Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dr. Herwig H***, Richteramtsanwärter, Graz, Ambrosigasse 1, vertreten durch Dr. Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1. Franziska S***, Pensionistin, Graz, Gerhart-Hauptmann-Gasse 25, 2. Friedrich G***, Pensionist, Graz, Steyrergasse 78, und 3. Heidemarie G***, Pensionistin, Graz, Steyrergasse 78, sämtliche vertreten durch Dr. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Graz, wegen Erlassung eines vorläufigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes (Streitwert 172.800 S), infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 10. Mai 1988, GZ 27 R 77/88-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 8. März 1988, GZ 24 C 1/88-8, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Notariatsakt vom 17. Mai 1976 schenkte die Erstantragsgegnerin dem - damals minderjährigen - Antragsteller die ihr gehörenden 4/5 Anteile der Liegenschaft EZ 548 KG St. Peter, Grundbuch Graz, auf den Todesfall; sie verzichtete auf das Recht, die Schenkung zu widerrufen, und übernahm
die - obligatorische - Verpflichtung, das Schenkungsgut ohne Einwilligung des Antragstellers zu dessen Lebzeiten weder zu veräußern noch zu belasten. Außerdem räumte die Erstantragsgegnerin dem Antragsteller ein dingliches Vorkaufsrecht an diesen Liegenschaftsanteilen ein. Mit Schenkungsvertrag vom 10. Juni 1987 übertrug die Erstantragsgegnerin ihr Eigentumsrecht an den genannten Liegenschaftsanteilen dem Zweitantragsgegner und der Drittantragsgegnerin. Auf Grund des Antrages der Erwerber vom 10. Dezember 1987 wurde ihr Eigentumsrecht im Grundbuch einverleibt. Der - auf sein Vorkaufsrecht gestützte - Rekurs des Antragstellers gegen diese Einverleibung blieb erfolglos (1 R 128/88 des Rekursgerichtes).
Am 23. Dezember 1987 beantragte der Antragsteller die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den Antragsgegnern zur Sicherung seines Anspruchs auf lastenfreie Übergabe der Liegenschaftsanteile sowie auf Unwirksamerklärung des zwischen den Antragsgegnern geschlossenen Schenkungsvertrages die Veräußerung, Belastung und Verpfändung der 4/5 Anteile der Erstantragsgegnerin bzw. der je 2/5 Anteile des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin an der genannten Liegenschaft verboten werde; gleichzeitig stellte er den Antrag, ihm für die Einbringung der Rechtfertigungsklage eine Frist bis 29. Februar 1988 zu setzen und das vorläufige Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch anzumerken. Der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin hätten das ehemals zwischen dem Antragsteller und der Erstantragsgegnerin bestehende gute Verhältnis untergraben und die Erstantragsgegnerin gegen den Antragsteller negativ beeinflußt. Die Erstantragsgegnerin habe mit dem Zweitantragsgegner und der Drittantragsgegnerin einen Schenkungsvertrag über die gegenständlichen Liegenschaftsanteile geschlossen; die beiden Erwerber hätten bereits um die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes angesucht. Daher bestehe die Gefahr, daß die Verwirklichung der Ansprüche des Antragstellers aus dem Notariatsakt vom 17. Mai 1976 vereitelt oder doch erheblich erschwert würde. Auch der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin wären nach Bewilligung ihres Grundbuchsgesuches in der Lage, die Liegenschaftsanteile weiterzuübertragen oder zu belasten. Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß ohne Anhörung der Antragsgegner.
In ihrem Widerspruch beantragten die Antragsgegner, die einstweilige Verfügung aufzuheben. Der Antragsteller habe die getroffene Abmachung, sich um die Erstantragsgegnerin zu kümmern und die auf Grund ihres Alters notwendige Hilfe zu leisten, nicht erfüllt; er habe sich nicht einmal nach dem Befinden der Erstantragsgegnerin erkundigt. Da der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin alle notwendigen Besorgungen und Hilfeleistungen für die Erstantragsgegnerin übernommen hätten und sich auch um das leibliche Wohl der bejahrten Erstantragsgegnerin kümmerten, habe die Erstantragsgegnerin den mit dem Antragsteller geschlossenen Schenkungsvertrag wegen groben Undanks widerrufen. Dem Sicherungsbegehren stehe auch der unter den Antragsgegnern bereits wirksam zustande gekommene Schenkungsvertrag entgegen. Der Antragsteller erwiderte, daß er sich bis April 1987 - neben dem Zweitantragsgegner und der Drittantragsgegnerin - stets um die Erstantragsgegnerin gekümmert habe; erst auf Grund des Einwirkens des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin habe sich die Erstantragsgegnerin von ihm abgewandt. In dem zwischen dem Antragsteller und der Erstantragsgegnerin geschlossenen Schenkungsvertrag sei gar nicht vereinbart worden, daß der Antragsteller die Erstantragsgegnerin zu betreuen habe; Gründe für den Widerruf dieser Schenkung seien daher nicht vorgelegen. Mit Beschluß vom 8. März 1988 bestätigte das Erstgericht die einstweilige Verfügung. Der Antragsteller habe seinen Anspruch und die Gefährdung bescheinigt.
Am 29. Februar 1988 wies der Antragsteller dem Erstgericht die Einbringung der Rechtfertigungsklage nach.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Aus § 384 Abs 3 EO ergebe sich, daß durch ein vorläufiges Veräußerungs- und Belastungsverbot nur solchen Eintragungen wirksam begegnet werden könne, die der grundbücherlichen Anmerkung dieses Verbotes nachfolgten. Da das Grundbuchsgesuch des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung bereits beim Grundbuchsgericht anhängig gewesen und die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erwerber vor der Anmerkung des vorläufigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes durchgeführt worden sei, sei der Sicherungsantrag gegen die Erstantragsgegnerin ins Leere gegangen. Eine einstweilige Verfügung wirke nicht auf die Zeit vor ihrer Erlassung zurück.
Welcher Anspruch die Erlassung der einstweiligen Verfügung gegen die beiden anderen Antragsgegner rechtfertigen sollte, habe der Antragsteller nicht behauptet. Die Behauptung, daß der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin von dem früheren Geschäft Kenntnis gehabt hätten, sei nicht ausreichend; daß sie aber die Erstantragsgegnerin zum Vertragsbruch verleitet hätten, habe er nicht vorgetragen. Ebensowenig sei behauptet und bescheinigt, daß die Durchsetzung eines allfälligen Anspruches gegen den Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin konkret gefährdet wäre; die abstrakte Möglichkeit, daß die beiden nunmehrigen Eigentümer der Liegenschaftsanteile nachteilige Handlungen vornehmen könnten, reiche für die Annahme einer konkreten Gefahr nicht hin. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht in erster Linie geltend, daß das Eigentumsrecht des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin erst nach der Bewilligung der einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht einverleibt worden sei, weshalb dieses vorläufige Verbot - im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes - gegen die Erstantragsgegnerin nicht habe ins Leere gehen können; es habe durchaus noch die Möglichkeit bestanden, daß die beiden Erwerber ihren Verbücherungsantrag zurückziehen; damit wäre die Erstantragsgegnerin neuerlich in die Lage versetzt worden, über ihre Liegenschaftsanteile zum Nachteil des Antragstellers zu verfügen. Dem kann nicht gefolgt werden:
Die von Amts wegen vorzunehmende (§ 384 Abs 2 EO) Anmerkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes nach § 382 Z 6 EO berührt schon im Hinblick auf § 384 Abs 3 EO spätere grundbücherliche Eintragungen von Verfügungen, die vor der Erlassung des Verbotes vorgenommen wurden, nicht. Das Verbot kann daher ein vor seiner Anmerkung in verbücherungsfähiger Form abgeschlossenes Veräußerungsgeschäft gegenüber dem Erwerber nicht unwirksam machen; es verhindert auch nicht dessen Durchführung, selbst wenn der Erwerber erst nach der Anmerkung des Verbotes um die Einverleibung seines Eigentumsrechtes angesucht hat (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 17 zu § 364 c; SZ 37/99; JBl. 1976, 534; 5 Ob 2/76; 2 Ob 520/76;
6 Ob 569, 570/88). Der Anmerkung des Verbotes käme sonst ohne jede gesetzliche Grundlage die Wirkung einer Rangordnungsanmerkung zu (Heller-Berger-Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung4, 2748;
5 Ob 2/76; 2 Ob 520/76; 6 Ob 569, 570/88). Das Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 382 Z 6 EO kann den Willen des Antragsgegners nur hinsichtlich der seiner Anmerkung zeitlich nachfolgenden Verfügungen binden (2 Ob 520/76; 6 Ob 569, 570/88). Selbst wenn man daher die Vorschrift des § 387 Abs 3 EO und insbesondere die darin enthaltenen Worte "dem Verbot zuwider vorgenommenen freiwillige Verfügung" im Hinblick auf die Vorschriften des Grundbuchsrechtes über die Rangordnung (§ 29 GBG) allenfalls dahin auslegen wollte (vgl. EvBl 1970/221), daß es nicht auf den Zeitpunkt des Vollzuges der Anmerkung, sondern auf den des Einlangens des Sicherungsantrages beim Erstgericht ankäme, welches zugleich Grundbuchsgericht war, wäre damit für den Antragsteller nichts gewonnen: Im vorliegenden Fall stammt nämlich der verbücherungsfähige Schenkungsvertrag, auf Grund dessen das Eigentumsrecht des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin einverleibt wurde, vom 10. Juni 1987; deren Eigentumseinverleibung ist daher auch in diesem Fall wirksam und könnte durch die Anmerkung des Veräußerungsverbotes im Range 23. Dezember 1987 nicht berührt werden. Schließlich haben die Antragsgegner die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes vom 31. Dezember 1987 nur mit Widerspruch bekämpft; die Entscheidung über diesen Widerspruch erging aber erst am 8. März 1988. Die nach den Behauptungen des Revisionswerbers am 8. Jänner 1988 bewilligte Einverleibung des Eigentumsrechtes des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin erfolgte daher schon vor dem - im vorliegenden Revisionsrekursverfahren - maßgeblichen Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlußfassung. Auch deshalb ist die beantragte Sicherungsmaßnahme als nicht mehr zielführend zu beurteilen (SZ 43/119).
Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die einstweilige Verfügung gegen die Erstbeklagte ins Leere ginge, weshalb sie nicht bewilligt werden könne (EvBl 1983/40), trifft daher zu. Der gegen die Erstantragsgegnerin gerichtete Sicherungsantrag ist aber auch insoweit nicht zielführend, als er sich - mangels Bezugnahme auf eine bestimmte Gesetzesstelle - auch auf Sicherungsmittel im Sinne des § 382 Z 5 EO erstreckt und somit auch auf ein nicht verbücherungsfähiges, rein obligatorisches gerichtliches Veräußerungs- und Belastungsverbot gerichtet ist. Der erkennende Senat folgt hier - entgegen SZ 43/119 - der Auffassung, daß auch ein solches Verbot dann inhaltsleer ist, wenn die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft an einen Dritten bereits erfolgt ist (Heller-Berger-Stix aaO 2749). Auf die - bloß abstrakte - Möglichkeit, daß der bücherliche Erwerber des Eigentumsrechtes dieses Recht an seinen Vormann wieder zurückübertragen könnte, kann im Sicherungsverfahren nicht Bedacht genommen werden.
Der Sicherungsanspruch ist aber auch nicht, wie der Rechtsmittelwerber weiter meint, im Hinblick auf sein dingliches Vorkaufsrecht gerechtfertigt. Mangels abweichender Vereinbarung löst nur der Verkauf den Vorkaufsfall aus; bei einer Schenkung als "anderer Veräußerungsart" im Sinne des § 1078 ABGB kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden (Aicher in Rummel, aaO Rz 1 und 2 zu § 1078; ZBl. 1930/85; SZ 23/250; SZ 35/91). Den Vorkaufspflichtigen trifft auch nicht die Pflicht zur Erhaltung des Wertes der Sache (Aicher aaO Rz 10 zu § 1072).
Das Rekursgericht hat aber auch die Erlassung des vorläufigen Verbotes gegen den Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin mit Recht abgelehnt. Ob der Antragsteller den gegen diese Personen zu sichernden Anspruch im Sinne der vom Rekursgericht zitierten Rechtsprechung (SZ 49/76; NZ 1985, 69) ausreichend behauptet und bescheinigt hat, muß dabei nicht beurteilt werden: Nach § 381 EO können zur Sicherung anderer Ansprüche als Geldforderungen einstweilige Verfügungen nur dann getroffen werden, wenn 1. zu besorgen ist, daß sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des Anspruches, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde, oder 2. wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert diese Gesetzesstelle die Bescheinigung einer konkreten Gefahr (SZ 42/135; EvBl 1974/153 uva). Daß der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin als nunmehrige Eigentümer der Liegenschaftsanteile in der Lage sind, darüber zu verfügen, reicht zur Bescheinigung einer konkreten Gefahr nicht aus; eine solche Gefahr wird auch dadurch nicht bescheinigt, daß sie ihr Eigentumsrecht in Kenntnis entgegenstehender vertraglicher Rechte erworben haben, läßt doch auch dieser Umstand noch nicht den Schluß zu, daß sie die derart erlangten Liegenschaftsanteile alsbald veräußern oder belasten würden.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E15713European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00597.88.1115.000Dokumentnummer
JJT_19881115_OGH0002_0040OB00597_8800000_000