TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/14 2004/05/0294

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Veröffentlicht am 14.10.2005
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;

Norm

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr 1883 §34 Abs1;
BauO Wr 1883;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Ing. Herbert Gruber in Wien, vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth, Rechtsanwälte GmbH in Wien 1, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. September 2004, Zl. BOB - 172/04, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer der Liegenschaft mit der Anschrift Wien 17, Wattgasse 66. Seine Liegenschaft sowie die daneben befindlichen Liegenschaften Wattgasse 68 und 70 grenzen mit der jeweiligen hinteren Grundstücksgrenze an die der Stadt Wien gehörende Liegenschaft mit der Anschrift Wien 17, Wichtelgasse 67, auf der sich eine städtische Schule befindet. An der gemeinsamen Grundgrenze befindet sich auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers ein Gebäude, auf der Liegenschaft der Stadt Wien ein Schulhof. Das Niveau des Schulhofes ist tiefer als das Niveau der Liegenschaft des Beschwerdeführers; auf dem Schulhof verläuft, soweit hier erheblich, entlang der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers und zur Liegenschaft Wattgasse 68 (hier nur teilweise bis zu einem Turnsaal) eine Mauer. Diese Mauer ist (insbesondere) durch den Druck der Wurzeln eines auf der Liegenschaft Wattgasse 68 stehenden Baumes beschädigt.

Das zugrundeliegende Verwaltungsverfahren wurde von Amts wegen eingeleitet. In einer bautechnischen Stellungnahme der DI Z. und R. an die Stadt Wien vom 11. November 2002 heißt es, an der westlichen Seite des linken Schulhofes stehe an der Grundstücksgrenze (augenscheinlich auf dem Schulgrund) derzeit eine Hofmauer aus Ziegelmauerwerk. Sie grenze den Schulhof zur Feuermauer des Nachbargebäudes (Anmerkung: das ist das Gebäude des Beschwerdeführers) bzw. über eine etwa 3 m Länge zum Innenhof des Nachbargebäudes (Anmerkung: das ist die Liegenschaft Wattgasse 68) ab. Es sei geplant, die baulich desolate Mauer, die zum Teil wegen der großen Verschiebungen Richtung Schulhof auch schon provisorisch abgestützt sei, gänzlich abzutragen und im Bereich des Innenhofes des Nachbargebäudes (Anmerkung: das ist offenbar das Gebäude Wattgasse 68), dessen Geländeoberkante etwa 2 m höher als der Schulhof liege, eine Stützmauer zu errichten.

Im Bereich der Feuermauer des Nachbargebäudes (Anmerkung: gemeint ist das Gebäudes des Beschwerdeführers) sei deshalb am 7. November 2002 ein Suchschlitz gegraben worden, um die Fundamentunterkante dieser Feuermauer festzustellen. Hiebei habe sich ergeben, dass die Fundamentunterkante um etwa 40 cm über dem bestehenden Gelände des Schulhofes liege und das Fundament aus Mischmauerwerk bestehe, welches teilweise offensichtlich nur geschlichtet sein dürfte, bzw. eine eventuelle frühere Vermörtelung schon versandet sei. Ein Abtragen der Hofmauer sei deshalb ohne zusätzliche bauliche Maßnahme nicht möglich, weil diese eine stützende Wirkung auf das Fundament des Nachbargebäudes ausübe (es folgen verschiedene Vorschläge).

Nach Erstellung von Kostenvoranschlägen heißt es in einer magistratsinternen Stellungnahme vom 5. Juni 2003 (sichtlich auf Grund einer Stellungnahme der zuvor genannten DI Z. und R. vom 30. Mai 2003) unter anderem, die Sanierung im Bereich des "Nachbargebäudes" (gemeint ist offensichtlich das Gebäude des Beschwerdeführers) erfolge durch abschnittsweise Unterfangung des Gebäudes und Versetzen von Injektionsankern. In diesem Bereich werde keine Stützmauer wieder hergestellt, sondern die bestehende Feuermauer in dem unteren Bereich neu verputzt (die Kosten der Maßnahmen werden schätzungsweise mit EUR 67.000,-- beziffert).

Am 22. September 2003 fand über Anordnung der Baubehörde eine Verhandlung zur Klärung der Frage der Standsicherheit des Gebäudes des Beschwerdeführers nach Abtragung der Hofmauer statt. In der Niederschrift heißt es, die Sanierung der Einfriedungsmauer der Schule könne nur erfolgen, wenn die Fundamente des Hauses des Beschwerdeführers unterfangen würden. Dazu werde eine Stellungnahme abgegeben werden.

Der Beschwerdeführer äußerte sich in einem Schreiben vom 22. Oktober 2003 dahin, er habe grundsätzlich keinen Einwand gegen die Sanierung der baufälligen Hofmauer. Zu bedenken sei allerdings, dass der Bereich des Schulhofes offensichtlich vertieft worden sei. Sollte die Mauer abgetragen werden, müsste Vorsorge getroffen werden, dass sein Haus bzw. sein Grundstück die erforderliche Stütze nicht verliere (Hinweis auf § 364b ABGB). Die Kosten dafür wären vom Eigentümer der Liegenschaft Wichtelgasse 67 zu tragen (es folgen verschiedene Vorschläge).

Am 28. Jänner 2004 kam es zu einer weiteren Verhandlung. In der Verhandlungsschrift heißt es unter anderem nach Darstellung der Sachlage und der Stellungnahme der DI Z. und R. vom 11. November 2002, aus dem im Archiv der Baubehörde aufliegenden Unterlagen habe lediglich ermittelt werden können, dass das Gebäude des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 28. Oktober 1895 und die Schule einschließlich des Schulhofes und der Einfriedungsmauer mit Bescheid vom 16. April 1893 bewilligt worden seien. Welches Bauvorhaben zuerst begonnen worden oder wer Verursacher des nunmehr festgestellten Missstandes sei, lasse sich nicht verifizieren.

Feuermauern im Sinne des § 101 der Bauordnung für Wien (BO) müssten wie Außenmauern (§ 99 BO) gemäß § 97 Abs. 1 BO standfest und tragfähig sein. Weiters seien gemäß § 98 Abs. 1 BO die tragenden Bestandteile aller Bauten auf tragfähigem Grund unter Berücksichtigung der Einwirkung des Frostes derart zu fundieren, dass der Untergrund nur in den Bodenverhältnissen entsprechendem Maß in Anspruch genommen werde und die Belastung auf die Fundamente derart verteilt werde, dass ungleiche Senkungen (Setzungen) nicht oder nur in einem die Standsicherheit nicht beeinträchtigenden Ausmaß auftreten könnten.

Die Nutzung von Nachbargebäuden oder baulichen Anlagen auf benachbarten Grundstücken zur Erreichung der "eigenen" Standsicherheit sei nicht zulässig und es müssten alle Bauten selbstständig standsicher sein. Wie aus dem bereits eingangs zitierten Gutachten zu entnehmen sei, übe die Einfriedungsmauer der Schule auf dem Nachbargrund eine stützende Wirkung auf das Fundament des Gebäudes an der hinteren Grundgrenze aus. Dieses Gebäude müsse jedoch von selbst ohne diese Einwirkung standfest und frostfrei gegründet sein und es dürfe der Nachbar nicht gehindert werden, seine Einfriedungsmauer abzutragen. Da die Standfestigkeit des Gebäudes nicht ohne Einwirkung der Nachbarmauer gewährleistet sei, handle es sich um Abweichungen von den Bauvorschriften, welche gemäß § 129 Abs. 10 BO zu beheben seien.

Der Beschwerdeführer führte durch seinen Vertreter aus, sein Haus sei ohne Abtragung der fraglichen Stützmauer nicht einsturzgefährdet. Der derzeitige Bauzustand seines Hauses sei baubehördlich bewilligt und konsensgemäß. Auf der Liegenschaft Wichtelgasse 67 sei das Geländeniveau durch eine Vertiefung verändert worden. Eine solche Vertiefung dürfe jedoch nur vorgenommen werden, wenn die Eigentümer dieser Liegenschaft dafür Sorge trügen, dass die Nachbargrundstücke durch andere Art und Weise genügend befestigt und vor einer Gefährdung gesichert seien. Durch die Errichtung der Stützmauer sei diese Vorsorge getroffen worden. Die Eigentümer der Nachbarliegenschaft Wichtelgasse 67 seien daher verpflichtet, für die Erhaltung und Sanierung der Mauer zu sorgen oder das ordnungsgemäße Geländeniveau wieder herzustellen. Es werde daher der Antrag gestellt, dem Eigentümer der Nachbarliegenschaft den Auftrag zur Sanierung bzw. zur Neuerrichtung der Stützmauer unter Einhaltung sämtlicher erforderlichen Maßnahmen zum Schutze vor Gefährdungen seines Gebäudes unter Erteilung der entsprechenden Auflagen oder aber den Auftrag zur Herstellung des (sinngemäß zu ergänzen: früheren bzw. ursprünglichen) Geländeniveaus zu erteilen.

In einer Stellungnahme vom 19. Februar 2004 brachte der Beschwerdeführer vor, sein Gebäude sei in den Jahren 1895 bis 1900 nach der damals gültigen Bauordnung errichtet worden. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1895 sei der damalige Bauführer verpflichtet worden, unter anderem den Beginn der Fundierungsarbeiten, die Ausmauerung der Fundamente und die Vollendung des Rohbaues anzuzeigen. Die Bestätigung der Einhaltung dieser Auflagen sei Voraussetzung für die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung gewesen. Sein Gebäude stehe auf einem tragbaren Grund, die Fundamente reichten bis ca. 1,8 m unter das Geländeniveau. Auf der Nachbarliegenschaft Wichtelgasse 67 sei das Geländeniveau nachweislich abgegraben worden. Der seitliche Halt des lastaufnehmenden Grundes "und der Frosteinwirkung" sei von der Nachbarliegenschaft mit dem Bau einer starken Stützmauer aus Ziegelmauerwerk wieder hergestellt worden. Eine Abgrabung der Liegenschaft wäre andernfalls jedenfalls unzulässig gewesen. Die Stadt Wien habe die Bestimmung des § 129 Abs. 2 BO offenbar außer Acht gelassen und die Einfriedungsmauer verfallen lassen, was jedoch keinesfalls zu seinem Nachteil ausgelegt werden könne. Sein Gebäude entspreche jedenfalls dem damals genehmigten Einreichplan und den Auflagen des Baubescheides und es habe auch eine begleitende baubehördliche Überwachung stattgefunden (vorgelegt wurden ua. Ablichtungen eines Bescheides vom 28. Oktober 1895 und eines Einreichplanes). Das Deckblatt zum Bauakt betreffend die Liegenschaft sei (unter anderem) mit dem Vermerk "ordnungsgemäß ausgeführt, Wien, 15/5.1896" versehen.

In diesem (unabhängig davon auch von der Baubehörde in Ablichtung zu den Akten genommenen) Bescheid wird dem damaligen Bauwerber ua. aufgetragen, den Beginn der Fundierungsarbeiten und die Ausmauerung der Fundamente rechtzeitig anzuzeigen, um die entsprechenden Überprüfungen zu ermöglichen, und bis dahin keine Arbeiten vorzunehmen, welche Überprüfungen erschweren oder verhindern würden.

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, der Unterschied des Hof- bzw. Gartenniveaus der weiteren an den Schulhof angrenzenden Liegenschaften betrage 1,8 m zur Liegenschaft Mariengasse 34, ca. 2,4 m zur Liegenschaft Mariengasse 36 und 2,2 m zur Liegenschaft Wattgasse 68. Vom natürlichen Gelände bis an die Grenze zur Liegenschaft Wattgasse 66 seien ca. 2,2 m abgegraben worden.

Beide Bauwerke - sowohl die fragliche Mauer als auch das Fundament seines Gebäudes - seien 1893 und 1895 genehmigt und auch zeitgleich errichtet worden. Die zeitliche Abfolge der Errichtung der beiden Bauwerke sei nicht mehr zur Gänze nachvollziehbar. Die Konturen der Mauer ließen jedoch vermuten, dass das Gebäude Wattgasse 66 früher errichtet worden sei. Die Mauer sei im Bereich zum unverbauten Gelände Wattgasse 68 um 1,12 m höher als im Bereich zum angrenzenden Haus Wattgasse 66.

Zum Zeitpunkt der Genehmigung der Mauer sei die Liegenschaft Wattgasse 66 als Baugebiet gemäß § 62 "BO 1890" gewidmet gewesen. Selbst wenn sein Gebäude noch nicht errichtet gewesen wäre, so habe doch die widmungsgemäße Verwendung seiner Liegenschaft berücksichtigt werden müssen. Die Situation des Niveauunterschiedes durch die Abgrabung der Nachbarliegenschaft Wichtelgasse 67 sei offensichtlich und es hätte sich die Stadt Wien jedenfalls darüber im Klaren sein müssen, dass diese Abgrabung zu Problemen führen könne. Deshalb sei diese Mauer massiv als Stützmauer ausgeführt worden. Beide Bauwerke seien der behördlichen Kontrolle unterlägen.

Zusammenfassend folgerte der Beschwerdeführer daraus (abermals), einerseits obliege es der Stadt Wien, die Begrenzungsmauer gehörig zu sanieren; anderseits sei es unzulässig, ihm einen Bauauftrag zu erteilen.

In einem Schriftsatz vom 20. Februar 2004 führte der Beschwerdeführer darüber Klage, dass ihm die Einsicht in den Bauakt betreffend die Liegenschaft Wichtelgasse 67 verwehrt worden sei.

Hierauf wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/17, vom 18. Februar 2004 den Eigentümern des Hauses Wattgasse 66 (dem Beschwerdeführer und dem weiteren Miteigentümer des Hauses) der Auftrag erteilt, die tragende hintere Feuermauer des an der hinteren Grundgrenze bestehenden Wohngebäudes auf tragfähigen Grund und unter Berücksichtigung der Einwirkung des Frostes derart zu fundieren, dass die Standsicherheit des Gebäudes auch ohne Stützung durch die derzeit bestehende Einfriedungsmauer am Nachbargrund gewährleistet sei. Die Maßnahme sei binnen 7 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides in Angriff zu nehmen und sodann ohne unnötige Unterbrechung zu beenden. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Nutzung von Nachbargebäuden oder baulichen Anlagen auf benachbarten Grundstücken zur Erreichung der Standsicherheit des eigenen Gebäudes nicht zulässig sei und vielmehr alle Bauten selbstständig standsicher sein müssten. Da die hintere Feuermauer des Gebäudes des Beschwerdeführers den Bestimmungen der § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1, sowie §§ 99 und 101 BO nicht entspreche, bestehe eine Abweichung von den Bauvorschriften. Dieser vorschriftswidrige Bauzustand sei gemäß § 129 Abs. 10 BO zu beseitigen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren. Zunächst ersuchte sie mit Erledigung vom 27. Mai 2004 die MA 37/17 um Stellungnahme, ob das Gebäude des Beschwerdeführers entsprechend der Baubewilligung vom 28. Oktober 1895 ausgeführt worden sei. Eine Beantwortung dieser Anfrage ist den Akten nicht zu entnehmen.

Über Anfrage vom 10. August 2004 erwiderte die MA 56 (städtische Schulverwaltung), dass das Schulgebäude auf Grund des Baubewilligungsbescheides vom 16. April 1893 "samt Einfriedungsmauer einschließlich Schulhof errichtet" und der Schulbetrieb im Jahr 1895 aufgenommen worden sei. Angeschlossen war ein Foto der "Widmungstafel der Schule", wonach das Gebäude von der Gemeinde Wien im Jahr 1893 unter dem Bürgermeister Dr. Joh. N. Prix errichtet worden sei (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: Lt. Rossa, Straßenlexikon von Wien, 1947, hieß der im 17. Bezirk verlaufende Teil der Wichtelgasse bis 1894 Schmerlinggasse. Nun heißt es in "Die Gemeinde-Verwaltung der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1889-1893" (Bericht des Bürgermeisters Dr. Raimund Grübl, Wien 1895), im Abschnitt Unterricht, Städtische Volksschulen, auf S. 604/605, im Jahre 1893 sei ua. (Pkt. 11) der Bau und die Einrichtung einer neuen allgemeinen Doppelvolksschule in XVII. Bezirk, Schmerlinggasse Nr. 23 vollendet worden, die mit Beginn des Schuljahres 1893/94 in Benützung genommen worden sei (es folgt eine Beschreibung)).

Über weitere Anfrage ebenfalls vom 10. August 2004, ob das Gebäude des Beschwerdeführers nach dem im Errichtungszeitpunkt geltenden Stand der Technik hergestellt, in welcher zeitlichen Abfolge die Schule samt der Einfriedungsmauer bzw. das Gebäude des Beschwerdeführers errichtet, sowie ob das Gebäude des Beschwerdeführers selbstständig standfest und tragfähig errichtet worden sei, gab der Amtssachverständige der MA 37 folgende Stellungnahme vom 12. August 2004 ab:

"Zur Anfrage vom 10.8.2004 wird folgende Stellungnahme

übermittelt:

Zu Punkt 1:

Die betreffende Baulichkeit in der Wattgasse ONr. 66 ist

offensichtlich nach dem im Errichtungszeitpunkt geltenden Stand

der Technik hergestellt worden.

Zu Punkt 2:

Aus der Schriftenreihe des Ordinates für Hochbau Erhaltung und Erneuerung Band 7 TU-Wien, Institut für Hochbau und Industriebau Prof. A. Pauser geht hervor, dass bei älteren Gebäuden (Errichtung etwa vor 1900) nur in seltenen Fällen Unterlagen zu den ausgeführten Fundierungskonstruktionen existieren. Setzungsrisse (z.B.: nach Konsolidation des Baugrundes) oder Eingriffe in die Baustruktur führen in vielen Fällen zur Sanierung bzw. Unterfangung der vorhandenen Fundamente. Bis zum Ende der Gründerzeit wurden die Fundamente von Wohnbauten meist nach tradierten Bemessungsregeln auf Grund einer groben Bodenklassifizierung ausgeführt. Da die Zusammendrückung des Bodens meist einen allmählich, zum Teil einen über Jahrzehnte verlaufenden Vorgang darstellt, konnten die Baumeister früherer Jahrhunderte nur selten auf Grund von Schadensfällen die angewandten Bemessungsgrundsätze korrigieren. Daraus resultieren in zahlreichen Fällen (oft bei historisch bedeutsamen Objekten) zu schwach dimensionierte Fundamente.

Aus den im Archiv der Baubehörde aufliegenden Unterlagen konnte ermittelt werden, dass das Gebäude an der hinteren Grundgrenze der Liegenschaft 17., Wattgasse ONr. 66 mit Bescheid vom 28.10.1895, Zahl: Z 37223 ex.1895, bewilligt und die Schule einschließlich Schulhof und Einfriedungsmauer mit Bescheid vom 16.4.1893, Zahl: Z 11568 ex. 1893 bewilligt wurden.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde dieses Gebäude erst nachdem die Schule, der Schulhof und die zugehörige Einfriedungsmauer bestanden haben, errichtet. Dies muss deshalb so angenommen werden, da bei umgekehrter Reihenfolge bei den Erdaushubarbeiten, zur Schaffung des Schulhofes, bis zu einer Tiefe von ca. 40 cm unter der Fundamentunterkante des gegenständlichen Hauses es zu einem Geländebruch und in weiterer Folge zu Rissen und Schäden, schlimmstenfalls zu einem Einsturz des Gebäudes, gekommen wäre.

Auch das jeweilige Datum der oben zitierten Baubewilligungen weist auf die zeitliche Abfolge der Errichtungen hin.

Zu Punkt 3:

Entscheidend für die Standfestigkeit eines Bauwerkes ist die Gründungstiefe (Unterkante des Fundamentes). Die Grundregel lautet, dass der Grundkörper frostfrei geführt werden muss, damit die Bewegungen des Baugrundes durch Frieren und Auftauen nicht übertragen werden und es zu Rissbildungen kommt. Im gegenständlichen Fall befindet sich die Fundamenttiefe und das darunter befindliche Erdreich des Hauses Wattgasse ONr. 66 ca. 40 cm über dem Schulhofniveau und es ist die Fundamentunterkante lediglich durch die 30 cm dicke Einfriedungsmauer am Nachbargrund vor Frost geschützt.

Als frostfreie Gründungstiefe sind mindestens 80 cm unter Gelände anzusehen. Diese tradierte Konstruktionsregel, welche bereits zum Errichtungszeitpunkt dem Stand der Technik entsprach, ist nicht erfüllt. Das gegenständliche Gebäude ist daher als nicht selbstständig standfest und tragfähig anzusehen. Aus hieramtlicher Ansicht steht das Gebäude deshalb bis zum heutigen Tag, da es erst nach der Errichtung der Hofmauer mit der oben zitierten üblichen Fundierung errichtet worden ist. Diese Hofmauer übt, wenn auch nur in einem kleinen Ausmaß, eine stützende Wirkung auf das Nachbargebäude aus und schützt das Fundament auch vor Witterungseinflüssen.

Auch wenn in der Bauordnung für die K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien vom 17.1.1883 nicht dezidiert verlangt wird, dass tragende Mauern standfest sein müssen, geht dies aus den Vorschriften über die Mindestmauerstärken (§ 37 Abs. 1 - 11) deutlich hervor."

Die belangte Behörde gewährte zu den beiden Stellungnahmen vom 11. und 12. August 2004 Parteingehör. Der Beschwerdeführer erstattete, wie aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, ein umfangreiches Vorbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, der Beschwerdeführer vermeine, durch die Verweigerung der Einsicht in den Akt betreffend das Schulgebäude in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden zu sein. Dem sei entgegen zu halten, dass ihm offensichtlich Akteneinsicht gewährt worden sei, zumal er in seinen Stellungnahmen Aktenbestandteile jenes Aktes angeführt bzw. mitgeschickt habe. Überdies komme ihm Akteneinsicht nicht zu, weil er nicht Partei des Verfahrens betreffend das Schulgebäude sei bzw. gewesen sei.

Auch habe es der vom Beschwerdeführer begehrten Höhenvermessung (der Liegenschaften des betreffenden Areals) nicht bedurft. Durch eine Höhenvermessung wäre eine Darstellung des Ist-Zustandes hervorgekommen, die zum Beweis von nachträglichen Abgrabungen (gemeint: nach Errichtung des Hauses des Beschwerdeführers) auf dem Gelände der Schule kaum tauglich gewesen wäre, dies umso mehr, als an der Tatsache der Durchführung von Erdaushubarbeiten kein Zweifel bestanden habe und für die Feststellung der zeitlichen Abfolgung der Errichtung des Gebäudes des Beschwerdeführers und des Schulgebäudes aus einer Höhenvermessung nichts gewonnen werden könne. Auch eine vorgreifende Beweiswürdigung liege nicht vor. Die (bezogene) Beilage zur Verhandlungsschrift vom 28. Jänner 2004 habe der Darlegung des bis dahin ermittelten Sachverhaltes gedient und sei allen Teilnehmern der Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden.

Nach Wiedergabe des § 129 Abs. 10 BO führte die belangte Behörde weiter aus, vorschriftswidrig im Sinne dieser Gesetzesstelle sei nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung oder Kenntnisnahme der Bauanzeige erforderlich gewesen sei und auch weiterhin erforderlich sei. Der Begriff der Vorschriftswidrigkeit gehe jedoch darüber hinaus. So sei jeder Bau bzw. Bauzustand als vorschriftswidrig anzusehen, wenn eine Abweichung von Bau- oder Bebauungsvorschriften festzustellen sei. Nach weiterer Wiedergabe des § 101 Abs. 1 und des § 97 Abs. 1 BO heißt es weiter, die auf das Gebäude des Beschwerdeführers anzuwendende (damals) geltende Fassung der Wiener Bauordnung 1883 habe keine derartige dezitierte Regelung (wie nun in § 101 Abs. 1 bzw. § 97 Abs. 1 BO vorgesehen) über die Ausführung von Feuermauern bezüglich ihrer Standfestigkeit und Tragfähigkeit gekannt, doch bestehe kein Zweifel, dass auch zum damaligen Zeitpunkt Gebäude selbstständig standsicher und tragfähig sein mussten. Entnehmbar sei dies auch aus der Bestimmung des § 37 Z 1 bis 11 BO 1883, welcher sich mit der Mauerstärke befasst habe und für unterschiedliche Mauern je nach deren Funktion unterschiedliche Stärken vorgeschrieben habe, um die Standfestigkeit von Gebäuden zu gewährleisten.

Aus dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Gutachten der DI Z. und R. vom 30. Mai 2003 (Anmerkung: gemeint ist wohl eher jenes vom 11. November 2002) ergebe sich, dass die tragende rückwärtige Feuermauer des Gebäudes des Beschwerdeführers selbstständig nicht standsicher und tragfähig sowie das Fundament nicht frostsicher hergestellt sei. Der bautechnische Amtssachverständige der MA 37 habe zudem ausgeführt, dass die Gründungstiefe (Unterkante des Fundamentes) entscheidend für die Standfestigkeit eines Gebäudes sei. Die Grundregel laute, dass der Grundkörper frostfrei geführt werden müsse, damit die Bewegungen des Baugrundes durch Frieren und Auftauen nicht übertragen würden und es nicht zu Rissbildungen komme. Als frostfreie Gründungstiefe seien mindestens 80 cm unter Gelände anzusehen. Diese tradierte Konstruktionsregel, welche bereits zum Errichtungszeitpunkt dem Stand der Technik entsprochen habe, sei nicht erfüllt.

Im Beschwerdefall befinde sich die Fundamenttiefe und das darunter befindliche Erdreich des Gebäudes des Beschwerdeführers ca. 40 cm über dem Niveau des Schulhofes, wobei die Fundamentunterkante lediglich durch die 30 cm dicke Einfriedungsmauer am Nachbargrund vor Frost geschützt sei. Das Gebäude des Beschwerdeführers sei daher als nicht selbstständig standfest und tragfähig anzusehen. Dass die Einfriedungsmauer der Schule stützende Funktion auf die Feuermauer ausübe, sei in einem Gutachten der DI Z. und R. vom 30. Mai 2003 zu entnehmen (Anmerkung: wohl vom 11. November 2002) und decke sich im Übrigen mit den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen (Anmerkung: vom 12. August 2004).

Es sei davon auszugehen, dass das Schulgebäude samt der Einfriedungsmauer vor dem Gebäude des Beschwerdeführers errichtet worden sei. Dies sei zunächst aus der zeitlichen Abfolge der Erteilung der Baubewilligungen ersichtlich. Die MA 56 habe überdies angegeben, dass nach ihren Unterlagen der Schulbetrieb in dem Jahr 1895 aufgenommen worden sei. Das Gebäude des Beschwerdeführers sei jedoch erst mit Bescheid vom 28. Oktober 1895 bewilligt und nach dem Berufungsvorbringen in den Jahren 1895 bis 1900 errichtet worden. Darüber hinaus habe der bautechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 12. August 2004 erklärt, dass bei umgekehrter Reihenfolge bei Erdaushubarbeiten zur Schaffung des Schulhofes bis zu einer Tiefe von ca. 40 cm unter der Fundamentunterkante des Hauses des Beschwerdeführers es zu einem Geländebruch und in weiterer Folge zu Rissen und Schäden, schlimmstenfalls zu einem Einsturz des Gebäudes gekommen wäre.

Der Beschwerdeführer behaupte hingegen, die Abgrabungen im Schulhof seien nachträglich durchgeführt worden, wodurch die Standfestigkeit seines Gebäudes gefährdet worden sein könnte. Diese nachträgliche Vertiefung bzw. Änderung der Höhenlage sei nur bei gleichzeitiger Herstellung einer Geländeabstützung (Einfriedungsmauer) möglich gewesen. Zum Beweis hiefür habe er einerseits die Durchführung einer Höhenvermessung beantragt und habe andererseits Kopien der Einreichpläne für das (damals) geplante Gebäude auf der Liegenschaft Mariengasse 34 vorgelegt. Dazu habe er vorgebracht, aus dem Plan sei ersichtlich, dass die Fundamente etwa 1 m tief unter dem Liegenschaftsniveau eingezeichnet seien, während das Niveau des Schulhofes 1,80 m unter diesem Niveau liege. Der Einreichplan sei mit 16. Mai 1892 datiert, was den Schluss zulasse, dass dieses Gebäude vor der Schule errichtet worden sei.

Zwei Argumente sprächen gegen das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Erdaushubarbeiten auf dem Schulgelände seien nachträglich erfolgt: erstens sei er dem schlüssigen Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten; zum anderen widerspreche er sich selbst, wenn er ausführe, dass bereits im Jahr 1892 das Schulhofgelände 1,80 m unter dem Niveau des Nachbargebäudes gelegen sei. Seine Behauptung, das Niveau des Schulhofes wäre nach Errichtung seines Gebäudes (seinem Vorbringen zufolge in den Jahren 1895 bis 1900) nachträglich abgetragen worden, sei daher nicht aufrecht zu erhalten, weil bereits 1892 das Niveau des Schulhofes unter dem Gelände der Nachbarliegenschaften gelegen sei.

Auf Grund des Gutachtens der DI Z. und R. vom 30. Mai 2003 (gemeint wohl: 11. November 2002) im Zusammenhalt mit der gutachterlichen Stellungnahme vom 12. August 2004 stehe fest, dass sein Gebäude nicht selbstständig standsicher und tragfähig hergestellt worden sei sowie kein frostsicheres Fundament aufweise. Möge das Gebäude auch ansonsten nach dem im Jahr 1895 geltenden Stand der Technik und konsensgemäß errichtet worden sein, entspreche die Feuermauer auf Grund des unzureichenden Fundamentes nicht den sowohl im Errichtungszeitpunkt als auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehenden Anforderungen an die Standsicherheit und Tragfähigkeit von Gebäuden. Sie sei somit als vorschriftswidrig zu qualifizieren.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens und Teile der Akten des Berufungsverfahrens vorgelegt (die übrigen Teile seien verloren gegangen, die fehlenden Stücke seien aber im Berufungsbescheid wörtlich wiedergegeben worden), und hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat sich auf die Bauordnung für Wien (BO) berufen.

Nach § 129 Abs. 10 BO ist die Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.

Im Beschwerdefall steht in Frage, ob die Voraussetzungen des § 129 Abs. 10 BO über die Erteilung eines Bauauftrages an den Beschwerdeführer (und an den weiteren Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft) gegeben waren (dass Baugebrechen im Sinne des § 129 Abs. 2 BO vorlägen, hat die belangte Behörde nicht angenommen).

Der von der belangten Behörde genannte § 97 Abs. 1 BO bestimmt insbesondere, dass alle baulichen Anlagen nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften herzustellen sind.

§ 98 Abs. 1 BO enthält nähere Bestimmungen zur Fundierung der Bauten, § 99 nähere Bestimmungen zu den Außenwänden und § 101 Abs. 1 solche über Feuer- und Brandmauern; nach diesem Absatz muss ein Gebäude, wenn es an Nachbargrenzen angebaut wird, an diesen in allen Geschossen feuerbeständige Feuermauern erhalten, die in allen für die Tragfähigkeit und den Brandschutz wesentlichen Bestandteilen aus nicht brennbaren Baustoffen und ohne Öffnungen sind. Im Übrigen müssen Feuermauern den Anforderungen der Außenwände entsprechen.

Schon die Stammfassung der BO enhielt § 97 allgemeine bautechnische Vorschriften (§ 97 Abs. 1 BO bestimmte, dass bauliche Anlagen in allen Teilen nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften aus solchen Baustoffen herzustellen seien, die den geltenden Vorschriften entsprechen), § 98 betraf die Fundierung und Isolierung der Bauten (mit einem der gegenwärtigen Fassung dieses Paragraphen durchaus vergleichbaren Inhalt), § 99 die Außenmauern, und § 101 Feuer- und Brandmauern (der Inhalt des Abs. 1 ist nicht ganz deckungsgleich mit dem nunmehrigen Abs. 1; Abs. 2 betrifft die Verpflichtung, freistehende Feuermauern zu verputzen).

Das Gebäude des Beschwerdeführers wurde unbestritten vor Inkrafttreten dieser BO errichtet. Die zuvor genannten Bestimmungen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1, § 99, § 101 Abs. 1) sind keine solchen, die (unmittelbar) auch auf Baulichkeiten anzuwenden wären, die bereits bei Inkrafttreten der BO bestanden (vgl. Art. III BO, insbesondere dessen Abs. 6).

Das Gebäude des Beschwerdeführers wurde 1895 bewilligt und behauptetermaßen in den Jahren 1895 bis 1900 errichtet. Damals galt die Wiener Bauordnung, NÖ LGBl. Nr. 35/1883, in der Fassung NÖ LGBl. Nr. 48/1890 (kurz: BO 1883).

Die belangte Behörde ging zutreffend davon aus, dass die BO 1883 keine speziellen Bestimmungen über Fundierungen von Gebäuden enthielt (in diesem Sinne auch die Ausführungen von Bistritschan, Bauordnung für Wien, 1930, Seite 167, zu § 98 BO). Fraglos musste aber auch damals ein Gebäude standfest sein, was sich im Übrigen auch aus § 34 Abs. 1 BO 1883 ergibt, wonach der Bauführer für die solide fachmännische Ausführung des Baues die volle Verantwortung trage. Dass das Gebäudes des Beschwerdeführers - allenfalls allerdings auch unter Bedachtnahme auf die stützende Wirkung der Einfriedungsmauer - "solide" ausgeführt ist, ist (abgesehen davon, dass dies von der belangten Behörde auch nicht in Zweifel gezogen wurde) durch den Umstand angezeigt, dass es schon mehr als ein Jahrhundert steht und Schäden am Gebäude durch diese Art der Fundierung (deren rechtliche Zulässigkeit in Frage steht) nicht festgestellt wurden.

Im Beschwerdefall steht ua. in Frage, welche Anforderungen an die Standfestigkeit eines Gebäudes damals (im letzten Jahrzehnt des 19. Jhd.) zu stellen waren, wenn der Nachbargrund vertieft wurde (von einer solchen Vertiefung ist die belangte Behörde unbestritten ausgegangen; strittig ist hingegen der Zeitpunkt der Vertiefung). Mangels näherer Bestimmungen über die Fundierung von Gebäuden enthält die BO 1883 auch keine ausdrückliche Bestimmung, dass bei Gebäuden Feuermauern an der Grundgrenze auch dann (wie die belangte Behörde meinte) aus eigenem standfest zu sein hätten, wenn daneben der Nachbargrund abgegraben wird.

Die belangte Behörde hat eingeräumt, dass das Gebäude des Beschwerdeführers konsensgemäß ausgeführt worden sein möge, sieht aber den Bauauftrag dennoch als gerechtfertigt an, weil die Feuermauer nicht dem von der belangten Behörde angenommenen Inhalt der damaligen Bauvorschriften entspreche; dabei ging sie sachverhaltsmäßig davon aus, dass die Abgrabungen und die Errichtung der Einfriedungsmauer auf dem Schulgelände auf Grund einer 1893 erteilten Baubewilligung schon 1895 abgeschlossen worden seien, also vor Errichtung des mit Bescheid vom 28. Oktober 1895 bewilligten Gebäudes des Beschwerdeführers. Nun wurde aber dem damaligen Bauwerber im Bewilligungsbescheid unter anderem die Verpflichtung auferlegt, den Beginn der Fundierungsarbeiten, die Ausmauerung der Fundamente und die Vollendung des Rohbaues zwecks Überprüfung anzuzeigen (und bis zur Durchführung der Überprüfung keine Arbeiten vorzunehmen, welche die Überprüfung erschweren). Der Beschwerdeführer hat auch darauf verwiesen, dass in den Bauakten betreffend sein Gebäude eine Bestätigung aus dem Jahr 1896 die ordnungsgemäße Ausführung beurkundet habe. Wenn nun die damaligen Baubehörden in Kenntnis des Niveauunterschiedes das Projekt genehmigt, die Überprüfungen vorgenommen und die ordnungsgemäße Ausführung bestätigt haben, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass diese Art der Fundierung dem Konsens entspricht. Umfasste der damalige Baukonsens aber auch die tatsächlich ausgeführte Fundierung, könnte von einer Vorschriftswidrigkeit des Bauwerkes im Sinne des § 129 Abs. 10 BO nicht die Rede sein.

Da die belangte Behörde dies verkannte und sich mit diesen Aspekten nicht weiter befasste, belastete sie schon deshalb den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Oktober 2005

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004050294.X00

Im RIS seit

08.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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