TE OGH 1988/12/13 5Ob638/88

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Veröffentlicht am 13.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** T***-L*** registrierte Genossenschaft mbH, Timelkam, Pollheimerstraße 4, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner, Dr. Josef Broinger und Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in Eferding, wider die beklagte Partei Walpurga S*** Gesellschaft mbH, Timelkam, Außerungenach 16, vertreten durch die Geschäftsführerin Walpurga S***, ebendort, diese vertreten durch Dr. Friedrich Frühwald, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechtsunwirksamkeit eines Pachtvertrages und Räumung (Streitwert: S 500.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1988, GZ R 381/88-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 28. Jänner 1988, GZ 5 C 121/87i-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Am 7. Februar 1985 bewilligte das Erstgericht zu E 9007/85-2 der betreibenden Partei Raiffeisenkasse Altmünster registrierte Genossenschaft mbH wider die verpflichteten Parteien Robert und Theresia S*** zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 164.974 samt Anhang die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 38 KG Wartenburg. Am 8. März 1985 bewilligte das Erstgericht zu E 9012/85-2 der klagenden als betreibenden Partei wider die genannten verpflichteten Parteien zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 520.000,-- samt Anhang den Beitritt zu dieser Zwangsversteigerung. Die Einleitung des Versteigerungsverfahrens und des Beitritts zu diesem wurden am 28. März 1985 im Grundbuch angemerkt. Am 7. und 26. August 1985 fand die Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft samt Zubehör statt. Am 11. Juni 1986 wurde der Schätzwert festgesetzt und es wurden die Versteigerungsbedingungen genehmigt. Am 13. November 1986 wurde das Versteigerungsedikt erlassen. Am 15. Jänner 1987 wurden die Waldgrundstücke 597, 600 und 601 der Liegenschaft EZ 38 KG Wartenburg Franz L*** und die restlichen Grundstücke dieser Liegenschaft (614, 615, 617, 619, 620 und 792/1 je landwirtschaftlich genutzt, 792/2 Wald, 793/1 Garten, 793/2, 793/3 und 793/5 je landwirtschaftlich genutzt, 795 Wald, 796 landwirtschaftlich genutzt, 73, 74/1, 74/2 und 74/3 je Baufläche) samt Baulichkeiten und Zubehör der klagenden Partei zugeschlagen; den Erstehern wurde die einstweilige Verwaltung bewilligt. Die Übergabe an den einstweiligen Verwalter Erasmus G*** (für die klagende Partei) erfolgte am 18. und 19. Februar 1987. Die Erteilung des Zuschlages wurde im Grundbuch angemerkt, schriftlich ausgefertigt (am 10. Juli 1987) und verlautbart.

Am 11. Februar 1986 schlossen Robert und Theresia S*** mit der beklagten Partei einen Unternehmenspachtvertrag über ihren Gewerbebetrieb (Güterbeförderung sowie Durchführung von Baggerungen, Erdaushub- und Planierungsarbeiten) und ihre Land- und Forstwirtschaft samt Anlage- und Umlaufvermögen ab. Von diesem Unternehmenspachtvertrag sind auch alle von der klagenden Partei im Zwangsversteigerungsverfahren erworbenen Grundstücke und Baulichkeiten samt Zubehör umfaßt. Mit Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck vom 23. Februar 1987 wurde unter anderem die mit dem Unternehmenspachtvertrag vom 11. Februar 1986 erfolgte Verpachtung der Liegenschaft EZ 38 KG Wartenburg nicht genehmigt. Der dagegen erhobenen Berufung der beklagten Partei wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 9. Juni 1987 nicht Folge gegeben. Der Verfassungsgerichtshof hat am 27. September 1988 zu B 960/87-9 gemäß Art. 144 B-VG zu Recht erkannt, daß die beklagte Partei durch diesen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden ist; die Beschwerde der beklagten Partei wurde abgewiesen, desgleichen ihr Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten. Bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz im gegenständlichen Verfahren (8. Jänner 1988) war das Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig; einen Antrag, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hatte die beklagte Partei nicht gestellt. Da sich die klagende Partei weigert, von der beklagten Partei den monatlichen Pachtschilling von S 7.000,-- anzunehmen, wird dieser beim Erstgericht hinterlegt.

Mit der am 30. September 1987 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei 1.) die Feststellung, daß der Unternehmenspachtvertrag vom 11. Februar 1986 ihr gegenüber in Ansehung der von ihr ersteigerten Grundstücke und der auf diesen Grundstücken befindlichen Baulichkeiten rechtsunwirksam sei; 2.) die Verurteilung der beklagten Partei, die unter Punkt 1.) genannten Grundstücke und Baulichkeiten von sich und ihrer Fahrhabe zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben. Die Rechtsunwirksamkeit des Unternehmenspachtvertrages ergebe sich aus mehreren Gründen: Mit der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei der Pachtvertrag gemäß § 1 Abs 2 O.ö. GVG 1975 rückwirkend rechtsunwirksam geworden. Die von ihr im Zwangsversteigerungsverfahren erworbenen Grundstücke (im Gesamtausmaß von 20 ha, 37 a, 94 m2) und Baulichkeiten samt Zubehör hätten einen Schätzwert von S 11,813.600,-- aufgewiesen; der vereinbarte monatliche Pachtzins von S 7.000,-- liege unter 50 % eines angemessenen und ortsüblichen Pachtentgeltes für die Grundstücke und Baulichkeiten; es werde daher die Aufhebung des Unternehmenspachtvertrages wegen Verkürzung über die Hälfte begehrt. Durch den Abschluß des Unternehmenspachtvertrages hätten Robert und Theresia S*** nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Wels das Vergehen der Vollstreckungsvereitelung nach § 162 StGB begangen; diesbezüglich sei gegen die Genannten ein Strafverfahren anhängig. Durch den Abschluß des Unternehmenspachtvertrages hätten Robert und Theresia S*** aber auch gegen das Verfügungsverbot verstoßen, das sich aus der Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft samt Zubehör vom 7. August 1985 ergebe; dieser Verstoß mache den Unternehmenspachtvertrag gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein: Das Verfahren über ihre gegen die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erhobene Beschwerde sei beim Verfassungsgerichtshof noch anhängig. Sie habe nach dem Unternehmenspachtvertrag außer dem monatlichen Pachtzins von S 7.000,-- noch weitere Leistungen zu erbringen, sodaß von einer Verletzung über die Hälfte keine Rede sein könne. Der Abschluß des Unternehmenspachtvertrages habe das Tatbild des § 162 StGB nicht verwirklicht; eine strafgerichtliche Verurteilung der Verpächter sei noch nicht erfolgt. Bis zur Erteilung des Zuschlages sei der Verpflichtete Eigentümer der Liegenschaft, weshalb der Unternehmenspachtvertrag nicht gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig sei. Auch ein Handeln zu Ungunsten der Gläubiger der Verpächter liege nicht vor; der Abschluß des Pachtvertrages habe der Sanierung des Unternehmens dienen sollen, der Pachtzins sollte zur Tilgung der Gläubigeransprüche zur Verfügung stehen.

Das Erstgericht erkannte im Sinne der Klage. Die Verpflichteten hätten insbesondere über das Liegenschaftszubehör ab dessen Aufnahme in das Beschreibungs- und Schätzungsprotokoll vom 7. August 1985 nicht mehr frei verfügen dürfen. Sie hätten daher mit dem Abschluß des Unternehmenspachtvertrages gegen dieses Verbot verstoßen, weshalb der Pachtvertrag gemäß § 879 Abs 1 ABGB als nichtig anzusehen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht führte aus:

Obwohl die klagende Partei noch nicht bücherliche Eigentümerin der ihr zugeschlagenen Grundstücke sei, bestünden gegen ihre Aktivlegitimation keine Bedenken. Nach § 1120 ABGB stehe nämlich dem noch nicht in das Grundbuch eingetragenen Erwerber einer Liegenschaft das Recht zur Aufkündigung eines Bestandvertrages dann zu, wenn ihm vom Veräußerer der Besitz und die Verwaltung der Liegenschaft übertragen worden seien (MietSlg 37.194, 38.218). Dabei bedürfe es keiner in eine bestimmte Form gekleideten Übergabe, sondern es genüge, daß der Erwerber den physischen Besitz und die Verwaltung der Liegenschaft erhalten habe. Maßgebend sei immer die tatsächliche Übergabe (MietSlg 35.207). Diese Voraussetzungen seien im konkreten Fall durch die Bewilligung der einstweiligen Verwaltung am 15. Jänner 1987, die Übergabe der Liegenschaft an den einstweiligen Verwalter Erasmus G*** am 18. Februar 1987 und die rechtskräftige Erteilung des Zuschlages gegeben. Da die beklagte Partei der klagenden Partei den monatlichen Pachtschilling von S 7.000,-- zahlen wollte und mangels Annahme beim Erstgericht hinterlegte, sei sie in den Bestandvertrag eingetreten (MietSlg 37.194).

Durch die Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens werde für den betreibenden Gläubiger sein Befriedigungsrecht und sein Rang begründet. Der Verpflichtete werde grundsätzlich in der Verwaltung der Liegenschaft nicht beschränkt. Bestandverträge, die er als Eigentümer einer Liegenschaft trotz Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens abgeschlossen habe, seien deshalb nicht unwirksam (Heller-Berger-Stix 1094; EvBl 1984/119). Nach der Rechtsprechung sei nach der Beschreibung und Schätzung des Zubehörs im Zwangsversteigerungsverfahren die Veräußerung von Zubehörstücken durch den Liegenschaftseigentümer unzulässig (SZ 7/231; EvBl 1961/61). Andererseits erwerbe der Ersteher mit dem Zuschlag auch das Eigentum am Zubehör, wie es im Schätzungsprotokoll, in den Versteigerungsbedingungen oder im Versteigerungsedikt angeführt worden sei (vgl. SZ 57/166 und die dort zitierte Rechtsprechung). Nach den §§ 156 und 237 EO erwerbe der Ersteher mit dem Zuschlag suspensiv bedingtes Eigentum (unter der Voraussetzung, daß er die Versteigerungsbedingungen erfülle). Der Verpflichtete könne also, wie bereits ausgeführt, bis zum Zuschlag seine Liegenschaft verwalten (SZ 16/44). Aus diesen Gründen hätten im vorliegenden Fall die Liegenschaftseigentümer Robert und Theresia S*** grundsätzlich trotz der Beschreibung und Schätzung des Zubehörs noch einen Pachtvertrag abschließen können, der auch das Zubehör erfasse. Gemäß § 252 EO dürfe nämlich das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör nur mit der Liegenschaft selbst in Exekution gezogen werden. Etwas anderes könne auch Puster, Zwangsversteigerung leicht gemacht2 Rz 418 und MietSlg 35.241 = EvBl 1984/119 nicht entnommen werden. Insbesondere ergebe sich aus § 1121 ABGB, daß der Ersteher einer Liegenschaft an die vom Voreigentümer der Liegenschaft geschlossenen Bestandverträge, auch wenn diese erst nach Einleitung des Versteigerungsverfahrens geschlossen worden seien, grundsätzlich gebunden sei (MietSlg 35.241 = EvBl 1984/119; vgl. auch MietSlg 38.083). Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes rechtfertige also der Umstand, daß die Verpflichteten den streitgegenständlichen Vertrag nach der Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft abgeschlossen hätten, noch nicht dessen Aufhebung. Allerdings sei nach Lehre und Rechtsprechung dem Verpflichteten nach Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens jedwede schuldhafte Minderung des Wertes der Liegenschaft versagt, was gegebenenfalls auch durch den Abschluß von Bestandverträgen geschehen könne (§ 458 ABGB; § 162 StGB;

MietSlg 35.241 = EvBl 1984/119). In solchen Fällen könne ein geschädigter Pfandgläubiger schädigende Einwirkungen auch eines Dritten mit der dinglichen Devastationsklage abwehren; diese Klage setze allerdings Verschulden voraus (Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 458). Zutreffend verweise die klagende Partei in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit des Rechtsnachfolgers des Bestandgebers, Bestandverträge wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes anzufechten (MietSlg 38.083 = RdW 1987, 50 und die dort genannte Rechtsprechung).

Wenn auch das Erstgericht, von einer nicht zu billigenden Rechtsmeinung ausgehend, nicht geprüft habe, ob der gegenständliche Vertrag den Interessen der klagenden Partei schade, sei noch zu prüfen, welche Rechtswirkung die Versagung der Genehmigung des Pachtvertrages durch die Grundverkehrsbehörde habe. Es stehe fest, daß auch die zweite Instanz, die Landesgrundverkehrskommission, dem Bestandvertrag die Genehmigung versagt habe. Dadurch sei der ordentliche Rechtsweg ausgeschöpft und der Vertrag rückwirkend unwirksam geworden (§ 1 Abs 2 O.ö. GVG 1975). Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, seien nach § 879 ABGB nichtig. In diesem Fall ordne das oberösterreichische Grundverkehrsgesetz 1975 selbst die Unwirksamkeit des Vertrages an. Der Verbotszweck der verletzten Norm brauche hier nicht näher geprüft zu werden; eine ausdrückliche Berufung auf § 879 ABGB sei nicht erforderlich (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 25 und 26 zu § 879; Koziol-Welser8 I 136). Sei aber ein Vertrag absolut nichtig, dann könne sich jedermann, hier also die klagende Partei, auf die Nichtigkeit berufen (Koziol-Welser aaO 140). Die von der beklagten Partei eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof habe nach § 85 VfGG keine aufschiebende Wirkung (worunter nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Aufschub aller Rechtswirkungen des Bescheides zu verstehen sei: Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 749). Ein Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei nicht gestellt worden. Das bedeute für das vorliegende Verfahren, daß der zwischen den Verpflichteten und der beklagten Partei am 11. Februar 1986 abgeschlossene Vertrag tatsächlich mangels Genehmigung nach dem oberösterreichischen Grundverkehrsgesetz 1975 unwirksam sei. Nicht aufschiebende Rechtsmittel hinderten den Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht und die an die Entscheidung geknüpften Rechtswirkungen träten trotzdem ein (Fasching, Lehrbruch, Rz 1672). Aus diesen Erwägungen sei der Berufung ein Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt. Gemäß § 1 Abs 1 O.ö. GVG 1975 bedarf die Übertragung des Eigentums und die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Das gleiche gilt für die Verpachtung solcher Grundstücke, die das Ausmaß von einem Hektar überschreiten. Nach § 1 Abs 2 O.ö. GVG 1975 sind die Parteien, solange die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde nicht erteilt worden ist, an den Vertrag gebunden. Mit der Versagung der Genehmigung wird der Vertrag rückwirkend rechtsunwirksam. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist die Rechtswirksamkeit eines Vertrages, der einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, aufschiebend bedingt, wobei der Schwebezustand nicht auf dem Parteiwillen, sondern auf dem Gesetz beruht. Wird die Genehmigung in der Folge versagt, so ist der Vertrag ex tunc rechtsunwirksam (SZ 52/1, SZ 54/156, SZ 56/194 je mwN u.a., zuletzt etwa 6 Ob 734/87, 4 Ob 516/88, 10 Ob 506/88). Die Gerichte sind an die (die Genehmigung erteilenden oder versagenden) Bescheide der Grundverkehrsbehörde gebunden (SZ 23/335, 1 Ob 2/61, 6 Ob 193/71 ua; vgl. auch MietSlg 23.580 und BankArch 1987, 650); auf die in Rechtsprechung und Lehre strittige Frage der Bindung der Gerichte an Vorfragebescheide der Verwaltungsbehörde (siehe dazu Fasching, Lehrbuch, Rz 95 f; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4 Rz 470; Loebenstein-Kaniak-Schragel, AHG2 Rz 269; BankArch 1987, 650; JBl 1988, 735) braucht dabei nicht eingegangen zu werden, weil die hier in Betracht kommenden Bescheide der Grundverkehrsbehörde solcher rechtsgestaltender Natur sind bzw. deren rechtsgestaltende Wirkung als Tatbestandswirkung gedeutet werden kann (vgl. Walter-Mayer aaO Rz 474, 476). Die Grundverkehrsbehörde hat zwar über zivilrechtliche Ansprüche im Sinne des Art. 6 Abs 1 MRK BGBl. 1958/210 zu entscheiden, die oberösterreichische Landesgrundverkehrskommission ist aber ohnehin als Tribunal im Sinne der vorgenannten Bestimmung eingerichtet (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes6 Rz 1475, 1480; Klecatsky-Morscher, Das österreichische Bundesverfassungsrecht3 E 44, 45, 61 und 62 zu Art. 6 MRK, insbesondere VfSlg 7099, 8309).

Die beklagte Partei weist aber zutreffend darauf hin, daß bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz (8. Jänner 1988) das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof über die von ihr gegen den Bescheid der oberösterreichischen Landesgrundverkehrskommission erhobene Beschwerde nach Art. 144 B-VG noch anhängig war. Das hat - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - unabhängig davon, ob dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist, zur Folge, daß der Eintritt der aufschiebenden Bedingung (als welche die Genehmigung des Pachtvertrages durch die Grundverkehrsbehörde anzusehen ist) in dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt noch nicht endgültig vereitelt war, also in diesem Zeitpunkt noch ein Schwebezustand herrschte. Das hat der Oberste Gerichtshof für den Fall eines vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens bereits mehrfach ausgesprochen (SZ 52/48; 1 Ob 531/85, 10 Ob 506/88; vgl. auch Feil, Liegenschaftsrecht I 682 und EvBl 1961/245); dieselben Erwägungen gelten aber auch für ein vor dem Verfassungsgerichtshof anhängiges Beschwerdeverfahren, weil die Rechtssache auch mit der auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zurückwirkenden Aufhebung des Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof in die Lage zurücktritt, in der sie sich vor der Erlassung des Bescheides befunden hat (Klecatsky-Öhlinger, Die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, E 5 zu § 87 VfGG).

Da die Stattgebung der Klage somit derzeit nicht auf die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gestützt werden kann, ist zu prüfen, ob einer der anderen von der klagenden Partei zur Begründung ihrer Klage angeführten Gründe stichhältig ist. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß die Klage nicht mit Erfolg bloß darauf gegründet werden kann, daß der Pachtvertrag nach Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens und nach Beschreibung und Schätzung der Grundstücke samt Zubehör geschlossen worden ist (siehe außer den vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen etwa noch 3 Ob 63/86 und BankArch 1987, 415 mit Anmerkung von Rummel).

Ohne Durchführung eines Beweisverfahrens und ohne Vornahme der erforderlichen Feststellungen läßt sich aber derzeit noch nicht sagen, daß auch sämtliche übrigen von der klagenden Partei in erster Instanz vorgebrachten Gründe ungeeignet wären, ihrer Klage zum Erfolg zu verhelfen. Dies gilt insbesondere von der geltend gemachten Aufhebung des Pachtvertrages wegen Verkürzung über die Hälfte (vgl. dazu etwa Koziol-Welser8 I 258 f).

Es war daher der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen. Durch den wegen Feststellungsmängeln gefaßten Aufhebungsbeschluß tritt das Verfahren in das Stadium vor Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz zurück. Die Parteien haben alle Befugnisse, die ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zustehen. Sie können daher auch eine nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz im ersten Rechtsgang eingetretene Änderung der Sachlage geltend machen (SZ 43/151, SZ 43/194; 2 Ob 110/77, 1 Ob 655/82 ua). Seiner nach ergänzender Verhandlung zu fällenden neuen Entscheidung wird das Erstgericht daher, so sich die klagende Partei darauf beruft, das inzwischen erflossene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1988 zugrundezulegen haben.

Der Vorbehalt der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16228

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00638.88.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19881213_OGH0002_0050OB00638_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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