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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des T, (geboren 1978), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. August 2005, Zl. SD 1605/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. August 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei erstmals mit einer bis zum 31. März 2002 gültigen Aufenthaltserlaubnis in das Bundesgebiet gelangt. Am 29. Jänner 2003 sei er wegen unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen worden, am 31. Jänner 2003 sei von der Erstbehörde die Ausweisung verfügt worden. Da der Beschwerdeführer ein Flugticket für die Heimreise vorgelegt habe, sei er aus der Schubhaft entlassen worden. Nachdem er am 6. November 2003 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet gehabt hätte, habe er am 15. Dezember 2003 die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger beantragt.
In einer mit ihr am 4. März 2004 aufgenommenen Niederschrift habe die "Gattin" die Ehe mit dem Beschwerdeführer als normale, aufrechte Ehe dargestellt. Polizeiliche Erhebungen hätten jedoch ergeben, dass sie mit ihrem Baby in ihrer Wohnung allein wohnhaft sei, der Beschwerdeführer wäre dort noch nie gesehen worden. In der neuerlichen Niederschrift vom 15. Juni 2004 habe die "Gattin" angegeben, sie wollte nunmehr die Wahrheit sagen. Sie wäre im
7. Monat schwanger gewesen und auf der Straße gestanden, sie hätte nicht gewusst, wo sie hin sollte. Da hätte ihr der Beschwerdeführer das Angebot gemacht, ihr eine Wohnung zu besorgen und ihr EUR 6.000,-- zu geben, wenn sie ihn heiraten würde, damit er ein Visum bekomme. Sie hätte die EUR 6.000,-- für die Eheschließung jedoch nicht angenommen, weil es ihr gereicht hätte, dass er ihr eine Wohnung besorgen und die Wohnungskaution von EUR 1.400,-- bezahlen würde. Sie hätte mit dem Beschwerdeführer nie zusammen gelebt, sondern immer nur allein mit ihrem Kind in ihrer Wohnung gewohnt. Sie hätte die Scheinehe nur deshalb nicht vorher zugegeben, weil ihr der Beschwerdeführer gedroht hätte. Außerdem hätte er versprochen, ihr EUR 200,-- pro Monat zu geben, dieses Geld hätte sie auch tatsächlich seit der Heirat jeden Monat bekommen. Auf Grund ihrer finanziellen Notlage hätte sie keinen anderen Ausweg gesehen, als auf das Angebot der Scheinehe einzugehen. Dies könnte auch ihre Mutter bezeugen.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 6. Dezember 2004 sei die Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 des Ehegesetzes für nichtig erklärt worden.
Solcherart sehe es die belangte Behörde als erwiesen an, dass der im § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG normierte Sachverhalt im Beschwerdefall gegeben sei. Auf Grund der rechtskräftigen Nichtigerklärung der Ehe stehe bindend fest, dass der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin zum Schein geheiratet hätte. Darüber hinaus sei den Angaben der "Gattin" über den für die Ehe geleisteten Vermögensvorteil Glauben zu schenken. Diese Angaben seien nachvollziehbar, glaubwürdig und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Übereinstimmung stehend. Demgegenüber sei zu bedenken, dass der Beschwerdeführer - wie dargestellt - unrechtmäßig in Österreich aufhältig und die Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin nahezu der einzige Weg gewesen sei, seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren. Auch hätte er ein ausgeprägtes Interesse daran, die Angelegenheit in einem für ihn günstigen Licht darzustellen.
Solcherart könne kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.
Der Beschwerdeführer sei - wie dargestellt - ledig, Sorgepflichten oder sonstige familiäre Bindungen in Österreich seien nicht geltend gemacht worden. Zwar sei angesichts aller Umstände von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, zur Verhinderung von Scheinehen - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses große öffentliche Interesse verstoße jedoch gravierend, wer sich zur Erteilung eines Aufenthaltstitels auf eine Scheinehe berufe. Die solcherart bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbots als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erweise.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Diese erweise sich jedoch als gering, sei der Beschwerdeführer doch lediglich für wenige Monate auf Grund der erteilten Aufenthaltserlaubnis zum Aufenthalt berechtigt und anschließend unrechtmäßig in Österreich aufhältig gewesen, und habe er doch lediglich auf Grund der genannten Scheinehe seinen Aufenthalt bis dato perpetuieren und auch Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt finden können. Auch angesichts des Mangels jeglicher familiärer Bindungen sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet als gering anzusehen. Demgegenüber stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und von diesem fernbleibe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erweise sich daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.
Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG sei nicht gegeben. Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid lediglich ein, dass - wie schon in seiner Berufung ausgeführt - keine Scheinehe vorliegen würde. Seine "Frau ... .(habe) die Angaben lediglich deshalb gemacht, um wieder soziale Unterstützung beziehen zu können, da sie die Unterstützung nur dann nicht verliert bzw. wieder bekommt, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird". Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die belangte Behörde daher zum Ergebnis zu gelangen gehabt, dass keine Scheinehe vorliege und auch kein Grund für ein Aufenthaltsverbot gegeben sei.
2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen, auf das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 6. Dezember 2004 gestützten Feststellungen über die Nichtigerklärung der in Rede stehenden Ehe des Beschwerdeführers. Durch dieses Urteil ist bindend festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Ehe ausschließlich oder vorwiegend zu einem der in § 23 Abs. 1 des Ehegesetzes genannten Zwecke geschlossen hat, ohne dass eine eheliche Lebensgemeinschaft hätte begründet werden sollen. Dem Vorbringen, die mit dem genannten gerichtlichen Urteil für nichtig erklärte Ehe sei nicht als Scheinehe anzusehen, steht somit die Rechtskraft dieses Urteils entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2005/18/0501, mwH). Die weiteren Feststellungen der belangten Behörde, dass die in Rede stehende Österreicherin für die Eheschließung die im angefochtenen Bescheid genannten Geldbeträge erhalten habe, wurden in der Beschwerde nicht bestritten. Vor diesem Hintergrund erfüllt das Verhalten des Beschwerdeführers den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG. Angesichts des hohen Stellenwerts, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Annahme gemäß § 36 Abs. 1 FrG für gerechtfertigt erachtete.
3. Die - vom Beschwerdeführer nicht bekämpfte - Beurteilung der belangten Behörde nach § 37 FrG kann aus den im angefochtenen Bescheid diesbezüglich angestellten Erwägungen nicht als rechtswidrig angesehen werden. Das vorliegende Aufenthaltsverbot erweist sich daher als dringend geboten im Grund des § 37 Abs. 1 FrG, ferner wiegen die Auswirkungen des Aufenthaltverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als das in seinem Fehlverhalten begründete öffentliche Interesse an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme, weshalb sich diese auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig erweist.
5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. Oktober 2005
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180590.X00Im RIS seit
08.11.2005