Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer, in der Strafsache gegen Willibald R*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Willibald R***, Dr.Friedrich M*** und Franz K*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 11. Februar 1988, GZ 10 b Vr 190/87-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, der Angeklagten Willibald R***, Dr.Friedrich M*** und Franz K*** sowie der Verteidiger Dr. Strizik und Dr. Fiegl zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 2.Juli 1929 geborene Tierarzt Dr.Friedrich M*** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und der am 30.Juni 1947 geborene Fleischhauermeister und Gastwirt Willibald R***, sowie der am 3. Juni 1934 geborene, im Betrieb des Willibald R*** als Fleischhauergeselle tätige Franz K*** als Beteiligte an dem vorerwähnten Verbrechen durch Bestimmung des Dr.Friedrich M*** hiezu nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs liegt Dr.M*** zur Last, im Jahre 1986 in Martinsberg als gemäß § 4 (Abs. 2) FleischuntersuchungsG (FlUG, BGBl Nr 522/1982) bestelltes Fleischuntersuchungsorgan, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat an dessen Recht auf ordnungsgemäße Prüfung der Verwendbarkeit des Fleisches als Lebensmittel (Tauglichkeitsprüfung; vgl §§ 28, 29 FlUG) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Landes (richtig: des Bundes; vgl Art 10 Z 12 B-VG) als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Fleischuntersuchung (und eine darauf beruhende Beurteilung des Fleisches als genußtauglich; §§ 28, 29 FlUG) vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er die Tauglichkeit des für den menschlichen Genuß bestimmten Fleisches von etwa 10 bis 12 Kälbern bescheinigte, ohne die gemäß Punkt 5.3 des Fleischuntersuchungsverordnungs-Durchführungserlasses (Erlaß des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz vom 18. April 1984, Zl III-39.110/6-8/84) vorgeschriebene Schnitte an den Lungen der geschlachteten Tiere vorgenommen zu haben (Punkt 1./ des Schuldspruches). Den Angeklagten R*** und K*** wird hingegen angelastet, Dr.M*** zu dem oben beschriebenen Verhalten durch das an ihn gerichtete Ersuchen, aus wirtschaftlichen Gründen diese Schnitte nicht vorzunehmen, bestimmt zu haben.
Die von sämtlichen Angeklagten dagegen aus den Z 5 und 9 lit a, von R*** und K*** auch aus der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
1./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Dr.Friedrich M***:
Einen Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß vom Erstgericht seine Verantwortung unberücksichtigt gelassen worden sei, derzufolge die von ihm an den geschlachteten Kälbern unterlassenen Lungenschnitte im Zuge einer Kontrolluntersuchung in Wien nachgeholt worden seien, und er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Tierarzt auch ohne diese Schnitte in der Lage gewesen sei zu beurteilen, ob das Fleisch dieser Kälber für den menschlichen Genuß tauglich war. Entgegen diesem Vorbringen hat sich Dr.M*** in der Hauptverhandlung lediglich auf eine Mitteilung des Mitangeklagten K*** berufen, daß ein Tierarzt in Wien ohnehin eine "Überbeschau" mache (S 69 d.A), jedoch ausdrücklich erklärt, er glaube nicht, daß die Kontrollärzte in Wien Zeit hätten, diese (von ihm unterlassenen) Schnitte vorzunehmen (S 77 d.A). Abgesehen davon, daß demnach die Beschwerdebehauptung über die Nachholung der Lungenschnitte bei einer Kontrolluntersuchung in Wien in der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers in der Hauptverhandlung keine Deckung findet, entbindet eine - im übrigen nach dem Gesetz keineswegs zwingend, sondern bloß fakultativ
vorgesehene - Kontrolluntersuchung im Sinne des § 40 FlUG (vgl hiezu Prändl/Psota/Walla/Stuller/Brustbauer, Fleischuntersuchungsrecht, S 102 zu § 40 FlUG) das Fleischuntersuchungsorgan nicht von der Vornahme der laut Fleischuntersuchungsgesetz (primär) festgesetzten Untersuchungen und Schnitte. Schon aus diesem Grund versagt der Beschwerdehinweis auf eine allfällige Kontrolluntersuchung. Die weitere Behauptung des Beschwerdeführers, die Beurteilung der Genußtauglichkeit des Fleisches dieser Kälber sei ihm aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Tierarzt auch ohne Vornahme von Lungenschnitten möglich gewesen, findet hingegen in dem vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage herangezogenen Gutachten des veterinärmedizinischen Sachverständigen Dr.Wilfried L*** keine Deckung; sind doch nach diesem Gutachten die Untersuchungsschnitte im Rahmen der Fleischuntersuchung von besonderer Wichtigkeit, weil in sehr vielen Fällen nur dadurch Krankheiten erkennbar sind, welche die Genußtauglichkeit des Fleisches stark herabsetzen oder ausschließen (S 39/41, 104, 108, 109 und 111 d.A sowie Ersturteil, S 123 und 126 d.A), ein Umstand, den letztlich auch der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung nicht in Abrede stellen konnte (vgl S 108 d.A).
Ein wissentliches Handeln und einen mit der Unterlassung der vorgeschriebenen Lungenschnitte verbundenen (zumindest bedingten) Schädigungsvorsatz konnte das Erstgericht hingegen schon aus dem Eingeständnis des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung ableiten, sich seiner Verpflichtung zur Vornahme dieser Schnitte (im Zuge der Untersuchung der Kälber) voll bewußt gewesen zu sein (S 71 d.A), diese Schnitte jedoch über Ersuchen der Mitangeklagten R*** und K*** unterlassen zu haben, weil die unversehrten Kälberlungen für den Mitangeklagten R*** finanziell besser verwertbar waren (S 74, 75 und 79 d.A).
Es versagt aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, in welcher er im wesentlichen den Standpunkt vertritt, daß allein durch die Unterlassung der nicht dem Gesetz, sondern (nur) in einem Erlaß des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz vorgeschriebenen Untersuchungsschnitte eine Schädigung des Staates in einem konkreten Recht nicht eintreten konnte, zumal von ihm im übrigen das Fleisch der Kälber auf seine Genußtauglichkeit ohnedies untersucht worden sei und sich auch nachträglich keine Anhaltspunkte für eine Genußuntauglichkeit dieses Fleisches ergeben hätten. Auszugehen ist davon, daß der Angeklagte Dr.M*** als bestellter Fleischuntersuchungstierarzt (§ 4 Abs. 2 FlUG) Beamter i.S. des § 74 Z 4 StGB ist, weil es hiebei nicht auf eine - von einem Ernennungs- oder Anstellungsverhältnis abhängige - dienstrechtliche Stellung, sondern ausschließlich auf die von ihm ausgeübte Funktion (als Fleischuntersuchungsorgan) ankommt (vgl Leukauf-Steininger, StGB2, RN 9 zu § 74 Z 4 StGB), und der Beschwerdeführer in dieser Eigenschaft in Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes mit Aufgaben des Bundes betraut war, die der Hoheitsverwaltung zuzuordnen sind (vgl Prändl/Psota/Walla/Stuller/Brustbauer, Fleischuntersuchungsrecht, S 25 zu § 4 FlUG). Der Zweck der im Fleischuntersuchungsgesetz vorgeschriebenen Untersuchungshandlungen liegt im Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitsschädigung durch den Genuß von nicht verkehrsfähigem Fleisch. Durch diese Untersuchungen soll gewährleistet werden, daß Fleisch, das für den menschlichen Genuß untauglich ist, nicht zum Vebraucher gelangt. Die Einhaltung der bestehenden Schlachttier- und Fleischuntersuchungsvorschriften gehören zum Pflichtenkreis eines beauftragten Fleischuntersuchungsorgans (vgl § 4 Abs. 5 FlUG); ihre Mißachtung ist mit dem Schutzzweck dieser Vorschriften unvereinbar. Die vom Beschwerdeführer zugebenenermaßen wissentlich (vgl S 77 d.A) unterlassenen Lungenschnitte waren nach den Urteilsfeststellungen für die Beurteilung der Genußtauglichkeit des Fleisches erforderlich; ohne diese zu einer ordnungsgemäßen Fleischuntersuchung gehörigen Untersuchungsschnitte durfte eine Tauglichkeitsbescheinigung nicht ausgestellt werden. Da der Beschwerdeführer eine solche aber ausgestellt hatte, konnte das Schöffengericht neben dem wissentlichen Befugnismißbrauch ohne Rechtsirrtum auch von einem - zumindest bedingten - Handeln des Beschwerdeführers mit Schädigungsvorsatz ausgehen (vgl Ersturteil, S 128 d.A), weil durch die Vorgangsweise des Angeklagten ein aus den Bestimmungen des Fleischuntersuchungsgesetzes hervorleuchtendes (konkretes) Recht des Staates verletzt wurde, das darin gelegen ist, daß nur ordnungsgemäß und umfassend untersuchtes Fleisch als für den menschlichen Genuß tauglich erklärt werden darf. Eine solche Tauglichkeitserklärung darf gemäß § 28 Abs. 2 FlUG aber nur dann abgegeben werden, wenn die Untersuchung ein sicheres Urteil ermöglicht, das ohne die vorgeschriebenen (Lungen-)Schnitte aber nach den Urteilsfeststellungen nicht möglich war (Ersturteil S 123 und 126 f d.A).
Dem Umstand hinwieder, daß die (unterlassenen) Lungenschnitte nicht im Gesetz (FlUG), sondern (nur) in einem Erlaß des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz vorgeschrieben sind, kommt für die rechtliche Beurteilung keine Bedeutung zu. Wurden doch durch die in Rede stehende (Durchführungs-)Verordnung bloß die im Fleischuntersuchungsgesetz angeordnete Schlachttier- und Fleischuntersuchung (§ 1 Abs. 1 FlUG) näher präzisiert und die einzelnen Untersuchungshandlungen festgelegt, die vorgenommen werden müssen, um das Fleisch als für den menschlichen Genuß tauglich erklären zu dürfen (§§ 28 Abs. 1 und Abs. 2; 29 FlUG). Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die weitere Rechtsrüge des Beschwerdeführers, soweit er das Fehlen von Feststellungen über den wissentlichen Befugnismißbrauch sowie über seinen (bedingten) Schädigungsvorsatz behauptet, weil er sich hiebei über die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen (vgl S 124 und 128 d.A) hinwegsetzt.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr.M*** war sohin zu verwerfen.
2./ Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten
R*** und K***:
Entgegen den Beschwerdeausführungen zur Mängelrüge (Z 5) konnte das Erstgericht die Urteilsfeststellung über die Kenntnis der Angeklagten R*** und K*** vom (wissentlichen)
Befugnismißbrauch des Dr.M*** bei der Verleitung des Genannten zu der ihm angelasteten amtsmißbräuchlichen Vorgangsweise mängelfrei auf die (geständige) Verantwortung des Tierarztes stützen (Ersturteil, S 125 d.A); hat doch dieser in der Hauptverhandlung u. a. ausdrücklich bekundet, die beiden Beschwerdeführer darauf hingewiesen zu haben, daß er die Lungenschnitte nach dem Gesetz und nach einem bestehenden Erlaß vornehmen müsse (S 77 d.A). Aber auch der Angeklagte K*** hat in der Hauptverhandlung eingestanden, von der Verpflichtung des Dr.M*** (als Fleischuntersuchungsorgan) zur Vornahme dieser Untersuchungsschnitte an den Lungen der Kälber gewußt zu haben (S 102/103 d.A). Aufgrund dieser Verfahrensergebnisse erweisen sich die Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite bei R*** und K*** sowohl in Ansehung ihres Wissens über einen Befugnismißbrauch durch den als Fleischuntersuchungsorgan tätig gewordenen Tierarzt Dr.M*** als auch in bezug auf die damit verbundene Schädigung an dem konkreten Recht des Staates und der Verbraucher auf ordnungsgemäße Fleischuntersuchung als mängelfrei.
Soweit sich die beiden Beschwerdeführer auf eine Kontrolluntersuchung dieses Fleisches (in Wien) berufen, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum gleichlautenden Beschwerdeeinwand des Mitangeklagten Dr.M*** verwiesen werden.
Eine nähere urteilsmäßige Erörterung der Aussage des Dr.M***, derzufolge ihm der Angeklagte R*** bloß das Ansinnen gestellt habe, die Lungenschnitte (an den geschlachteten Kälbern) nach Möglichkeit nicht vorzunehmen (S 75 d.A), erübrigte sich dem bezüglichen Beschwerdeeinwand zuwider schon deshalb, weil Dr.M*** nach seiner - vom Erstgericht als unbedenkliche Feststellungsgrundlage herangezogenen - Verantwortung den beiden Mitangeklagten R*** und K*** ausdrücklich erklärt hatte, zur Vornahme dieser Lungenschnitte nach den bestehenden Vorschriften verpflichtet zu sein (S 77 d.A) und somit keine legale Möglichkeit bestand, die Lungenschnitte zu unterlassen.
In ihrer auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge bestreiten die Angeklagten R*** und K*** zunächst die Beamteneigenschaft des als Fleischuntersuchungsorgan tätig gewordenen Mitangeklagten Dr.M***. Hiezu genügt aber der Hinweis auf die Ausführungen zur Rechtsrüge dieses Mitangeklagten. Zu dem weiteren Vorbringen in ihrer Rechtsrüge, daß in der Unterlassung der Lungenschnitte weder ein (wissentlicher) Befugnismißbrauch durch das Fleischuntersuchungsorgan zu erblicken sei, noch eine Schädigung des Staates an einem konkreten Recht in Betracht käme, weil es kein entsprechendes Recht des Staates auf Vornahme gerade dieser Untersuchungsschnitte gebe, kann es gleichfalls mit dem Hinweis auf die Ausführungen zu den im wesentlichen gleichlautenden Einwänden des Dr.M*** das Bewenden haben. Vor allem ist die Auffassung der Angeklagten R*** und K*** unhaltbar, daß die Verwirklichung des Tatbestandes des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB durch den Tierarzt Dr.M*** deshalb nicht in Betracht komme, weil die (nur) in einem Durchführungserlaß (des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz) enthaltene Anordnung auf Vornahme der Lungenschnitte bloß eine (interne) an das Fleischuntersuchungsorgan gerichtete Dienstanweisung darstelle und die schlichte Mißachtung von Dienstvorschriften lediglich einer disziplinären Ahndung obliege. Denn die (wissentliche) Verletzung von Dienstvorschriften, mit denen Dienstpflichten eines Beamten festgelegt werden, begründet in der Regel einen Befugnismißbrauch im Sinne des § 302 Abs. 1 StGB und kann daher nach dieser Gesetzesstelle strafbar sein, wenn der Beamte hiebei überdies mit dem Vorsatz handelt, jemanden in einem Recht zu schädigen. Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall zu; erschöpfte sich doch der Befugnismißbrauch des Mitangeklagten Dr.M*** nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen auch nach Kenntnis der beiden Angeklagten R*** und K*** nicht bloß in einer Mißachtung von (internen) Dienstvorschriften; vielmehr hat er durch die bewußt pflichtwidrige Unterlassung der vorgeschriebenen Untersuchungsschnitte als ein in Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes tätig gewordenes Organ (des Bundes) seine Befugnis zur Tauglichkeitserklärung des Fleisches dieser Kälber (wissentlich) mißbraucht und, wie bereits dargelegt, ohne ausreichende Beurteilungsgrundlage das Fleisch dieser nur unvollständig untersuchten Kälber entgegen der Vorschrift des § 28 Abs. 2 FlUG für genußtauglich erklärt. Er hat solcherart ein (sogar in einer Rechtshandlung bestehendes) Amtsgeschäft vorgenommen, obgleich diese mangelhaft gebliebene Untersuchung auch nach seinem Wissen ein sicheres Urteil über die Genußtauglichkeit dieses Fleisches nicht zugelassen hat. Damit hat er aber zugleich das konkrete Recht des Staates darauf, daß nur ein nach ordnungsgemäßer und vollständiger Untersuchung für einwandfrei befundenes Fleisch für genußtauglich und verkehrsfähig erklärt werden darf, geschädigt. Nur am Rande sei noch bemerkt, daß zur Verwirklichung des Verbrechenstatbestandes nach § 302 Abs. 1 StGB ein auf Verletzung eines Privatrechtes gerichteter Schädigungsvorsatz (des Täters) genügt und es sich hiebei nicht, wie die beiden Beschwerdeführer meinen, jedenfalls um ein öffentliches Recht handeln muß. Da die beiden Angeklagten R*** und K*** nach den
bezüglichen Urteilsfeststellungen als Bestimmungstäter im Wissen um diesen Befugnismißbrauch des Tierarztes Dr.M***, aber auch im Bewußtsein einer damit verbundenen Schädigung an dem vorerwähnten (konkreten) Recht gehandelt haben (Ersturteil, S 124 d.A), haftet auch ihrem Schuldspruch wegen Bestimmungstäterschaft zum Mißbrauch der Amtsgewalt im Sinne der §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs. 1 StGB kein Rechtsirtum an, wobei die Anzahl der Kälber, an denen Dr.M*** aufgrund des Ansinnens der beiden Beschwerdeführer die Lungenschnitte unterlassen hat, für die Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit ihres Verhaltens ohne Belang ist. Dem Umstand, daß es sich nach den Urteilsannahmen (nur) um 10 bis 12 Kälber gehandelt hat, kann demnach nur im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung zukommen.
Angesichts der - vom Erstgericht aufgrund der Darstellung des Mitangeklagten Dr.M*** mängelfrei
getroffenen - Urteilsfeststellung, derzufolge die beiden Angeklagten R*** und K*** an Dr.M*** im Zuge eines Gespräches das Ansinnen gestellt hatten, die vorgeschriebenen Lungenschnitte an den Kälbern aus wirtschaftlichen Gründen nicht vorzunehmen, Dr.M*** daraufhin dies bei 10 bis 12 Kälbern getan, damit dem Ansinnen der Angeklagten R*** und K*** entsprochen und trotzdem eine Tauglichkeitsbestätigung (bezüglich der Genußfähigkeit dieses Fleisches) ausgestellt hat (S 124 d.A), liegt der von den beiden Beschwerdeführern in ihrer Rechtsrüge zu der ihnen angelasteten Bestimmungstäterschaft behauptete Feststellungsmangel des erstgerichtlichen Urteils in Wahrheit nicht vor. Worin der weitere, von diesen Angeklagten formell behauptete Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gelegen sein soll, läßt sich ihrer Beschwerdeschrift nicht entnehmen. Diese Teile der Rechtsrüge sind somit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Somit war auch den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten R*** und K*** ein Erfolg zu versagen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten gemäß § 302 Abs. 1 StGB - bei K*** unter Anwendung des § 41 StGB - jeweis bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen (R***: acht Monate; Dr.M***: sechs Monate; K***: vier Monate), wobei es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd bei sämtlichen Angeklagten den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, bei Dr.M*** zusätzlich das Geständnis und bei K*** die untergeordnete Stellung im Betrieb des Erstangeklagten in Betracht zog.
Die Berufungen der Angeklagten, mit denen sie durchwegs Herabsetzung der Strafen anstreben, sind nicht begründet. Der Meinung der Angeklagten R*** und K*** zuwider bietet das Urteil keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, daß bei ihnen das Fehlen eines Geständnisses als Erschwernisgrund gewertet wurde; vielmehr findet die Tatsache, daß der Erstangeklagte zu einer höheren Strafe als Dr.M*** verurteilt wurde, seine gesetzeskonforme Erklärung darin, daß das von Dr.M*** abgelegte Geständnis einen gewichtigen Milderungsgrund (§ 34 Z 17 StGB) darstellt. Fehl gehen auch alle Versuche der Angeklagten R*** und K***, im Rahmen der Berufung erneut dartun zu wollen, daß sie lediglich deshalb mit Dr.M*** in Verbindung traten, um die mit der Zerschneidung von Kälberlungen verbundenen Probleme auf "rechtlich zulässige Weise aus der Welt zu schaffen"; denn damit entfernen sich die Berufungen dieser beiden Angeklagten vom konstatierten Sachverhalt und genügt es insoweit auf die obigen Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen.
Keine zusätzliche mildernde Wirkung vermag auch der Umstand zu entfalten, daß Dr.M*** seine Verfehlung aus bloßer Gefälligkeit und ohne dadurch einen besonderen Vorteil zu erlangen, vorgenommen hat, und daß er lediglich bei einem Zehntel der an einem einzigen Schlachttag zu beschauenden Kälber das Setzen der vorgeschriebenen Lungenschnitte unterließ.
Nach dem Gesagten bedürfen mithin die schöffengerichtlichen Strafzumessungsgründe keiner Korrektur; geht man aber davon aus, und legt man der Wichtigkeit des verletzten Rechtsgutes die gebührende Bedeutung bei, dann erweisen sich die geschöpften, ohnehin bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen als durchaus tatschuldgerecht und mithin einer Ermäßigung unzugänglich.
Die Kostenentscheidungen fußen auf den bezogenen Gesetzesstellen.
Anmerkung
E15620European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00122.88.0928.000Dokumentnummer
JJT_19880928_OGH0002_0140OS00122_8800000_000