TE OGH 1988/11/23 14Os166/88

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Veröffentlicht am 23.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hans M*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach §§ 207 Abs. 1 erster Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.Juni 1988, GZ 8 d Vr 546/88-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch Teilfreisprüche enthält) wurde der am 13.Mai 1951 geborene Schulwart Hans M*** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach §§ 207 Abs. 1 (erster Fall) und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien nachgenannte unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht

1.

mißbraucht, indem er sie am Glied betastete, und zwar

              a)              im Jahre 1986 den am 18.Juni 1973 geborenen Rene

P***;

              b)              im Juni 1987 den am 27.August 1973 geborenen Michael

R***;

              c)              im November 1987 den am 13.Februar 1974 geborenen

Harald B***;

2.

zu mißbrauchen versucht, indem er sie am Glied zu betasten

trachtete, und zwar

              a)              im Juni 1987 den am 11.Juni 1974 geborenen Richard

K*** und

              b)              im Juni 1987 den am 14.September 1973 geborenen

Christian T***.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch ausschließlich aus dem Grunde der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist unberechtigt.

Den Antrag (S 112) auf gerichtspsychiatrische Begutachtung des Angeklagten zum Beweis dafür, daß er "auf Grund seiner psychischen Situation, insbesondere seiner Einstellung zur Sexualität, nicht in der Lage war und ist, die ihm vorgeworfenen Taten zu begehen", hat das Erstgericht zu Recht abgewiesen, weil eine solche besondere psychische Beschaffenheit des Angeklagten, die seine Täterschaft in Frage stellen könnte, im Beweisverfahren nicht hervorgekommen und auch nicht - was angesichts dieses Umstandes aber erforderlich gewesen wäre - im Beweisantrag dargetan worden ist. Ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Zustand (§ 11 StGB) des Angeklagten war indes - dem Beschwerdevorbringen zuwider - überhaupt nicht Gegenstand des Antrages.

Ein Ortsaugenschein (S 112) konnte deshalb unterbleiben, weil es auf die Sicht- und Lichtverhältnisse am Tatort angesichts der Tatbegehung durch (nicht bloß flüchtige) Berührungen und des Umstandes, daß der Angeklagte den Schülern bekannt war, überhaupt nicht ankommt.

Durch die Einvernahme der Zeugin Margarethe J*** (S 112) wäre kein Alibinachweis zu erbringen gewesen, weil die Genannte nach dem Beweisthema nur hätte bestätigen können, daß der Angeklagte im November 1987 "regelmäßig" in den Nachmittagsstunden ab 16,30 Uhr in der Donauparkhalle dem Eislauftraining seines Sohnes zugesehen hat. Damit hätten aber in Ansehung des einzigen "im November 1987" angenommenen Vorfalls (Faktum 1/c) keinesfalls jene zeitlichen Prämissen festgestellt werden können, die für einen solchen Nachweis erforderlich sind. Darüberhinaus wäre auch nach der für diese Tat in Betracht kommenden Uhrzeit zwischen 15,25 und 17,10 Uhr (S 112) die Täterschaft des Angeklagten keineswegs auszuschließen. Zum Antrag (S 92 f), der zeugenschaftlichen Vernehmung der (schon zur Tatzeit fast vierzehnjährigen) Schüler einen Sachverständigen auf dem Gebiete der Psychiatrie, Neurologie oder Psychologie beizuziehen, ist darauf hinzuweisen, daß die Beweiswürdigung gemäß § 258 StPO ausschließlich dem Gerichtshof zukommt und die Richter sich auf Grund des Beweisverfahrens, des persönlichen Eindruckes von Zeugen und Angeklagten sowie ihrer Berufs- und Lebenserfahrung über die Verläßlichkeit der Aussagen schlüssig zu werden haben. Das Gutachten eines Psychiaters oder Jugendpsychologen wird nur in besonders gelagerten Fällen, so etwa bei festgestellter abwegiger Veranlagung in psychischer und charakterlicher Hinsicht, Entwicklungsstörungen oder sonstigen Defekten von Jugendlichen (iwS) für die Würdigung deren Aussagen von Nutzen sein (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 117 zu § 281 Abs. 1 Z 4). Nichts dergleichen ist im Verfahren in bezug auf einen der als Zeugen vernommenen Schüler hervorgekommen oder im Beweisantrag konkret behauptet worden.

Durch das Zwischenerkenntnis (S 113), mit dem die erwähnten Anträge abgewiesen worden sind, wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten somit in keinem Punkte verletzt, weshalb seine Nichtigkeitsbeschwerde - nach Anhörung der Generalprokuratur - als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Berufungsentscheidung folgt (§ 285 i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E15894

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00166.88.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19881123_OGH0002_0140OS00166_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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