Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Kodek und Dr.Graf als weitere Richter in der Ablehnungssache der Richterin des Bezirksgerichtes Hartberg, Dr.Frieda Maria W*** in Verbindung mit der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Karl H***, Pensionist, Graz, Krenngasse 6, vertreten durch Dr.Peter Primus, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Günter H***, Pensionist, Wien 19., Boschstraße 19/80/2, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses und Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 28. Juni 1988, GZ 1 R 205, 252/88-15, womit der Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Hartberg vom 27.April 1988, GZ Jv 352/88-5, teilweise abgeändert wurde und ein Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Hartberg vom 19.April 1988, Jv 352/88-3, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs und der Rekurs werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Günter H*** lehnte am 14.4.1988 die Richterin des Bezirksgerichtes Hartberg Dr.Frieda Maria W*** als zur Entscheidung in die Rechtssache 2 C 2665/87 wegen Befangenheit ab. Obwohl er einen Delegierungsantrag gestellt habe, habe Dr.Frieda Maria W*** ein Versäumungsurteil gegen ihn erlassen. Der Vorsteher des Bezirskgerichtes Hartberg verwarf den Ablehnungsantrag.
Dieser Beschluß wurde Günter H*** am 22.4.1988 zugestellt. Noch am selben Tag gab er ein zu Handen des Vorstehers des Bezirksgerichtes Hartberg gerichtetes Schreiben zur Post, das aber, wie er mit Schreiben vom 10.5.1988 klarstellte, nicht als Rekurs zu betrachten sei, sondern persönlich an den Vorsteher des Bezirksgerichtes Hartberg gerichtet gewesen wäre. In diesem Schreiben habe er seine freie demokratische Meinung zum Ausdruck gebracht. Einen mit 3.5.1988 datierten Einspruch gegen den Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Hartberg adressierte Günter H*** an das Landesgericht für ZRS Graz; dort langte es am 6.5.1988 ein; dieser Schriftsatz wurde an das Erstgericht weitergeleitet, wo er am 9.5.1988 eintraf. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom selben Tag wurde dieser Schriftsatz Günter H*** zur Verbesserung binnen 14 Tagen durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zurückgestellt. Günter H*** wurde mitgeteilt, es bestehe die Möglichkeit, den Rekurs protokollarisch beim Wohnsitzgericht einzubringen. Davon machte Günter H*** am letzten Tag der Verbesserungsfrist Gebrauch.
Wegen der im Schreiben vom 22.4.1988 enthaltenen beleidigenden Äußerungen verhängte das Erstgericht über Günter H*** gemäß § 86 ZPO in Verbindung mit §§ 200 f ZPO eine Ordnungsstrafe von S 3.000. Dieser Beschluß wurde Günter H*** am 29.4.1988 zugestellt. Dagegen erhob er einen am 13.5.1988 beim Bezirksgericht Hartberg eingelangten schriftlichen Rekurs, den er innerhalb der ihm gesetzten Verbesserungsfrist durch Protokollaranbringung beim Wohnsitzgericht verbesserte.
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs des Günter H*** gegen den Beschluß, mit dem sein Ablehnungsantrag verworfen wurde, zurück, dem Rekurs gegen den Beschluß, mit dem er die über ihn verhängte Ordnungsstrafe bekämpfte, gab es teilweise Folge. Es setzte die Ordnungsstrafe auf S 500 herab. Der Rekurs gegen die Zurückweisung der Ablehnung sei verspätet. Nach § 521 ZPO, der auch für das Ablehnungsverfahren gelte, betrage die Rekursfrist bei einseitigen Rechtsmitteln 14 Tage. Die Bestimmung des § 89 GOG sei dann nicht anwendbar, wenn das Schriftstück nicht an das zuständige Gericht adressiert sei. Die Postaufgabe ersetze nur die Überreichung beim zuständigen Gericht. Aus diesem Grund sei ein unrichtig adressiertes Schreiben beim zuständigen Gericht nur dann rechtzeitig eingelangt, wenn es noch innerhalb der offenen, durch § 89 GOG nicht berührten Frist dort eingelangt sei. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Der Vollständigkeit halber sei jedoch festgehalten, daß dem Rekurs auch im Falle seiner Rechtzeitigkeit kein Erfolg hätte beschieden sein können, weil dem vom Rekurswerber geltend gemachten Argument, die Richterin habe eine Verhandlung anberaumt und schließlich sogar ein Versäumungsurteil gefällt, bevor über den Delegierungsantrag entschieden gewesen sei, kein zwingender Hinweis auf das Vorliegen eines Grundes nach § 19 Z 2 JN entnommen werden könne. Darin, daß die Richterin ungeachtet des am 2.2.1988 eingelangten Schreibens des Beklagten die Tagsatzung vom 3.2.1988 nicht abberaumte, sei keine Voreingenommenheit zu erblicken, zumal der Beklagte einen Monat zuvor die Ladung erhalten habe und über die Möglichkeit einer Vertretung vor dem Prozeßgericht belehrt worden sei. Schließlich seien auch keine persönlichen Gründe behauptet worden, die auf eine Parteilichkeit der Richterin schließen ließen. Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Ordnungsstrafe seien gegeben, wegen der nachgewiesenen schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Einschreiters sei sie aber auf S 500 herabzusetzen. Der Beschluß des Rekursgerichtes wurde Günter Hofmann am 5.7.1988 zugestellt. Am 19.7.1988 langte beim Rekursgericht ein nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigter "Rekurs-Mängelrüge-Einspruch" Günter H***s gegen diesen Beschluß ein, der an das Erstgericht weitergeleitet wurde, wo er am 20.7.1988 eintraf. Dieser Schriftsatz wurde Günter H*** am 3.8.1988 zur Verbesserung durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zurückgestellt. Günter H*** wurde erneut darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit bestehe, den Rekurs protokollarisch beim Wohnsitzgericht einzubringen. Davon machte er Gebrauch. Das Rekursgericht stellte die Akten als verfrüht vorgelegt zurück. § 520 Abs 1 ZPO sehe den Protokollarrekurs nur gegen bezirksgerichtliche Beschlüsse vor. Da ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung zweiter Instanz ergriffen worden sei, sei die Unterschrift eines Rechtsanwaltes allenfalls auf Grund zu bewilligender Verfahrenshilfe erforderlich. Es werde daher das Verbesserungsverfahren nochmals durchzuführen sein. Der zweite Verbesserungsversuch blieb erfolglos. Das nach § 225 Abs 1 ZPO rechtzeitig erhobene Rechtsmittel des Günter H*** ist allerdings entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht schon deshalb unzulässig, weil es nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen ist. Nach § 520 Abs 1 Schlußsatz ZPO können beim Bezirksgericht Rekurse von Parteien, die nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten sind, auch mündlich zu Protokoll gebracht werden. Schriftliche Rekurse müssen mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein.
Verfahrensvorschriften für Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz enthält die Zivilprozeßordnung nicht. Für solche Rekurse gelten daher dieselben Formerfordernisse wie für Rekurse gegen Entscheidungen der ersten Instanz (Fasching, Kommentar IV 449). Unter Rekursen "beim Bezirksgericht" sind alle Rekurse zu verstehen, die beim Bezirksgericht zu erheben sind. Darunter fallen daher auch Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz im bezirksgerichtlichen Verfahren (SZ 43/86; SZ 39/148; Klein, Vorlesungen 285; Neumann-Lichblau4 1391; Pollak System2 142). Die Verbesserung eines beim Bezirksgericht eingebrachten schriftlichen Rekurses, der keine Unterschrift eines Rechtsanwaltes aufweist, kann auch dadurch erfolgen, daß innerhalb der Frist zur Mängelbehebung der Rekurs zu gerichtlichem Protokoll gegeben wird (NZ 1982, 78 mwN; zuletzt 3 Ob 89/86; vgl RZ 1984/2).
Das Rechtsmittel ist aber nach §§ 24 Abs 1 JN und 528 Abs 1 Z 1 ZPO unzulässig.
§ 24 Abs 2 JN enthält eine abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren. Gegen die Zurückweisung der Ablehnung ist der Rekurs gegen jede Entscheidung der zweiten Instanz unzulässig (EFSlg.52.068 mwN; zuletzt 8 Ob 536/88). Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung nur für Beschlüsse anerkannt, in denen das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnte (EvBl.1975/92; SZ 42/74 ua), daher eine meritorische Überprüfung überhaupt nicht vornahm. Im vorliegenden Fall hat zwar das Rekursgericht den Rekurs als verspätet zurückgewiesen, in seiner Eventualbegründung aber ausführlich dargelegt, daß dem Rekurs auch bei Rechtzeitigkeit ein Erfolg nicht hätte beschieden sein können. Es hat demnach auch eine meritorische Prüfung der Ablehnung vorgenommen und die Rechtsansicht des Erstgerichtes bestätigt. Hat das Rekursgericht aber die Erledigung des Erstgerichtes meritorisch überprüft, ist im Ablehnungsverfahren ein weiterer Rechtszug ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 528 ZPO gilt auch für Beschlüsse, mit denen Ordnungsstrafen verhängt wurden (3 Ob 55/88; 5 Ob 368-378/87). Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes, soweit eine Ordnungsstrafe von S 500 über den Rechtsmittelwerber verhängt wurde, bestätigt. Ein weiteres Rechtsmittel ist daher schon nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO ausgeschlossen.
Anmerkung
E16152European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00698.88.1214.000Dokumentnummer
JJT_19881214_OGH0002_0010OB00698_8800000_000