TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/14 2004/05/0177

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Veröffentlicht am 14.10.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Energie Graz GmbH in Graz, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 24. März 2004, Zl. K STC 01/03, betreffend Vorschreibung von Stranded-Costs,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Zurückweisung der Berufung der Energie Graz GmbH & Co KG bekämpft, zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Energie Control GmbH (ECG) erließ auf Grund eines amtswegig eingeleiteten Verfahrens zur Vorschreibung der Stranded-Costs-Beiträge am 1. Juli 2003 einen Bescheid mit folgendem Spruch (Unterstreichung nicht im Original):

"Gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerks Voitsberg 3 stehen, BGBl. II Nr. 354/2001, hat die Energie Graz GmbH für den Zeitraum 19.2.1999 bis 30.9.2001 auf Grund des festgestellten abzuführenden Gesamtbetrages in der Höhe von EUR 878.808,52 abzüglich des bereits abgeführten Betrages von EUR 49.251,96 den noch aushaftenden Betrag in der Höhe von

EUR 829.556,56

binnen 14 Tagen ab Zustellung des Bescheids an die Energie-Control GmbH (PSK Kontonummer 90.020.399) abzuführen.

Die Vorschreibung etwaiger Verzugszinsen erfolgt gesondert."

Dieser Bescheid erging an die auch im Spruch des Bescheides genannte Energie Graz GmbH, wobei in der Begründung darauf verwiesen wurde, dass es sich dabei um die ehemalige "Grazer Stadtwerke AG" handle. Nach dem in der Begründung geschilderten Sachverhalt hat sich das Verfahren auf die Energie Graz GmbH bezogen.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Energie Graz GmbH und Co KG (im Folgenden: KG) als auch die nunmehrige Beschwerdeführerin, die Energie Graz GmbH, Berufung. Sie führten darin aus, dass die KG durch Umwandlung aus der (ehemaligen) Energie Graz GmbH hervorgegangen sei und unter der Firmenbuch Nr. 234711 p eingetragen sei. Die (nunmehrige) Energie Graz GmbH (FN 234305 t), vormals Energie Graz Management GmbH, sei lediglich Komplementärin der KG und erst im Vorfeld der erwähnten Umwandlung gegründet worden. Sie sei nicht Netzbetreiberin und könne daher nicht Schuldner der im bekämpften Bescheid bezeichneten Verpflichtungen und Beträge sein. Für sie sei die Berufung lediglich aus Gründen anwaltlicher Vorsicht eingebracht worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. September 2003 änderte die ECG gemäß § 64a AVG den Bescheid der ECG vom 1. Juli 2003 insofern ab, als als Verpflichtete nunmehr die KG genannt wurde. Auf Grund der erfolgten Umwandlung sei richtigerweise die KG (FN 234711 p) verpflichtetes Unternehmen, da diese aus der Energie Graz GmbH (FN 224643 y) hervorgegangen sei, und nicht die Energie Graz GmbH (FN 234305 t, welche aus der Energie Graz Management GmbH hervor gegangen sei. Dieser Bescheid erging an die KG und an die Beschwerdeführerin.

In ihrem Vorlagenantrag regten die KG und die Beschwerdeführerin an, gemäß § 62 AVG den Bescheid vom 1. Juli 2003 im Sinne der richtigen Änderung der Parteienbezeichnung durch die Berufungsvorentscheidung zu berichtigen. Im Übrigen erstatteten sie, wie schon in der Berufung, ein Vorbringen in der Sache selbst.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung beider Berufungswerberinnen zurück. Sie traf auf Grund der Eintragungen im Firmenbuch folgende Feststellungen:

"Die Energie Graz GmbH mit dem Sitz in Graz wurde durch Erklärung der Stadt Graz am 18.7.2002 errichtet und am 20.7.2002 in das Firmenbuch eingetragen (FN 224653 y).

Mit Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 17.12.2002 wurden die Teilbetriebe Gas, Strom und Fernwärme im Weg einer Abspaltung zur Aufnahme von der Grazer Stadtwerke AG (FN 54309 t) auf die Energie Graz GmbH (FN 224653 y) übertragen. Die Spaltung wurde am 31.12.2002 bei beiden Gesellschaften in das Firmenbuch eingetragen.

Am 24.4.2003 beschloss die Generalversammlung der Energie Graz GmbH (FN 224653 y) die Umwandlung gemäß § 5 Umwandlungsgesetz unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft Energie Graz GmbH & Co KG. Der Umwandlungsbeschluss wurde am 30.4.2003 in das Firmenbuch eingetragen. Am selben Tag wurde die Energie Graz GmbH im Firmenbuch gelöscht und die Energie Graz GmbH & Co KG (FN 234711 p) in das Firmenbuch eingetragen. Deren Komplementär ist die Energie Graz GmbH (FN 234305 t), die am 17.4.2003 mit der Firma 'Energie Graz Management GmbH' in das Firmenbuch eingetragen worden war. Die Firmenänderung wurde am 30.4.2003 im Firmenbuch eingetragen."

Die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft unter gleichzeitiger Errichtung einer Kommanditgesellschaft (§ 5 Abs. 5 UmwG 1996) führe zu einer Übertragung des Unternehmens der Kapitalgesellschaft im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolgeunternehmer (§ 1 UmwG 1996). Mit der Eintragung der Umwandlung bei der übertragenden Kapitalgesellschaft gehe das Vermögen der Kapitalgesellschaft einschließlich der Schulden auf den Nachfolgeunternehmer über und die Kapitalgesellschaft erlösche, ohne dass es einer besonderen Löschung bedarf (§ 2 Abs. 2 Z 1 und 2 iVm § 5 Abs. 5 UmwG 1996).

Der erstinstanzliche Bescheid sei nach seinem Spruch und seiner Begründung an eine Gesellschaft gerichtet, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr existierte, sodass der Bescheid keine Rechtsfolgen zeitigte. Eine Berichtigung der Bezeichnung des Bescheidadressaten sei nicht in Betracht gekommen, weil aus dem gesamten Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides zweifelsfrei hervor gegangen sei, dass keine der Berufungswerberinnen, sondern die Rechtsvorgängerin der KG der intendierte Bescheidadressat gewesen wäre. Da der erstinstanzliche Bescheid nicht in Rechte der Berufungswerberinnen eingegriffen habe, seien die Berufungen zurückzuweisen gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 21. Juni 2004, B 637/04, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Es handle sich um einen rein verfahrensrechtlichen Bescheid.

In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin, die Energie Graz GmbH, in ihrem Recht auf eine Entscheidung in der Sache verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin habe sich der erstinstanzliche Bescheid vom 1. Juli 2003 nicht an eine nicht existierende Partei gerichtet; vielmehr sei die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits existent gewesen und mit dieser Firma im Firmenbuch eingetragen gewesen. Der Bescheid sei ordnungsgemäß zugestellt worden. Er sei nicht an eine Nichtpartei, sondern an die (materiell) falsche Partei gerichtet gewesen. Die Beschwerdeführerin und Bescheidadressatin sei Komplementärin der KG und war bzw. sei kein Netzbetreiber. Sie sei daher auch nicht Schuldner der im Bescheid vorgeschriebenen Beträge. Es habe sich um einen rechtswidrigen Bescheid gehandelt, der von der Berufungsbehörde hätte aufgehoben werden müssen.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG ist die Berufung zurückzuweisen, wenn sie unzulässig ist. Unzulässig ist eine Berufung, wenn ein Bescheid nicht vorliegt, wenn gegen den Bescheid eine Berufung überhaupt nicht eingeräumt ist oder dem Berufungswerber das Recht der Berufungserhebung fehlt (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 536).

Die belangte Behörde begründete die Unzulässigkeit der Berufung damit, dass der angefochtene Bescheid "nach seinem Spruch und seiner Begründung" an eine Gesellschaft gerichtet sei, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr existierte, dass der Bescheid daher keine Rechtsfolgen zeitigte und der Bescheid nicht in Rechte der Berufungswerberin bzw. nunmehrigen Beschwerdeführerin eingreife.

Der erstinstanzliche Bescheid richtete sich allerdings nach seinem Spruch und der Zustellverfügung an eine Gesellschaft, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung, und zwar schon seit 30. April 2003, unter der Firmenbuch Nr. 234305 t mit diesem Firmenwortlaut eingetragen war. Auch in der Darstellung des Sachverhalts im erstinstanzlichen Bescheid wird ausschließlich ein Unternehmen mit diesem Firmenwortlaut genannt.

Es mag sein, dass die Behörde erster Instanz nicht dieses Unternehmen verpflichten wollte, weil sie im Einleitungssatz der Begründung anführt, es hätte die ECG "der Energie Graz GmbH (ehemals Grazer Stadtwerke AG - in der Folge 'verpflichtetes Unternehmen') mitgeteilt"; offenbar sollte in Wahrheit die Rechtsnachfolgerin der Grazer Stadtwerke AG als netzbetreibendes Unternehmen verpflichtet werden, irrtümlich wurde aber nicht die richtige Rechtsnachfolgerin, nämlich die KG, sondern die Beschwerdeführerin genannt.

Dies ändert aber nichts daran, dass nach dem eindeutigen Bescheidinhalt die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde. Wenn nun die Beschwerdeführerin Berufung erhoben hat und - richtiger Weise -

darauf hingewiesen hat, dass sie nur Komplementärin der werbenden Gesellschaft sei, ist eine mangelnde Legitimation der Beschwerdeführerin zur Erhebung der Berufung nicht erkennbar.

Zu Recht zeigt die Beschwerdeführerin auch auf, dass der von der belangten Behörde zitierte Fall des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1996, Zl. 96/06/0087, nicht vergleichbar ist, weil sich damals der Bescheid gegen eine im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr existente juristische Person gerichtet hat. Davon kann aber hier keine Rede sein.

Da somit für eine Zurückweisung des Rechtsmittels der Beschwerdeführerin keine Rechtsgrundlage besteht, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der angefochtene Bescheid greift allerdings, soweit mit ihm die Berufung der KG zurückgewiesen worden war, nicht in Rechte der Beschwerdeführerin ein. Insofern war die Beschwerde daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Oktober 2005

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verfahrensbestimmungen Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004050177.X00

Im RIS seit

10.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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