Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1.) Heide G***, Haushalt, Katzelsdorf, Gschaidtweg 3, 2.) Elisabeth D***, Pensionistin, Bonn-Röttgen, Lindenweg 3, beide vertreten durch Dr. Rudolf Gimborn und Dr. Fritz Wintersberger, Rechtsanwälte in Mödling, wider die Antragsgegner 1.) Walter N***, Pensionist, Wien 23, Anton Krieger-Gasse 67, 2.) Obermedizinalrat Dr. Rolf N***, prakt. Arzt, Wien 4, Graf Starhemberggasse 26, beide vertreten durch Dr. Peter Nickl, Rechtsanwalt in Wien, 3.) Mag. Elisabeth B***, Apothekerin, Bonn, Lindenweg 3, wegen Bestellung eines Hausverwalters infolge Revisionsrekurses des Erst- und Zweitantragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 15. Juni 1988, GZ 43 R 367/88-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. März 1988, GZ 4 Nc 317/88-14, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstrichters wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Die Erstantragstellerin ist zu einem Sechstel, der Erst- und Zweitantragsgegner sind je zu einem Drittel, die Drittantragsgegnerin ist zu einem Sechstel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 823 KG Neubau mit dem Haus Wien 7, Neustiftgasse 51. Der Zweitantragstellerin steht an den Miteigentumsanteilen der Erstantragstellerin und der Drittantragsgegnerin ein Fruchtgenußrecht zu.
Die Antragsteller begehren, einen konzessionierten Hausverwalter mit der Verwaltungstätigkeit der Liegenschaft zu betrauen, in eventu den Zweitantragsgegner als Hausverwalter abzuberufen und einen konzessionierten Hausverwalter zu bestellen. Sie brachten vor, es sei bisher zu keiner Bestellung eines Hausverwalters durch die Miteigentümer gekommen. Der Zweitantragsgegner habe eine der Hausverwaltung ähnliche Tätigkeit ausgeübt, die zu Mißständen geführt habe. Es seien unrichtige Mietzinsvorschreibungen hinausgegeben worden, zum Teil seien Zinsvorschreibungen unterlassen worden. Der Zweitantragsgegner habe sich für seine Tätigkeit in den Jahren 1984 und 1985 Beträge zuerkannt, die ihm nicht zustehen. Er habe zudem das 70. Lebensjahr überschritten und sei den Problemen einer Hausverwaltung nicht gewachsen.
Der Erst- und der Zweitantragsgegner bestritten im Hinblick auf das am Miteigentumsanteil haftende Fruchtgenußrecht die Legitimation der Erstantragstellerin zur Antragstellung; aus diesem Grunde sei auch der gegen die Drittantragsgegnerin gerichtete Antrag zurückzuweisen. Die Zweitantragstellerin und der Erstantragsgegner hätten dem Zweitantragsgegner am 17. Mai 1982 eine Vollmacht zur Hausverwaltung erteilt. Selbst wenn das Einschreiten der Zweitantragstellerin als Widerruf dieser Vollmacht zu verstehen wäre, stimme der Erstantragsgegner als Eigentümer eines Miteigentumsanteils von einem Drittel der Verwaltung durch den Zweitantragsgegner, der ebenfalls Eigentümer eines Drittelanteils sei, zu, so daß die Hausverwaltertätigkeit durch den Zweitantragsgegner auf dem Willen der Mehrheit der Miteigentümer beruhe. Der Minderheit (Zweitantragstellerin als Fruchtnießerin an einem Drittelanteil der Liegenschaft) stehe nicht das Recht zu, die Willensbildung der Mehrheit einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.
Hedwig N*** als der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 2. November 1987, 5 SW 34/87, bestellte Sachwalter zur Besorgung sämtlicher Angelegenheiten des Erstantragsgegners erklärte mit Schriftsatz vom 17. Februar 1988, die vom Erstantragsgegner dem Zweitantragsgegner am 17. Mai 1982 erteilte Hausverwaltungsvollmacht sei aufrecht. Diese Vollmacht werde von ihr als Sachwalter bestätigt; sie erkläre sich ausdrücklich damit einverstanden, daß der Zweitantragsgegner die Geschäfte des Hausverwalters weiter führe. Das Erstgericht wies die gestellten Anträge ab. Es stellte fest, am 17. Mai 1982 hätten die Zweitantragstellerin, die damals Miteigentümerin zu einem Drittel der Liegenschaft gewesen sei, und der Erstantragsgegner vereinbart, den Zweitantragsgegner zum Verwalter der Liegenschaft zu bestellen, und ihn bevollmächtigt, die Miteigentümergemeinschaft bei allen Ämtern und Behörden, Finanzämtern etc. zu vertreten. Diese Vereinbarung sei weiterhin aufrecht. Der Zweitantragsgegner übe seither die Hausverwaltung aus, er hebe Mietzinse ein, beauftrage Handwerker mit Reparaturarbeiten und lege einmal jährlich den Eigentümern Rechnung über die Erträgnisse der Liegenschaft. Die vertragliche Bestellung des Zweitantragsgegners könne von der Minderheit nicht widerrufen, sondern nur im Prozeßwege beseitigt werden.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Antragstellerinnen Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Über den bloßen Ersatz des Verwalters der gemeinschaftlichen Sache durch eine andere Person sei, sofern kein Mehrheitsbeschluß zu erzielen sei, im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Wesentlich sei im vorliegenden Fall, ob die vom Zweitantragsgegner behauptete Hausverwaltungsvollmacht erteilt worden sei bzw. ob die Vollmacht noch aufrecht sei. Der vorgelegten Urkunde vom 17. Mai 1982 könne die Erteilung einer Hausverwaltungsvollmacht an den Zweitantragsgegner nicht entnommen werden. Der Urkunde sei nur zu entnehmen, daß dem Zweitantragsgegner eine (beschränkte) Vertretungsbefugnis eingeräumt worden sei, nicht jedoch eine umfassende Vollmacht zur Hausverwaltung. Das Erstgericht habe seine Feststellung über die Erteilung von Vertretungsmacht nur auf die Aussage des Zweitantragsgegners gegründet. Durch Einvernahme der übrigen Verfahrensbeteiligten werde die Frage, ob dem Zweitantragsgegner, allenfalls auch nur stillschweigend, eine Vollmacht zur Verwaltung der Liegenschaft erteilt worden sei, zu klären sein.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs des Erst- und Zweitantragsgegners kommt Berechtigung zu.
Ist ein Anteil einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft mit einem Fruchtgenußrecht belastet, so stehen die aus dem Miteigentum erfließenden Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse nicht dem Miteigentümer, sondern ausschließlich dem Fruchtnießer zu (MietSlg. 32.036, 28.044, 20.069; Klang in seinem Komm.2 II 583). Demnach kommt die Antragslegitimation nur der Zweitantragstellerin als Fruchtnießerin der Miteigentumsanteile der Erstantragstellerin und der Drittantragsgegnerin zu.
Gemäß § 833 ABGB kommt die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sache zu bestellen, so entscheidet gemäß § 836 ABGB über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen und in deren Abgang der Richter. Rechtsprechung und Lehre stehen einhellig auf dem Standpunkt, daß die Frage, ob ein Verwalter (Teilhaber oder außenstehender Dritter) zu bestellen sei, bei Uneinigkeit der Teilhaber im Prozeßweg zu klären ist (MietSlg. 34.105; Klang a.a.O. III 1117; Ehrenzweig, System2 I/2, 154; Jensik, Miteigentum-Wohnungseigentum, 28). Über die Auswahl der Person des zu bestellenden Verwalters entscheidet, wenn feststeht, daß ein Verwalter zu bestellen ist, die Mehrheit der Stimmen, gezählt nach Anteilen. Die Wahl kann auch auf einen Teilhaber fallen. Gegen den Mehrheitsbeschluß steht der Minderheit kein Rechtsbehelf zu. Nur wenn eine Mehrheit nicht zustandekommt, entscheidet über die Auswahl der Richter im Außerstreitverfahren (MietSlg. 34.105; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 2, 6 zu § 836; Klang a.a.O. III 1117; Jensik a. a.O. 28 f). Wer mehr als die Hälfte der Anteile besitzt, bildet schon für sich die Mehrheit und kann daher die ordentliche Verwaltung an sich ziehen (MietSlg. 34.105; Ehrenzweig a.a.O. 153). Soll bloß die Person des Verwalters gewechselt, die Verwaltung durch einen Verwalter jedoch beibehalten werden, entscheidet hierüber auch dann, wenn die Teilhaber in Ansehung der Frage, ob der bisherige Verwalter enthoben und durch einen anderen ersetzt werden soll, uneinig sind, auch dann, wenn der zu enthebende gemeinsame Verwalter gleichzeitig Miteigentümer ist, die Stimmenmehrheit und bei deren Abgang der Außerstreitrichter. Auch hier kann die Minderheit die Enthebung des Verwalters gegen den Willen der Mehrheit nicht herbeiführen (MietSlg. 34.105, 19.051; JBl. 1965, 149; SZ 19/229; Klang a.a.O. II 1118; Jensik a.a.O. 29).
Ein Streit darüber, ob ein Verwalter zu bestellen ist oder eine gemeinsame Verwaltung aller Teilgenossen nach § 833 ABGB stattzufinden hat, besteht nicht. Streit besteht nur darüber, ob die Verwaltung durch den Zweitantragsgegner oder eine außenstehende Person geführt werden soll. Die Klärung dieser Frage hat grundsätzlich im Verfahren außer Streitsachen zu erfolgen. Nach dem Akteninhalt stimmte der Erstantragsgegner (durch den für ihn bestellten Sachwalter) der (Fortsetzung der) Verwaltertätigkeit durch den Zweitantragsgegner zu. Demnach hat sich die Mehrheit der Miteigentümer für die Verwaltung der Liegenschaft durch den Zweitantragsgegner entschieden. An diesen Mehrheitsbeschluß ist die Minderheit gebunden, seine Überprüfung im Verfahren außer Streitsachen ist ausgeschlossen. Gegen den Willen der Mehrheit kann die Minderheit die Enthebung des bisherigen Verwalters und seine Ersetzung durch einen anderen Verwalter nicht durchsetzen.
Demzufolge ist der Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.
Anmerkung
E15917European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00682.88.1109.000Dokumentnummer
JJT_19881109_OGH0002_0010OB00682_8800000_000