Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Johannes W***, Bregenz, Eichholzstraße 6, vertreten durch DDr. Hubert Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Ö*** N*** AG, Wien 9, Otto Wagner-Platz 3,
vertreten durch Dr. Viktor Cerha, Dr. Karl Hempel, Dr. Dieter Cerha, Dr. Benedikt Spiegelfeld und Dr. Edith Hlawati, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 90.000,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. April 1988, GZ 5 Ra 6/88-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 28. September 1987, GZ 34 Cga 1049/87-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend wird den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes entgegengehalten:
Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei den Dienstbestimmungen (DB) der Beklagten mangels Erfüllung der im ArbVG bzw. im Kollektivvertragsgesetz 1947 normierten formalen und inhaltlichen Voraussetzungen weder um einen Kollektivvertrag im Sinne des § 2 ArbVG noch um eine Betriebsvereinbarung im Sinne des § 29 ArbVG noch um eine Arbeitsordnung im Sinne der §§ 21 ff Kollektivvertragsgesetz 1947.
Die mit § 38 Abs 2 Nationalbankgesetz dem Generalrat der Beklagten
übertragene Regelungsbefugnis ist aber, wie der Oberste Gerichtshof
zu den ähnlichen Ermächtigungen enthaltenden Regelungen des
§ 59 Abs 4 Handelskammergesetz (Arb. 9.061) und des
§ 18 Abs 5 Arbeiterkammergesetz (9 Ob A 50/88) ausgesprochen hat,
schon mangels der nach Art. 18 B-VG erforderlichen gesetzlichen
Determination wenigstens der Grundzüge der zu treffenden Regelungen
bei verfassungskonformer Interpretation auch nicht als Ermächtigung
zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse mit den eigenen
Arbeitnehmern mittels Verordnung, sondern lediglich als Befugnis zur
Aufstellung von Vertragsschablonen zu qualifizieren. Derartige
Vertragsschablonen werden erst im Wege der ausdrücklichen oder
stillschweigenden Unterwerfung Inhalt der nach der ausdrücklichen
Regelung des § 38 Abs 1 Nationalbankgesetz privatrechtlich
gestalteten Einzelarbeitsverträge. Dies kommt auch in der Präambel
zu den DB "je nach der Art des Dienstverhältnisses werden - soweit
nicht abweichende Vereinbarungen getroffen werden - die
entsprechenden Teile dieser DB Inhalt des einzelnen Dienstvertrages"
zum Ausdrück. Der in der Präambel vorgesehene Vorbehalt, mit
Einzelvertrag von der mit den DB vorgegebenen Vertragsschablone
abweichende Regelungen zu treffen, berechtigte die Beklagte auch
dann, wenn man davon ausgeht, daß sie zufolge § 38 Abs 2 Satz 1
Nationalbankgesetz verpflichtet ist, den mit ihren Arbeitnehmern
abzuschließenden Arbeitsverträgen grundsätzlich die DB als
Vertragsschablone zugrundezulegen, davon mit Einzelvereinbarung auch
zu Ungunsten des Arbeitnehmers abzugehen. Die Beklagte war daher
berechtigt, für die Zukunft eine Gehaltszulage nur unter der
Bedingung zu gewähren, daß sie nicht in die Bemessungszulage für die
Pension einbezogen wird. Ein "plötzlicher Eingriff in wohlerworbene
Rechte" liegt hier anders als in dem der Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes ÖJZ 1987, 696, zugrundeliegenden Fall nicht
vor, weil der Kläger die mit der gegenständlichen
Repräsentationszulage zusätzlich honorierte Tätigkeit eines
Zweigstellenleiters nicht etwa im Vertrauen darauf erbrachte, daß
diese Zulage auch pensionsfähig sei, sondern die gemäß § 48 DB ("Die
Bank kann dem Dienstnehmer ..... für eine bestimmmte Tätigkeit, mit
der eine erhöhte Verantwortung ..... verbunden ist oder die
spezielle ..... Ausbildungserfordernisse voraussetzen, besondere
Zulagen gewähren (z.B. Funktionszulagen,
Repräsentationszulagen .....)") nicht zwingend vorgesehene
zusätzliche Leistung des Arbeitgebers unter ausdrücklicher
Zustimmung zu der mit ihrer Gewährung verbundenen Bedingung ("nicht
pensionsfähig") entgegennahm.
Zu Unrecht wirft der Revisionswerber der Beklagten auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor. Dieser Grundsatz hindert den Arbeitgeber nicht, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen den ab einem bestimmten Zeitpunkt in Betracht kommenden Arbeitnehmern nicht mehr zu gewähren (vgl. DRdA 1985, 294, mit diesbezüglich im Ergebnis zustimmender Besprechung von Binder = Arb. 10.241). Der Revisionswerber kann daher aus dem Umstand, daß die Beklagte, wie sie in der Revisionsbeantwortung einräumt, erst ab 1969 bei Ernennung von Zweigstellenleitern mit diesen regelmäßig vereinbarte, daß die für diese Funktion gewährten Repräsentationszulagen nicht pensionsfähig seien, für seinen Standpunkt nichts gewinnen.
Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers besteht auch kein Anlaß zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes. Die Einräumung einer keine Außenwirkungen gegenüber Dritten entfaltenden, sondern lediglich die Erlassung von Vertragsschablonen zur einheitlichen Gestaltung der mit den Arbeitnehmers abzuschließenden privatrechtlichen Arbeitsverträge gestattenden Regelungsbefugnis verstößt, wie der Oberste Gerichtshof zu 9 Ob A 50/88 ausführlich dargelegt hat, nicht gegen das in Art. 18 B-VG normierte Legalitätsprinzip. Die Frage aber, ob eine bestimmte Regelung im Rahmen der dem Privatrecht zuzuordnenden Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten mit ihren Bediensteten wirksam zustandegekommen ist, ist von den ordentlichen Gerichten abschließend zu beurteilen, so daß die Anregung des Revisionswerbers, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, nicht aufgegriffen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E15836European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00222.88.1012.000Dokumentnummer
JJT_19881012_OGH0002_009OBA00222_8800000_000