TE OGH 1988/11/24 6Ob699/88

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Veröffentlicht am 24.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland D***, Friseurmeister, Seestraße 25b, 6971 Hard, vertreten durch Dr. Heinz Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Ludwig G***, Mechanikermeister, Oberer Achdamm 53, 6971 Hard, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 345.000.- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 22. Juni 1988, GZ 3 R 174/88-28, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. Februar 1988, GZ 5 a Cg 170/86-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Die eingeklagte Forderung besteht mit S 122.500,- zu Recht. Die Gegenforderung des Beklagten besteht mit S 15.000,- zu Recht. Der Beklagte ist daher schuldig, dem Kläger den Betrag von S 107.500,- samt 4 % Zinsen seit 30. Dezember 1986 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Bezahlung von S 237.500,- samt 9 % Zinsen seit 5. August 1986 sowie das Zinsenmehrbegehren hinsichtlich des zuerkannten Kapitalsbetrages (9 % für die Zeit vom 5. August 1986 bis 29. Dezember 1986 und 5 % seit 30. Dezember 1986) werden abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 25.891,72 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 13.741,75 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Der Kläger ist weiters schuldig, dem Beklagten die mit S 11.422,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Eigentümer eines mit einem Benzinantriebsmotor ausgestatteten Segelbootes (heute werden wegen der Gefährlichkeit von Benzinmotoren für derartige Zwecke nur mehr Dieselmotore verwendet). Am Samstag, dem 21. Juni 1986 - der Kläger wollte das Wochenende auf dem See verbringen -, versuchte er mehrmals, den Motor zu starten, dieser ist jedoch nicht "angesprungen". Obwohl es bereits Abend war, sagte ihm der Beklagte zu, "sich die Sache anzuschauen". Der Kläger und der Beklagte waren schon längere Zeit bekannt. Der Beklagte ist ein guter Mechaniker, der schon früher Arbeiten für den Kläger durchgeführt hat. Er hat diese Arbeiten nicht unentgeltlich gemacht, "meistens aber nur das Material verlangt". Der Kläger war dann der Meinung, daß dies zu wenig wäre, worauf der Beklagte jeweils gesagt hat, daß ihm der Kläger dann "halt etwas" geben solle. Daraufhin hat der Kläger die Arbeitsleistung mit einem Geldbetrag abgegolten. Auch bei der Reparatur des Bootsmotors hätte dies so gemacht werden sollen. Es war keine Unentgeltlichkeit vereinbart. Der Beklagte baute den Vergaser des Motors aus, putzte ihn und baute ihn wieder ein. Da das Starten neuerlich nicht gelang, ersuchte der Kläger den Beklagten, den Motor am Sonntag zu reparieren, damit er wenigstens diesen Tag mit seiner Familie am See verbringen könne. Der Beklagte war auf Grund seiner Hilfsbereitschaft damit einverstanden. Ob bereits durch die am Samstag vom Kläger allein und sodann in Anwesenheit beider Streitteile durchgeführten Startversuche Benzin-Luft-Gemisch ausgetreten ist, konnte nicht festgestellt werden. Am Sonntag, dem 22. Juni 1986 kam der Beklagte mit seinen beiden Kindern und entsprechendem Werkzeug, um die Reparatur vorzunehmen. Der Beklagte als Mechaniker wußte um die Gefährlichkeit von Benzin-Luft-Gemischen. Da das Boot des Klägers mit einem Benzinmotor betrieben wurde, und eine besondere Explosionsgefahr von Benzin-Luft-Gemischen gegeben ist, gehört die Entlüftung des Motorraumes zum ABC jedes Bootseigners bzw. zum Betrieb eines solchen Bootes. Der Betreiber eines solchen Bootes hat daher jedes Mal für die entsprechende Entlüftung des Motorraumes Sorge zu tragen. Die Bedeutung der Entlüftung von derartigen Bootsräumen ist deshalb von besonderer Bedeutung, da das Benzin-Luft-Gemisch schwerer als Luft ist und infolge des Bootsrumpfes nicht nach unten entweichen kann, somit sich noch im Boots- oder Motorraum befindet und entsprechend abgesaugt werden muß. Der Kläger und der Beklagte, die beide um die Explosivität von Gas-Luft-Gemischen wußten, öffneten die Backskisten. Darüber hinaus war die Tür von der Kajüte zum Motorraum offen. Sowohl dem Kläger als auch dem Beklagten erschienen diese Öffnungen genug im Hinblick auf eventuell austretende Benzin-Luft-Gemische. Am Unfallstag herrschte schönes schwüles Wetter. Auf Grund der Temperaturen "ist es noch stärker möglich", daß Gas-Luft-Gemisch im Motorraum sich bereits befunden hat, als der Beklagte mit der Reparatur am Sonntag begonnen hat. Die meisten Schiffe, welche einen Benzinmotor haben, haben eine eigene Taste mit der englischen Bezeichnung "VAN". Diese Taste wird eingeschaltet, noch bevor mit dem Boot gestartet wird. Durch diesen Tastendruck wird der Motor auch gut entlüftet. Beim Boot des Klägers war dies anders, dort war die Entlüftung mit dem Zündschloß gekoppelt. Das Zündschloß hatte zwei Stufen. Auf der ersten Stufe wurde der Ventilator in Betrieb gesetzt, auf der zweiten wurde der Motor gestartet. Bei den Startversuchen bzw. der Reparatur des Motors war der Ventilator viel zu wenig in Betrieb, um eine gehörige Entlüftung des Motorraumes zu besorgen. Der Beklagte kannte sich wohl mit Motoren aus, nicht jedoch mit Absaugvorrichtungen und Benzinmotoren bei derartigen Booten. Er wußte weder um die Bedeutung der Taste "VAN", die es ohnedies im Boot des Klägers nicht gab, noch wußte er darüber Bescheid, daß die Motorentlüftung einzig und allein mit 18 Jahre alten Boot des Klägers durch den Ventilator erfolgte. Der Beklagte hatte sonst nur mit Außenbordmotoren zu tun, bei welchen er auf seiner Tankstelle neue Zündkerzen einbaute und auch Servicearbeiten durchführte. Die mangelnde Motorraumentlüftung auf dem Boot des Klägers konnte er mangels Erfahrung nicht wissen, andererseits wurde er aber auch vom Kläger nicht darauf hingewiesen, obwohl dieser wußte, wie die Motorraumentlüftung in Betrieb genommen werden konnte. Der Beklagte hatte am Sonntag ein Schließwinkelgerät mit, mit welchem überprüft werden konnte, ob der Zündkontakt im richtigen Abstand auf- und zumacht. Weiters hatte er eine Zündlichtpistole mitgenommen, mit welcher überprüft werden kann, ob überhaupt ein Energiefunken vorhanden ist. Die Reparatur spielte sich dann im weiteren Verlauf so ab, daß der Beklagte den Kläger aufforderte, zu starten. Der Kläger startete mehrmals, jedoch erfolglos. Der Beklagte zog dann beim Vergaser bei der Schwimmkammer die entsprechenden Schrauben an. Da der Motor nur langsam durchstartete, nahm der Beklagte an, daß die Batterie leer wäre. Er forderte "den Beklagten" (richtig: den Kläger, siehe AS 62) auf, vom Bootsverleih eine neue Batterie zu holen. Er selbst holte von der Tankstelle neue Zündkerzen. Der Beklagte baute dann die alten Zündkerzen aus, die neuen ein und isolierte die Zündkappen, damit ein Zündfunke nicht auf die Masse übergehen konnte. Der Beklagte forderte dann den Kläger auf, durchzustarten, da er nicht sicher war, ob die Batterie zu schwach war oder der Anlasser defekt gewesen ist. Als der Kläger startete, explodierte im Motorraum befindliches Benzin-Luft-Gemisch. Durch den dadurch ausgelösten Brand wurde das Boot zum Großteil vernichtet. Die Differenz zwischen Zeit- und Restwert betrug S 420.000,-, am Zubehör entstand ein Schaden von S 25.000,-. Der Beklagte erlitt bei dem Unfall Verbrennungen im Gesicht und an den Armen. Er hatte deshalb zwei Tage starke, drei Tage mittelstarke und 14 Tage leichte Schmerzen, er war vom 22. Juni bis 29. Juni 1986 zu 100 % und dann bis 12. Juli 1986 zu 50 % arbeitsunfähig.

Der Kläger begehrte nach Klagseinschränkung unter Berücksichtigung eines von einer Haftpflichtversicherung des Beklagten bezahlten Betrages von S 100.000,- einen Schadenersatzbetrag von S 345.000,- samt Zinsen (AS 56). Der Beklagte wendete ein, er habe die Arbeiten auf eindringliches Bitten des Kägers durchgeführt und alle ihm zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen getroffen. der Kläger hätte als Bootsbesitzer wissen müssen, daß ein Durchstarten des Motors nur nach längerer Betätigung des Ventilators zulässig sei, weshalb ihn ein Mitverschulden treffe. Ein Schmerzengeldbetrag von S 70.000,-

werde aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 230.000,- zu Recht, die Gegenforderung aber mit S 10.000,- zu Recht bestehe und der Beklagte schuldig sei, dem Kläger den Betrag von S 220.000,- samt 4 % Zinsen seit 30. Dezember 1986 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 125.000,- sowie das Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen. Das Erstgericht führte aus, zwischen den Parteien sei ein Werkvertrag im Sinne der §§ 1165 ff ABGB abgeschlossen worden. § 1169 ABGB regle die Fürsorgepflicht des Bestellers gegenüber dem Unternehmer und die den Unternehmer treffende Interessenwahrungspflicht des Bestellers. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, daß er sich nicht erkundigt habe, wie oft der Kläger schon am Samstag versucht habe, den Motor zu starten. Er hätte sich Gewißheit darüber verschaffen müssen, ob sich schon bis zu seinem Eintreffen Benzin-Luft-Gemisch im Motorraum habe ablagern können. Als gelernter Mechaniker, der von der Gefährlichkeit von Benzin-Luft-Gemischen Kenntnis gehabt habe, hätte er sich auch überzeugen müssen, wie die Entlüftung auf dem Boot erfolge: Da der Beklagte diese Schutzpflicht mißachtet habe, treffe ihn ein Verschulden. Der Unternehmer müsse sich bei gefährlichen Arbeitsstätten von Sicherheitsvorkehrungen überzeugen. Die Fürsorgepflicht des Bestellers gegenüber dem Unternehmer erstrecke sich nicht auf die mit dem auszuführenden Werk unmittelbar verbundenen und für den Unternehmer nach seinem Fachwissen erkennbaren Gefahren. Beim Kläger handle es sich aber um den Eigner eines mit einem Benzinmotor ausgestatteten Bootes, somit um einen Besteller, der von der Gefährlichkeit von Benzin-Luft-Gemischen im Motorraum habe wissen müssen, und beim Beklagten handle es sich um einen Unternehmer, der großteils mit Automotoren zu tun habe, bei denen die Entlüftung des Motorraumes keine Rolle spiele, da das Gemisch nach unten entweiche. Da der Kläger überdies ein altes Boot gehabt habe, welches nicht über eine vom Motor getrennte Entlüftungsanlage verfügt habe, sondern nur über eine solche, die mit dem Zündvorgang gekoppelt gewesen sei, sei diese Besonderheit für den Kraftfahrzeugmechaniker nicht von vornherein erkennbar gewesen, weshalb es einer entsprechenden Aufklärung durch den Kläger bedurft hätte. Der Kläger habe daher seinen Fürsorgepflichten nicht vollends entsprochen. Darüber hinaus begründe die mangelnde Sorge des Klägers um die Entlüftung des Motorraumes, die Unterlassung der Aufklärung über die Entlüftung für Benzinmotoren auf Booten gegenüber dem unerfahrenen Beklagten und die Mitwirkung des Klägers an der Reparatur ein Mitverschulden. Das Verschulden sei im Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Beklagten zu teilen, sodaß die Klagsforderung zu zwei Dritteln gerechtfertigt sei. Für die Verletzung des Beklagten sei ein Schmerzengeld von S 30.000,-

angemessen, sodaß die Gegenforderung mit S 10.000,- zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, wohl aber jener des Klägers und änderte das Ersturteil dahin ab, daß die Klagsforderung mit S 345.000,- zu Recht, die Gegenforderung aber nicht zu Recht bestehe und der Beklagte schuldig sei, S 345.000,-

samt 4 % Zinsen seit 30. Dezember 1986 zu bezahlen. Abgewiesen blieb lediglich ein Zinsenmehrbegehren. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die Behauptung des Beklagten, er habe vom Kläger jeweils nur ein "Trinkgeld" erhalten, verstoße gegen das Neuerungsverbot, im übrigen entsprächen die Feststellungen über die Bezahlung früherer Reparaturen den Aussagen beider Parteien. Es könne nicht zweifelhaft sein, daß zwischen Parteien ein Werkvertrag bestanden habe, in dessen Rahmen sich der Beklagte gegen Entgelt zur Reparatur des Bootsmotors, sohin zur Herstellung eines Arbeitserfolges, verpflichtet habe. Daß der Beklagte aus Hilfsbereitschaft tätig geworden und mit dem Entgelt zufrieden gewesen sei, das ihm der Beklagte von sich aus angeboten habe, vermöge nichts zu ändern. Unentgeltlichkeit werde überdies nicht vermutet, sondern müsse vereinbart werden. Im Zweifel sei ein Werkvertrag entgeltlich. Aus dem Werkvertrag resultiere die Sorgfaltspflicht des Unternehmers, gegen die der Beklagte objektiv verstoßen habe, was ihm auch als Verschulden anzulasten sei. Er habe die Arbeiten am Vergaser durchgeführt und hätte als Kraftfahrzeugmechanikermeister wissen müssen, daß dabei ein Benzin-Luft-Gemisch auftrete, welches durch einen Zündfunken zur Explosion gebracht werden könne. Nach der bei ihm gemäß § 1299 ABGB vorauszusetzenden Sachkunde und Sorgfalt wäre es ihm oblegen, für eine entsprechende Entlüftung sowohl des Motors als auch des Bootsraumes zu sorgen, und, wenn er mit der Funktionsweise der Entlüftungsanlage nicht vertraut gewesen sein sollte, sich beim Kläger entsprechend zu erkundigen. Sein Verschulden liege darin, nicht für eine entsprechende Entlüftung gesorgt zu haben. An der Haftung des Beklagten könne daher kein Zweifel bestehen. Der Kläger wende sich hingegen in seiner Berufung zu Recht gegen die Annahme eines Mitverschuldens auf seiner Seite. Den Besteller treffe zwar eine Fürsorgepflicht. Die Gefahr, die mit dem auszuführenden Werk unmittelbar verbunden und für den Unternehmer nach seinen Fachkenntnissen vorhersehbar sei, liege aber außerhalb dieser Fürsorgepflicht. Ein solcher Fall liege hier vor. Für den Kläger sei nicht erkennbar gewesen, daß der Beklagte bei seinen Reparaturversuchen technisch überfordert bzw. hiefür ungenügend qualifiziert sei. Die Besonderheit der Entlüftungsvorrichtung sei nicht ursächlich für die Explosion gewesen, weil es dem Beklagten freigestanden wäre, sich über Funktionsweise und Bedienung des Ventilators zu erkundigen und vor dem Start den Ventilator laufen zu lassen. Immerhin sei es der Beklagte gewesen, der am Vergaser gearbeitet habe, vom Austreten von Gasen habe Kenntnis haben müssen und der dem Kläger jeweils die Weisung zum Starten des Motors gegeben habe. Am Unfall hätte sich auch nichts geändert, wenn das Boot des Klägers mit der Taste "VAN" ausgestattet gewesen wäre, zumal der Beklagte über die getroffenen Maßnahmen hinaus eine zusätzliche Entlüftung nicht für erforderlich gehalten habe. Es hieße die Sorgfaltspflicht des Klägers überspannen, würde man von ihm als Laien, der überdies im Detail über die einzelnen Reparaturmaßnahmen des Beklagten nicht Bescheid gewußt habe, verlangen, daß er den Beklagten als Kfz-Mechanikermeister auf die Notwendigkeit einer zusätzlichen Entlüftung mittels Ventilator aufmerksam machte. Immerhin habe der Beklagte nach seinem eigenen Eingeständnis die Gefährlichkeit von Benzin-Luft-Gemischen und die Notwendigkeit der Motorentlüftung gekannt, habe aber insofern geirrt, als er geglaubt habe, durch die getroffenen Maßnahmen für eine entsprechende Lüftung gesorgt zu haben. Der Kläger habe jedenfalls voraussetzen können, daß der Beklagte die mit der Motorreparatur verbundenen Gefahren richtig einschätze und die notwendige Vorsicht anwende. Ein Mitverschulden des Klägers an der Herbeiführung seines eigenen Schadens, das zwar nicht die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens, aber immerhin eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern voraussetzen würde, liege sohin nicht vor.

Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil, allenfalls auch das Ersturteil, aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise wird der Antrag gestellt, das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt der Beklagte zunächst, daß im angefochtenen Urteil bei Wiedergabe des als unbestritten bezeichneten Sachverhaltes ausgeführt wird, der Beklagte betreibe eine Seetankstelle. Der Beklagte führt aus, dies sei durch die Feststellungen nicht gedeckt, tatsächlich betreibe er keine Seetankstelle sondern eine Autotankstelle. Auf diese Ausführungen braucht jedoch nicht weiter eingegangen zu werden, weil es für die Entscheidung dieses Rechtsstreites ohne Bedeutung ist, ob es sich um eine See- oder eine Autotankstelle handelt, die der Beklagte betreibt.

Sowohl als Verfahrensmangel als auch als Aktenwidrigkeit macht der Beklagte geltend, das Berufungsgericht sei bei der rechtlichen Beurteilung zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Kläger über die durchgeführten Reparaturarbeiten im Detail nicht informiert gewesen sei. Diese Annahme sei durch die Feststellungen nicht gedeckt und stehe zur Aussage des Klägers im Widerspruch, welcher erklärt habe, zum Beklagten hinunter gesehen zu haben, der Beklagte habe den Vergaser ausgebaut und durchgeblasen. Auch der Frage, ob der Kläger genaue Kenntnis von den Arbeiten hatte, die der Beklagte durchführte, kommt für die rechtliche Beurteilung keine Bedeutung zu, weshalb dazu nicht Stellung zu nehmen ist.

Schließlich rügt der Beklagte als Verfahrensmangel, daß die Frage der Entlohnung der Arbeiten nicht ausreichend geprüft worden sei und das Berufungsgericht die Ausführungen über ein "Trinkgeld" als Neuerung angesehen habe. Die Parteienaussage des Beklagten spreche eindeutig für den Trinkgeldcharakter.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß kein Vorbringen über eine Unentgeltlichkeit erstattet wurde, nach ständiger Rechtsprechung eine Parteienaussage ein Vorbringen nicht ersetzen kann und im übrigen die Feststellungen des Erstgerichtes zur Frage des Entgeltes ohnedies der Parteienaussage des Beklagten entsprechen. Die Ausführungen zu den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit sind daher nicht berechtigt. Den Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung kommt hingegen teilsweise Berechtigung zu. Die Ansicht des Beklagten, es sei kein Werkvertrag vorgelegen, kann allerdings nicht geteilt werden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Werkvertrag vor, wenn sich jemand gegen Entgelt verpflichtet, ein Werk herzustellen (EvBl 1985/79 ua), wobei der Begriff des Werkes im weitesten Sinne zu verstehen ist und auch Arbeitserfolge umfaßt (SZ 47/145, SZ 54/173 ua). Die Reparatur des Motors stellte daher ein Werk im Sinne des § 1151 ABGB dar. Den Revisionsausführungen, der Beklagte habe keine Verpflichtung übernommen und hätte dies als Kraftfahrzeugmechaniker auch nicht tun können, ist entgegenzuhalten, daß er sich über Aufforderung des Klägers bereit erklärte, den Motor zu reparieren, er übernahm daher die Herstellung eines Werkes im Sinne des § 1151 ABGB. Auch Entgeltlichkeit lag vor, weil die Arbeiten des Beklagten mit einem Geldbetrag hätten abgegolten werden sollen. Daß es sich nur um ein "Trinkgeld" handeln sollte, dem der Charakter eines Entgeltes nicht zukommt, wurde nicht vorgebracht, das Verfahren hat dafür keinen Anhaltspunkt ergeben, nicht einmal der Parteienaussage des Beklagten läßt sich derartiges entnehmen. Auszugehen ist daher von einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrag über die Reparatur des Motors. Daraus folgt eine Schutzpflicht des Beklagten gegenüber den Rechtsgütern des Klägers (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 1169 mwN), wobei er gemäß § 1299 ABGB einen Mangel der entsprechenden Kenntnisse für die Durchführung einer gefahrlosen Reparatur zu vertreten hat. Auf die in der Revision aufgeworfene Frage der Beweislastumkehr im Sinne des § 1298 ABGB braucht nicht eingegangen zu werden, weil feststeht, daß bei Durchführung der Reparatur ein Fehler begangen wurde, nämlich das Unterlassen einer entsprechenden Entlüftung, weshalb der Frage der Beweislast keine Bedeutung zukommt. Auf Grund des begangenen Fehlers trifft den Beklagten ein Verschulden am eingetretenen Schaden und damit eine Haftung.

Zu prüfen ist jedoch, ob nicht auch den Kläger eine Mitverantwortung für den entstandenen Schaden gemäß § 1304 ABGB trifft. Hiebei ist auf den letzten Satz des § 1299 ABGB Rücksicht zu nehmen, wonach demjenigen, der einem "Sachverständigen", dessen Unerfahrenheit er gewußt habe oder bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte wissen können, das Geschäft überließ, ebenfalls ein Versehen zur Last fällt. Die Fürsorgepflicht des Bestellers bezieht sich auch auf die Sicherheit der Arbeitsstätte (SZ 49/15 ua). Nun wußte der Kläger, daß es sich beim Beklagten um einen Kraftfahrzeugmechaniker handelt, auf eine Erfahrung des Beklagten bei der Reparatur von Bootsmotoren konnte er daraus nicht schließen. Der Kläger selbst hatte in seinem Beruf zwar nichts mit Motoren zu tun, er war aber Eigentümer eines mit einem Benzinmotor ausgestatteten Segelbootes und hatte als solcher wegen der Gefahr der Explosion des Benzin-Luft-Gemisches stets für eine Entlüftung des Motorraumes zu sorgen. Der Kläger wußte auch tatsächlich um die Gefährlichkeit des Benzin-Luft-Gemisches. Er versuchte am Samstag zunächst allein, den Motor zu starten, und in der Folge führte der Beklagte in Anwesenheit des Klägers Reparaturarbeiten am Motor durch. Am nächsten Tag wurden gemeinsam neuerlich erfolglose Startversuche unternommen und der Beklagte nahm neuerlich Reparaturarbeiten vor. Der Kläger, dem die Gefährlichkeit des Benzin-Luft-Gemisches bekannt war, hätte die Entscheidung, ob vor neuerlichen Startversuchen eine Entlüftung des Motorraumes durch den Ventilator vorzunehmen ist, nicht allein dem im Umgang mit derartigen Booten unerfahrenen Beklagten überlassen dürfen, sondern hätte auf Grund seiner Fachkenntnisse auf eine Durchlüftung dringen müssen, zumal er vom Vorhandensein des Ventilators, dessen Zweck sowie davon Kenntnis hatte, wie der Ventilator in Betrieb zu nehmen ist. Da er dies nicht tat und sich um die Frage der Entlüftung nicht kümmerte, trifft auch ihn eine Mitverantwortung für den eigenen Schaden. Die Frage, ob der Kläger detaillierte Kenntnis von den vom Beklagten vorgenommenen Arbeiten hatte, ist ohne Bedeutung, denn er wußte jedenfalls von den zahlreichen Startversuchen sowie von den Arbeiten am Vergaser und vom Austausch der Zündkerzen, damit von Arbeiten, bei denen mit der Möglichkeit eines Austretens eines Benzin-Luft-Gemisches gerechnet werden mußte.

Berücksichtigt man einerseits, daß der Beklagte als Kraftfahrzeugmechaniker zwar als Fachmann für Benzinmotore anzusehen ist, dem es aber an Erfahrungen mit in Boote eingebauten Motoren fehlte, und andererseits, daß der Kläger als Eigentümer des Bootes ebenfalls kein Laie war und von der Gefährlichkeit von Benzin-Luft-Gemischen Kenntnis hatte, dann besteht kein Anlaß, das Verschulden eines der Streitteile höher zu bewerten als das des anderen. Eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 ist daher gerechtfertigt. Dies führt aber - worauf der Beklagte sowohl in der Berufung als auch in der Revision hingewiesen hat - nicht dazu, daß dem Kläger die Hälfte des geltend gemachten Betrages zusteht. Vielmehr hat er Anspruch auf Ersatz der Hälfte seines Schadens, somit von S 222.500,- abzüglich des von der Haftpflichtversicherung erhaltenen Betrages von S 100.000,-. Es steht ihm daher ein Anspruch auf Ersatz von S 122.500,- zu.

Überdies ist dem Kläger, weil er nicht auf eine entsprechende Entlüftung gedrungen hat, eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Bestellers anzulasten, weshalb ihn am Schaden, den der Beklagte bei der Explosion erlitten hat, ein Mitverschulden trifft, wobei auch hier eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 vorzunehmen ist. Die vom Erstgericht mit S 30.000,- vorgenommene Bemessung des Schmerzengeldes, gegen die sich der Kläger in seiner Berufung nicht wandte, ist zu billigen, dem Beklagten steht daher eine Gegenforderung von S 15.000,- zu. Daß der Beklagte bei seiner in den Revisionsausführungen enthaltenen Berechnung offensichtlich irrtümlich von dem vom Erstgericht als berechtigt angesehenen Drittel des Schmerzengeldes nur ein Drittel in Anschlag brachte, vermag ihm nicht zum Nachteil zu gereichen, zumal er im Revisionsantrag die Abweisung des gesamten Klagebegehrens anstrebt. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Entscheidungen über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruhen überdies auf § 50 ZPO. Hiebei war davon auszugehen, daß der Kläger im Verfahren erster Instanz bis zur Klagseinschränkung nur mit rund 24 % und danach nur mit rund 31 % seines Begehrens obsiegte, mit rund 76 % bzw. mit rund 69 % aber unterlag. Er hat daher gemäß § 43 Abs 1 ZPO dem Beklagten für den ersten Verfahrensabschnitt 76 % und danach 69 % der Barauslagen und 52 % bzw. 38 % der übrigen Kosten zu ersetzen. Der Beklagte hat hingegen dem Kläger für den ersten Verfahrensabschnitt 24 % und danach 31 % der Barauslagen zu ersetzen. Daraus ergibt sich insgesamt eine Kostenforderung des Beklagten für das Verfahren erster Instanz von S 25.891,72. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg, der Beklagte hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Berufungsbeantwortung. Der Beklagte obsiegte mit seiner Berufung etwa zur Hälfte, daher hat der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Berufungsbeantwortung und dem Beklagten steht lediglich die Hälfte der Pauschalgebühr zu. Gegenstand der Berufungsverhandlung war das gesamte Klagebegehren, der Beklagte hat daher ebenso wie für die erste Instanz Anspruch auf 38 % der Kosten. Dies ergibt für das Berufungsverfahren eine Kostenforderung des Beklagten von S 13.741,75.

Für das Revisionsverfahren stehen dem Beklagten 69 % der Pauschalgebühr und 38 % der übrigen Kosten zu, das sind S 11.422,50.

Anmerkung

E16001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00699.88.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19881124_OGH0002_0060OB00699_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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