TE OGH 1988/12/6 10ObS288/88

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Veröffentlicht am 06.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Anton Strasser (Arbeitgeber) und Dr. Josef Mandak (Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter S***, Kienburg 16, 9953 Huben, vertreten durch Dr. Gerhard Seirer, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei S*** DER

B***, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien wegen Versehrtenrente (Bemessungsgrundlage) infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 1988, GZ 5 Rs 130/88-25, womit die Berufung des Klägers zurückgewiesen und infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Mai 1988, GZ 47 Cgs 20/88-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der als Rekurs zu behandelnden Revision des Klägers sowie der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 28. April 1926 geborene Kläger betrieb neben seiner Landwirtschaft bis 31. Dezember 1983 das Holzhandelsgewerbe als gebundenes Gewerbe mit dem Standort in Huben. Bis 31. Dezember 1985 übte er das konzessionierte Gewerbe zur gewerbsmäßigen Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen sowie ein Sägewerksgewerbe aus. Im Rahmen dieses Gewerbes war der Kläger vom 8. März 1960 bis 31. Dezember 1985 im Sinn des § 20 Abs 1 ASVG höherversichert. Aufgrund des Bescheides der S*** DER

G*** W*** vom 3. Juni 1986 bezieht der Kläger ab 1. Mai 1986 eine vorzeitige Alterspension.

Am 24. März 1986 erlitt der Kläger beim Schneiden der Obstbäume einen Arbeitsunfall. Er stürzte von einem Baum und zog sich neben einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule einen Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers zu. Als Folge dieses Unfalles besteht ab 1. Juli 1986 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vH. Mit Bescheid vom 17. Oktober 1986 erkannte die beklagte Partei dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 24. März 1986 für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 eine Versehrtenrente im Ausmaß der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 91.263,-- und für den Zeitraum ab 1. Juli 1986 eine solche im Ausmaß von 40 vH der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 45.629,-- zu.

Der Kläger begehrte, die beklagte Partei zur Leistung einer Versehrtenrente auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,-- im Ausmaß der Vollrente für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 und im Ausmaß von 50 vH der Vollrente ab 1. Juli 1986 zu verpflichten. Für die Zeit ab 1. Juli 1986 liege abweichend von der von der beklagten Partei vorgenommenen Einschätzung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vH vor. Die beklagte Partei habe der Berechnung der Rentenleistung nur die sich aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers ergebende Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt. Tatsächlich sei die Rentenleistung ausgehend von der Summe der Bemessungsgrundlagen des letzten Jahres, unter Berücksichtigung auch der sich aus der gewerblichen Tätigkeit ergebenden Bemessungsgrundlagen zu ermitteln. Bei der Berechnung der Rentenleistung sei dementsprechend von einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,-- auszugehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 1. Juli 1986 sei zutreffend ermittelt worden. Die Bestimmung des § 178 ASVG lasse eine Zusammenrechnung der Bemessungsgrundlagen nur zu, sofern die mehreren versicherungspflichtigen Tätigkeiten zum Zeitpunkt des Unfalls noch ausgeübt werden. Der Kläger habe seinen Gewerbebetrieb am 31. Dezember 1985 eingestellt und sei zum Unfallszeitpunkt nur mehr als Landwirt tätig gewesen, sodaß ausschließlich von der sich aus dieser Tätigkeit ergebenden Bemessungsgrundlage auszugehen sei. Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers im ersten Rechtsgang ab. Voraussetzung für eine Berücksichtigung von mehreren Erwerbstätigkeiten gemäß § 178 Abs 1 ASVG sei, daß ein Versicherter gleichzeitig in mehreren Dienstverhältnissen stehe oder neben Dienstverhältnissen auch sonst noch als selbständig Erwerbstätiger unfallversichert sei. Da der Kläger im Unfallszeitpunkt über keine aufrechte Gewerbeberechtigung mehr verfügt habe, habe nur mehr die Pflichtversicherung nach § 3 Abs 1 Z 1 BSVG bestanden. Nur die aus der hiedurch begründeten Versicherung sich ergebende Bemessungsgrundlage sei der Ermittlung der Rentenleistung zugrundezulegen. Eine 40 vH übersteigende Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor, sodaß insgesamt dem Begehren des Klägers keine Berechtigung zukomme.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger gegen dieses Urteil erhobenen Berufung - die Entscheidung über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit blieb unbekämpft - teilweise Folge und verpflichtete die beklagte Partei zur Leistung einer 100 %igen Versehrtenrente im Ausmaß von monatlich S 14.383,80 für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,--) und zu einer solchen von 40 % der Vollrente im Betrag von S 3.489,50 ab 1. Juli 1986 (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 183.198,--). Das Mehrbegehren auf Gewährung der Versehrtenrente ab 1. Juli 1986, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,-- in der Höhe von 50 % der Vollrente wies es ab. Es führte aus, daß bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 182 ASVG alle Dienstverhältnisse, Erwerbstätigkeiten und sonstige Tätigkeiten, sofern sie in die Unfallversicherung nach dem ASVG oder nach dem BSVG einbezogen seien, zu berücksichtigen seien, auch wenn sie nebeneinander ausgeübt werden. Durch die letzte Novellierung dieser Bestimmung sollte klargestellt werden, daß bei mehrfacher Unfallversicherung gegebenenfalls auch die Bemessungsgrundlage für selbständige Landwirte (§ 181 Abs 1 ASVG) nach § 178 ASVG zu berücksichtigen sei. Daraus ergebe sich, daß bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 182 ASVG auch Erwerbstätigkeiten nach dem BSVG einbezogen seien. Die Bestimmungen der §§ 178 bis 182 ASVG enthielten nur Berechnungsregeln für die Bemessungsgrundlage im Einzelfall. Ob und inwieweit die Beitragsgrundlagen bzw. Bemessungsgrundlagen aus mehreren unfallversicherungspflichtigen Tätigkeiten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, hänge nicht davon ab, daß hinsichtlich aller dieser Tätigkeiten das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Unfalls noch bestehe. Es seien alle Tätigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, "auch wenn sie nebeneinander" ausgeübt werden. Dies müsse umso mehr gelten, wenn sie nacheinander ausgeübt werden. Die Bestimmung des § 178 ASVG stelle sicher, daß mehrere Tätigkeiten, sofern sie überhaupt der Unfallversicherung unterliegen (in sie "einbezogen" seien), sollten sie im Wechsel nacheinander oder nebeneinander ausgeübt werden, mit ihren Beitragsgrundlagen additiv oder kumulativ bei der Bildung der Bemessungsgrundlage Berücksichtigung finden. Der Kläger sei im letzten Jahr vor dem Unfall neben seiner Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft auch gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG in der Unfallversicherung teilversichert gewesen. Gemäß § 20 Abs 1 ASVG sei er nach § 77 Abs 4 ASVG in dieser Zeit höher versichert gewesen. Diese Höherversicherung sei bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 182 Abs 1 ASVG zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage für die Höherversicherung habe im Jahr 1986 S 137.569,-- betragen. Zusammen mit der festen Bemessungsgrundlage nach dem BSVG (für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 S 91.263,-- und ab 1. Juli 1986 S 45.629,--) ergäben sich die der Entscheidung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen von S 228.832,-- und S 183.198,--. Hievon ausgehend ergebe sich die Höhe der Rentenleistung in der zuerkannten Höhe.

Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß der nur von der beklagten Partei erhobenen Revision das angefochtene Urteil, das Verfahren des Berufungsgerichtes sowie die Entscheidung des Erstgerichtes und das dieser vorangegangene Verfahren ab Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung im angefochtenen Umfang (hinsichtlich eines Begehrens des Klägers auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 100 vH der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,-- für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 sowie einer solchen im Ausmaß von 40 vH der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 183.198,-- ab 1. Juli 1986) als nichtig auf und verwies die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; im Verfahren vor dem Erstgericht sei ein nicht gemäß § 37 ASGG sanierter Verstoß gegen die Bestimmungen über die Senatsbesetzung unterlaufen, der einen Nichtigkeitsgrund bilde.

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Begehren des Klägers im noch offenen Umfang zur Gänze statt (wobei allerdings unzutreffend im Spruch der Entscheidung über den bereits rechtskräftig abgewiesenen Teil des seinerzeitigen Begehrens neuerlich in abweisendem Sinn erkannt wurde). Das Erstgericht stützte dabei seine Entscheidung im wesentlichen auf die vom Berufungsgericht in der abändernden Entscheidung im ersten Rechtsgang gegebene Begründung.

Die beklagte Partei begehrte mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung die Abänderung der Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung. Auch der Kläger erhob gegen diese Entscheidung Berufung und begehrte unter Geltendmachung der Berufungsgründe der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung die Abänderung des erstgerichtlichen Urteils dahingehend, daß ihm für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 24. März 1986 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 320.095,-- ab dem 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 eine 100 %ige Versehrtenrente in der Höhe von monatlich S 20.118,20 (einschließlich einer Zusatzrente in der Höhe von S 3.048,20 und eines Kinderzuschusses von S 1.828,90) und ab 1. Juli 1986 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 274.461,-- eine Versehrtenrente in der Höhe von 40 % der Vollrente im Betrag von monatlich S 5.227,30 gewährt werde.

Das Berufungsgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Über das den stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes übersteigende Begehren sei bereits rechtskräftig in abweisendem Sinn entschieden worden. Dem noch offenen Begehren des Klägers sei zur Gänze stattgegeben worden. Die Anfechtung betreffe ausschließlich einen Teil des seinerzeitigen Begehrens, über den bereits rechtskräftig abgesprochen sei. Das Rechtsmittel sei daher nicht zulässig.

Der Berufung der beklagten Partei gab das Berufungsgericht teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes für die Zeit bis 31. Dezember 1987, wobei es sich im wesentlichen auf die bereits im ersten Rechtsgang gegebene Begründung stützte. Für die Zeit ab 1. Jänner 1988 hob das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes auf. Die beklagte Partei habe aufgezeigt, daß ab 1. Jänner 1988 dem Kläger aus demselben Unfall (mit gerichtlichem Urteil) eine Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH der Vollrente zuerkannt worden sei. Dies bedürfe einer weiteren Überprüfung. Ein Rechtskraftvorbehalt wurde nicht beigesetzt. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es in dem in der Berufung begehrten Sinn abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei beantragt mit ihrer gegen den stattgebenden Teil des Urteils gerichteten Revision die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer gänzlichen Klageabweisung. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

a) Zur Revision des Klägers:

Das Berufungsgericht hat über das Rechtsmittel des Klägers nicht meritorisch entschieden, sondern die Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Dem Kläger steht gegen diese Entscheidung nicht das Rechtsmittel der Revision, sondern nur der Rekurs offen. Die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels hindert jedoch nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise. Der als Rekurs zu behandelnden Revision kommt jedoch keine Berechtigung zu. Für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 hat der Kläger ein die zuerkannte Leistung übersteigendes Begehren nicht erhoben. Das den Zuspruch einer Versehrtenrente im Ausmaß von 40 % ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 183.198,-- übersteigende Begehren des Klägers für die Zeit ab 1. Juli 1986 wurde mit Urteil des Berufungsgerichtes vom 9. Juli 1987, 5 Rs 1080/87-15, abgewiesen. Dieser Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles blieb im ersten Rechtsgang unbekämpft und erwuchs daher in Rechtskraft. Der Aufhebungsbeschluß des Revisionsgerichtes konnte die Rechtskraft dieses Teiles der Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht berühren. Gegenstand der Entscheidung im zweiten Rechtsgang war damit ausschließlich das Begehren des Klägers auf Zuerkennung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 100 vH der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 228.832,-- für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 sowie einer solchen im Ausmaß von 40 vH der Vollrente ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 183.198,-- ab 1. Juli 1986. Diesem noch offenen Begehren des Klägers wurde im zweiten Rechtsgang durch Urteil des Erstgerichtes zur Gänze stattgegeben. Damit ist der Kläger mit seinem gesamten noch aufrechten Begehren durchgedrungen.

Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit ist die Beschwer. Sie liegt dann vor, wenn der Rechtsmittelwerber durch die angefochtene Entscheidung in seinem Rechtsschutzbegehren beeinträchtigt ist. Wer in einem Prozeß vollständig gesiegt hat, ist auch bei Vorliegen von Verfahrensmängeln oder Nichtigkeiten zur Anfechtung der Entscheidung nicht befugt (4 Ob 116, 119/65 ua). Zutreffend hat daher das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Seinem Rechtsmittel mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

b) Zur Revision der beklagten Partei:

Die Revisionswerberin läßt die ziffernmäßige Höhe der vom Berufungsgericht zuerkannten Rentenleistung unbekämpft; sie wendet sich ausschließlich gegen die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch die gewerbliche Tätigkeit des Klägers zu berücksichtigen sei.

Den Ausführungen der Revision kann nicht beigetreten werden. Die beklagte Partei versucht aus dem Wort "einbezogen" abzuleiten, die Anwendung der Bestimmung des § 178 ASVG habe zur Voraussetzung, daß jede der dort bezeichneten Tätigkeiten im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübt werden müsse. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat im § 178 ASVG eine Regelung für Fälle getroffen, in denen mehrere Erwerbstätigkeiten ausgeübt werden; er hat angeordnet, daß diese Tätigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind. Diese Regelung soll aber nicht generell für alle Erwerbstätigkeiten Geltung haben, sondern nur für bestimmte Fälle, die im Gesetz zu determinieren waren. In diesem Sinn wurde die Begünstigung von mehrfachen Erwerbstätigkeiten auf solche beschränkt, die in die Unfallversicherung nach dem ASVG oder dem BSVG einbezogen sind. Es sollte damit nur der Kreis der Tätigkeiten umschrieben werden, die ihrer Art nach eine Unfallversicherung nach den genannten Gesetzen begründen, in die Unfallversicherung nach diesen Gesetzen "einbezogen sind". Nur solche Tätigkeiten können bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. So ist etwa die Berücksichtigung einer Erwerbstätigkeit, die eine Versicherungspflicht nach dem B-KUVG begründet, nach dieser Bestimmung nicht möglich, weil die zugrunde liegende Tätigkeit nicht in die Versicherung nach dem ASVG oder BSVG einbezogen ist. Nur diese Bedeutung kommt dem Wort "einbezogen" zu. Daß eine nach § 178 ASVG zu berücksichtigende Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfalles noch ausgeübt werden müßte, kann aus diesem Wort, das sich auf einen anderen Regelungsinhalt bezieht, nicht abgeleitet werden. Die Revisionswerberin vertritt ferner die Auffassung, daraus daß § 179 ASVG anordne, daß die Bemessungsgrundlage in der Unfallversicherung, soweit sie nicht nach § 181 zu ermitteln sei, aus der Summe der Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalles zu bilden sei, das Gesetz jedoch die Bildung von Beitragsgrundlagen nur für unselbständig Beschäftigte vorsehe, ergebe sich daß diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall, in dem nur selbständige Erwerbstätigkeiten in Frage stehen, nicht angewendet werden könne.

Auch diese Ausführungen überzeugen nicht. Die von der beklagten Partei gewünschte Auslegung würde zu dem Ergebnis führen, daß zwar in Fällen, in denen etwa zwei unselbständige Beschäftigungen ausgeübt wurden und eine hievon vor Eintritt des Unfalles beendet wurde, bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch die Beitragsgrundlagen der nicht mehr ausgeübten Tätigkeit aus dem letzten Jahr zu berücksichtigen wären, daß aber dann, wenn eine selbständige Tätigkeit neben einer unselbständigen oder einer anderen selbständigen Tätigkeit ausgeübt wurde und die selbständige Tätigkeit innerhalb eines Jahres vor dem Unfall beendet wurde, dies bei Ermittlung der Bemessungsgrundlagen außer Betracht zu bleiben hätte. Dies wäre eine Ungleichbehandlung, die mit den Intentionen des Gesetzes, das - abgesehen von den verschiedenen Arten der Ermittlung der einzelnen Bemessungsgrundlagen für einzelne Tätigkeiten - eine Gleichbehandlung der Versicherten anstrebt, nicht zu vereinbaren wäre. Aus § 179 Abs 1 ASVG ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht punktuell auf die Einkommenssituation im Zeitpunkt des Unfalls abzustellen, sondern einen Bemessungszeitraum von einem Jahr zugrundezulegen; in Fällen, in denen die Versicherung kürzere Zeit gedauert hat, ist eine entsprechende Hochrechnung vorzunehmen. Da in den Fällen des § 181 ASVG feste Pauschalbeträge als Bemessungsgrundlage vorgesehen sind, erübrigte sich dort eine entsprechende Regelung. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, daß nicht auch in diesen Fällen bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage das letzte Jahr vor dem Unfall den Bemessungszeitraum bildet und daß gemäß § 178 Abs 1 ASVG nicht alle in diesem Zeitraum ausgeübten, auch selbständigen Tätigkeiten bei Bildung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen wären, auch wenn sie zum Zeitpunkt des Unfalles nicht mehr ausgeübt wurden. Auch in einem solchen Fall ist vielmehr analog § 179 Abs 1 ASVG der Zeitraum von einem Jahr vor dem Unfall als Bemessungszeitraum heranzuziehen, und es sind auch selbständige Tätigkeiten, die innerhalb des letzten Jahres beendet wurden, bei Bildung der Bemessungsgrundlage zu veranschlagen. Daß in diesen Fällen der sich so ergebenden höheren Bemessungsgrundlage entsprechende Beitragsleistungen im Zeitpunkt des Unfalles nicht gegenüberstehen, spricht nicht gegen dieses Ergebnis; die Situation unterscheidet sich diesbezüglich nicht von Fällen, in denen gemäß § 179 Abs 1 zufolge Aufgabe einer weiteren unselbständigen Beschäftigung während des letzten Jahres vor dem Unfall die Beitragsleistung im Zeitpunkt des Unfalles geringer war, als sie der bei Zugrundelegung der dort normierten Grundsätze ermittelten Bemessungsgrundlage entspräche. Zutreffend sind daher die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangt, daß bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch die im letzten Jahr ausgeübte gewerbliche Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen ist. Die Frage, ob bezüglich der bis 31. Dezember 1985 ausgeübten gewerblichen Tätigkeit, ungeachtet der Aufgabe dieser Tätigkeit mit 31. Dezember 1985 der gesamte feste Betrag (§ 181 Abs 1 ASVG iVm § 77 Abs 4 ASVG) für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen ist, oder ob wegen Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit vor dem Unfall dieser feste Betrag nur entsprechend der Zeit der Ausübung dieser Tätigkeit während des letzten Kalenderjahres vor dem Unfall zu berücksichtigen ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man von der zuletzt dargestellten Ansicht ausginge, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem abweichenden Ergebnis führen.

Gemäß § 20 Abs 1 ASVG können sich selbständig Erwerbstätige, die in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG nach dem ASVG teilversichert sind, über die in § 181 in Betracht kommende Bemessungsgrundlage hinaus gemäß § 77 Abs 4 ASVG höherversichern.

§ 77 Abs 4 ASVG regelt die Beiträge zur Höherversicherung in der Unfallversicherung, wobei zwei Stufen der Höherversicherung vorgesehen sind. Unter Zugrundelegung einer zusätzlichen Bemessungsgrundlage (§ 181 Abs 1 letzter Satz ASVG) von (für das Jahr 1986) S 91.263,-- betrug der Beitrag der Höherversicherung S 619,--, bei einer zusätzlichen Bemessungsgrundlage von S 137.569,-- S 930,--. Den in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen wird damit gegen zusätzliche Beitragsleistung die Alternative einer zusätzlichen Bemessungsgrundlage für die Unfallversicherung geboten (Krejci-Marhold in Tomandl System 3. ErgLfg. 101). Gemäß § 19 Abs 1 der Satzung der AUVA (ASVG, MGA 47. ErgLfg. 239) ist die Anmeldung zur Höherversicherung schriftlich zu erstatten und hat alle für die Durchführung der Versicherung wesentlichen Angaben zu enthalten, insbesondere die Erklärung, welche zusätzliche Bemessungsgrundlage zugrundezulegen ist. Es bestehen sohin zwei Varianten der Höherversicherung. Die zusätzliche Bemessungsgrundlage beträgt im ersten Fall des § 77 Abs 4 ASVG für das Jahr 1986 S 91.263,--, nach dem zweiten Fall S 137.569,--. Damit erhöht sich die gesamte Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der in § 181 Abs 1 letzter Satz normierten Bemessungsgrundlage für das Jahr 1986 auf S 182.526,-- bzw S 228.832,--. Unzutreffend war daher die Vorgangsweise des Berufungsgerichtes im ersten Rechtsgang, wenn es der Ermittlung der Höhe der Rentenleistung bezüglich des Einkommens aus dem Gewerbebetrieb lediglich den höheren aus der Höherversicherung im § 77 Abs 4 ASVG vorgesehenen Betrag zugrundelegte und die im § 181 Abs 1 letzter Satz ASVG vorgesehene Bemessungsgrundlage vernachlässigte. Im § 77 Abs 4 ASVG werden zusätzliche Bemessungsgrundlagen vorgesehen. Die im Rahmen der Höherversicherung gewählte zusätzliche Bemessungsgrundlage ist mit der Bemessungsgrundlage gemäß § 181 Abs 1 letzter Satz ASVG zu summieren, woraus sich im Fall der Höherversicherung die Gesamtbemessungsgrundlage ergibt. Soweit durch die vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang gewählte Form der Berechnung die Rentenhöhe zum Nachteil des Klägers zu gering bemessen wurde, kann dies allerdings zufolge rechtskräftiger Abweisung des über die nunmehr zuerkannte Rente hinausgehenden Mehrbegehrens nicht mehr wahrgenommen werden.

Geht man von der in den §§ 181 Abs 1 letzter Satz und 77 Abs 4 ASVG vorgesehenen Form der Ermittlung der Bemessungsgrundlage aus, so besteht die von den Vorinstanzen zuerkannte Leistung selbst dann zu Recht, wenn man zur Ansicht gelangte, daß die aus der gewerblichen Tätigkeit resultierende Bemessungsgrundlage nur aliquot entsprechend der Länge des Zeitraumes währenddessen die gewerbliche Tätigkeit im letzten Jahr vor dem Unfall ausgeübt wurde, bei Ermittlung der Gesamtbemessungsgrundlage zu veranschlagen sei. Fest steht, daß der Kläger im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit höherversichert war. Welche Variante der Höherversicherung er gewählt hatte, ergibt sich aus den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht. Selbst wenn der Kläger die niedrigere der beiden Varianten gewählt hätte - § 77 Abs 4 ASVG erster Fall -, ergäbe sich für ein Jahr eine Bemessungsgrundlage aus der gewerblichen Tätigkeit von insgesamt S 182.526,--. Innerhalb des letzten Jahres vor dem Unfall war der Kläger insgesamt 276 Tage auf Grund seiner gewerblichen Tätigkeit versichert. Bei aliquoter Berechnung der Bemessungsgrundlage für diesen Zeitraum (182.526/360 x 276) ergäbe sich ein Betrag von S 139.936,59 und damit ein Betrag, der gering über dem liegt, der von den Vorinstanzen ausgehend von der vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang eingehaltenen Vorgangsweise der Ermittlung der Gesamtbemessungsgrundlage zugrunde gelegt wurde. Damit ergibt sich, daß selbst ausgehend von der niedrigeren Variante der Höherversicherung auch bei einer Aliquotierung der aus dem Gewerbebetrieb resultierenden Bemessungsgrundlage ein Rentenanspruch in der von den Vorinstanzen zuerkannten Höhe gebühren würde, sodaß es eines Eingehens auf die Frage, ob eine solche Aliquotierung vorzunehmen ist, nicht bedurfte. Der Revision der beklagten Partei mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes unterliegt nicht der Überprüfung des Obersten Gerichtshofes.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 1 lit b ASGG.

Anmerkung

E16459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00288.88.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19881206_OGH0002_010OBS00288_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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