Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Redl und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Lothar B***, Inhaber Dr. Lothar B***, Bad Ischl, Marie-Louisen-Straße, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Dr. Norbert Nagele, Dr. Klaus Haslinger und Dr. Christoph Szep, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Firma S***, Stahl- und Maschinenbau, Inhaber Johann
S***, Pennewang Nr. 22, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung, Veröffentlichung und Rechnungslegung (Streitwert im Provisorialverfahren 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 6. September 1988, GZ 3 R 216/88-9, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 28. Juli 1988, GZ 6 Cg 275/88-3, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.443,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung:
Der Kläger stellt unter anderem Steigbügel für Schachtringe und Fertigteilschächte aus Beton oder Eternit sowie für sonstige Betonbauwerke her und vertreibt sie in Österreich unter der Bezeichnung "MSU-Steigbügel". Nachdem es im Jahre 1984 zu geschäftlichen Kontakten zwischen den Streitteilen gekommen war, auf Grund deren der Kläger dem Beklagten Muster seiner damals erzeugten Steigbügel zur Verfügung gestellt hatte, begann auch der Beklagte, solche - und zwar in der Form recht ähnliche - Steigbügel herzustellen.
Seit April 1987 erzeugu end vertreibt der Kläger einen neuen Steigbügel, der folgendes Aussehen hat:
Von diesem Steigbügel mit seiner starken rechtwinkeligen Verkröpfung gibt es drei Varianten, nämlich den MSU-Alu-Poly Steigbügel blau (mit Aluminiumkern), den MSU-Stahl-Poly Steigbügel schwarz (mit Stahlkern) und den MSU-Niro-Poly Steigbügel rot (mit Edelstahlkern).
Kurz darauf brachte der Beklagte den Steigbügel SP-neu (Stahlkern mit schwarzer Ummantelung) und den Steigbügel AP-neu (Aluminiumkern mit blauer Ummantelung) in den Verkehr; auch er verwendete die Kurzbezeichnung "Stahlpoly" und "Alu-Poly". Die vergleichbaren Modelle - so z.B. der schwarze MSU-Stahl-Poly und der gleichfalls schwarze SP-neu - sind in ihren Abmessungen nahezu gleich; nur der in der Wand zu verankernde Teil des Steigbügels ist beim Modell des Klägers um rund 3 cm länger. Die Rillung im Dübelbereich ist beim MSU-Modell, nicht aber beim Modell des Beklagten teilweise unterbrochen; außerdem weist das MSU-Modell vor dem Dübel eine kleine Abdeckmanschette auf. Der "Einschlagverstärker" ist beim MSU-Modell geringfügig markanter ausgeführt als beim Produkt des Beklagten. Das Erzeugnis des Klägers enthält auf dem Trittholm - und zwar quer dazu - 19-mal den Schriftzug "MSU" in Form von Erhebungen in der Polyäthylen-Ummantelung (Buchstabengröße rund 8 mm); auf dem Trittholm des vom Beklagten erzeugten Steigbügels befindet sich - in Längsrichtung - der Schriftzug "S***" mit einer Buchstabengröße von rund 21 mm.
Die Ö-Norm Z 1600 ("Festverlegte Aufstiege aus Metall") schreibt für die Ausführung in Pkt. 3 ua vor: "Die Auftrittsbreite der Sprossen und Stufen muß mindestens 300 mm betragen ... die Befestigung muß zuverlässig und dauerhaft sein. Zu berücksichtigen sind hiebei insbesondere die zu erwartenden Belastungen und die Tragfähigkeit der Befestigungsteile. Es muß darauf geachtet werden, daß die Enden so ausgeführt sind, daß ein Herausreißen der Steigeisen mit Sicherheit verhindert wird ... Ein den Umgebungseinflüssen angepaßter Korrosionsschutz ist vorzusehen". Mit der Behauptung, daß der Beklagte durch die Nachahmung des neuen MSU-Steigbügels deshalb sittenwidrig gehandelt habe, weil er sich dabei Mühe und Kosten einer eigenen Entwicklung erspart, dem Kläger Konkurrenz mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung gemacht und seinem Produkt bewußt eine Gestaltung gegeben habe, die die Gefahr einer Verwechslung mit dem auf dem Markt bestens eingeführten Produkt des Klägers hervorrufe, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu verbieten, Steigbügel, die dem "MSU-Steigbügel" des Klägers mit den Bezeichnungen "Stahl-Poly", "Alu-Poly" oder "Niro-Poly" sklavisch nachgebaut sind, sowie insbesondere einen Steigbügel mit der - oben dargestellten - Gestaltung, wie in Punkt 2 der Klage abgebildet, auf irgendeine Weise zu verwenden, herzustellen, zu bewerben oder zu vertreiben.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Er habe mit Beginn des Jahres 1987 nach vorheriger umfangreicher Entwicklungstätigkeit mit der eigenen Produktion von Steigbügeln begonnen und für die Typen SP-1-33 und AP-1-33 - je nach Kern - eine schwarze bzw. blaue Polyäthylenummantelung gewählt; diese Farbgebung habe der Kläger, der vorher ausschließlich die graue Farbe verwendet hatte, in der Folge übernommen. Durch die jetzt neu entwickelten Steigbügel der Type SP-neu und AP-neu werde nicht gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen verstoßen: Die Formgebung entspreche der Ö-Norm Z 1600. Das Produkt des Beklagten unterscheide sich in mehreren Belangen - insbesondere durch die Firmenaufschrift auf dem Trittbügel - von jenem des Klägers. Die Abkürzungen "Stahl-Poly" und "Alu-Poly", die von den beteiligten Verkehrskreisen nicht als Marken der Kläger, sondern als Bezeichnung einer bestimmten Ausführungsart verstanden würden, gebrauche der Beklagte nur fallweise. Der Kläger, der als Spezialunternehmen für Steigbügel eine nahezu monopolartige Stellung auf dem österreichischen Markt innegehabt habe, könne niemandem verwehren, bei der Erzeugung von Steigbügeln auf die neuesten kaufmännischen und technischen Errungenschaften zurückzugreifen. Im Hinblick auf die Unterschiede in der Ausführung könne von einem sklavischen Nachbau nicht gesprochen werden.
Der Erstrichter erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt nahm er noch als bescheinigt an, daß die Abweichungen zwischen den Produkten der Streitteile "nicht besonders augenfällig" seien. Rechtlich meinte er, daß für den Beklagten keine technische Notwendigkeit bestanden habe, die Form seines neuen Steigbügels derart weitgehend dem neuen Steigbügelmodell des Klägers anzugleichen; der Nachbau sei daher als sklavische Nachahmung und damit als Verstoß gegen § 1 UWG zu werten. Der Beklagte hätte dafür sorgen müssen, daß durch augenfällige Unterscheidungsmerkmale die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs über die Herkunft seines Produktes ausgeschlossen werde. Auch die Anbringung des Schriftzuges "S***" befreie den Beklagten nicht von der Verpflichtung, sich nicht allzusehr und ohne technische Notwendigkeit an das Konkurrenzmodell des Klägers anzulehnen, zumal der Auffälligkeitswert dieses Wortes nicht ausreiche.
Das Rekursgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige. Die Feststellung, daß die Unterschiede in der Formgebung der Steigbügel nicht besonders augenfällig seien, werde im Hinblick auf die im einzelnen aufgezählten Unterschiede nicht aufrechterhalten. Ergänzend nahm das Erstgericht zweiter Instanz aus der Ö-Norm Z 1600 als bescheinigt an, daß sich dort unter Pkt. "3.7 Ausführungsformen von Steigeisen (Wandsprossen)" folgende Zeichnungen befinden:
Weiters heißt es in diesem Punkt der Ö-Norm:
"Bei anderen Ausführungen der Steigeisen (Wandsprossen) muß beidseitig ein ausreichender Abgleitschutz mindestens 20 mm hoch vorgesehen werden."
Daß die Formgebung des Steigbügels technisch bedingt wäre, sei nicht bescheinigt.
Rechtlich war das Rekursgericht der Meinung, daß die Form der von den Streitteilen erzeugten Steigbügel durch die Empfehlung in der Ö-Norm Z 1600 weitgehend vorgegeben sei; insbesondere finde sich dort die vom Kläger als neuartig herausgestellte rechtwinkelige Kröpfung der Steigeisen. Technisch und wirtschaftlich vertretbare Ausweichmöglichkeiten hätte der Kläger bescheinigen müssen, habe dies jedoch unterlassen. Die Steigbügel des Beklagten unterschieden sich trotz der gleichen Farben hinreichend von den Erzeugnissen des Klägers, und zwar schon durch die völlig andere Gestaltung der Dübelelemente und das Fehlen einer Dichtmanschette, vor allem aber durch die Gestaltung der Auftrittsfläche und den auffälligen Schriftzug "S***". Eine Verwechslungseignung sei daher zu verneinen, zumal der Abnehmerkreis beider Parteien nach dem Vorbringen des Klägers nicht aus Endverbrauchern, sondern aus Fachleuten bestehe, von denen eine Unterscheidung der Parteien und ihrer Produkte zu erwarten sei. Daß der Beklagte früher mit dem Kläger zusammengearbeitet habe, mache sein nunmehriges Verhalten nicht sittenwidrig, weil gar nicht behauptet werde, daß er sich seinerzeit vom Kläger erworbene Kenntnisse bei der Herstellung des beanstandeten Steigbügels zunutze gemacht hätte. Ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten sei somit nicht bescheinigt.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.
Der Beklagte beantragte, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Wie das Rekursgericht im Einklang mit der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend erkannt hat, ist die Nachahmung eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz - etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, an sich nicht wettbewerbswidrig. Ein Verstoß gegen § 1 UWG ist nur dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Das trifft insbesondere dort zu, wo der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen - vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht - angemessenen Abstand halten. Sittenwidrige Nachahmung setzt somit nicht in jedem Fall eine - bis an die Grenzen unmittelbaren Leistungsübernahme reichende - Nachahmung in allen Einzelheiten (also eine sog. "sklavische Nachahmung") voraus: Weder ist jede sklavische Nachahmung von vornherein unzulässig, noch bedarf es einer sklavischen Nachahmung, um einen Verstoß gegen § 1 UWG annehmen zu können. Entscheidend ist vielmehr, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, daß damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und daß schließlich eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl. 1987, 156; ÖBl. 1988, 10 je mwN). Wer ein fremdes Erzeugnis unter Übernahme von Merkmalen, mit denen der Verkehr eine Herkunftsvorstellung verbindet, nachahmt und sein Produkt in den Verkehr bringt, handelt also dann wettbewerbswidrig, wenn er nicht im Rahmen des Zumutbaren alles Notwendige getan hat, um eine Irreführung des Verkehrs nach Möglichkeit auszuschließen. Eine solche Irreführung ist dann zu befürchten, wenn der Gegenstand der Nachahmung auf Grund seiner wettbewerblichen, zur Auslösung von Herkunftsvorstellungen geeigneten Eigenart im Verkehr so bekannt geworden ist, daß sich beim Auftreten von Nachahmungen Verwechslungen über die betriebliche Herkunft ergeben können (ÖBl. 1984, 95; ÖBl. 1988, 10 mwN). "Wettbewerblich eigenartig" ist ein Erzeugnis dann, wenn es bestimmte Merkmale oder Gestaltungsformen aufweist, die dem Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft ermöglichen. Das Produkt muß darüber hinaus bereits in Verkehr gesetzt und auf diese Weise dem Publikum bekannt geworden sein, ohne daß aber Verkehrsgeltung im Sinne des § 9 Abs 3 UWG erforderlich wäre; die notwendige "Verkehrsbekanntheit" ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn das Publikum das Erzeugnis (noch) nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnet (ÖBl. 1984, 95; ÖBl. 1988, 10 uva). Die Sittenwidrigkeit der sklavischen Nachahmung liegt eben gerade darin, daß der Nachahmende ein im Verkehr bekanntes Produkt auf eine solche Weise nachmacht, daß der Kaufinteressent annehmen kann, es handle sich bei diesem neuen Produkt um das ihm bereits bekannte, seinen besonderen Wünschen und Vorstellungen entsprechende Erzeugnis (ÖBl. 1985, 24; ÖBl. 1988, 10; WBl. 1988, 303 ua). Aus wettbewerblicher Sicht können auch Massenwaren schutzfähig sein; ihnen fehlt nur dann die Eignung, Herkunftsvorstellungen auszulösen, wenn sie ohne besondere Kennzeichnung angeboten werden. Allerdings sind bei Massenwaren an die Verkehrsbekanntheit strengere Maßstäbe anzulegen, weil das Publikum bei ihnen meist nicht auf ihre betriebliche Herkunft achten wird (ÖBl. 1981, 154 mwN). Nun trifft es im vorliegenden Fall zwar zu, daß die ins Auge fallenden Charakteristika - vor allem die rechtwinkelige und eckige Verkröpfung sowie die alles umfassende Polyäthylen-Ummantelung - bei den Steigbügeln der Streitteile übereinstimmen. Das ist aber nur darauf zurückzuführen, daß sich auch der Beklagte jene Gestaltung des Abgleitschutzes (durch die seitlich vom Trittholm aufragenden Stege) und des Korrosionsschutzes (durch die Kunststoffummantelung) zunutze gemacht hat, die der Kläger anwendet, ohne dafür einen Sonderrechtsschutz - etwa ein Patent - in Anspruch genommen zu haben. Die Übernahme einer solchen, offenbar besonders zweckmäßigen Gestaltung ist aber nicht unlauter, da jeder Fortschritt in der menschlichen Kultur an Bestehendes anknüpft (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 755 Rz 407 zu § 1 dUWG) und jeder Kaufmann daher das Recht, wenn nicht sogar die Pflicht, hat,
sich - grundsätzlich - keinen Fortschritt entgehen zu lassen und die neuesten kaufmännischen und techischen Errungenschaften zu verwerten (Baumbach-Hefermehl aaO 756 Rz 408). Die erst vom Kläger und dann auch vom Beklagten gewählte äußere Form der Steigbügel entspricht im übrigen der in Punkt 3.7 der Ö-Norm Z 1600 enthaltenen Zeichnung; auch wenn dort die Möglichkeit einer anderen Ausführung der Steigbügel ausdrücklich offen gelassen wird, kann doch die Wahl einer in der Ö-Norm selbst dargestellten Ausführungsform in der Regel kein Monopolrecht begründen und andere Unternehmen von der Benützung derselben Formgebung ausschließen. Nicht diese Form der Steigbügel kann demnach deren "wettbewerbliche Eigenart" begründen; diese kann vielmehr nur demnach seines in der besonderen Ausgestaltung der - technisch nicht zwingend vorgegebenen - Details, wie der Ausführung der Aufschlagsfläche (= des Einschlagverstärkers), der Trittfläche, der Dübel usw. liegen. Wenn diese Merkmale - wie der Kläger in seinem Rechtsmittel selbst hervorhebt - nur "nebensächlich" und weniger augenfällig sind, dann bedeutet das bloß, daß eben die wettbewerbliche Eigenart der vom Kläger erzeugten Steigbügel nur gering ist. Daraus folgt aber, daß der Kläger dafür - wie für sogenannte "schwache" Zeichen mit nur geringer Kennzeichnungskraft (ÖBl. 1984, 104 mwN) - nur einen eingeschränkten Schutz in Anspruch nehmen kann; in einem solchen Fall können schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen. Gerade in den für die wettbewerbliche Eigenart der Steigbügel maßgebenden Details unterscheiden sich aber die Steigbügel der Streitteile: Nur der Kläger verwendet eine Abdeckmanschette; die Dübel des Beklagten sind kürzer als jene des Klägers; ihre Querprofilierung weist keine Unterbrechnungen auf, während diejenige der Steigbügel des Klägers gegeneinander auf Lücke versetzte Unterbrechungen hat; die rechteckigen Aufschlagsflächen beim Modell des Klägers haben im Gegensatz zu jenen des Beklagten gerundete Kanten; sie sind auch etwas schmäler und dicker. Noch stärker unterscheiden sich aber die beiden Auftrittsflächen: Beim Steigbügel des Klägers ist hier 19-mal die quergeschriebene Bezeichnung "MSU" angebracht; auf der Auftrittsfläche des Beklagten steht - in Längsrichtung - in der Mitte das Wort "S***", während rechts und links davon Querstreifen zu sehen sind. Hat sohin der Beklagte gerade jene Merkmale und Gestaltungsformen, die erst die wettbewerbliche Eigenart der vom Kläger erzeugten Steigbügel begründen, nicht nachgeahmt, vielmehr von den Produkten des Klägers im Rahmen des Zumutbaren einen angemessenen und ausreichenden Abstand gehalten, dann kann ihm eine vermeidbare Herkunftstäuschung im oben dargestellten Sinn nicht vorgeworfen werden (vgl. dazu ÖBl. 1988, 41). Im übrigen hat der Kläger weder behauptet noch bescheinigt, daß dem Beklagten bei Übernahme der in der Ö-Norm Z 1600 gezeichneten Ausführungsform stärker ins Auge fallende Abweichungen in der Gestaltung technisch möglich gewesen wären. Daß der Beklagte für die Polyäthylenummantelung dieselben Farben wie der Kläger, gewählt hat, ändert daran nichts, weil eine unterschiedliche Farbgebung für sich allein die Verwechslungsgefahr ohnehin nicht ohne weiteres ausschließen könnte (ÖBl. 1981, 154; ÖBl. 1987, 156), entspricht es doch der Erfahrung des Publikums, daß derselbe Erzeuger oftmals Artikel derselben Gestalt in verschiedener Farbe auf den Markt bringt. Auch die Verwendung gleicher Kurzbezeichnungen, wie "Stahl-Poly" und "Alu-Poly", - die gar nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist - erscheint nicht geeignet, die Gefahr von Verwechslungen zwischen den beiderseitigen Steigbügeln herbeizuführen, weil für die angesprochenen Verkehrskreise aus der Baubranche klar erkennbar ist, daß damit nur auf das verwendete Material (Metallkern und Kunststoffummantelung) Bezug genommen wird.
Im Hinblick auf die angeführten Unterschiede zwischen den Produkten beider Parteien kann auch von einer unmittelbaren Übernahme eines fremden Arbeitsergebnisses - wie sie etwa bei der fotomechanischen Vervielfältigung eines Druckwerkes (SZ 53/35) oder bei der unmittelbaren Übernahme eines wettbewerblich eigenartigen Computerprogramms (ÖBl. 1987, 95) bejaht wurde - keine Rede sein. Der Frage, wie weit der Beklagte bei der "vollständigen Nachahmung" "planmäßig" und "systematisch" - insbesondere bei Beachtung der vom Kläger behaupteten Nachahmung seines früheren Modells im Jahre 1984 - vorgegangen ist, kommt daher keine Bedeutung zu. Der Kläger hat in erster Instanz nur behauptet, daß er im Jahre 1984 dem Beklagten Know-how für die Erzeugung von Steigbügeln zur Verfügung gestellt habe (S. 7), nicht aber, daß dies auch 1987 - nach der Entwicklung des neuen Modells - der Fall gewesen wäre (vgl. S. 11); derartiges haben die Vorinstanzen auch nicht als bescheinigt angenommen. Die Rechtsmittelausführungen des Klägers, wonach sich der Beklagte deshalb besonders unlauter verhalten habe, weil er ihn vor seiner unzulässigen Nachahmungs- und Konkurrenzierungstätigkeit um Mithilfe und Überlassung von Know-how und Mustern auf dem Steigbügelsektor gebeten habe (S. 115), entbehren daher jeglicher Sachverhaltsgrundlage und verstoßen überdies gegen das Neuerungsverbot.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 78 und 402 Abs 2 EO, 41, 50, 52 ZPO.
Anmerkung
E16600European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00102.88.1129.000Dokumentnummer
JJT_19881129_OGH0002_0040OB00102_8800000_000