Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** A***, Wien 9, Spitalgasse 31, vertreten durch
Dr. Norbert Schöner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Josef P***, Tierarzt und Amtstierarzt, St. Florian, Wienerstraße 5, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 301.000,-) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. Mai 1988, GZ 2 R 401/87-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Oktober 1987, GZ 4 Cg 164/85-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung:
Der Beklagte ist Tierarzt. Er gehört seit 1964 als Fachreferent dem Landesjagdausschuß des O*** L***
an, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben unter anderem die Förderung von Maßnahmen zur Hintanhaltung und Tilgung von Wildseuchen zählt. Der Beklagte beschäftigt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten praktisch und wissenschaftlich mit der Erforschung und Bekämpfung von Wildkrankheiten, insbesondere mit der durch Parasiten hervorgerufenen Magen- und Darmwurmseuche und der Lungenwurmseuche des Rehwildes.
Mit Schreiben vom 5. November 1984 teilte der
O*** L*** den Jagdleitern und Eigenjagdberechtigten Oberösterreichs mit, daß er im Winter 1984/85 eine Rehwildentwurmung durchführen werde. Das dabei verwendete pharmazeutische Präparat "Mebenvet" verkaufte die Fa. J*** Pharmaceutica dem Beklagten, der es den einzelnen Teilnehmern an der Aktion zu einem erheblich unter dem Apothekenverkaufspreis liegenden Preis weiterverkaufte.
Die klagende Interessenvertretung der selbständigen Apotheker (§ 14 UWG) begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, Arzneimittel und Spezialitäten, insbesondere "Mebenvet", an Letztverbraucher abzugeben, sofern dies nicht zur Behandlung von Tieren in seiner Praxis dient. Die Abgabe von Arzneimitteln sei auschließlich Apothekern vorbehalten; diplomierten Tierärzten sei es nur für den Bedarf ihrer eigenen tierärztlichen Praxis erlaubt, Hausapotheken zu führen. Der Beklagte habe durch die Abgabe von "Mebenvet" gegen § 57 Abs 1 AMG, § 22 TierärzteG und § 18 Abs 1 Apothekenbetriebsordnung verstoßen; er habe sich durch die Abgabe des Medikaments einen geschäftlichen Vorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe im Jänner und Februar 1985 einen einmaligen wissenschaftlichen Großversuch zur Parasitenbekämpfung der Wurmseuche des Rehwildes durchgeführt, bei dem "Mebenvet" an etwa 15.000 Fütterungstellen dem Futter beigemengt worden sei. Aus wissenschaftlichen, organisatorischen und preislichen Gründen habe er das benötigte Medikament direkt an die Jagdleiter abgegeben. Er habe nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt und insbesondere nicht beabsichtigt, irgendeinem anderen Apotheker Konkurrenz zu machen oder ihn zu benachteiligen. Der Großversuch sei abgeschlossen; eine Wiederholung dieser einmaligen Aktion sei nicht beabsichtigt und auch gar nicht möglich.
Der Kläger erwiderte, daß der Beklagte das Medikament ausschließlich zur Erzielung eines Gewinns verkauft und beabsichtigt habe, die in unwissenschaftlicher Weise durchgeführte Aktion zwei Jahre hindurch fortzusetzen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende weitere wesentliche Feststellungen:
Über die Bekämpfung der Magen-, Darm- und Lungenwurmseuche bei Rehwild bestehen zwei widersprechende Lehrmeinungen: Während die eine nur den Abschuß des erkrankten Wildes für zielführend hält, befürwortet die andere eine Bekämpfung mit Medikamenten, zu denen auch "Mebenvet" gehört. Durch die Verabreichung von Entwurmungsmitteln konnte aber bisher die Seuche nicht entscheidend eingedämmt werden. Der Beklagte ist der Ansicht, daß die unregelmäßige punktuelle Verabreichung von Medikamenten in einzelnen Revieren zwar Augenblickserfolge bringe, behandelte Tiere aber infolge des Wechseln des Wildes wiederum mit unbehandelten in Berührung kämen und dadurch neuerlich von Parasiten befallen würden. Die Richtigkeit dieser These könne nur durch einen gleichzeitigen großräumigen Einsatz des Medikaments bei allen Tieren bewiesen werden.
Mit dem eingangs erwähnten Schreiben vom 5. November 1984 kündigte der O*** L*** den Jagleitern
und Eigenjagdbesitzern an, daß "Mebenvet" mit Unterstützung des Verbandes verbilligt abgegeben werde. Er regte an, daß alle Reviere an der Aktion teilnehmen sollten, damit der beabsichtigte gleichzeitige großflächige Einsatz erreicht werde; ferner teilte der Verband mit, wann und auf welche Art das Medikament den Tieren zu verabreichen sei. Die Bestellung der erforderlichen Menge des Wurmmittels solle nach der Wildstandsmeldung vom 1. April 1984 erfolgen. Das Medikament werde über die Bezirksgruppen am 23. November 1984 ausgeliefert werden. Die Rechnung hiefür werde der für den Großversuch verantwortliche Beklagte direkt an die Jagdleiter legen.
Zur Durchführung der Rehwild-Entwurmung lieferte die Fa.J*** Pharmaceutica dem Beklagten (auf dessen Bestellung) 2.800 Dosen "Mebenvet" 5 % zu je 600 Gramm. Da sich die Fa.J*** Pharmaceutica aus wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen an dem Großversuch beteiligte, stellte sie von dieser Lieferung 800 Dosen als Ärztemuster nicht in Rechnung und gewährte für den Rest den Apothekeneinstandspreis von S 256,-, während der Apothekenverkaufspreis incl. Mehrwertsteuer S 517,70 betrug. Der L*** unterstützte die Aktion mit S 2,- pro Reh,
insgesamt mit S 160.000,-. Da der Beklagte keine Lagermöglichkeit hatte, lieferte die Fa.J*** Pharmaceutica die benötigte Menge des Medikaments direkt an die einzelnen Verteilungstellen. Der Beklagte stellte zB Alois S*** das Medikament zu einem Nettopreis von S 267,86 (einschließlich 20 % Mehrwertsteuer S 321,40) je Dose in Rechnung und erzielte bei dieser Aktion einen Gesamtnettogewinn von etwas mehr als S 100.000,-.
Der Versuch des Beklagten war erfolgreich. Im darauffolgenden Jahr stieg das Gewicht des Wildbrets zwischen 15 und 25 % an; der Anteil an Fallwild ging um 30 % zurück. Der Beklagte plant keine Wiederholung dieses Großversuchs. Sie wäre auch nicht möglich, weil seither viele Unternehmen ähnliche Präparate anbieten und eine so straffe Organisation, wie sie beim ersten Mal zustande kam, nicht mehr zuwegegebracht werden könnte. In wissenschaftlichen Gesprächen war zwar von mehrjährigen Entwurmungsaktionen die Rede, doch steht der konkrete Versuch des Beklagten damit in keinem tatsächlichen Zusammenhang.
In der Tierärzteschaft löste das Projekt des Beklagten Unmut aus, weil die anderen Tierärzte von dieser Aktion ausgeschlossen wurden und nicht die Möglichkeit hatten, "Mebenvet" aus der eigenen Hausapotheke an die Endverbraucher (zu einem Preis von S 517,50 abzüglich 10 %) abzugeben.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe. Diese Absicht müsse zwar nicht das einzige oder auch nur das wesentliche Ziel der Handlung sein; sie dürfe aber gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten. Nach den getroffenen Feststellungen habe der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt; er sei einerseits als Fachreferent des O*** L*** bemüht
gewesen, einen artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten; andererseits (und zwar überwiegend) habe er mit diesem Versuch der Wissenschaft zu neuen Erkenntissen verhelfen wollen. Der Beklagte habe nicht beabsichtigt, aus der Erweiterung des eigenen Kundenkreises und dem Abwerben von Kunden der Mitbewerber geschäftliche Vorteile zu erzielen. Auch Wiederholungsgefahr liege nicht vor, da der Beklagte keine neuen Versuche plane und die Wiederholung eines derartigen Versuchs derzeit auch nicht möglich sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der Stattgebung der Klage ab; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,- übersteige. Der Beklagte habe dadurch, daß er das Arzneimittel "Mebenvet", das nur in Apotheken abgegeben werden dürfe, in einem über den Rahmen seiner Hausapotheke weit hinausgehenden Umfang verkauft habe, verwaltungsrechtliche Vorschriften, insbesondere § 34 Abs 1 des Apothekengesetzes (= ApG) übertreten; hiebei habe er auch zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Zwischen ihm und den "Mebenvet" ebenfalls anbietenden Apotheken bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Der Beklagte habe - wenngleich nicht ausschließlich - Wettbewerbszwecke verfolgt. Er habe zwar behauptet, lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken gehandelt zu haben, doch müsse auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse bezweifelt werden, daß dies sein einziges Ziel war. Er habe aus dem Verkauf des Medikaments in kürzester Zeit einen sehr namhaften Gewinn erzielt. Sein Argument, er sei zur Sicherung des Erfolges der Aktion gezwungen gewesen, die gesamte benötigte Menge des Entwurmungsmittels selbst an die Jagdleiter zu verkaufen, überzeuge nicht, zumal der Beklagte ohnehin keine Möglichkeit einer Kontrolle über die Verteilung gehabt habe. Es sei nicht einzusehen, warum die Aktion nicht auch unter ordnungsgemäßer Einschaltung der österreichischen Apotheker habe abgewickelt werden können. Das wissenschaftliche Interesse des Beklagten sei daher nicht derart vorrangig gewesen, daß daneben wirtschaftliche Aspekte vernachlässigt werden könnten. Schon auf Grund des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes sei daher dem Beklagten eine Wettbewerbsabsicht zu unterstellen. Auch Wiederholungsgefahr liege vor: Die im Rechtsstreit zutagegetretene Einstellung des Beklagten lasse befürchten, daß er auch in Zukunft wissenschaftliche Ziele zum Anlaß nehmen werde, sich ohne zwingenden Grund über gesetzliche Bestimmungen hinwegzusetzen.
Der Beklagte erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt, das Ersturteil wiederherzustellen oder das angefochtenen Urteil aufzuheben und die Rechtssache an die erste oder zweite Instanz zurückzuverweisen. Der Kläger beantragt, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist berechtigt.
Nicht zu folgen ist allerdings der Ansicht des Revisionswerbers, er habe sich bei dem von ihm durchgeführten Großversuch im Rahmen des § 34 Abs 1 ApG gehalten. Der Beklagte hat im Zuge der Durchführung der vom O*** L***
organisierten Rehwild-Entwurmung in ganz Oberösterreich an (praktisch wohl) alle Jagdleiter und Inhaber von Eigenjagden "Mebenvet" verkauft (zB Rechnung Beilage C). Gemäß § 59 Abs 1 AMG dürfen aber Arzneimittel im Kleinverkauf - zu dem die zahlreichen Wiederverkäufe des Beklagten zu rechnen sind - nur in Apotheken abgegeben werden, sofern das Gesetz keine Ausnahmen anordnet. Der Beklagte war wohl als freiberuflich tätiger Tierarzt mit eigener Ordination (§§ 15, 16 TierärzteG) zur Führung einer Hausapotheke für den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis berechtigt (§ 13 TierärzteG; § 34 Abs 1 ApG); in diesem Umfang durfte er sich auch bei Herstellern, Depositeuren oder Arzneimittelgroßhändlern unmittelbar mit den benötigten Arzneimitteln eindecken; diese Personen sind auf Grund der korrespondierenden Bestimmung des § 57 Abs 1 Z 1 AMG berechtigt, Arzneimittel an (Inhaber von) tierärztliche(n) Hausapotheken abzugeben. Die vom Beklagten durchgeführten Medikamentenverkäufe gingen jedoch weit über die mit der Führung einer Hausapotheke verbundenen Berechtigungen hinaus; das Recht zur Führung einer Hausapotheke soll ja sicherstellen, daß der Tierarzt den Bedarf an Medikamenten für die Behandlung von Tieren in der eigenen tierärztlichen Praxis zur Verfügung hat und den Tierhaltern, die ihn mit der Behandlung eines kranken Tieres betrauen, beistellen kann. Der Beklagte hat die gekauften Medikamente nicht in seine Hausapotheke eingestellt, sondern über die Bezirksstellen des O*** L***
sofort an die einzelnen Käufer liefern lassen. Der Beklagte wurde bei dieser Aktion in erster Linie nicht als behandelnder Tierarzt, sondern, worauf er sich auch selbst berufen hat, als Funktionär des O*** L*** und in Verfolgung seiner wissenschaftlichen Ambitionen bei der Bekämpfung der Wurmseuche des Rehwildes tätig. Die vom Beklagten durchgeführte Aktion ging weit über den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis hinaus; bei gegenteiliger Beurteilung käme man zu dem Ergebnis, daß der gesamte Rehbestand Oberösterreichs zu den vom Beklagten in Ausübung seiner Praxis behandelten Tieren gehört, was mit dem Grundsatz der persönlichen und unmittelbaren Berufsausübung
(§ 24 Abs 1 TierärzteG) unvereinbar wäre. Schon wegen der Größenordnung, in der der Beklagte ein einzelnes Medikament anschaffte, konnte er nicht mit guten Grund der Auffassung sein, daß seine Vorgangsweise durch die Vorschrift des § 13 TierärzteG oder des § 34 ApG gedeckt sei.
Auch gegen die Annahme der Wiederholungsgefahr durch die zweite Instanz bestehen keine Bedenken. Der Beklagte vertritt nach wie vor die Ansicht, daß er sich beim Verkauf der Medikamente im Rahmen des Großversuches an die Grenzen des § 34 Abs 1 ApG gehalten habe. Es liegt nahe, daß er auch in Zukunft auf Grund seiner wissenschaftlichen Interessen ähnliche Versuche für notwendig halten wird, zumal bereits von mehrjährigen Entwurmungsaktionen - wenn auch ohne Zusammenhang mit dem hier durchgeführten Versuch - die Rede war. Berechtigt ist die Revision jedoch aus dem Grund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, soweit sie sich gegen die Feststellung der Wettbewerbsabsicht des Beklagten durch die zweite Instanz richtet. Die Frage, ob derjenige, der nach den objektiven Tatbestandsmerkmalen seines Handelns einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, auch in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat, ist nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage, an deren Beantwortung durch die Vorinstanzen der Oberste Gerichtshof gebunden ist (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 UWG Einl Rz 230, S 282; ÖBl 1970, 97; ÖBl 1974, 111 = SZ 47/23; ÖBl 1979, 70; ÖBl 1983, 13; ÖBl 1984, 102 ua). Die festgestellte Wettbewerbsabsicht muß aber nicht das einzige oder wesentliche Ziel der Handlung gewesen sein; sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (ÖBl 1957, 25 = JBl 1957, 417; ÖBl 1972, 40 = SZ 44/116; ÖBl 1983, 9). Ob dies der Fall ist oder die (mitspielende) Wettbewerbsabsicht neben anderen Zielen der Handlung noch Gewicht hat, ist als Wertung einer Rechtsfrage, die auf Grund der zu den konkurrierenden Motiven und Zwecken des Handelnden getroffenen Tatsachenfeststellungen zu beurteilen ist.
Im vorliegenden Fall hat zwar auch das Erstgericht angenommen, daß der Beklagte aus dem Verkauf der Medikamente einen (jedenfalls nicht unbeträchtlichen) Gewinn erzielt hat, dies aber mit dem Argument abgetan, daß "wissenschaftliche Experimente von wirtschaftlichen Aspekten nicht völlig losgelöst" werden könnten; auf Grund der getroffenen Feststellungen hat es eine "subjektive Wettbewerbsabsicht des Beklagten" (zur Gänze!) verneint und als Zweck seines Handelns nur die Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes und die Erzielung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse angenommen. Die mit einer Wettbewerbsabsicht typisch verbundenen Ziele wurden vom Erstgericht ausdrücklich verneint. Auf Grund dieser Feststellungen hatte das Berufungsgericht nicht die Möglichkeit, die Erheblichkeit einer neben anderen Zielen noch mitspielenden Wettbewerbsabsicht des Beklagten als Rechtsfrage zu beurteilen. Das Berufungsgericht hat den Tatsachencharakter der Feststellung der fehlenden Wettbewerbsabsicht des Beklagten auch richtig erkannt, aber die Ansicht vertreten, daß es auch ohne die vom Kläger angestrebten Sachverhaltskorrekturen auf Grund des vom Erstgericht (sonst) festgestellten Sachverhaltes (vor allem über den vom Beklagten erzielten Gewinn) auf die Wettbewerbsabsicht des Beklagten als bloße Rechtsfrage schließen könne. Daran ist zwar richtig, daß zwischen Personen, die zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht spricht, doch ist der Erfahrungsschluß, daß eine objektiv den Wettbewerb fördernde Handlung auch in Wettbewerbsabsicht erfolgt ist, nicht immer gerechtfertigt (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 233, 234, S 285 ff). Wurde aber, wie hier, vom Erstgericht das Fehlen der Wettbewerbsabsicht ausdrücklich festgestellt, so darf die Beurteilung nicht mehr allein auf Grund von Erfahrungssätzen (und bloßen Schlußfolgerungen aus dem auch vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt) erfolgen. Die zur Feststellung von Tatsachen dienenden (und damit zur Beweiswürdigung gehörenden - vgl ÖBl 1985, 105) Erfahrungssätze sind dann im Zusammenhang mit den konkreten Beweisergebnissen zu würdigen, und erst daraus sind entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen. Es bildet daher einen Mangel des Berufungsverfahrens, daß die zweite Instanz ohne Beweiswiederholung von der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, daß der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe, abgegangen ist. Daß eine solche Beweiswiederholung keine leere Formalität ist, ergibt sich schon daraus, daß der Beklagte bei der Parteienvernehmung angegeben hat, es sei seine einzige Intention gewesen, durch den Großversuch die Ansichten des Institutes für Veterinärmedizin zu widerlegen. Ob dies im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angeführten Erwägungen unglaubwürdig ist, durfte es nur auf Grund einer Beweiswiederholung beurteilen. Die in der angefochtenen Entscheidung für das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht ins Treffen geführte Gründe hat der Oberste Gerichtshof nicht zu überprüfen. Anzumerken ist lediglich, daß sich im vorliegenden Fall - anders als zB bei wissenschaftlichen Äußerungen, die gleichzeitig als Wettbewerbsverstoß verfolgt werden (vgl SZ 49/157) - die nach der Behauptung des Beklagten zu ideellen Zwecken vorgenommenen Handlungen und die beanstandete Wettbewerbshandlung nicht notwendig decken, da es jedenfalls möglich gewesen sein kann, die Aktion auch unter Einschaltung der örtlichen Apotheker und ohne Medikamentenverkauf durch den Beklagten erfolgreich durchzuführen.
Die Entscheidung der zweiten Instanz ist daher aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E16365European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00101.88.1115.000Dokumentnummer
JJT_19881115_OGH0002_0040OB00101_8800000_000