TE OGH 1988/10/12 9ObA241/88

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Veröffentlicht am 12.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hilde R***, Dipl.-Ordinationshilfe, Straden, Grub II/14, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Dr. Christina S***, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Gamlitz 120, vertreten durch Dr. Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 98.646,- brutto sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Juni 1988, GZ 7 Ra 29/88-21, womit das Versäumungsurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 26. Juni 1987, GZ 36 Cga 1103/87-4, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hob das vom Erstgericht gegen die Beklagte erlassene Versäumungsurteil wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens auf; über den Antrag der Klägerin auf Fällung eines Versäumungsurteils sei erst nach Erledigung des Vertagungsantrages der Beklagten vom 25. Juni 1987 zu entscheiden (vgl SZ 54/105). Einen Rechtskraftvorbehalt setzte die zweite Instanz diesem Aufhebungsbeschluß nicht bei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene, als Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs der Klägerin ist entgegen ihren Ausführungen unzulässig.

Gemäß der - den §§ 519 Abs 2 und 527 Abs 2 letzter Satz ZPO nachgebildete - Bestimmung des § 45 Abs 4 ASGG darf das Gericht zweiter Instanz einen Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO oder nach § 527 Abs 2 erster Satz ZPO nur aussprechen, wenn der Rekurs nicht schon nach § 528 Abs 1 Z 2 bis 4 oder 6 ZPO unstatthaft ist und es erachtet, daß die Voraussetzungen nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG gegeben sind, oder wenn der Wert des Streitgegenstandes, über den es entscheidet, - wie hier - an Geld oder Geldeswert S 30.000,- übersteigt. Das Zitat in der Rekursschrift ("Kuderna, ASGG 243"), auf das die Rekurswerberin die Zulässigkeit ihres Rekurses stützt, bezieht sich auf Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz (§ 528 ZPO), in denen dieses als Rekursgericht bestätigend oder abändernd entschieden hat. Für den Bereich des ASGG gilt der § 528 Abs 2 ZPO mit der Maßgabe, daß als Zulässigkeitsvoraussetzung die Vorschrift des § 46 Abs 2 ASGG an die Stelle des § 502 Abs 4 ZPO tritt (§ 46 Abs 3 ASGG). Für die Anfechtbarkeit der im Berufungsverfahren ergehenden Beschlüsse des Berufungsgerichtes (§ 519 ZPO) tritt hingegen an die Stelle der Bestimmung des § 519 Abs 2 erster Satz ZPO, in der auf § 502 Abs 4 ZPO verwiesen wird, die bereits oben zitierte Vorschrift des § 45 Abs 4 ZPO (die überdies auch den § 527 Abs 2 letzter Satz ZPO für aufhebende Beschlüsse des Rekursgerichtes ersetzt !§ 46 Abs 3 ASGG).

Die Anbringung eines Rechtskraftvorbehaltes nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO (§ 45 Abs 4 ASGG) ist nicht nur bei Aufhebung des Ersturteils nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO zulässig, also weil erheblich scheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert wurden und die zweite Instanz die Überprüfung dieser Rechtsansicht durch den Obersten Gerichtshof vor der Durchführung der aufgetragenen Ergänzung eröffnen will; die Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes ist vielmehr auch bei Verfahrensmängeln nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO (und wegen eines Nichtigkeitsgrundes) zulässig und wirksam (Fasching IV 413; derselbe auch LB Rz 1822 am Ende). Auch in solchen Fällen kann daher der Aufhebungsbeschluß nur dann angefochten werden, wenn das Berufungsgericht in diesem Beschluß gemäß § 519 Abs 1 Z 3 ZPO (§ 45 Abs 4 ASGG) ausgesprochen hat, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses aufzunehmen oder fortzusetzen sei. Mit diesem Rechtskraftvorbehalt wird in Wahrheit ein Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß vom Berufungsgericht im Rahmen seines gesetzlich gebundenen Ermessens zugelassen (Fasching LB Rz 1822). Wenn das Berufungsgericht aber einen solchen Rechtskraftvorbehalt in seinem Beschluß nicht aufnimmt, dann ist weder ein ordentlicher noch ein außerordentlicher Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig (Kunderna, ASGG 229 f). Da die Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes hier unterblieben ist, ist der Rekurs der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagten gebühren für die Rekursbeantwortung keine Kosten, da ihr Rechtsmittel kein substantiiertes Vorbringen zur Frage der Unzulässigkeit enthält.

Anmerkung

E15523

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00241.88.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19881012_OGH0002_009OBA00241_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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