TE OGH 1988/10/6 6Ob20/88

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Veröffentlicht am 06.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Bauer und Dr. Redl als weitere Richter in der Handelsregistersache zu HRB 22.050a des Handelsgerichtes Wien über die Verhältnisse der "A***" Betriebsberatungs- und Immobilienmakler Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien 1., Tegetthoffstraße 3/3, wegen Widerspruches gegen die im Sinne eines Antrages der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien beabsichtigte amtswegige Löschung der Firma infolge Revisionsrekurses der eingetragenen Gesellschaft, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 30. Juni 1988, GZ 6 R 120/87-24, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3. November 1987, GZ 7 HRB 22.050a-21, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und die angefochtene Entscheidung derart abgeändert, daß der erstinstanzliche Beschluß in seinem Punkt 2 wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

Ein Immobilienkaufmann und eine Angestellte schlossen zur Gründung einer Gesellschaft m.b.H. am 14. November 1985 einen Gesellschaftsvertrag. Gegenstand des Gesellschaftsunternehmens sollten die Betriebsberatung, das Immobilienmaklergewerbe, die Werbemittlung, -beratung und -vertretung, die Immobilienverwaltung, die Beteiligung an Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art sowie Vertretungen aller Art insbesondere die Fortführung des Unternehmens einer bestehenden Betriesberatungsgesellschaft sein. Vom Stammkapital in der gesetzlichen Mindesthöhe sollten der Industriekaufmann eine Stammeinlage von 90 % und die zweite Gesellschafterin eine solche von 10 % übernehmen. Als Sitz der Gesellschaft wurde vertraglich ein nahe der Bundeshauptstadt gelegener Ort in Niederösterreich festgelegt. Die gesellschaftsvertraglich bestimmte Firma lautet: "A***" Betriebsberatungs- und Immobilienmakler Gesellschaft m.b.H. Die Handelskammer Niederösterreich hat im Oktober 1985 auf Anfrage des Vertragserrichters ihre Auffassung mitgeteilt, daß die Änderung der Firma jener Gesellschaft, deren Unternehmen die später neu gegründete Gesellschaft fortzuführen als ihren Geschäftszweck erklärte, in den Wortlaut der später gegründeten neuen Gesellschaft den Bestimmungen des § 5 GmbHG zu entsprechen scheine. Diese Stellungnahme befand das Registergericht im Firmenanfallsstadium als hinreichend. Mit Eintragungsverfügung vom 2. Dezember 1985 wurde die der Anmeldung gemäße Eintragung der Gesellschaft angeordnet. Die Eintragung wurde am 17. Dezember 1985 vollzogen, die Zustellung einer Ausfertigung der Eintragungsverfügung unter anderem an die Handelskammer Niederösterreich verfügt.

Bereits mit Beschluß vom 9. Januar 1986 beschlossen die Gesellschafter unter entsprechender Änderung des Gesellschaftsvertrages, den Sitz der Gesellschaft in die Bundeshauptstadt zu verlegen. Bei der Anmeldung dieser Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister gab die Gesellschaft als neue Geschäftsanschrift ein Objekt im Haus Tegetthoffstraße 3 an.

Das Registergericht verfügte die Eintragung der angemeldeten Sitzverlegung und verfügte eine Zustellung der Eintragungsverfügung sowohl an die Handelskammer Niederösterreich als auch an die Wiener Handelskammer.

Nach Zustellung einer Ausfertigung dieser Eintragungsverfügung erhob die Wiener Handelskammer zwar keinen Rekurs, stellte aber den Antrag, die Firma gemäß den §§ 142 ff FGG zu löschen. Sie erachtete den Firmenbestandteil "A***" im Zusammenhang mit der erfolgten Sitzverlegung in eine in den Wiener Albertinaplatz einmündende Straße, aber eben nicht in das die graphische Sammlung Albertina beherbergende Palais als täuschungsgefährdend im Sinne des § 18 Abs 2 HGB. Die Handelskammer Wien bemerkte dazu, daß sie dem Verfasser des Gesellschaftsvertrages bereits im Schreiben vom 12. September 1985 diese ihre auf einer Stellungnahme der Landesinnung beruhende Ansicht (zu einer damals beabsichtigten Firmenänderung jener Gesellschaft, deren Unternehmen die neue Gesellschaft nach ihrem gesellschaftsvertraglichen Zweck fortzuführen bestimmt ist) bekanntgegeben habe.

Das Registergericht wies nach Einholung einer Stellungnahme der eingetragenen Gesellschaft den Antrag der Handelskammer auf Einleitung des Löschungsverfahrens nach § 142 FGG ab. Das Rekursgericht trug dem Registergericht in Abänderung dieser Entscheidung die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens auf. Der gegen diese Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs der Gesellschaft wurde als unzulässig zurückgewiesen

(6 Ob 13/87 = ON 18).

Die Gesellschaft führte ihren Widerspruch gegen die im Sinne des Kammerantrages von Amts wegen beabsichtigte Löschung dahin aus, daß der Namensbestandteil im beanstandeten Firmenschlagwort nichts weiter als eine zutreffende Standortbezeichnung ohne jede objektive Täuschungseignung darstelle.

Das Registergericht pflichtete dieser Ansicht bei und stellte das gemäß § 142 FGG eingeleitete Verfahren wieder ein. Das Gericht zweiter Instanz wies in Stattgebung des von der Handelskammer erhobenen Rekurses den Widerspruch der Gesellschaft zurück und trug dem Registergericht die Fortsetzung des Löschungsverfahrens auf.

Das Rekursgericht begründete die von ihm angenommene Täuschungseignung des Schlagwortes "A***" in der Firma der Immobilienmakler-, Immobilienverwaltungs-, Betriebsberatungs- und Werbegesellschaft mit der Geschäftsanschrift in der Tegetthoffstraße damit, daß in den im gegebenen Zusammenhang zu beachtenden Verkehrskreisen in Wien - im Unterschied zum bisherigen niederösterreichischen Sitz der Gesellschaft - mit dem Namen der Weltruf genießenden graphischen Sammlung ein deutlicher Zusammenhang mit dem in gleicher Weise bezeichneten Palais verbunden werde, eine solche unmittelbare räumliche Nähe zwischen dem die graphische Sammlung beherbergenden Palais und dem Gebäude, in dem sich die Gesellschaft niedergelassen habe, aber nicht bestünde. Das Firmenschlagwort erwecke die Vorstellung einer Niederlassung im Palais der graphischen Sammlung, es enthalte daher die unrichtige Anpreisung der Unterbringung im erwähnten Gebäude.

Die eingetragene Gesellschaft ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen Nichtigkeit und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses gerichteten Abänderungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Das Rekursgericht hat entgegen dem Standpunkt der Gesellschaft die dem Widerspruch stattgebende Entscheidung des Rekursgerichtes nicht aufgrund eines nach den Regelungen der §§ 141 Abs 3 und 142 Abs 2 FGG unzulässigen Rechtsmittels abgeändert:

Das Verfahren wurde durch einen von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft im Sinne des § 126 FGG gestellten Antrag eingeleitet.

§ 126 FGG räumt in dem dort umschriebenen Bereich den Organen des Handelsstandes auch in den einem amtswegigen Einschreiten des Registergerichtes nach § 142 FGG vorbehaltenen Fällen die formelle Beteiligtenstellung nach § 9 AußStrG mit Anspruch auf Antragserledigung und Rechtsmittelbefugnis ein (SZ 58/125 ua). Die aus § 141 Abs 3 FGG gefolgerte Rekursbeschränkung gilt nicht für die Organe des Handelsstandes als Verfahrensbeteiligte im Sinne des § 126 FGG, weil für sie als Antragsteller die Erhebung eines Widerspruches grundsätzlich ausgeschlossen wäre und die Rechtsmittelbeschränkung nur auf Beteiligte zu beziehen ist, die abstrakt in die Lage komme könnten, Widerspruch zu erheben. Die angefochtene Rekursentscheidung ist daher entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs nicht mit Nichtigkeit behaftet.

Die Rechtsrüge ist aber stichhältig.

Die Firma einer Gesellschaft m.b.H. muß nicht nur den positiven Voraussetzungen des § 5 Abs 1 GmbHG entsprechen, sie darf auch nicht den allgemeinen Grundsätzen des § 18 Abs 2 HGB zuwiderlaufen. Danach darf eine Firma keine Bestandteile enthalten, die zur Herbeiführung einer Täuschung über die Art und den Umfang des Geschäftes oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers (= der Gesellschaft) geeignet wären.

Firmenbestandteile mit örtlicher Beziehung drücken entweder eine mit der örtlichen Bezeichnung umschriebene Eigenart des Unternehmens, seiner Leistungen oder Erzeugnisse, eine hervorragende Bedeutung des Unternehmens für den bezeichneten örtlichen Bereich oder nur eine Standortumschreibung aus. Nach der Art des sachbezogenen Firmenteiles und des gesellschaftsvertraglich umschriebenen Unternehmensgegenstandes kann die Möglichkeit ausgeschlossen werden, daß ein in Betracht zu ziehender Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit der Verwendung eines Namens einer graphischen Sammlung die Gedankenverbindung mit einer typischen Eigenart der Geschäftstätigkeit des Firmenträgers herstellt. Aber auch die Vorstellung, daß dem unter der zusammengesetzten Firma geführten Unternehmen nach seinem gesellschaftsvertraglich umschriebenen Gegenstand und der im sachbezogenen Firmenteil ausgedrückten Tätigkeiten eine hervorragende geschäftliche Bedeutung zukommen könnte, weil die Gesellschaft sonst nicht mit dem Namen einer bedeutenden Kunstsammlung bezeichnet würde, ist für einen in Betracht zu ziehenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise nicht zu besorgen.

Als möglicherweise ungenaue oder gar irreführende Standortbezeichnung widerstreitet ein Firmenbestandteil mit örtlichem Bezugsinhalt dem Grundgedanken des § 18 Abs 2 HGB nur dann, wenn in einem in Betracht zu ziehenden Teil der Verkehrskreise solch eine unrichtige Vorstellung über den wahren Standort des Unternehmens erweckt werden könnte, die für die Art oder den Umfang des Geschäftes oder für die Verhältnisse der Gesellschaft als Geschäftsinhaberin von Einfluß sein können.

Die tatsächliche Geschäftsanschrift bezeichnet ein Gebäude im Nahbereich der Kunstsammlung und des nach ihr benannten öffentlichen Platzes. Ob sich die Geschäftsräumlichkeiten der Gesellschaft im selben Gebäude wie die Kunstsammlung, in einem unmittelbar benachbarten oder gegenüberliegenden Gebäude oder in einem in der weiteren Nachbarschaft gelegenen Haus befinden, ist für die im § 18 Abs 2 HGB genannten Umstände, über die keine Täuschung aufkommen sollte, ohne Bedeutung.

Eine nach § 18 Abs 2 HGB erhebliche Täuschungsgefahr ist daher entgegen der Ansicht der Handelskammer, der sich das Rekursgericht angeschlossen hat, nicht anzunehmen.

In Stattgebung des Rekurses der eingetragenen Gesellschaft war daher die Rekursentscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Anmerkung

E15465

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00020.88.1006.000

Dokumentnummer

JJT_19881006_OGH0002_0060OB00020_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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