TE OGH 1988/11/24 12Os139/88

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Veröffentlicht am 24.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Norbert D*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 18. März 1988, GZ 10 Vr 903/87-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Quendler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB auch durch die zu den Punkten 3/b und 4/b des Schuldspruchs beschriebenen Handlungen begangen (Punkt 5/b des Schuldspruchs), sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Norbert D*** wird für die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (Punkt 1), das Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (Punkt 2), das Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (Punkt 3), das Verbrechen des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs 1 StGB (Punkt 4), das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (Punkt 5/a) und das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (Punkt 6), nach §§ 28, 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Jahren verurteilt.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 29-jährige Norbert D*** (zu 1) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, (zu 2) des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, (zu 3/a und b) des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB, (zu 4/a und b) des Verbrechens des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs 1 StGB, (zu 5/a und b) des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB und (zu 6) des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall (gemeint: erster Strafsatz) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er

(zu 1) von Sommer 1984 bis März 1987 in Klagenfurt und anderen Orten in wiederholten Angriffen - außer in den zu 2 genannten Fällen - die am 7.August 1973 geborene Unmündige Bianca B*** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er sie aufforderte, sein Glied zu reiben und bei ihm den Mundverkehr vorzunehmen, und an ihr den Analverkehr durchführte; (zu 2) von Sommer 1985 bis zum 19.März 1987 in Klagenfurt und anderen Orten in wiederholten Angriffen mit der am 17.August 1973 geborenen Unmündigen Bianca B*** den außerehelichen Beischlaf unternommen;

(zu 3) in wiederholten Angriffen eine Person weiblichen Geschlechts, nämlich die am 17.August 1973 geborene Bianca B*** mit Gewalt oder durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben widerstandsunfähig gemacht und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht, und zwar

a) zwischen Sommer 1985 und März 1987 in Klagenfurt, indem er sie wiederholt bäuchlings oder rücklings über einen Tisch drückte, ihr die Beine spreizte und ihre Beine und Arme an den Tischfüßen anband;

b) am 18.März 1987 in Wien, indem er sie durch zu Punkt 4/b beschriebenen Handlungen widerstandsunfähig machte und sodann an ihr den Beischlaf vollzog;

(zu 4) außer dem Fall der Notzucht die am 17.August 1973 geborene Bianca B*** mit Gewalt gegen ihre Person widerstandsunfähig gemacht und sie in diesem Zustand zur Unzucht mißbraucht, und zwar

a) zwischen Sommer 1985 und März 1987 in Klagenfurt wiederholt dadurch, daß er sie auf die zu 3 beschriebene Weise fesselte und an ihr den Analverkehr durchführte;

b) am 18.März 1987 in Wien, indem er sie fesselte, an einen Mauerhaken hängte und sie aufforderte, ihn zu bitten, sein Glied in ihren Mund nehmen zu dürfen, wobei er ihr mit zwei glosenden Holzstäben die Schambehaarung ansengte und drohte, mit den Holzstäben in ihre Scheide zu fahren;

(zu 5) in Wien die Unmündige Bianca B***, die seiner Aufsicht unterstand, durch nachangeführte Handlungen zur Unzucht mißbraucht, und zwar

a) im Feber 1987 dadurch, daß er mit ihr den Geschlechtsverkehr und Analverkehr vollzog und sie aufforderte, ihn mit dem Mund zu befriedigen;

b) am 18. und 19.März 1987 durch die zu 3/b und 4/b beschriebenen Handlungen;

(zu 6) am 28.Juli 1987 in Klagenfurt vor dem Landesgericht Raimund B*** durch die Behauptung, das in Seite 161 der Akten 10 Vr 903/87 erliegende Schreiben sei nicht von ihm verfaßt, sondern von Raimund B*** am 8.April 1987 in den Kofferraum seines PKW gelegt worden, dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er ihn des von Amts wegen zu verfolgenden Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß diese Verdächtigung falsch ist.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, der indes keine Berechtigung zukommt.

Mit der in der Mängelrüge (Z 5) vorgetragenen Behauptung, es läge ein Widerspruch zwischen dem Urteilsspruch und den Entscheidungsgründen vor, weil zwar ersterem zu entnehmen ist, wann die ihm zur Last gelegten Handlungen vorgenommen worden seien, die dazu korrespondierenden Feststellungen jedoch in den Urteilsgründen fehlten, macht der Beschwerdeführer nicht einen Begründungsmangel, sondern der Sache nach einen Feststellungsmangel im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 47 zu § 281 Z 5); dies jedoch zu Unrecht. Denn zum einen sind Urteilsspruch und Entscheidungsgründe als untrennbares Ganzes zu werten (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 46 zu § 281 Z 5); zum anderen werden die dem Beschwerdeführer angelasteten Deliktshandlungen in den Gründen des Urteils hinreichend individualisiert, ohne daß es einer genauen Konkretisierung jedes einzelnen deliktischen Angriffs nach Tatort, Tatzeit und näheren Handlungsmodalitäten bedurfte: Hat doch das Erstgericht festgestellt, daß die Unzuchtshandlungen des Beschwerdeführers an der damals 11-jährigen Bianca B*** - seiner Schwägerin - im Sommer 1984 begannen (vgl. S 361 dA) und in der Folge mehrmals wiederholt wurden (S 363 dA), daß es Mitte 1985 erstmals zu einem Geschlechtsverkehr zwischen dem Beschwerdeführer und dem (damals 12-jährigen) Mädchen kam und daß ab diesem Zeitpunkt zwischen ihnen wöchentlich ein- bis zweimal sexuelle Kontakte, sowohl in Form eines Geschlechtsverkehrs als auch in Form von Analverkehr stattfanden, wobei der Beschwerdeführer angesichts der Weigerung des Mädchens, seinen Forderungen uneingeschränkt nachzukommen, nunmehr auch zu Gewalt und massiven Drohungen griff (vgl. S 367 dA). Diese Praktiken endeten, als sich Bianca B*** kurz nach dem Vorfall am 18.März 1987 der Freundin ihres Bruders anvertraute und durch diese dann Raimund B*** und Katharina B*** von den Verfehlungen des Beschwerdeführers Kenntnis erlangten (vgl. S 371 f dA). Somit kann keine Rede davon sein, daß das Urteil keine Feststellungen darüber enthalte, "über welchen Zeitraum und bis zu welchem Endzeitpunkt" der Beschwerdeführer die inkriminierten Unzuchtshandlungen begangen hat.

Das Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder ist nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Zunächst trifft es nicht zu, daß sich das Schöffengericht bei seinen Konstatierungen ausschließlich auf die Aussage der Belastungszeugin Bianca B*** stützte; hat es doch eine Reihe weiterer Beweisumstände herangezogen, durch welche seine Überzeugung von der Verläßlichkeit und Glaubwürdigkeit dieser Zeugin erhärtet wurde (vgl. S 379 ff dA). Den Akten sind - abgesehen von den vom Gericht als widerlegt erachteten Behauptungen des Angeklagten - weder Hinweise auf eine innerhalb der Familie bestehende feindselige Einstellung gegen den Angeklagten, die eine Beeinflussung der Bianca B*** dahin, den Angeklagten durch falsche Verdächtigungen einer strafgerichtlichen Verurteilung zuzuführen, nahelegen könnten, zu entnehmen noch ergeben sich daraus gravierende Widersprüche in den Angaben der Genannten oder dieser Angaben zu anderen Beweisergebnissen, die den von den Tatrichtern auf Grund ihres von dieser Zeugin gewonnenen persönlichen Eindrucks positiv beurteilten Beweiswert ihrer Tatschilderungen ernstlich in Frage stellen könnten. Ihre Aussagen über Zeitpunkt und Ort der Unzuchtshandlungen lassen sich mit dem Krankenstand ihrer Mutter, mit den Schulzeiten und den Möglichkeiten ungestörter gemeinsamer Aufenthalte in der Wohnung des Angeklagten durchaus in Einklang bringen (vgl. S 249, 347, 351 dA). Die Mutter der Zeugin Bianca B***, Katharina B***, konnte zwar naturgemäß aus eigener Wahrnehmung nichts über die inkriminierten Vorfälle aussagen; sehr wohl hat sie aber - entgegen den Beschwerdeausführungen - bekundet, daß ihr eine Verstörtheit und Nervosität ihrer Tochter aufgefallen ist (vgl. S 19, 202 dA). Daß das Mädchen vor Gericht flüssig und "ohne zu stottern" aussagte und keine Emotionen erkennen ließ, ist im gegebenen Zusammenhang nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erwecken.

Mit dem im Rahmen der Rechtsrüge erhobenen Einwand schließlich, daß der Metallhaken, an dem das Tatopfer seiner Darstellung zufolge am 18.März 1987 zum Zweck der Vornahme von Unzuchtshandlungen aufgehängt wurde, laut Aussage der Zeugin Petra D*** in einer Höhe von 1,74 m angebracht war, wird weder ein Begründungs- noch ein Feststellungsmangel aufgezeigt; denn auch bei Annahme einer Körpergröße der Bianca B*** von 1,50 m kann keineswegs gesagt werden, daß der von ihr geschilderte Vorgang unmöglich gewesen ist. Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) im übrigen Feststellungsmängel in Ansehung der subjektiven Tatseite der dem Beschwerdeführer angelasteten Unzuchtsdelikte reklamiert, so haften diese dem angefochtenen Urteil nicht an. Die Feststellung, daß der Beschwerdeführer das Alter des Tatopfers kannte und demnach um dessen Unmündigkeit zur Tatzeit wußte, ergibt sich schon aus den Urteilsannahmen über das zwischen ihm und Bianca B*** bestehende familiäre Naheverhältnis (S 361 dA), wobei es im Hinblick auf die (in der Hauptverhandlung verlesenen) Angaben des Angeklagten vor der Polizei (S 87, 352 dA) und den Umstand, daß der Angeklagte dieses Wissen niemals bestritten hat, keiner weiteren Konstatierungen bedurfte. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, daß das Erstgericht einen Teil der Tathandlungen unter den Tatbestand der Notzucht bzw. des Zwangs zur Unzucht subsumiert hat. Denn entgegen dem Beschwerdevorbringen verantwortet nach nunmehr ständiger Judikatur (vgl. RZ 1986/62 ua) ein Täter, der an einer Unmündigen den außerehelichen Beischlaf unternimmt oder eine solche Person auf andere Weise zur Unzucht mißbraucht, nachdem er sie mit Gewalt gegen ihre Person oder durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben widerstandsunfähig gemacht hat, in Tateinheit mit den Tatbeständen des Beischlafs oder der Unzucht mit Unmündigen auch die Verbrechen der Notzucht oder des Zwangs zur Unzucht.

Die von der Beschwerde vermißte Feststellung, daß der Angeklagte sein Tatopfer, wenn sich dieses gegen die sexuellen Angriffe wehrte und sich weigerte, seinen Forderungen zu entsprechen, unter Einsatz physischer Kraft oder mit qualifizierten Drohungen im Sinn der §§ 201 Abs 1, 203 Abs 1 StGB vorsätzlich in einen Zustand extremer Hilflosigkeit versetzt hat, indem er dessen Arme und Beine an den Tischfüßen festband oder es am 18.März 1987 gefesselt an einen Mauerhaken hängte, ergibt schon aus den konstatierten Verhaltensweisen des Angeklagten, die den auf Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit des Opfers gerichteten Tätervorsatz nicht zweifelhaft erscheinen lassen.

Letztlich deckt der Urteilssachverhalt aber auch die Annahme des Erstgerichtes, daß durch die Mitnahme der Bianca B*** auf Dienstreisen des Angeklagten ein Autoritätsverhältnis begründet wurde, welches vom Angeklagten in Kenntnis seiner Stellung als Aufsichtsperson der Unmündigen zur Vornahme von Beischlafs- und Unzuchtshandlungen an dem Schutzobjekt mißbraucht wurde. Eine Nichtigkeit gemäß der Z 9 lit a (richtig: Z 10) des § 281 Abs 1 StPO haftet sohin auch diesem Teil des Schuldspruchs nicht an. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach zur Gänze als unbegründet, weshalb sie zu verwerfen war.

Aus deren Anlaß war jedoch - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - von Amts wegen wahrzunehmen, daß bei jenen Unzuchtshandlungen, denen die Brechung des dem sexuellen Mißbrauch entgegenstehenden Willens des Tatopfers vorangegangen ist, eine Tatbeurteilung (auch) als Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses nicht in Betracht kam, weil bei solchen Delikten ein eintätiges Zusammentreffen mit den auf bloße Willensbeeinflussung abstellenden Deliktsfällen des § 212 StGB begrifflich ausgeschlossen ist (vgl. Foregger-Serini StGB4 § 212 Anm. VII). Soweit dem Angeklagten angelastet wird, das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB auch durch die zu den Punkten 3/b und 4/b des Schuldspruchs beschriebenen Handlungen begangen zu haben, haftet dem Urteil daher Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 10 StPO an, sodaß in diesem Umfang mit Urteilsaufhebung vorzugehen war.

Bei der infolge der getroffenen Sachentscheidung notwendig gewordenen Neubemessung der verwirkten Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen von vier Verbrechen mit zwei Vergehen, die mehrfache Wiederholung der Straftaten gegen die Sittlichkeit über einen längeren Zeitraum sowie den Umstand, daß der Angeklagte bei diesen Straftaten zum Teil in einer für das Tatopfer besonders qualvollen Weise und aus einer gefühllosen Gesinnung grausam gehandelt hat; als mildernd kommt lediglich ein gewisses Entgegenkommen des Opfers in Betracht, das darin bestand, daß es trotz der vorangegangenen massiven Angriffe des Angeklagten dennoch darauf drängte, mit diesem ein zweites Mal nach Wien zu fahren und ihm daher die Gelegenheit zu abermaligen gravierenden sexuellen Angriffen zu verschaffen.

Bei der Gewichtung dieser Strafzumessungsgründe fällt vor allem die mehrfache Wiederholung der Sittlichkeitsdelikte und deren teilweise grausame und für das Opfer qualvolle Art der Begehung zu Lasten des Angeklagten ins Gewicht; gerade der zuletzt bezeichnete Umstand charakterisiert den Angeklagten als einen Straftäter, der seine abartigen sexuellen Begierden gegenüber einer Unmündigen - zu Beginn der Verfehlungen war Bianca B*** erst 11 Jahre alt - auf brutale Weise unter allen Umständen durchzusetzen trachtet. Die Strafzumessungsschuld des Angeklagten wiegt daher insgesamt so schwer, daß es einer empfindlichen Sanktion bedarf, um dem Angeklagten das Unrecht seines Verhaltens entsprechend vor Augen zu führen und ihn von der Begehung weiterer derartiger Straftaten abzuhalten.

Wird all dies - worauf auch die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung zutreffend hinweist - erwogen, so erfordern die Strafzwecke eine Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß. Daß ein Teil der vom Erstgericht dem Tatbestand des § 212 Abs 1 StGB unterstellten Tathandlungen aus dem bezüglichen Schuldspruch ausgeschaltet wurde, fällt dabei nicht ins Gewicht. Im Hinblick auf die (auch) von der Anklagebehörde ergriffene Berufung konnte die Strafe ohne Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius höher als in erster Instanz ausgemessen werden (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 33 zu § 293).

Nur der Vollständigkeit halber sei zum Berufungsvorbringen des Angeklagten bemerkt, daß die ins Treffen geführte Sorgepflicht keinen Milderungsgrund zu bilden vermag (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 34 RN 29; s. auch Foregger-Serini StGB4 Anm. III zu § 34). Es war sohin insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E16305

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00139.88.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19881124_OGH0002_0120OS00139_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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