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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §10 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des SD in H, vertreten durch den Vater YD, dieser vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 14. Februar 2005, Zl. 142.928/2-III/4/04, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Devolutionsweg ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß den §§ 14 Abs. 2 und 28 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.
Zur Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass sich der in Österreich geborene Beschwerdeführer seit seiner Geburt im Bundesgebiet aufhalte und dessen Vater, nicht jedoch dessen Mutter, über einen Aufenthaltstitel verfüge. Dem Vater des Beschwerdeführers komme nicht das alleinige Recht zur Pflege und Erziehung zu, weshalb der Antrag "auch gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen war".
Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig in Österreich aufgehalten, jedoch nicht die für eine Inlandsantragstellung genannten Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 FrG erfüllt. Ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall aus humanitären Gründen nach § 10 Abs. 4 FrG liege nicht vor. Die Antragstellung vor der Einreise sei von wesentlicher Bedeutung und es führe eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrages. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung (§ 14 Abs. 2 FrG) auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, sei daher entbehrlich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. Juni 2005, B 358/05- 5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat, erwogen:
§ 14 Abs. 2 FrG lautet:
"Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für kurzfristig beschäftigte Fremde (§ 5 AuslBG) kann nach der Einreise gestellt werden, wenn der Fremde an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist. Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 vor, kann der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden."
Gemäß § 28 Abs. 2 FrG in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2000 sind Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, während ihrer ersten sechs Lebensmonate von der Sichtvermerkspflicht befreit, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes allein zukommt, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen ist; dies gilt jedoch nur solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibt, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem aus anderem Grund als wegen Verzichts der Mutter allein das Recht zur Pflege und Erziehung zukommt. Außerdem besteht für solche Kinder Sichtvermerksfreiheit während der ersten sechs Lebensmonate, sofern und so lange deren Pflege und Erziehung einem österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet allein zukommt.
In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten hat. Fallbezogen ist daher zunächst zu prüfen, ob er bisher - iSd § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG - für die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte. Diesbezüglich käme § 28 Abs. 2 FrG in Betracht. Dazu bringt die Beschwerde zwar vor, dass der Beschwerdeführer nur im Reisepass des Vaters miteingetragen sei und dieser die Erziehung und Pflege des Beschwerdeführers tatsächlich ausübe; es wird aber nicht behauptet, dass dem Vater allein das Recht zur Pflege und Erziehung zukomme. Aus diesem Grund bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer eine Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes nicht aus § 28 Abs. 2 FrG ableiten könne. Damit kann er sich nicht auf § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG berufen, weshalb der Beschwerdeführer grundsätzlich verpflichtet war, den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Ausland zu stellen und die Erledigung im Ausland abzuwarten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2002/18/0094). Entgegen der Beschwerdeansicht begegnet die (novellierte) Regelung des § 28 Abs. 2 FrG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 2002/18/0094).
Auch der Hinweis auf § 10 Abs. 4 FrG vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Zwar kann bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, somit in (aus humanitären Gründen) "besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" ausnahmsweise einerseits der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG im Inland gestellt werden und besteht andererseits gemäß § 19 Abs. 2 Z 6 FrG für die in § 20 Abs. 1 erster Satz FrG genannten Familienangehörigen eines rechtmäßig auf Dauer niedergelassenen Fremden auch keine "Quotenpflicht" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0195 bis 0197). Ist ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" gegeben, so schließt dies somit die Abweisung des Antrages auf Erstniederlassungsbewilligung wegen Inlandsantragstellung aus. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK auch auf die familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zlen. 2004/21/0195 bis 0197). Diesbezüglich bringt die Beschwerde - die ausdrücklich zugesteht, dass die Mutter des Beschwerdeführers nicht über einen Aufenthaltstitel verfügt - aber lediglich vor, dass die persönliche Nahebeziehung des Beschwerdeführers zu seinem leiblichen Vater ein berücksichtigungswürdiger Fall aus humanitären Gründen sei. Damit allein wird jedoch nicht eine Konstellation angesprochen, die nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119, 120/03, als besonders berücksichtigungswürdiger Fall zu werten wäre. Es ist daher nicht als rechtswidrig anzusehen, dass die belangte Behörde das Vorliegen von "besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG verneint und den Antrag unter Berufung auf § 14 Abs. 2 (erster Satz) FrG abgewiesen hat.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2005
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210289.X00Im RIS seit
05.12.2005Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011