Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max Z***, Kaufmann, Lienz, Judengasse 1, vertreten durch Dr. Josef Hippacher, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Kurt S*** jun., Kaufmann, D-8060 Dachau, Jakob Schmid-Straße 38, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen 111.183,41 S samt Anhang infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25. März 1988, GZ 2 a R 114/88-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 26. November 1987, GZ 2 C 1155/87x-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 514,35 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Kurt S*** sen., der Vater des Beklagten, war aufgrund des Kaufvertrages vom 28. April 1976 Eigentümer der Liegenschaft EZ 1635 KG Lienz, welcher die Grundstücke 213/5 Garten und 458 Baufläche zugeschrieben sind. Außerdem war Kurt S*** sen. Mieter des im Eigentum des Klägers stehenden "Türmls" in Lienz, in dem er ein Kaffeehaus betrieb. Bis einschließlich Dezember 1985 kam Kurt S*** sen. seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses nach, der sich zuletzt auf 6.900 S monatlich belief. In der Folge geriet Kurt S*** sen. mit der Mietzinszahlung in Verzug, was vom Kläger betriebene Klagen und Exekutionen auslöste. Am 17. September 1986 wurde das Mietobjekt zwangsweise geräumt und dem Kläger übergeben.
An rückständigen Mietzinsen, Klags- und Exekutionskosten ist ein Betrag von insgesamt 111.183,41 S offen. Hievon entfallen 69.424,39 S auf Mietzinse und die restlichen 41.759,02 S auf Klags- und Exekutionskosten, wofür rechtskräftige Exekutionstitel aus einem Zeitraum vom 4. Juni 1986 bis zum 30. Dezember 1986 vorliegen. Die wider Kurt S*** sen. eingeleiteten Exekutionsschritte brachten keinen Erfolg. Kurt S*** sen. lebt seit der Räumung seines Kaffeehauses von der Notstandshilfe und ist vermögenslos. Am 23. Jänner 1987 und am 7. Mai 1987 legte er Offenbarungseide ab, aus denen sich lediglich uneinbringliche Forderungen des Kurt S*** sen. von etwa 300 S bis 400 S ergeben. Im Jahre 1985 wurde Kurt S*** sen. von der Buchgläubigerin ÖCI-AG bedrängt, weil er mit der Rückzahlung von Tilgungsraten in Verzug geraten war. Die Gläubigerin drohte Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 1635 KG Lienz an, weshalb Kurt S*** sen. eine außergerichtliche Veräußerung versuchte, um seine Verbindlichkeiten abstatten zu können. Es meldeten sich zwar zahlreiche Interessenten, doch war keiner von ihnen bereit, mehr als etwa 2,100.000 S zu zahlen. Allein die Forderungen der ÖCI-AG des LANDES TIROL beliefen sich auf 2,426.946,76 S und 237.057,34 S. Da der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Beklagte das Elternhaus erhalten und ohnedies ein Objekt in Deutschland oder Österreich erwerben wollte, setzte er sich im Oktober 1985 mit der ÖCI-AG in Verbindung. Im Rahmen von Verhandlungen verpflichtete sich der Beklagte sodann, der ÖCI-AG bis zum 10. November 1985 100.000 S, bis zum 10. Dezember 1985 weitere 100.000 S, während der zweiten Hälfte des Jänner 1986 weitere 150.000 S und ab 1. März 1986 die vereinbarten Annuitäten von 73.386 S und 19.220 S zu zahlen. Als Gegenleistung verlangte der Beklagte von Kurt S*** sen. die Überlassung der Liegenschaft. Deshalb kam am 15. November 1985 zwischen dem Beklagten und Kurt S*** sen. ein fälschlicherweise als "Schenkungs- und Übergabsvertrag" bezeichneter Vertrag zustande. Damals war die Liegenschaft des Kurt S*** sen. mit Pfandrechten zugunsten des LANDES TIROL und der ÖCI-AG belastet, welchen Pfandrechten offene Forderungen von 237.057,34 S und 2,426.946,76 S zugrundelagen. Als Gegenleistung für die Überlassung der Liegenschaft verpflichtete sich der Beklagte, diese Forderungen abzustatten. Da sich der Schätzwert der Liegenschaft auf 2,529.072 S belief, kann von einer Schenkung keine Rede sein. Im Falle einer exekutiven Veräußerung wäre erfahrungsgemäß nur ein den Schätzwert unterschreitendes Meistbot zu erzielen gewesen. Die Übergabe der Liegenschaft an den Beklagten erfolgte bereits im Oktober 1985, nachdem sich der Beklagte der ÖCI-AG gegenüber zur Abstattung der Rückstände verpflichtet hatte. Sie erfolgte durch Überlassung der Versicherungspolizzen und sonstigen auf das Haus bezüglichen Unterlagen durch Kurt S*** sen. an den Beklagten, der im Haus des Kurt S*** sen. ohnedies bereits im Rahmen eines Zweitwohnsitzes wohnte. Seither kommt der Beklagte auch für die mit der Führung des Hauses verbundenen Betriebskosten auf.
Eine Verbücherung des Schenkungs- und Übergabsvertrages vom 15. November 1985 erwies sich in der Folge trotz der tatsächlich stattgefundenen Übergabe als nicht möglich, weil vom Grundbuchsgericht ein Notariatsakt verlangt wurde. Aus diesem Grunde kam am 30. Juli 1986 ein entsprechender Notariatsakt zwischen dem Beklagten und Kurt S*** sen. zustande, der noch am selben Tag der Verbücherung zugeführt wurde. Seither steht die Liegenschaft EZ 1635 KG Lienz auch im bücherlichen Eigentum des Beklagten.
Zwischen dem 15. November 1985 und dem 30. Juli 1986 war es zu weiteren Belastungen der Liegenschaft gekommen: Am 12. Mai 1986 ließ die TIROLER GEBIETSKRANKENKASSE für Arbeiter und Angestellte aufgrund des Rückstandsausweises vom 30. April 1986 eine Forderung von 36.304,19 S samt Anhang intabulieren, am 21. Mai 1986 Andrä V*** aufgrund des Versäumungsurteils vom 9. Oktober 1986 eine solche über 20.958,22 S samt Anhang und am 11. Juli 1986 die REPUBLIK ÖSTERREICH eine solche über 28.500 S samt Anhang. Der Punkt IV des Vertrages vom 15. November 1985 wurde jedoch nur dahin ergänzt, daß der Beklagte auch die Rückzahlungsverpflichtungen des Kurt S*** sen. gegenüber dem L*** T*** übernehmen sollte, was jedoch ohnedies von vornherein vereinbart gewesen war. Tatsächlich hat der Beklagte aus eigenen Einkünften und Ersparnissen nicht nur die mit der ÖCI-AG vereinbarten Rückzahlungsraten abgestattet, sondern auch weitere Verbindlichkeiten des Kurt S*** sen. getilgt. Die Forderung der T*** G*** wurde zwischenzeitig zur Gänze
abgestattet, jene des Andrä V*** war am 30. Juni 1986 noch mit dem Betrag von 16.283,41 S offen, die R*** Ö*** wurde am 16. Juli 1986 zur Gänze befriedigt. Im Verbücherungszeitpunkt am 30. Juli 1986 haftete das Wohnbauförderungsdarlehen des L*** T*** mit 239.098,34 S aus; gegenüber der ÖCI-AG war eine Verbindlichkeit von noch 2,110.999,14 S aufrecht.
Die Übergabe der Liegenschaft an den Beklagten erfolgte nicht in der Absicht, den Kläger zu benachteiligen. Im Übergabszeitpunkt (Oktober 1985) bestand noch kein Mietzinsrückstand, weil die Miete von Kurt S*** sen. bis Ende 1985 bezahlt worden ist. Abgesehen davon hat der Vermögensübergang an den Beklagten keine Schlechterstellung des Klägers bewirkt, weil dessen im Jahr 1986 aufgelaufene Forderung im Versteigerungsfall keine Deckung gefunden hätte, sodaß eine Benachteiligung des Klägers ausscheidet. Außerdem beabsichtigten der Beklagte und Kurt S*** sen. keine Benachteiligung des Klägers, sodaß dem Beklagten auch keine eventuelle entsprechende Absicht des Kurt S*** sen. bekannt sein mußte. Eine Vermögensverschleuderung durch Kurt S*** sen. etwa im Rahmen einer unentgeltlichen Verfügung liegt gleichfalls nicht vor, zumal der Beklagte für die Liegenschaft ohnedies mehr aufbringen muß, als diese überhaupt wert ist. Der Schätzwert der Liegenschaft ist nämlich sowohl im Zeitpunkt der Übergabe als auch im Zeitpunkt der Verbücherung mit 2,529.072 S festzusetzen. Müßte das Objekt des Beklagten im Wege einer Zwangsversteigerung veräußert werden, dann läßt sich mit Sicherheit nur ein Erlös erzielen, der den angeführten Schätzwert erheblich unterschreitet. Der Beklagte hat sich nie verpflichtet, für die Verbindlichkeiten des Kurt S*** sen. gegenüber dem Kläger aufzukommen. Da der Beklagte während seiner Urlaubszeit gelegentlich im Kaffeehaus seines Vaters aushalf, fielen ihm die Mietzinsrückstände im Juni 1986 aufgrund der Korrespondenz auf. Er wendete sich deshalb am 11. Juni 1986 an den Kläger und erkundigte sich wegen des Rückstandes. Der Kläger verwies den Beklagten an den Klagevertreter, mit welchem sich der Beklagte fernmündlich in Verbindung setzte. Dabei bat der Beklagte um die Bekanntgabe des gesamten Rückstandes, der vom Klagevertreter zusammengestellt und Kurt S*** sen. mit Schreiben vom 13. Juni 1986 mitgeteilt wurde. Hierauf erschien Kurt S*** sen. am 3. Juli 1986 beim Klagevertreter, leistete eine Teilzahlung über 20.000 S und ersuchte um Stundung bis zum 10. August 1986. Der Beklagte ist auch in weiterer Folge nie der Schuld des Kurt S*** sen. beigetreten, zumal er von vornherein lediglich erklärt hatte, sich für eine Abstattung des Rückstandes durch Kurt S*** sen. - allerdings ohne Übernahme einer persönlichen Zahlungsverpflichtung - verwenden zu wollen.
Mit der am 23. Oktober 1986 beim Erstgericht eingelangten und in der Tagsatzung vom 6. April 1987 ausgedehnten Klage begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten, die Exekution des Klägers zur Hereinbringung des Betrages von 111.183,41 S samt Anhang in die Liegenschaft EZ 1635 KG Lienz zu dulden, in eventu dem Kläger den vorgenannten Betrag zu zahlen. Sein Hauptbegehren begründete er mit der Anfechtung des Schenkungsvertrages vom 15. November 1985, des notariellen Mantelvertrages vom 30. Juli 1986 und der Verbücherung dieser Verträge am 30. Juli 1986 nach § 2 Z 1, 2, 3 und 4, § 3 Z 1 AnfO. Sein Eventualbegehren stützte er auf § 1409 ABGB. Der Beklagte beantragte die Abweisung beider Begehren. Die Übergabe der Liegenschaft gegen Abstattung der Hypotheken habe eine Gläubigerbenachteiligung nicht nach sich gezogen, weil der Erlös aus einer Versteigerung oder einem Verkauf der Liegenschaft nicht einmal zu Befriedigung der Forderungen der Pfandgläubiger gereicht hätte und der Kläger schon gar nicht zum Zug gekommen wäre. Dem Zahlungsbegehren fehle jede Grundlage.
Das Erstgericht wies beide Begehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte diesen rechtlich wie folgt:
Die vom Kläger ins Treffen geführten Anfechtungstatbestände des § 2 Z 1, 2, 3, 4 und § 3 Z 1 AnfO lägen nicht vor. Grundsätzlich setze die Anfechtung eine Benachteiligung des Klägers voraus. Sie sei daher ausgeschlossen, falls der Kläger auch sonst nicht zur Befriedigung gelangt wäre (vgl. WBl 1987, 158). Abzustellen sei dabei auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe der Liegenschaft an den Beklagten. Vorliegendenfalls überstiegen die vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen den Schätzwert der Liegenschaft. Der Kläger hätte im Falle der exekutiven Verwertung der Liegenschaft keinesfalls auch nur teilweise Deckung erlangen können, sodaß die Übergabe der Liegenschaft an den Beklagten keine Schlechterstellung des Klägers bewirke. Bei der festgestellten Sachlage könne von einer Benachteiligungsabsicht im Sinne des § 2 Z 1 AnfO keine Rede sein. Die weiteren Anfechtungstatbestände schlügen gleichfalls nicht durch, zumal - abgesehen von der fehlenden Benachteiligung - keine auch nur fahrlässig bedingte Benachteiligungsabsicht eingreife. Ferner seien eine Vermögensverschleuderung oder eine unentgeltliche bzw. dieser gleichgestellte Verfügung nicht zu erkennen. Es bestehe auch keine Haftung des Beklagten im Sinne des § 1409 ABGB. Das vom Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angerufene Berufungsgericht gab dem Hauptbegehren statt und sprach aus, daß die Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Es führte aus:
Dem Kläger sei darin zu folgen, daß unabhängig von der Anfechtbarkeit des Grundgeschäftes auch die Verbücherung des Eigentumserwerbes an einer Liegenschaft angefochten werden könne und dafür die Verhältnisse zu der Zeit maßgeblich seien, zu der die Verbücherung vorgenommen worden sei (SZ 10/35, SZ 44/19). Bezogen auf den Zeitpunkt der Übergabe der Liegenschaft im Oktober 1985 wie auch auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundgeschäftes (Übergabs- und Schenkungsvertrag vom 15. November 1985) seien die Anfechtungsvoraussetzungen der §§ 2, 3 Z 1 AnfO zweifelsohne nicht gegeben, zumal die klagegegenständliche Forderung nach den unbekämpften Feststellungen im Ersturteil erst im Jahr 1986 entstanden ist und der Beklagte von den Mietzinsrückständen seines Vaters erst im Juni 1986 Kenntnis erlangte. Anders stelle sich der Sachverhalt jedoch zum Zeitpunkt der Verbücherung am 30. Juli 1986 dar, wobei dieser die Errichtung eines notariellen Mantelvertrages vom selben Tag voranging. Zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Rechtshandlung waren dem Beklagten die Mietzinsrückstände seines Vaters ebenso bekannt wie der Umstand, daß es sich bei der Liegenschaft EZ 1635 KG Lienz um das einzige Vermögen seines Vaters handelte. Dem Beklagten habe daher bekannt sein müssen, daß die Liegenschaft durch die Eigentumsübertragung dem Zugriff des Klägers zwecks Hereinbringung der streitgegenständlichen Forderung entzogen würde. Zutreffend verweise der Kläger darauf, daß es dem Anfechtungsgegner obliege, die Befriedigungsuntauglichkeit zu behaupten und zu beweisen (7 Ob 765/79). Dieser Behauptungs- und Beweislast genüge der Anfechtungsgegner nicht schon durch die bloße Behauptung einer vollen Belastung der Liegenschaft bis zu ihrem Wert und den Einwand der mangelnden Deckung, sondern erst durch eine Gegenüberstellung des voraussichtlichen Erlöses mit den konkret berechneten Belastungen (SZ 53/176). Im Verbücherungszeitpunkt betrug der Schätzwert der Liegenschaft 2,529.072 S und war diese mit Vorhypotheken im Gesamtbetrag von 2,366.380,89 S belastet (ÖCI-AG:
2,110.999,14 S, L*** T*** - Wohnbauförderungsdarlehen:
239.098,34 S, Andrä V***: 16.283,41 S), sodaß der Schätzwert die Belastungen um 162.691,11 S überstieg. Das Erstgericht habe zwar unbekämpft festgestellt, daß im Falle einer exekutiven Veräußerung der Liegenschaft erfahrungsgemäß nur ein den Schätzwert unterschreitendes Meistbot zu erzielen gewesen wäre. Den ihm obliegenden Beweis, daß der Veräußerungserlös 2,366.380,89 S nicht überstiegen hätte, habe der Beklagte als Anfechtungsgegner jedoch nicht erbracht. Der Anfechtungstatbestand des § 2 Z 3 AnfO sei daher gegeben, zumal die Anfechtungsklage innerhalb der zweijährigen Frist ab Vornahme der nachteiligen Rechtshandlung (Verbücherung) erhoben wurde. Bei dieser Sachlage brauche auf die weiters geltend gemachten Anfechtungstatbestände nicht mehr eingegangen zu werden. Da das Hauptbegehren berechtigt sei, sei über das Eventualbegehren nicht mehr abzusprechen gewesen.
Zufolge der Abänderung des Ersturteils in einem 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigenden Betrag sei ein Ausspruch über die Revisionszulässigkeit erforderlich gewesen. Das Berufungsgericht sei mit seiner Entscheidung der zitierten oberstgerichtlichen Judikatur zur Anfechtung der Verbücherung des Eigentumserwerbes an einer Liegenschaft und zur Beweislast des Anfechtungsgegners betreffend die Befriedigungsuntauglichkeit gefolgt, weshalb die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für die Revisionszulässigkeit nicht vorlägen. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 und Abs 2 ZPO gestützte außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Der Beklagte macht zusammengefaßt geltend, daß die Rechtsprechung in der Frage, ob die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder nach dem Zeitpunkt der grundbücherlichen Durchführung des Vertrages zu beurteilen sei, nicht einheitlich sei, und vertritt den Standpunkt, daß die Beantwortung dieser Frage in letzterem Sinne zu dem absurden, vom Gesetzgeber keinesfalls bezweckten Ergebnis führe, daß er durch die zwischen dem Vertragsabschluß und dessen Verbücherung an die Gläubiger geleisteten Zahlungen schlechter gestellt sei, als wenn er überhaupt keine Zahlungen vorgenommen hätte. Dazu ist zu erwägen:
Es ist nunmehr einheitliche Rechtsprechung, daß sowohl ein Verpflichtungsgeschäft als auch ein Erfüllungsgeschäft angefochten werden kann; liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Verpflichtungsgeschäftes nicht oder nicht mehr vor, sind diese Voraussetzungen aber für das die Verpflichtung erfüllende Verfügungsgeschäft gegeben, dann steht dessen Anfechtung nichts im Wege (SZ 10/35, SZ 38/210, SZ 44/19; JBl 1985, 299; BankArch. 1988, 503; JBl 1988, 390 mit Anmerkung von König = BankArch. 1988, 508; zu § 28 Z 3 KO vgl. SZ 53/31). Die Entscheidung RZ 1964, 221, wonach die Benachteiligungsabsicht (im Sinne des § 28 KO) sowohl im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes als auch im Zeitpunkt des Verfügungsgeschäftes gegeben sein müsse, wurde bereits in SZ 44/19 abgelehnt. Die in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete Frage nach dem für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen relevanten Zeitpunkt (vgl. die Anmerkung Königs zu JBl 1988, 390) spielt im gegenständlichen Fall deshalb keine entscheidende Rolle, weil nach den Feststellungen die Unterfertigung des verbücherungsfähigen Notariatsaktes durch den Schuldner Kurt S*** sen., die Überreichung des Einverleibungsgesuches, die Fassung des grundbuchsgerichtlichen Einverleibungsbeschlusses und dessen Durchführung am selben Tag (30. Juli 1986) erfolgten. Es begegnet daher keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes des § 2 Z 3 AnfO gegeben waren, auf den 30. Juli 1986 abstellte.
Um die Anfechtung einer Rechtshandlung nach § 2 Z 3 AnfO abzuwehren, hat der Anfechtungsgegner konkrete Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung überhaupt keine
Benachteiligungsabsicht des Schuldners bestand oder ihm eine solche
Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte oder daß bei Schluß des Verfahrens erster Instanz im Anfechtungsprozeß die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung fehlt (siehe zuletzt etwa BankArch. 1987, 838 und BankArch. 1988, 503 je mwN). Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Beklagten - bezogen auf den Zeitpunkt 30. Juli 1986 - keiner dieser Beweise gelungen ist, kann dem der Oberste
Gerichtshof - zumal im Rahmen einer außerordentlichen Revision - nicht entgegentreten. Daß sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung nicht an die zur Benachteiligungsabsicht des Schuldners, zur Kenntnis oder (un-)verschuldeten Unkenntnis des Anfechtungsgegners hievon und zur Befriedigungs-(un-)tauglichkeit der Anfechtung ergangene oberstgerichtliche Rechtsprechung gehalten hätte, wird weder vom Beklagten dargetan noch ist dies aus den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ableitbar. Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß sich die Anfechtung auch auf Rechtshandlungen beziehen kann, die noch vor dem Entstehen der Forderung des anfechtenden Gläubigers gesetzt wurden (SZ 10/157, EvBl 1957/48, SZ 27/67 ua).
Aus dem Umstand, daß der Beklagte vor dem 30. Juli 1986 in Erfüllung seiner gegenüber Kurt S*** sen. übernommenen Verpflichtung, als Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft die darauf bücherlich sichergestellten Forderungen zu begleichen, bereits Zahlungen geleistet hat, ist für ihn zur Abwehr der gegenständlichen Anfechtungsklage nichts zu gewinnen. Die Anfechtung hat auf das Verhältnis zwischen dem Schuldner (dem Vater des Beklagten) und dem Anfechtungsgegner (dem Beklagten) keinen Einfluß. Das Rechtsgeschäft zwischen diesen beiden bleibt mit seinen Verpflichtungen aufrecht und kann zwischen ihnen auch weiterhin geltend gemacht werden. Die Leistung des Anfechtungsgegners an den Gläubiger des Schuldners kann neue Verpflichtungen zwischen dem Anfechtungsgegner und dem Schuldner hervorbringen. Insbesondere kann den Schuldner die Pflicht treffen, dem Anfechtungsgegner die Gegenleistung zu erstatten (Bartsch-Pollak3 II 571 f Anm. 6 zu §§ 13, 14 AnfO). Der Anfechtungsgegner kann sich wegen Erstattung der Gegenleistung nicht an den anfechtenden Gläubiger und auch nicht an die diesem zu gewährende Leistung, sondern nur an den Schuldner halten. § 15 AnfO läßt solche Ansprüche, wenn sie nach Zivilrecht begründet sind, zu, aber er gewährt keinen solchen Anspruch, wo er nach Zivilrecht nicht ohnedies begründet ist. Die Versagung eines Anspruches gegen den anfechtenden Gläubiger bezieht sich nur auf Erstattung der Gegenleistung; Gegenleistung umfaßt alles, was der Anfechtungsgegner aufgrund der anfechtbaren Rechtshandlung an den Schuldner geleistet hat, also das eigentliche Entgelt. Der Erstattungsanspruch gegen den Schuldner entsteht durch die Leistung des Anfechtungsgegners an den anfechtenden Gläubiger. Darum und da der Erstattungsanspruch gegen einen anderen als den anfechtenden Empfänger der Anfechtungsleistung gerichtet ist, kann der Anfechtungsgegner seine Leistung nicht von der vorherigen oder auch nur gleichzeitigen Erstattung der Gegenleistung durch den Schuldner abhängig machen (Bartsch-Pollak3 II 575 f Anm. 1, 2, 4 und 5 zu § 15 AnfO).
Es war daher der außerordentlichen Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E15440European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00629.88.1025.000Dokumentnummer
JJT_19881025_OGH0002_0050OB00629_8800000_000