TE OGH 1988/10/4 15Os93/88

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Veröffentlicht am 04.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Knob als Schriftführerin in der Strafsache gegen Brigitte K*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über den noch unerledigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde sowie über die Berufung der Angeklagten Brigitte K*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2.Mai 1988, GZ 35 Vr 2829/87-96, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit sowohl der Angeklagten als auch eines Verteidigers zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie der Entscheidung im Gerichtstag vorbehalten war, teilweise Folge gegeben; es werden:

1. das sonst unberührt bleibende angefochtene Urteil im Schuldspruch D 2 wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB und in dem Brigitte K*** betreffenden Strafausspruch, einschließlich der Anrechnung ihrer Vorhaft, sowie demzufolge auch

2. der zugleich mit dem Urteil verkündete und ausgefertigte Beschluß, jedoch nur in seinem Brigitte K*** betreffenden Teil I.2.,

aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen und zwar betreffend die Fakten H und I 1 wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihrer Berufung wird Brigitte K*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihr auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die am 18.März 1963 geborene Brigitte K*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB (A), des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB (D 1 und 2), des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 letzter Fall StGB (F), des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB (H) und des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB (I 1 und 2) schuldig erkannt. Ein Teil ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wurde gemäß § 285 d StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen.

In dem der Erledigung im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehaltenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde rügt Brigitte K*** zunächst unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO zutreffend, daß das angefochtene Urteil zum Schuldspruch im Punkt D 2 wegen § 146 StGB keine Entscheidungsgründe und demgemäß auch keinerlei Feststellungen enthält. Deren Fehlen begründet daher Urteilsnichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr. 8 zu dieser Gesetzesstelle).

Rechtliche Beurteilung

Mit der Aufhebung dieses Schuldspruches war aber auch der Strafausspruch zur Gänze zu kassieren und mit diesem der betreffend K*** gemäß § 494 a StPO gefaßte Widerrufsbeschluß. Denn, wenngleich derselbe nicht mit Beschwerde angefochten worden ist, ist er doch mit dem aufgehobenen Strafausspruch inhaltlich untrennbar verbunden, sodaß er dessen Schicksal teilt (15 Os 71,77/88). Dagegen versagt die Subsumtionsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO), mit welcher die Angeklagte mit Bezug auf Lehre und Rechtsprechung zum StG sowie auf eine im Schrifttum zum StGB (Pallin in WK, § 288 Rz 26, § 299 Rz 26) vertretene Ansicht, die Annahme eintätigen Zusammentreffens der Tatbestände nach §§ 288 Abs. 1 und (15), 299 Abs. 1 StGB (H und I 1 des Urteilsspruchs) mit der Begründung als rechtsirrig bezeichnet (und eine Beurteilung allein nach § 288 Abs. 1 StGB anstrebt), daß durch die zuletzt genannte Bestimmung die auf den Schutz desselben Rechtsgutes abzielende Strafvorschrift des § 299 StGB im Wege stillschweigender Subsidiarität verdrängt werde. Rechtsrichtig gesehen wird jedoch bei einem Handeln des Täters im Sinn beider Deliktstypen der kriminelle Unwert der Tat in seinem gesamten Ausmaß nur durch ihre Unterstellung unter beide Tatbestände vollständig erfaßt. Denn abgesehen davon, daß eine falsche Beweisaussage auch ohne Begünstigungsabsicht ebenso möglich ist, wie umgekehrt eine Begünstigung auf andere Weise als durch das Ablegen einer falschen Beweisaussage, sodaß § 299 StGB im Verhältnis zu § 288 StGB keineswegs etwa eine Auffangfunktion erfüllt, wird durch die Pönalisierung der Begünstigung der materielle Straf-(und Strafvollstreckungs-)anspruch des Staates, durch jene der falschen Beweisaussage vor Gericht hingegen die prozessuale Wahrheitsfindung geschützt (vgl. Pallin aaO jeweils Rz 1 zu §§ 288, 299): Von einer (nach der Beschwerdeauffassung vorauszusetzenden) Identität der Schutzobjekte beider Strafbestimmungen kann daher - mögen sie auch systematisch unter dem Oberbegriff "Rechtspflege" erfaßbar sein - mit Fug nicht gesprochen werden (in diesem Sinne Leukauf-Steininger, StGB2 RN 31 zu § 288 StGB sowie RN 28 und 29 zu § 299 StGB mit Bezug auf die deutsche Literatur und Judikatur; ferner - implicite bejahend - 10 Os 111/77).

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Anmerkung

E15653

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00093.88.1004.000

Dokumentnummer

JJT_19881004_OGH0002_0150OS00093_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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