TE OGH 1988/11/30 1Ob672/88 (1Ob673/88)

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Veröffentlicht am 30.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Redl und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz L***, Polier, Zweinitz 14, vertreten durch Dr.Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, wider die Antragsgegnerin Cäcilia L***, Hausfrau, Zweinitz 14, vertreten durch Dr.Franz Kleinszig und Dr.Christian Puswald, Rechtsanwälte in St.Veit an der Glan, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 24.August 1988, GZ 3 R 331, 332/88-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 16.Mai 1988, GZ 1 F 1/87-42, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in seinen Punkten 2, 4 und 5 wiederhergestellt wird.

Punkt 3 dieser Entscheidung hat zu lauten:

"Die Antragsgegnerin ist, soferne der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Leistung der Ausgleichszahlung nach Punkt 5 des Beschlusses vollkommen nachgekommen ist, verpflichtet, diese Wohnung bis 31.12.1998 zu räumen und geräumt von ihren Fahrnissen an den Antragsteller zu übergeben."

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Die zwischen den Streitteilen am 28.11.1969 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.1.1986, 26 Cg 34/85-7, rechtskräftig aus dem Alleinverschulden des Antragstellers geschieden. Aus der Ehe entstammen vier Kinder, das jüngste ist am 30.10.1978 geboren. Das Sorgerecht steht der Antragsgegnerin zu. Im Jahre 1972 begann der Antragsteller in Zweinitz auf einem ihm von seiner Mutter übergebenen Grundstück einen Neubau zu errichten. Im Jahre 1976 war die darin gelegene Ehewohnung bezugsfertig. Auf dieser Liegenschaft (EZ 100 KG Thurnhof) ist zugunsten der Mutter des Antragstellers Ludmilla L*** ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Im Sommer oder Herbst 1982 zog der Antragsteller aus der Ehewohnung aus. Seither wohnt er im Altbau Zweinitz 14 gemeinsam mit seiner Mutter. Die Finanzierung des Neubaues erfolgte durch zinsenlose Kredite von S 40.000, die in der Zwischenzeit rückgezahlt wurden, durch Ersparnisse der Antragsgegnerin aus Saisonarbeiten in der Höhe von rund S 60.000, durch einen von ihr zur Verfügung gestellten Erbteil von S 20.000, einen Teil der Geburtenbeihilfen in der Höhe von rund S 17.000 sowie aus dem laufenden Einkommen des Antragstellers als Baupolier und Kleinlandwirt. Im übrigen trug die Antragsgegnerin, die die Kinder betreute, den Haushalt führte und den Gemüsegarten bewirtschaftete, durch Bezahlung von Schulden des Antragstellers und seiner Mutter, durch äußerst sparsame Lebensführung und durch Mitarbeit in der Kleinlandwirtschaft zur Wertschöpfung bei. Das Holz für die Errichtung des Dachstuhles des Neubaues wurde vom Vater der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt. Die Erbauung des Hauses erfolgte mit Ausnahme der Elektroinstallationen durch den Antragsteller und seine Arbeitskollegen. Auch die Antragsgegnerin verrichtete kleinere Arbeiten und bereitete Speisen für die am Bau Helfenden zu. Das Haus hat einen geschätzten Wert von S 1,259.600. Für die im Obergeschoß des Hauses gelegene Wohnung wäre ein jährlicher Nettomietertrag von S 40.824 zu erzielen. Die im Haus befindlichen Fahrnisse haben einen Wert von S 68.040, ein zum Gebrauchsvermögen gehörender Projektor, ein tragbarer Fernseher und ein Radioapparat haben einen Wert von S 2.000. Der Antragsteller kaufte für Fahrten zur Arbeitsstätte im Jahre 1978 einen gebrauchten PKW Mercedes um den Preis von S 75.000, der sich noch immer in seinem Besitz befindet. Zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft hatte ein vom Antragsteller abgeschlossener Bausparvertrag einen Guthabensstand von S 28.558,50. Mit gerichtlichem Vergleich vom 15.5.1986, 1 C 13/86 des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan, verpflichtete sich der Antragsteller, ab 1.5.1986 der Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.500, den mj.Kindern Franz und Renate von je S 1.300 und den mj.Kindern Marlies und Petra von je S 1.100 zu bezahlen. Er verpflichtete sich weiters gegenüber der Antragsgegnerin, sämtliche Betriebskosten und öffentliche Abgaben im Sinne des Mietrechtsgesetzes für das Haus Zweinitz 14, Neubau, zu bezahlen und ihr weiters jährlich bis längstens 15.10. 20 fm Brennholz zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegnerin trägt die Stromkosten selbst.

Der Antragsteller begehrt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse derart, daß der Antragsgegnerin die (unentgeltliche) Benützung der Ehewohnung bis 31.12.1995 zuerkannt werde. Dann werde auch das jüngste eheliche Kind 16 Jahre alt sein. Während des Verfahrens machte der Antragsteller den Vergleichsvorschlag, daß das Wohnrecht der Antragsgegnerin erst mit 31.12.1998 ende und er ihr weiters bis 31.12.1996 einen wertgesicherten Betrag von S 250.000 als Ausgleichszahlung leiste. Ludmilla L*** erklärte während des Verfahrens, sie wäre im Einveständnis mit dem Antragsteller bereit, ihre Zustimmung zur Einräumung eines zeitlich befristeten Wohnrechtes zugunsten der Antragsgegnerin am Hause Zweinitz 14, Neubau, zu geben.

Die Antragsgegnerin stellte den Antrag, ihr ein lebenslängliches Fruchtgenuß- oder Wohnungsgebrauchsrecht am Hause Zweinitz 14, Neubau, einzuräumen und den Antragsteller zur Bezahlung einer Ausgleichszahlung zu verhalten, deren Höhe sie im Laufe des Verfahrens mit S 700.000 bezifferte.

Das Erstgericht räumte mit seinem Beschluß ua zur Sicherung des Wohnbedarfes der Antragsgegnerin und der vier mj.Kinder der Antragsgegnerin das unentgeltliche Wohnungsrecht an den im Hochparterre des Hauses Zweinitz 14, Neubau, gelegenen, aus Windfang, Vorraum, Wohnküche, Eßraum, Wohnzimmer, zwei Kinderzimmern, einem Schlafzimmer, einem WC und einem Bad bestehenden Räumlichkeiten samt Mitbenützung des im Tiefparterre gelegenen Heizraumes und des Gemüsegartens im bisherigen Umfang bis einschließlich 31.12.1998 ein (Punkt 2). Die Antragsgegnerin wurde schuldig erkannt, diese Wohnung bis 31.12.1998 geräumt dem Antragsteller zu übergeben (Punkt 3). Den Antragsteller erkannte es schuldig, der Antragsgegnerin eine wertgesicherte Ausgleichszahlung von S 500.000, zahlbar in zehn Jahresraten ab 1.7.1989, zu leisten (Punkt 5). Der Antragsgegnerin wies es die Wohnungseinrichtigung und den Hausrat der Ehewohnung, dem Antragsteller den PKW Marke Mercedes, den Fotoapparat, den Projektor, den tragbaren Fernseher und den Bausparvertrag zu (Punkt 4). Da sich die vier mj.ehelichen Kinder in Pflege und Erziehung der Antragsgegnerin befänden, sei die Antragsgegnerin auf die Ehewohnung angewiesen. Es entspreche der Billigkeit, der Antragsgegnerin ein mit 31.12.1998 befristetes Wohnrecht an der Ehewohnung einzuräumen. Zu diesem Zeitpunkt werde auch das jüngste Kind volljährig sein. Die von der Antragsgegnerin geforderte Einräumung eines lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechtes käme einer Enteignung gleich und widerspräche den Grundsätzen des Aufteilungsverfahrens. Durch die der Antragsgegnerin zuerkannte Ausgleichszahlung werde sie in die Lage versetzt werden, sich für die Zeit nach Ablauf ihres Wohnrechtes eine geeignete Wohnmöglichkeit zu verschaffen. Bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung sei zu berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin namhafte finanzielle Beiträge zur Errichtung des Neubaues und nicht unerhebliche Arbeitsleistungen erbracht habe. Es müsse aber auch darauf Bedacht genommen werden, daß die Antragsgegnerin seit 1982 in der Ehewohnung gemeinsam mit ihren vier Kindern unentgeltlich wohne. Die festgesetzte Ausgleichszahlung entspreche unter diesen Gesichtspunkten der Billigkeit.

Das Rekursgericht gab in dem hier interessierenden Umfang den Rekursen beider Teile Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf, trug ihm die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung, der Gegenstand, über den es entschieden habe, übersteige an Geldeswert S 60.000, zu. Wenn der Mann allein verdiene und die Frau den Haushalt versorge und die Kinder betreue, würden grundsätzlich die Beiträge gegeneinander aufgewogen, sie seien also gleichwertig. Berücksichtige man, daß die Antragsgegnerin über diese Tätigkeiten und die Mithilfe beim Bau hinaus nicht unerhebliche Barmittel zur Errichtung und Einrichtung des Hauses zugeschossen und zur Tilgung von Schulden des Antragstellers und seiner Mutter aufgewendet habe, in der Landwirtschaft des Antragstellers und damit in seinem Nebenerwerb mitgewirkt und weiters Konsumverzicht geleistet habe, dann müsse ihr Beitrag insgesamt höher als jener des Antragstellers bewertet werden. Deshalb entspreche es der Billigkeit, die Antragsgegnerin besser zu bedenken als den Antragsteller, wozu im übrigen auch auf Grund des alleinigen Verschuldens des Antragstellers an der Zerrüttung der Ehe die Möglichkeit gegeben sei. Bei der nach Billigkeit vorzunehmenden Regelung könne das Verschulden eines Ehegatten am Scheitern der Ehe nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht außer Acht bleiben. Gewiß habe der Gesetzgeber die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung für ehewidriges bzw der Belohnung für ehegerechtes Verhalten machen wollen, doch werde es als zulässig erkannt, dem schuldlosen Teil Optionsmöglichkeiten einzuräumen und den unschuldigen Teil besser zu bedenken als den schuldigen. Könnten vom anderen Teil keine schwerwiegenden Gründe, etwa die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz, die sonst nicht abgewendet werden könne, ins Treffen geführt werden, solle der Aufteilungsvorschlag des schuldlosen Teiles Berücksichtigung finden. Im Recht sei die Antragsgegnerin, wenn sie sich gegen die Einräumung eines zeitlich beschränkten Wohnungsgebrauchsrechtes wende. Es wäre nach Auffassung des Rekursgerichtes grob unbillig, die an der Scheidung der Ehe unschuldige Antragsgegnerin, die ihre Arbeitskraft, ihre Ersparnisse und ihr Erbteil der Familie zur Errichtung des Hauses, dessen Bau sie unter äußerster Einschränkung ihrer persönlichen Bedürfnisse mitermöglicht hatte, zur Verfügung gestellt habe und die die vier ehelichen Kinder weiterhin in Pflege und Erziehung habe, zu verpflichten, das Haus, in dem sie seit 1976 mit den Kindern wohne, im Jahre 1998, somit im Alter von 58 Jahren, zu verlassen und sich eine andere Wohnversorgung zu suchen. Im Hinblick auf die Optionsmöglichkeit der an der Scheidung der Ehe unschuldigen Antragsgegnerin komme ein zeitlich befristetes Wohnungsrecht nicht in Betracht. Dem Gebot einer Billigkeitsregelung, in die im Aufteilungsverfahren auch alle vorhersehbaren künftigen Interessenlagen einzubeziehen seien, entspräche es vielmehr, der Antragsgegnerin eine lebenslange Wohnversorgung im Haus Zweinitz 14, Neubau, zu ermöglichen. Die Tatsache, daß auch in Hinkunft Berührungspunkte zwischen den Streitteilen nicht vermieden werden könnten, stehe einer solchen Regelung nicht entgegen. Allerdings stehe der Begründung eines unbefristeten dinglichen Wohnungs- bzw Wohnungsgebrauchsrechtes im Sinne des § 521 ABGB für die Antragsgegnerin entgegen, daß die Liegenschaft zugunsten der Mutter des Antragstellers mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belastet sei und die Verbotsberechtigte erklärt habe, sie sei nicht bereit, ihre Zustimmung zu einem grundbücherlich sichergestellten lebenslänglichen Wohnungsrecht der Antragsgegnerin am Haus Zweinitz 14, Neubau, zu geben, wohl aber dazu, der Antragsgegnerin im Sinne des Standpunktes des Antragstellers ein zeitlich befristetes Wohnungsrecht einzuräumen. Es müßte daher die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses ins Auge gefaßt werden, um die lebenslange Wohnversorgung der Antragsgegnerin im Haus sicherzustellen. Dies könnte etwa in Form eines unentgeltlichen Wohnungsrechtes ohne dingliche Wirkung durch Innominatkontrakt oder durch ein Bestandverhälntis mit entsprechend geringfügigem Bestandzins erfolgen. Wie auch immer eine solche Wohnversorgung der Antragsgegnerin erfolgen solle, bedürfe es zur rechtlichen Absicherung der Benützungsbefugnis an der Ehewohnung jedenfalls der Anordnung eines neuen Rechtsverhältnisses, denn im Fall der Anordnung gemäß § 87 Abs 1 EheG stelle eine Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Benützung an einen der geschiedenen Ehegatten für sich allein ohne gleichzeitige Anordnung des die Benützung regelnden Rechtsverhältnisses ein nicht vollziehbares Programm dar, das zu der im Sinn des § 93 EheG gebotenen Durchführung einer abschließenden Rechtsgestaltung bedürfe. Bei einer solchen Regelung müßte aber auch bedacht werden, daß das zu begründende schuldrechtliche Rechtsverhältnis, das der Antragsgegnerin die weitere lebenslängliche Benützung der Ehewohnung ermöglichen solle, für den Fall des Verkaufes des Hauses durch den Antragsteller eine entsprechende Sicherung, etwa durch Herausgabe eines Teiles des Kaufpreises durch den Antragsteller an die Antragsgegnerin, erfahre. Da die Möglichkeit der Begründung eines obligatorischen Rechtsverhältnisses bisher mit den Parteien nicht erörtert worden sei, bedürfe es der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Im Falle der Nichteinigung der Parteien werde das Verfahren durch eine sachverständige Bewertung eines zu begründenden unbefristeten lebenslangen obligatorischen Rechtsverhältnisses zur Wohnversorgung der Antragsgegnerin zu ergänzen sein, um beurteilen zu können, inwieweit sich dadurch der Verkehrswert des Hauses Zweinitz 14, Neubau, mindere und wie sich der Wert eines solchen Rechtsverhältnisses in eine Aufteilung nach billigem Ermessen unter Bedachtnahme auf die überwiegenden Beitragsleistungen der Antragsgegnerin einfügen lasse. Der bloße Nettomietwert, den das Erstgericht festgestellt habe, gebe über diese Frage keinen Aufschluß.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß der Antragsgegnerin im Hause Zweinitz 14, Neubau, ein mit 31.10.1997 befristetes unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt werde und der Antragsteller verpflichtet sei, der Antragsgegnerin eine wertgesicherte Ausgleichszahlung von S 250.000 bis 31.12.1996 zu leisten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht gemäß § 232 Abs 1 erster Satz AußStrG ihn ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Eines Ausspruches über den Wert des Gegenstandes im Spruch bedarf es entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht. Der Rekurs ist auch teilweise berechtigt.

Nach § 87 Abs 1 EheG kann das Gericht für die Ehewohnung, wenn sie kraft Eigentums eines Ehegatten benützt wird, die Übertragung des Eigentums von einem auf den anderen Ehegatten oder die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses zugunsten eines Ehegatten anordnen. Dabei ist aber auf die Bestimmungen der §§ 84 und 90 EheG Bedacht zu nehmen (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu §§ 87, 88 EheG). Der Bewahrungsgrundsatz des § 90 EheG hat hinter den Grundsatz, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten möglichst wenig berühren, zurückzutreten (EFSlg 48.971, 46.379 ua). Der Neubau, in dem sich die Ehewohnung befindet, steht inmitten von Grundstücken, die im Alleineigentum des Antragstellers liegen. Schon dadurch allein muß es bei Anordnung eines unentgeltlichen Wohnrechtes oder eines sonstigen obligatorischen Rechtsverhältnisses zugunsten der Antragsgegnerin zwangsläufig zu persönlichen Berührungspunkten mit dem Antragsteller kommen. Dadurch würde auf Dauer gerade jener Zustand geschaffen werden, den der Gesetzgeber möglichst vermieden wissen wollte. Die vom Rekursgericht ins Auge gefaßte Begründung eines lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechtes ohne dingliche Wirkung durch Innominatkontrakt oder durch ein ebensolches Bestandverhältnis mit entsprechend geringfügigem Bestandzins vereitelte aber nicht nur die endgültige Trennung der Lebensbereiche der Streitteile auf Dauer; sie nimmt auch nicht darauf Bedacht, daß damit für den Antragsteller eine nicht zumutbare Einschränkung seines Eigentumsrechtes (vgl EFSlg 46.392; 1 Ob 561/88) herbeigeführt wird. Auf Grund des Alleinverschuldens des Antragstellers an der Ehescheidung ist der Antragsgegnerin zwar ein Optionsrecht zuzubilligen (EFSlg 51.756, 48.953, 46.367, 43.769 ua), das aber nicht dazu führen darf, daß letztlich eine gegen Billigkeitsregeln und die Bestimmung des § 84 EheG verstoßende Entscheidung getroffen werden soll, nur weil die Antragsgegnerin dies wünscht. Ein zeitlich befristetes, mit erteilter Zustimmung der Mutter des Antragstellers intabulierfähiges Wohnrecht entspricht daher sehr wohl der Interessenlage beider Teile und den gesetzlichen Aufteilungsgrundsätzen. Dieses Wohnrecht ist mit Erreichung der Volljährigkeit des jüngsten ehelichen Kindes, mit dem dessen Selbsterhaltungsfähigkeit wohl angenommen werden kann, zu begrenzen.

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ist er aber zur Leistung einer höheren Ausgleichszahlung zu verhalten. Die Antragsgegnerin wird vor dem 31.12.1998 vor der Notwendigkeit stehen, sich eine ihrem Standard entsprechende andere Wohnmöglichkeit zu beschaffen. Sie hat neben der Führung des Haushaltes und der Pflege und der Erziehung der Kinder Geldmittel von rund S 100.000 zur Errichtung des Neubaues zur Verfügung gestellt. Grundlage des vor dem Bezirksgericht St.Veit an der Glan am 15.5.1986, 1 C 13/86, abgeschlossenen gerichtlichen Vergleiches ist es, der Antragsgegnerin und den ehelichen Kindern die unentgeltliche Benützung der seinerzeitigen Ehewohnung wie bisher zu ermöglichen. Bei Wegfall dieser Wohnmöglichkeit wird auch der Unterhaltsanspruch eine Erhöhung erfahren müssen. Da in der Einräumung des Wohnrechtes auch eine Leistung von Naturalunterhalt an die Antragsgegnerin und die ehelichen Kinder zu erblicken ist, kann die sich daraus ergebende Minderung des Verkehrswertes des Neubaues im Aufteilungsverfahren nicht überwiegend als Realzuteilung aus der Aufteilungsmasse an die Antragsgegnerin bewertet werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die vom Erstgericht bestimmte, in Raten zu zahlende wertgesicherte Ausgleichszahlung von S 500.000 angemessen. Sie kann vom berufstätigen Antragsteller, dessen Wohnbedarf im eigenen Haus (Altbau) sichergestellt ist, auch unter Anspannung seiner wirtschaftlichen Kräfte geleistet werden. Allerdings muß schon im Spruch des Beschlusses sichergestellt werde, daß die Antragsgegnerin die Ehewohnung am 31.12.1998 nur dann zu räumen haben wird, wenn der Antragsteller vorher seiner Verpflichtung zur Leistung dieser Ausgleichszahlung zur Gänze nachgekommen ist.

Es ist dem Rekurs teilweise Folge zu geben; der Beschluß des Erstgerichtes ist im wesentlichen wiederherzustellen, der Ausspruch über die Räumungsverpflichtung ist aber von der vollständigen Leistung der Ausgleichszahlung abhängig zu machen.

Da keine der Parteien im Rechtsmittelverfahren zur Gänze obsiegte, entspricht die Kostenteilung gemäß § 234 AußStrG der Billigkeit.

Anmerkung

E15909

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00672.88.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19881130_OGH0002_0010OB00672_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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