TE OGH 1988/9/28 1Ob1528/88

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Veröffentlicht am 28.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Madelaine W***, Hausfrau, Mödling, Goethegasse 33, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Otto Franz Müller, Rechtsanwalt, Salzburg, Arenbergstraße 19, wegen 15.611,85 S samt Anhang, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 9. Mai 1988, GZ 32 R 295/87-16, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin, vertreten durch Dr. Hanns H***, hatte zu 9 C 2637/79 des Bezirksgerichtes Salzburg gegen die Firma N*** P*** aus dem Titel der Rückabwicklung eines Kaufvertrages den Betrag von 15.611,85 S samt Anhang Zug um Zug gegen Herausgabe der von der Firma N*** P*** gelieferten Teppichbestandteile begehrt. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8. Juli 1981 ließ sich Dr. Hanns H*** durch den Beklagten substituieren. In dieser Verhandlung wurde - die Klägerin hatte sich, da sie den Zug nach Wien noch erreichen wollte, bereits entfernt - ein Vergleich dahin geschlossen, daß sich die Firma N*** P*** verpflichtete, der Klägerin bis 30. Oktober 1981 den Betrag von 15.611,85 S bei sonstiger Exekution zu bezahlen, die Klägerin übertrug das Eigentum am Teppichmaterial an die Firma N*** P***, die dieses bei Gericht als Beweismittel befindliche Material sofort ausgefolgt erhielt.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Bezahlung des Betrages von 15.611,85 S samt Anhang. Alle Exekutionsführungen gegen die Firma N*** P*** seien erfolglos geblieben. Der Beklagte habe ohne Zustimmung der Klägerin das Teppichmaterial sofort ausgefolgt, statt wie im Klagebegehren angeführt nur Zug um Zug zu gestatten. Das Teppichmaterial habe zum Zeitpunkt der Übergabe einen Wert von mehr als 15.611,85 S gehabt. Der Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, die Klägerin habe anläßlich der Verhandlung vom 8. Juli 1981 mehrmals erklärt, daß der nicht fertiggestellte Teppich für sie wertlos sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Im Zuge seiner rechtlichen Beurteilung traf es die Feststellung, daß der Beklagte den Äußerungen der Klägerin habe entnehmen können, der halbfertige Teppich sei für sie völlig wertlos. Rechtlich vertrat es die Ansicht, auch wenn der halb gefertige Teppich keinen Wert für die Klägerin gehabt habe, hätte er doch als einziges Druckmittel gegen die sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Firma N*** P*** dienlich sein können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. Die Klägerin hatte weder in der Berufungsbeantwortung noch in der mündlichen Berufungsverhandlung die Feststellungen des Erstgerichtes bekämpft. Das Berufungsgericht ging davon aus, dem festgestellten Sachverhalt sei nicht zu entnehmen, daß der Schaden, für den der Beklagte in Anspruch genommen werde, eingetreten sei. Die Behauptung der Klägerin, der vom Beklagten als Substitut abgeschlossene Vergleich sei nachteilig für sie gewesen, könne zwar insofern zutreffen, als ein Vergleich, der eine Zug-um-Zug-Leistung enthalten hätte, schon wegen des entsprechenden Druckmittels, das die Klägerin dadurch in Händen gehabt hätte, für sie eine günstigere Ausgangsposition bedeuten hätte können. Die Klägerin habe zwar die Behauptung aufgestellt, gegen die Firma N*** P*** erfolglos Exekution wegen des Vergleichsbetrages geführt zu haben, sie habe dies aber nicht bewiesen. Auch das Beweisverfahren habe keinen über die Klagsbehauptung hinausgehenden Anhaltspunkt dafür ergeben. Das Fehlen solcher Feststellungen oder einen entsprechenden Verfahrensmangel habe die Klägerin darüber hinaus auch gar nicht geltend gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Wohl ist die Vorgangsweise des Berufungsgerichtes nicht zu billigen, das Begehren sei schon deshalb abzuweisen, weil die Klägerin zwar einen Schadenseintritt behaupte, aber nicht bewiesen habe, erfolglos Exekution gegen die Firma N*** P*** geführt zu haben. Das Berufungsgericht übersah, daß der Beklagte diesen Sachverhalt nicht bestritt, so daß es, wenn es schon nicht die Voraussetzungen nach § 267 ZPO annehmen wollte, dies gemäß § 182 ZPO mit den Parteien zu erörtern gehabt hätte. Diese von der Revision fälschlich als Aktenwidrigkeit gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wirkte sich aber für die Klägerin nicht nachteilig aus, da die Abänderung des Urteiles des Erstgerichtes aus anderen Gründen gerechtfertigt war. Das Erstgericht stellte, wenn auch im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung, ausdrücklich fest, der Beklagte habe den Äußerungen der Klägerin entnommen, daß der halbfertige Teppich für sie wertlos sei. Diese Feststellung ließ die in erster Instanz siegreiche Klägerin unbekämpft. Abgesehen davon, daß die erstmalige Bekämpfung einer erstgerichtlichen Feststellung in einer außerordentlichen Revision durch die in erster Instanz siegreiche Partei unzulässig wäre (EvBl. 1985/113; JBl. 1986, 121; 7 Ob 1525/87), behauptet die Revisionswerberin nur, es sei völlig unrichtig, daß das Teppichmaterial zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses keinen Wert gehabt hätte, eine Feststellung, die vom Erstgericht gar nicht getroffen wurde. Auf Grund der vom Erstgericht getroffenen, unbekämpft gelassenen Feststellungen ist dem Beklagten, der als Substitut sehr wohl der Klägerin haften würde (NZ 1973, 140, EvBl. 1972/208; SZ 40/68; SZ 35/130; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1010; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 1313 a; Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 1010; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 449) aber ein schuldhaftes Verhalten nicht vorzuwerfen. Erklärte die Klägerin dem Beklagten, der Teppich wäre für sie wertlos, so stellte er auch kein Druckmittel gegen die Firma N*** P*** dar, so daß der Beklagte, ohne berechtigte Interessen der Klägerin, die es offenbar verabsäumt hatte, das Teppichmaterial bei ihrem Entfernen selbst mitzunehmen, zu verletzen, auf die urteilsmäßig begehrte Zug-um-Zug-Leistung verzichten konnte. Entsprach das Ergebnis aber der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, liegen die Voraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht vor, die außerordentliche Revision der Klägerin ist zurückzuweisen.

Anmerkung

E15149

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB01528.88.0928.000

Dokumentnummer

JJT_19880928_OGH0002_0010OB01528_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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