TE OGH 1988/10/19 14Os148/88

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Veröffentlicht am 19.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Knob als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Siegfried P*** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.April 1988, GZ 3 c Vr 10.634/87-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Berger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB auf 4 (vier) Monate herabgesetzt wird. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Siegfried P*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 (zweiter Fall), 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 15.Jänner 1987 in Wien durch das an die Vertragsbediensteten Friedrich S*** und Ruth S*** gerichtete Ansinnen, den gerichtlichen Einlaufstempel zwecks fristgerechter Datierung seines gegen den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 17.Dezember 1986, AZ 4 C 4.000/86, erhobenen Einspruchs um einen Tag rückzudatieren, die Genannten dazu zu bestimmen versucht, als Beamte mit dem Vorsatz, die Kläger Stefan Z*** und Helmut S*** an ihrem Recht auf Erlangung einer rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheidung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Mit dem eine Undeutlichkeit (Z 5) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite reklamierenden Vorbringen stellt der Beschwerdeführer nicht auf den gesamten, Spruch und Entscheidungsgründe umfassenden Urteilsinhalt ab, aus dem sich ergibt, daß der Angeklagte bei dem Versuch, Ruth S*** und Friedrich S*** zur Anbringung eines rückdatierten Eingangsvermerkes auf seinem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zu bestimmen, in bezug auf den angestrebten Befugnismißbrauch wissentlich sowie mit dem Vorsatz gehandelt hat, die Prozeßgegner Stefan Z*** und Helmut S*** an ihren sich aus der Rechtskraft des Zahlungsbefehles ergebenden Rechten zu schädigen. Denn das Schöffengericht hat festgestellt, daß sich der Angeklagte der Bedeutung der Rechtzeitigkeit seines Rechtsmittels ebenso bewußt war, wie der Bedeutung und der Auswirkungen der von ihm angestrebten verbotenen (US 5) Veränderung der Eingangsdatierung (US 7).

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) diese Urteilsannahmen übergeht und mit Bezug auf seine - im Urteil wiedergegebene (US 8), insgesamt aber als bewußt tatsachenwidrig erkannte (US 9) - Verantwortung in der Hauptverhandlung, wonach er sich bloß den Aufwand einer Wiedereinsetzung habe ersparen wollen, deren Bewilligung er mit Bestimmtheit erwartet habe, für ihn günstigere, die Möglichkeit einer Schädigung der Gegenpartei ausschließende Tatsachenfeststellungen begehrt, bringt er den angezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an dem gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt zur Voraussetzung hat, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Aber auch mit dem weiteren Einwand (Z 9 lit a), es fehle an Feststellungen darüber, ob die in der Geschäftsabteilung (und nicht - wie der Vertragsbedienstete Friedrich S*** - in der Einlaufstelle) Dienst versehende Vertragsbedienstete Ruth S*** überhaupt befugt gewesen wäre, den Einlaufstempel des Bezirksgerichtes für Handelssachen zu verwenden, woran der Beschwerdeführer die Frage nach der (absoluten) Untauglichkeit seines Bestimmungsversuches in bezug auf Ruth S*** knüpft, ist er nicht im Recht. Angesichts der einschlägigen Vorschriften (§§ 37, 99, 100 Abs. 2, 102 Geo) kann jedenfalls nicht gesagt werden, es wäre das (auch) an die zur Entgegennahme von Schriftstücken und Beurkundung der Zeit ihres Einlangens nicht konkret eingeteilte Vertragsbedienstete S*** gerichtete Ansinnen, das Einlaufdatum zugunsten des Beschwerdeführers zu manipulieren, unter keinen Umständen geeignet gewesen, den von ihm angestrebten verpönten Erfolg herbeizuführen (§ 15 Abs. 3 StGB).

Demmach beurteilte der Schöffensenat den Versuch des Angeklagten, auch die in der Kanzlei Dienst versehende Ruth S*** zur Übernahme seines Einspruches gegen den Zahlungsbefehl unter Rückdatierung des Eingangsvermerkes zu bewegen, rechtsrichtig als mißlungene Bestimmung zum Verbrechen des Amtsmißbrauchs. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 302 Abs. 1 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, die es ihm für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es wertete dabei die Tatwiederholung als erschwerend, als mildernd hingegen seine bisherige Unbescholtenheit und daß es beim Versuch geblieben ist. Mit seiner gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer bedingten Geldstrafe (§ 37 StGB), in eventu eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter das gesetzliche Mindestmaß (§ 41 StGB) an.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Die Milderungsgründe überwiegen im vorliegenden Fall den einzigen Erschwerungsgrund beträchtlich und es besteht auch begründete Aussicht, daß der Berufungswerber, der sich ersichtlich nur in einer besonderen Situation zu den strafbaren Handlungen hat hinreißen lassen, auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Dementsprechend konnte die Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß reduziert werden. Die darüber hinaus begehrte Veränderung der Strafart kam jedoch nicht in Betracht, weil der Anwendung des § 37 StGB auf nicht gerade atypisch leichte Angriffe gegen die Integrität der Justiz generalpräventive Bedenken entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E15609

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00148.88.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19881019_OGH0002_0140OS00148_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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