TE OGH 1988/12/13 5Ob645/88

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Veröffentlicht am 13.12.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Vormundschaftssache der am 8.Mai 1980 unehelich geborenen mj.Aula B*** infolge Revisionsrekurses der Mutter und Vormünderin Gabriela B***, kfm. Angestellte, Wien 2., Komödiengasse 10/4/11, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 19.Oktober 1988, GZ 43 R 762/88-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 16.August 1988, GZ 1 P 385/86-41, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Aus Anlaß der Anerkennung der Vaterschaft verpflichtete sich der Vater der Minderjährigen in dem nach § 18 Z 3 JWG geschlossenen Vergleich vom 28.5.1980 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 1.000 S. Mit Beschluß vom 10.6.1980 (ON 2) wurde die Mutter der Minderjährigen zu deren Vormünderin bestellt und das Bezirksjugendamt für den 2.Bezirk vom Amt des Amtsvormundes entlassen. Nach der Aktenlage ist der Aufenthalt des Vaters jedenfalls seit Dezember 1981 als unbekannt anzusehen. Seither wurde der Vater auch in den verschiedensten Verfahren durch einen Abwesenheitskurator vertreten. Im Bericht vom 25.8.1986 (ON 33) legte der Abwesenheitskurator des Unterhaltsschuldners dar, daß Mutter und Kind seit mehr als 5 Jahren ohne Nachricht vom Unterhaltsschuldner seien. Eine Erhöhung des vergleichsweise festgesetzten Unterhaltes ist nicht gelungen. Mit Beschluß vom 1.10.1986 (ON 36) gewährte das Erstgericht der Minderjährigen für die Zeit vom 1.9.1986 bis zum 31.8.1989 Richtsatzvorschüsse nach § 4 Z 2 UVG.

Mit Schriftsatz vom 2.8.1988 (ON 40) begehrte das Bezirksjugendamt für den 2.Bezirk, das mit der Zustellung des Unterhaltsvorschußgewährungsbeschlusses vom 11.12.1981 (ON 3) gemäß § 9 Abs 2 UVG von Gesetzes wegen besonderer Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche geworden war, nach § 9 Abs 3 UVG seine Enthebung von der Funktion des Unterhaltskurators. Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil es bisher nicht zur Einstellung der Vorschüsse gekommen sei und weiterhin auch die Mitteilungspflicht gemäß § 21 UVG für das Bezirksjugendamt bestehe. Das vom Bezirksjugendamt angerufene Rekursgericht enthob dieses mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung aus nachstehenden Erwägungen von der Funktion des Unterhaltssachwalters der Minderjährigen:

Nach § 9 Abs 3 Satz 1 UVG sei die Einstellung der Vorschüsse kein Grund zur Beendigung der Sachwalterschaft nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle. Im Falle der Vorschußgewährung bloß nach § 4 Z 2 oder 3 UVG sei die Bezirksverwaltungsbehörde jedoch gemäß § 9 Abs 3 Satz 2 UVG als besonderer Sachwalter zu entheben, wenn sie zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermöge. Dieser Gesetzesteil sei durch die Novelle BGBl.1980/278 geschaffen worden. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (276 BlgNR 15.GP 12 f) führten dazu aus: "Eine besondere Anordnung über die Beendigung der Sachwalterschaft trifft der zweite Satz des Absatzes 3. Werden Vorschüsse nach § 4 Z 2 oder 3 gewährt, so kann die Sachwalterschaft nach § 9 Abs 2 unter Umständen entbehrlich sein. So soll die Bezirksverwaltungsbehörde enthoben werden, wenn die Vorschüsse gemäß §§ 28 und 29 unmittelbar dem Bund zurückzuzahlen sind und rückständige Unterhaltsbeiträge für das Kind von seinem gesetzlichen Vertreter, der Bezirksverwaltungsbehörde, nicht hereinzubringen sind. Umgekehrt soll die Sachwalterschaft aufrecht bleiben, wenn Vorschüsse nach § 4 Z 2 gewährt werden und noch Aussicht besteht, allenfalls einen (neuen) Exekutionstitel gegen den Unterhaltsschuldner zu erwirken. Dies spricht die allgemeine Formel ""wenn sie (Bezirksverwaltungsbehörde) zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermag"" aus." Nach § 28 Abs 1 UVG seien Richtsatzvorschüsse nach § 4 Z 2 UVG vom Unterhaltsschuldner unmittelbar dem Bund zu Handen des Präsidenten des Oberlandesgerichtes zurückzuzahlen, soweit er nicht nachweist, daß er nach seinen Lebensverhältnissen außerstande gewesen ist, dem Kind Unterhaltsbeiträge bis zur Höhe der jeweils gewährten Vorschüsse zu leisten. Der Einhebungskurator sei demnach mit der Rückforderung von Richtsatzvorschüssen nach § 4 Z 2 UVG nicht befaßt. Entscheidend sei daher, ob der Einhebungskurator "nach der Lage des Falles" zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches noch etwas beizutragen vermöge. Die erstgerichtliche Entscheidung gebe nicht zu erkennen, was in dieser Richtung gegen die Enthebung des Bezirksjugendamtes sprechen könnte. Auch seien dem Akt Erhebungsergebnisse, die den erstgerichtlichen Beschluß rechtfertigen könnten, nicht zu entnehmen. Es stehe vielmehr fest, daß der Vater seit jedenfalls 1981 unbekannten Aufenthaltes sei und nicht gesagt werden könne, wo er sich befinde. Seit dem Jahre 1981 werden der Minderjährigen auf die Unterhaltsschuld des Vaters Vorschüsse gewährt. Der Einhebungskurator hatte dazu im Schriftsatz ON 40 glaubwürdig versichert, daß der Unterhaltspflichtige nie Alimente bezahlt habe. Es sei daher nicht erkennbar, welche Maßnahmen der Einhebungskurator durchführen könnte, um einen Unterhalt vom Unterhaltsschuldner hereinzubringen.

Die Auffassung des Erstgerichtes, bei Aufrechterhaltung der Unterhaltskuratel verbleibe ein weiterer Anzeigepflichtiger nach § 21 UVG, was im Ergebnis der Aufrechterhaltung der Einhebungskuratel rechtfertige, widerspreche dem wiedergegebenen Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 3 Satz 2 UVG, der nur auf die Möglichkeit einer Durchsetzung des Unterhaltsanspruches abstelle. Auch nehme das Gesetz nicht darauf Rücksicht, daß für die Einbringung einst allfälligen Weitergewährungsantrages (§ 18 UVG) zunächt die allgemeine gesetzliche Vertretung des Minderjährigen (hier die Mutter) zuständig sei. Sie könne aber dazu die Hilfe des zuständigen Vormundschaftsgerichtes beanspruchen und gegebenenfalls auch die Neubestellung des Bezirksjugendamtes zum Unterhaltskurator begehren.

Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter und Vormünderin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil § 15 Abs 3 UVG nur für Beschlüsse gilt, mit denen über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen entschieden wurde, hier aber die Frage zu entscheiden ist, ob die besonderen Voraussetzungen für die Enthebung des Sachwalters nach § 9 Abs 3 UVG vorliegen (RZ 1981/58 ua). Er ist aber nicht berechtigt.

Die allgemeinen Ausführungen der Revisionsrekurswerberin über die Aufgabe des Bezirksjugendamtes als Servicestelle und das Argument, daß immer eine reale Aussicht bestehe, den Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner durchzusetzen, solange dieser lebe und ein Einkommen beziehen könne, sind nicht geeignet, die Unrichtigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes darzutun, daß das Bezirksjugendamt nach der Lage des hier zu entscheidenden Falles zumindest derzeit zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Minderjährigen nicht beizutragen vermag. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 9 Abs 3 Satz 2 UVG auf jene Fälle, in denen keine laufenden Unterhaltsvorschußansprüche mehr bestehen und voraussichtlich Unterhaltsvorschußansprüche auch nicht mehr entstehen werden (Volljährigkeit, Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen, Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners), ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sollte sich in Zukunft wegen der Schwierigkeit der Rechtsverfolgung zur Wahrung des Kindeswohles die Bestellung des Bezirksjugendamtes zum besonderen Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche als notwendig erweisen, dann wird eine solche gemäß § 198 Abs 3 ABGB, § 22 Abs 2 JWG vorzunehmen sein (vgl Pichler in Rummel, ABGB, Rz 8 zu §§ 196 - 199).

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E15978

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00645.88.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19881213_OGH0002_0050OB00645_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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