TE OGH 1988/11/22 10ObS277/88

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Veröffentlicht am 22.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Adametz (Arbeitgeber) und Dr. Sylvia Krieger (Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria W***, Pensionistin, 8413 St. Georgen, Laubegg 27, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei

S*** DER G*** W***, 1051 Wien,

Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 1988, GZ 8 Rs 106/88-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 1. Februar 1988, GZ 31 Cgs 1173/87-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 1. Februar 1987 verstorbene Ehegatte der Klägerin bezog von der beklagten Partei eine Erwerbsunfähigkeitspension zum Stichtag 1. April 1965, die Klägerin bezieht von der beklagten Partei seit 1. März 1987 eine Witwenpension.

Die Ehegatten waren je zur Hälfte Eigentümer von Grundstücken im Ausmaß von zusammen etwa 4,7 ha, die der Land- und Forstwirtschaft dienten. Auf einem dieser Grundstücke befindet sich ein Haus mit einer Wohnfläche von 93,09 m2, das infolge seiner Beschaffenheit die Erzielung von Erträgnissen durch teilweise Vermietung nicht zuläßt. Die Ehegatten verpachteten die Landwirtschaft mit Pachtvertrag vom 1. April 1965 an ihre Tochter. Nach dem Tod ihres Ehegatten übergab die Klägerin mit Übergabsvertrag vom 16. März 1987 dessen Liegenschaftshälfte, auf die sie als Erbin Anspruch hatte, ihrer Tochter ins Eigentum. Diese räumte ihr als Gegenleistung für die Übergabe das Recht der Wohnung in dem angeführten Haus samt Beheizung, Beleuchtung, freier Kost und den üblichen bäuerlichen Ausgedingsleistungen ein.

Der Einheitswert des der Klägerin und ihrem Ehegatten gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes wurde zum 1. Jänner 1979 mit 39.000 S festgestellt. Außerdem wurde der Einheitswert eines "sonstigen bebauten Grundstücks" mit 13.000 S festgestellt, wobei es sich dabei im Sinn des § 33 Abs 2 BewG um den 30.000 S übersteigenden Teil des Wohnwertes ihres Hauses handelte. Zum 1. Jänner 1983 wurde der Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auf 40.000 S und jener des "sonstigen bebauten Grundstücks" auf 17.000 S erhöht. Mit Bescheid vom 13. Mai 1987 entschied die beklagte Partei, daß der Klägerin zu ihrer Witwenpension ab 1. März 1987 eine Ausgleichszulage von 627,30 S monatlich gebühre. Sie legte dabei der Ermittlung des für den Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage maßgebenden Einkommens gemäß § 149 Abs 7 GSVG den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes von 40.000 S zugrunde, errechnete den demnach wegen der Übergabe des Hälfteanteils an einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb zu berücksichtigenden Einkommens mit 1.564 S monatlich und berücksichtigte außerdem einen Betrag von 1.342 S im Monat, der sich daraus ergab, daß die beklagte Partei gemäß § 149 Abs 3 letzter Satz GSVG den der Klägerin zustehenden Anspruch auf "freie Station" mit 2.124 S bewertete und hievon die Hälfte des gemäß § 149 Abs 7 GSVG ermittelten Betrages von 1.564 S und somit 782 S abzog.

Die Klägerin begehrte, ihr eine Ausgleichszulage von 1.969,30 S, also ohne Berücksichtigung des Betrages von 1.342 S, zu bezahlen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, daß der angeführte Betrag gemäß § 149 Abs 3 letzter Satz GSVG als Einkommen berücksichtigt werden müsse, weil die Klägerin nicht nur einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch ein Haus übergeben habe. Es liege somit eine "gemischte Übergabe" vor. Da die von der Klägerin erbrachte Übergabsleistung den gemäß § 149 Abs 7 GSVG ermittelten Pauschalbetrag übersteige, sei die Differenz zwischen dem Pauschalbetrag und der Übergabsleistung gemäß § 149 Abs 3 GSVG auf das Gesamteinkommen der Klägerin anzurechnen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Eine "gemischte Übergabe" liege nur vor, wenn neben der Land- und Forstwirtschaft noch ein Objekt übergeben werde, das, wie etwa ein Gewerbebetrieb oder eine zur Vermietung oder Verpachtung geeignete Sache, die Erzielung eines Ertrages ermögliche. Nur in diesem Fall sei ein Teil des Wertes der bedungenen Gegenleistung nicht der Übergabe der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen und bei der Ermittlung der Ausgleichszulage als Einkommen in Anschlag zu bringen. Hier liege eine "gemischte Übergabe" nicht vor, weil über die Land- und Forstwirtschaft hinaus nicht die Möglichkeit der Erzielung eines Ertrages bestehe. Die Art der Feststellung des Einheitswertes sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei unter Abweisung des Mehrbegehrens schuldig, der Klägerin eine monatliche Ausgleichszulage von 1.335,92 S zu bezahlen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes seien gemäß § 149 Abs 3 GSVG auch die Sachbezüge zu berücksichtigen, weil sie die Gegenleistung nicht nur für die Übergabe der "landwirtschaftlich genutzten Liegenschaftshälfte", sondern auch jene für die Übergabe des - vom Finanzamt gesondert bewerteten - Hauses darstellten. Das aus diesem Grund zu berücksichtigende Einkommen sei aber nicht, wie die beklagte Partei meine, dadurch zu ermitteln, daß vom Wert der Sachbezüge der gemäß § 149 Abs 7 GSVG schon berücksichtigte Pauschalbetrag abgezogen werde, sondern dadurch, daß ein dem Verhältnis der Einheitswerte entsprechender Teil des Wertes der Sachbezüge angerechnet werde.

Dieses Verhältnis betrage hier 70,18 : 29,82, weshalb als Einkommen der Klägerin neben dem gemäß § 149 Abs 7 GSVG ermittelten Pauschalbetrag noch 633,38 S (= 29,82 % von 2.124 S), nicht aber der von der beklagten Partei errechnete Betrag von 1.342 S zu berücksichtigen seien.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich, soweit der Klägerin damit eine 627,30 S übersteigende Ausgleichszulage zuerkannt wird, die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des Klagemehrbegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die zum Gegenstand der Revision gemachte Frage, ob das auf Sachbezüge entfallende Einkommen im Sinne der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes oder im Sinne jener der beklagten Partei zu berechnen ist, muß hier nicht gelöst werden. Wie der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 27. September 1988, 10 Ob S 34/88, ausgesprochen hat, ändert nämlich der Umstand, daß bei einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht nur ein Einheitswert für landwirtschaftliches Vermögen, sondern gemäß § 33 Abs 2 BewG ein Teil des Wohnungswertes des zu dem Betrieb gehörenden Hauses als Einheitswert für Grundvermögen festgestellt wurde, nichts daran, daß nur ein landwirtschaftlicher Betrieb übergeben wurde, also eine reine landwirtschaftliche Übergabe vorliegt. Unter der im § 149 Abs 7 GSVG genannten zeitlichen Voraussetzung sei deshalb nur diese Bestimmung, nicht aber auch § 149 Abs 3 Satz 2 GSVG anzuwenden. In einem solchen Fall seien der Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers nach § 149 Abs 7 GSVG ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der bei der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes ausbedungenen Leistungen 21,6 v.H. des zuletzt festgestellten Einheitswertes der übergebenen landwirtschaftlichen Flächen zugrunde zu legen, nicht aber auch des Einheitswertes des den Vergleichswert übersteigenden Wohnungswertes. § 149 Abs 3 Satz 2 GSVG sei bei der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes nur insoweit anzuwenden, als die Übergabe mehr als 10 Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliege, oder soweit auch Sachleistungen zu bewerten seien, die in keinem Zusammenhang mit dem übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb stünden, zB für die Übergabe eines gewerblichen Betriebes ausbedungene Leistungen (sogenannte gemischte Übergabe).

Wie schon das Erstgericht richtig erkannte, liegt hier eine gemischte Übergabe nicht vor, weil kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß die der Klägerin gewährten Sachleistungen nicht im Zusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb stehen, den der von ihr übergebene Hälfteanteil zum Gegenstand hat. Es wären daher bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin, von dem ihr Anspruch auf Ausgleichszulage abhängt, Sachbezüge nicht zu berücksichtigen gewesen, weshalb der Revision, mit der die beklagte Partei für die Sachbezüge die Berücksichtigung eines höheren als des vom Berufungsgericht angenommenen Betrages anstrebt, ein Erfolg nicht beschieden sein kann.

Anmerkung

E16099

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00277.88.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19881122_OGH0002_010OBS00277_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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