TE OGH 1988/12/1 6Ob726/88

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Veröffentlicht am 01.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Mag. Engelmaier und Dr. Redl als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Josef S***, Landwirt, geboren am 2. Februar 1938, 3641 Willendorf 11, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 16. September 1988, GZ R 142/88-47, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Spitz vom 4. März 1988, GZ SW 3/86-35, bestätigt und ergänzt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Erweiterung des Wirkungskreises des Sachwalters richtet, dahin Folge gegeben, daß die mit den Worten "Verwaltung des Liegenschaftseigentums des Betroffenen" im angefochtenen Beschluß angeordnete Erweiterung des Wirkungskreises des Sachwalters zu entfallen hat.

Im übrigen wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestellte für den Betroffenen einen Sachwalter zur Vertretung vor Behörden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betroffenen nicht Folge und bestimmte aus Anlaß des Rekurses Art und Umfang der vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten im Sinne des § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB dahin, daß der diesbezügliche Ausspruch insgesamt zu lauten hat:

"Vertretung des Betroffenen vor Behörden; Verwaltung des Liegenschaftseigentums des Betroffenen." Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Betroffene leide an einer geistigen Krankheit und sei nicht in der Lage, seine Angelegenheiten gegenüber Behörden ohne fremde Hilfe zu besorgen. Er habe aber wegen seiner geistigen Erkrankung auch Schwierigkeiten bei der Verwaltung seines Liegenschaftseigentums, die ihm zum Schaden gereichen könnten. Der Wirkungskreis des Sachwalters sei daher aus Anlaß des Rekurses zu erweitern gewesen, zumal das Verbot der reformatio in peius im Außerstreitverfahren nicht gelte.

Der Betroffene sandte die Ausfertigung des Beschlusses des Rekursgerichtes samt einem Schreiben des Wortlautes "Nehme ein Pflegschaftsgericht einen Sachwalter nicht zur Kenntnis" an das Erstgericht. Einer Ladung zum Thema, ob die Eingabe als Revisionsrekurs zu werten sei, leistete er nicht Folge. Da im außerstreitigen Verfahren keinen strengeren Anforderungen an Rechtsmittelschriften zu stellen sind und die Eingabe eindeutig erkennen läßt, daß sich der Betroffene gegen die seiner Ansicht nach nicht berechtigte Bestellung eines Sachwalters wendet, und somit der Beschluß des Rekursgerichtes vollinhaltlich bekämpft wird, ist die Eingabe als Revisionsrekurs zu werten.

Rechtliche Beurteilung

Hinsichtlich der Erweiterung des Wirkungskreises des Sachwalters liegt keine bestätigende Entscheidung vor, der Rekurs ist daher zulässig. Er ist auch berechtigt.

Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung, daß im außerstreitigen Verfahren das Verbot der reformatio in peius nicht gilt, eine Schlechterstellung des Rechtsmittelwerbers daher zulässig ist (SZ 47/12; JBl. 1987, 117 uva), doch findet diese ihre Grenze in der Rechtskraft der Entscheidung (RZ 1977/110; 6 Ob 568/86). Die Beschränkung des Aufgabenkreises des Sachwalters gemäß § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB enthält implicite den Ausspruch, daß für die nicht genannten Angelegenheiten ein Sachwalter nicht bestellt wird. Dieser Ausspruch wurde nicht bekämpft, weshalb das Rekursgericht auf diese Frage nicht hätte eingehen dürfen. Eine allenfalls erforderliche Erweiterung der Sachwalterschaft wäre vom Erstgericht unter Bedachtnahme auf § 251 AußStrG zu veranlassen. Aus diesen Gründen hat die vom Rekursgericht angeordnete Erweiterung des Wirkungskreises des Sachwalters zu entfallen.

Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes wendet, wäre es nur aus den im § 16 Abs. 1 AußStrG angeführten Gründen zulässig. Da derartige Gründe nicht geltend gemacht wurden, war der Revisionsrekurs insoweit als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E16002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00726.88.1201.000

Dokumentnummer

JJT_19881201_OGH0002_0060OB00726_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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