** durch Zufügung von Wunden mit einer brennenden Zigarette an den Beinen, wodurch der Genannte drei etwa 1 Zentimeter große Brandmale erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt.
Albert K*** wurde hiefür gemäß §§ 28 Abs. 1, 142
Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt, die gemäß § 43 a Abs. 3 StGB im Ausmaß von acht Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten aus den Z 5, 5 a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO allein gegen den Schuldspruch wegen Raubes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet. In Ansehung der vom Beschwerdeführer in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestrittenen Wertträgereigenschaft des in Rede stehenden Schecks ist davon auszugehen, daß er ihn nach den - von im nicht bekämpften - Urteilsfeststellungen eigenhändig ausgestellt hatte, wenngleich seine Unterschrift "unleserlich" war (vgl US 4 und 5) und daß in einem solchen Falle - also bei echter Unterschrift - die Gültigkeit eines Schecks weder durch die Unlesbarkeit der Signatur noch durch deren Abweichung von der Musterzeichnung (diesfalls ist das kontoführende Institut bloß zu einer kontrollierenden Rückfrage vor Einlösung verpflichtet) beeinträchtigt wird (vgl Kapfer, Wechsel- und Scheckgesetz8, E 4 zu Art 3 ScheckG).
Hieraus folgt, daß die Angaben der Zeugin P*** über die Beschaffenheit der Unterschrift von vornherein jeglicher Relevanz entbehrten und diesbezügliche Erörterungen im Urteil mithin sanktionslos unterbleiben konnten. Daß Analoges für die in der Beschwerde aufgeworfene hypothetische Frage gilt, was geschehen wäre, wenn der Angeklagte die Ausstellung des Schecks in Abrede gestellt hätte, ist evident und muß darauf nicht weiter eingegangen werden, zumal der Angeklagte sich niemals in diese Richtung verantwortet hatte und auch sonst keine Beweisergebnisse eine Behandlung dieser Möglichkeit indizierten.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a und 10) ist auch nicht begründet, wenn sie unter Berufung auf § 879 ABGB, wonach ein Entgelt für Geschlechtsverkehr nicht rechtswirksam vereinbart werden könne, ableitet, daß der Beschwerdeführer berechtigt gewesen wäre, sich die Entlohnung zurückzuholen und mithin keine unrechtmäßige Bereicherung vorliege.
Abgesehen davon, daß in der Schecksumme von 1.800 S auch das Entgelt für konsumierte Getränke im Ausmaß von 300 S enthalten war (vgl US 4), hat die Verbotsnorm des § 879 Abs. 1 ABGB bloß die Verhinderung der Entstehung durchsetzbarer Forderungen für die Gewährung des Geschlechtsverkehrs zum Ziel. Bei beiderseitig bereits erbrachten Leistungen (wie hier) kann jedoch vom Bestand eines (uneingeschränkten) Rückforderungsanspruchs allein aus dem Grunde der Sittenwidrigkeit der getroffenen Vereinbarung nicht die Rede sein (vgl Koziol-Welser8 I 400 f, Krejci in Rummel, Kommentar zum ABGB 1. Band Rz 258 zu § 879 ABGB und Peter Rummel, "Kondiktionen bei verbotenen und sittenwidrigen Rechtsgeschäften" ÖJZ 1978, Seite 253 ff, insbesondere S 257 f).
Zu alldem tritt, daß der Angeklagte sein Verhalten niemals mit einem Anfechtungswillen motiviert, das heißt also damit begründet hatte, daß die Wegnahme des Schecks der Durchsetzung eines tatsächlich bestehenden oder zumindest vermeintlichen Rückforderungsanspruchs dienen sollte (vgl AS 33 f und 58 ff). Einen Nichtigkeit nach der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO begründenden, unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen der Strafzumessung erblickt der Angeklagte schließlich in der Gewährung der bedingten Nachsicht für (bloß) einen Teil der über ihn verhängten Freiheitsstrafe; auch dies jedoch zu Unrecht. Denn entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht vermag die Gewährung der bedingten Nachsicht für zwei Drittel der Freiheitsstrafe vorliegend nicht den Schluß zu rechtfertigen, daß das Erstgericht die erst mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 (am 1. März 1988) in Kraft getretene Bestimmung des § 43 a Abs. 3 StGB zum Nachteil des Angeklagten angewendet, bei Anwendung der zu den Tatzeiten geltenden Gesetzesbestimmungen aber die Zulässigkeit einer bedingten Nachsicht der gesamten Strafe bejaht hätte. Vielmehr wird diese rein spekulative Behauptung des Angeklagten gerade durch die auf sachbezogenen Erwägungen beruhende Anwendung des § 43 a Abs. 3 StGB (anstelle des § 43 Abs. 1 nF dieses Gesetzes) widerlegt (vgl US 11). Ein Verstoß gegen das sogenannte Günstigkeitsprinzip (Art XX Abs. 1 StrÄG 1987 sowie §§ 1 und 61 StGB) ist daher nicht ersichtlich.
Es war mithin die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen und die Wiederholung der Körperverletzung, wogegen es als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, seinen Beitrag zur Wahrheitsfindung, eine gewisse Provokation durch den Verletzten M*** sowie - beim Raub - eine Enthemmung durch starke Alkoholisierung annahm. Ergänzend führte es aus, daß ein Raub an sich bereits eine ganz erhebliche Störung der sozialen Ordnung darstelle und das Vorgehen des Angeklagten gegen ein junges zierliches Mädchen von besonderer Brutalität gekennzeichnet gewesen sei. Ferner lasse das Ausdrücken brennender Zigaretten an der nackten Haut eines Mitmenschen ungewöhnlich sadistische Züge erkennen, sodaß auf Grund dieser Umstände nur ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe (acht Monate) nachgesehen werden konnte, wogegen es der Verbüßung von vier Monaten Freiheitsstrafe bedürfe. Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung und bedingte Nachsicht der gesamten Strafe anstrebt, ist nicht begründet. Daß der Scheck "lediglich" über einen Betrag von 1.800 S ausgestellt war und somit nur ein "relativ geringer" Schaden entstand, kann - der Meinung des Angeklagten zuwider - nicht als Milderungsgrund gewertet werden. Auch kann bei der gegebenen Sachlage keine Rede davon sein, daß ein "Grenzfall" zum § 142 Abs. 2 StGB vorliege.
Die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe bedürfen mithin keiner nennenswerten Korrektur. Geht man aber davon aus und berücksichtigt man den hohen Unrechtsgehalt der beiden Verfehlungen, ist eine außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB unvertretbar und mithin die ohnedies nur in der Höhe der Mindeststrafe geschöpfte Unrechtsfolge einer Ermäßigung unzugänglich.
Beizupflichten ist dem Erstgericht aber auch darin, daß die sadistische und brutale Vorgangsweise des Angeklagten den Vollzug zumindest eines Teils der Strafe erfordert, weshalb der Berufung insgesamt ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E15627European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00087.88.0928.000Dokumentnummer
JJT_19880928_OGH0002_0140OS00087_8800000_000