Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz K***, Bundesheerbeamter, Langenlebarn, Dr. Karl-Renner-Straße 10, vertreten durch Dr. Andrea Wukovits ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Notburga W***, Gastwirtin, Zeiselmauer, Bahnhofplatz 1, vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 4.März 1988, GZ R 43/88-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 23. November 1987, GZ F 2/86-29, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekurses sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Die Rekursbeantwortung des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Gegenstand des vorliegenden Aufteilungsverfahrens ist eine von den geschiedenen Ehegatten während der Ehe erworbene und in ihrem Hälfteeigentum stehende Liegenschaft mit dem Haus Zeiselmauer, Bahnhofplatz 1, in dem sich bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft die Ehewohnung befand, aus der der Antragsteller dann auszog und in dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Beide Streitteile deuteten im Verfahren erster Instanz an, daß die Antragsgegnerin tunlichst Alleineigentümerin der Liegenschaft werden solle und alle auf der Gesamtliegenschaft haftenden Schulden zu übernehmen habe. Unterschiedliche Auffassungen wurden jedoch über das Ausmaß der von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu leistenden Ausgleichszahlung vertreten.
Der Antragsteller machte geleistete Barbeträge und erbrachte Arbeitsleistungen im Ausmaß von zusammen 1,226.000 S geltend und verwies darauf, daß die Antragsgegnerin nach der Scheidung selbst einen Betrag von 710.000 S angeboten habe. Zum Unternehmen gab er in seiner Parteienvernehmung an, daß nur die Parterreräumlichkeiten dem Gasthausbetrieb dienten, und bestritt im übrigen, daß das Unternehmen der Antragsgegnerin allein gehöre; denn auch er werde seit Jahren steuerlich mitveranlagt.
Obwohl die Antragsgegnerin einwendete, eine Aufteilung komme zum überwiegenden Teil nicht in Betracht, weil mangels gemeinsamen Gebrauchs kein eheliches Gebrauchsvermögen vorliege und vom Aufteilungsverfahren das Unternehmen auszunehmen sei, schloß sie sich grundsätzlich der Ansicht des Antragstellers an, daß die gemeinschaftliche Liegenschaft Gegenstand eines Aufteilungsverfahrens sein solle. Sie bestritt die vom Antragsteller behaupteten Aufwendungen, verwies auf ihre eigenen Leistungen (Haushaltsführung, Betreuung der Kinder, Berufstätigkeit, Beiträge ihrer Eltern), auf erst nach der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft von ihr allein getätigte werterhöhende Investitionen, auf vorhandene Verbindlichkeiten und auf einen für den Antragsteller ausgelegten Steuerbetrag. Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens errechnete sie eine dem Antragsteller bei Übernahme aller Verbindlichkeiten durch sie gebührende Ausgleichszahlung von 80.438 S, meinte aber später, sie könne wahrscheinlich überhaupt keine Ausgleichszahlung aufbringen. Das Unternehmen werde von ihr allein betrieben. Die vom Antragsteller erwähnte gemeinsame Veranlagung beziehe sich nur auf die Miteigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft, welche gegenüber dem von ihr allein betriebenen Unternehmen als Vermieterin der Betriebsräumlichkeiten auftrete, was allerdings vom Finanzamt nicht anerkannt worden sei, sodaß das Haus zu 19 % wegen der betrieblichen Nutzung habe aktiviert werden müssen. In anderem Zusammenhang brachte die Antragsgegnerin dazu vor, daß die Liegenschaft zu 52 % gewerblich genutzt werde.
Nachdem das Erstgericht mit den Parteien erörtert hatte, daß die Liegenschaft größtenteils einem Unternehmen gewidmet sei, sodaß Gegenstand der Aufteilung nur die Ehewohnung sein könne, brachte die Antragsgegnerin über Aufforderung des Erstgerichtes vor, daß sie keine Zuteilung eines Wohnrechtes begehre.
Das Erstgericht wies daraufhin den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ab. Es ging von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Die im Jahr 1971 geschlossene Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 16.9.1985 geschieden, die häusliche Gemeinschaft ist schon seit 27.10.1984 aufgehoben. Der Ehe entstammen zwei in den Jahren 1970 und 1975 geborene Kinder.
Mit Kaufvertrag vom 2.2.1979 erwarben die Streitteile die strittige Liegeschaft um den Kaufpreis von 1,4 Mill S in der Absicht, dort eine Gastwirtschaft zu betreiben.
Auf der verkauften Liegenschaft wurde schon früher ein solcher Betrieb geführt. Die Gastwirtschaft war aber seit etwa zwei Jahren stillgelegt. Nach dem Kauf erfolgten erhebliche Investitionen. Die Parteien benützten zunächst Gästezimmer im ersten Stock als Ehewohnung. Die Absicht, im Dachgeschoß eine Wohnung auszubauen, wurde erst nach der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft von der Antragsgegnerin verwirklicht.
Der Gastgewerbebetrieb wurde von der Antragsgegnerin geführt. Der Antragsteller ging weiter seinem Beruf als Heeresbeamter nach. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 2,680.600 S, unter Berücksichtigung einer an den Verkäufer zur Abdeckung der Kaufpreisrestforderung von 600.000 S zu zahlenden Zeitrente 2,370.220 S; der Ertragswert beläuft sich auf 2,741.760 S. Seit dem Wegzug des Antragstellers zahlt die Antragsgegnerin die laufenden Verbindlichkeiten allein zurück.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Liegenschaft teilweise als Ehewohnung gedient habe und im übrigen dem Unternehmen gewidmet sei. Eine Entscheidung über die Ehewohnung habe zu entfallen, weil die Parteien trotz Anleitung des Gerichtes ausdrücklich keine Aufteilungsanträge gestellt hätten. Das Unternehmen sei gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG nicht in die Aufteilung im außerstreitigen Verfahren einzubeziehen. Eine Aufteilung der Liegenschaft komme auch deshalb nicht in Frage, weil die Antragsgegnerin nicht in der Lage sei, dem Antragsteller eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten, sodaß hier nur eine Aufrechterhaltung des bisherigen Miteigentums in Betracht komme. Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs zulässig ist.
Das Gericht zweiter Instanz verwies auf die übereinstimmende Auffassung beider Teile, daß die gemeinschaftliche Liegenschaft in die Aufteilung einzubeziehen sei. Die Ablehnung einer Aufteilung wegen der nicht möglichen Auferlegung einer angemessenen Ausgleichszahlung im Sinne der Entscheidung EFSlg 48.992 sei nicht gerechtfertigt, weil die von der Antragsgegnerin vorgelegte Abrechnung nicht entsprechend erörtert worden sei. Die Gastwirtschaft als selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit sei dabei jedoch nicht einzubeziehen, wohl aber das Haus, soweit es für eheliche Zwecke verwendet worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt. Für eine Aufteilung wäre nur dann kein Raum, wenn, abgesehen von der früheren Ehewohnung, die gesamte Liegenschaft zu einem Unternehmen gehört und die Parteien übereinstimmend beantragt hätten, die Ehewohnung nicht in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen. Nach dem bisherigen Verfahrensstand sind aber diese beiden Voraussetzungen nicht gegeben.
Bei der Ehewohnung steht bisher nur fest, daß die Antragsgegnerin keine Zuteilung durch Begründung eines Wohnungsrechtes begehrt. Alles andere ist offen, zumal der Antragsteller die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens beantragt hat. Auch wenn bisher keine konkreten Anträge der Parteien vorliegen, kommen daher verschiedene Lösungsmöglichkeiten in Betracht. Es kann der Antragsgegnerin zB auch ohne ihren eigenen Antrag die Benützung der Ehewohnung gegen Zahlung eines Benützungsentgeltes eingeräumt werden oder es kann ihr ein dem Wert der Ehewohnung entsprechender Miteigentumsanteil an der Liegenschaft gegen Leistung einer Ausgleichszahlung übertragen werden. Eine Bindung an die Lösungsvorschläge der Parteien besteht im Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht, das Gericht kann auch eine von keinem Beteiligten vorgeschlagene Regelung anordnen (EFSlg 51790 bis 51972). Es wäre nur unstatthaft, etwas aufzuteilen, was die Beteiligten gar nicht aufgeteilt wissen wollen, also den Parteien gegen ihren Willen eine Rechtsgestaltung über jene Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aufzuzwingen, die sie weder ausdrücklich noch zumindest erkennbar zum Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gemacht haben (EFSlg 48985, 48986).
Beim Unternehmen ist bisher ungeklärt, welche Teile der gemeinschaftlichen Liegenschaft im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (SZ 54/149) dem Unternehmen gewidmet waren. Abgesehen von der Ehewohnung ist von einem Bauplatz die Rede, von dem nicht feststeht, ob es der Grund ist, auf dem das Haus Zeiselmauer, Bahnhofsplatz 1, steht, oder etwa der Grund, auf dem das ebenfalls erwähnte Blockhaus steht. Weiters ist die Einwendung des Antragstellers noch nicht ausreichend erörtert, daß nur die Parterreräumlichkeiten dem Unternehmen gewidmet waren. Hingegen würde der Umstand, daß die Parteien vielleicht als Miteigentümer bestimmte Räumlichkeiten des gemeinschaftlichen Hauses der Antragsgegnerin, also einem von ihnen, zum Zwecke des Betriebes eines Unternehmens vermietet haben (vgl zur grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Mietverträge MietSlg 22110, 30168), noch nicht bedeuten, daß dann nur das Mietrecht, nicht aber die zum Unternehmen gewidmeten Teile der Liegenschaft selbst vom Aufteilungsverfahren auszunehmen wären. Der Zweck der Bestimmung des allgemein formulierten § 82 Abs 1 Z 3 EheG ("Sachen, die zu einem Unternehmen gehören"), nämlich die tunlichste Erhaltung von Unternehmen, verbietet eine einschränkende Auslegung. Bei einem Alleineigentümer wrde die Aufspaltung in eine Stellung als Privatmann (Eigentümer der Liegenschaft) und Unternehmer (Quasi-Bestandnehmer) als fiktive Konstruktion abgelehnt (6 Ob 590/84). Aber auch bei Miteigentum beider Ehegatten kann nichts anderes gelten. Würde nur das Mietrecht aufrechterhalten und von der Aufteilung ausgenommen, die Liegenschaftshälfte des Antragstellers aber beispielsweise der Antragsgegnerin gegen Zahlung einer entsprechenden Ausgleichssumme zugewiesen, so könnte der Fall eintreten, daß die Antragsgegnerin auch mit ihrem Unternehmen in wirtschaftliche Bedrängnis gerät. Unter Eheleuten müßte kein angemessener Mietzins vereinbart worden sein, sodaß auch nicht etwa die von der Antragsgegnerin bei Aufnahme eines Kredites zu entrichtenden Zinsen dem früher zu bezahlenden Mietzins entsprechen müßten. Auch wenn also ein Ehegatte seine Liegenschaft oder seinen Liegenschaftsanteil teilweise dem anderen Ehegatten zum Zwecke des Betriebes eines Unternehmens vermietet hätte, scheiden die davon betroffenen Teile der Liegenschaft vom außergerichtlichen Aufteilungsverfahren aus.
Unrichtig ist in diesem Zusammenhang die in der Entscheidung zweiter Instanz anklingende Auffassung, daß die Liegenschaft im vorliegenden Fall schon deshalb in ein Aufteilungsverfahren einzubeziehen sei, weil dies beide Parteien übereinstimmend begehren. Die Parteien können nicht das außerstreitige Verfahren vereinbaren, soweit das Gesetz dieses gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG zwingend ausschließt.
Da das Erstgericht bisher keine Feststellungen über die beiderseitigen Beiträge getroffen hat und auch die beiderseitige Leistungsfähigkeit und die gesamten Lebensbedingungen nicht untersucht wurden, kann derzeit eine Aufteilung der nicht dem Unternehmen gewidmeten Teile der Liegenschaft aber auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil schon feststünde, daß kein Teil eine Ausgleichszahlung aufbringen kann und daher nur die Aufrechterhaltung des beiderseitigen Miteigentums in Betracht kommt (EFSlg 48992).
Ungeachtet der nach § 231 Abs 1 AußStrG vorgesehenen Zweiseitigkeit des Rechtsmittels gegen die Sachentscheidung beträgt im Aufteilungsverfahren mangels einer abweichenden gesetzlichen Anordnung (wie etwa nach § 37 Abs 3 Z 17 MRG) die Frist für die Beantwortung des Rekurses nur 14 Tage, woran die Zivilverfahrens-Novelle 1983 nichts geändert hat (EFSlg 42915). Die Rekursbeantwortung war daher als verspätet zurückzuweisen. Da die Erhebung des Rekurses zur Klärung von Rechtsfragen beitrug, entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Rekurses wie sonstige Verfahrenskosten zu behandeln.
Anmerkung
E15388European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00528.88.1006.000Dokumentnummer
JJT_19881006_OGH0002_0030OB00528_8800000_000